Um das Marvel Cinematic Universe steht es seit geraumer Zeit nicht allzu gut: Die altbekannte Formel hat sich längst abgenutzt, es mangelt an neuen Ideen. Das Konzept, starke Frauenrollen in den Vordergrund zu stellen, hat dank weitestgehend inkompetenter Autoren zusätzlich zur Zuschauerflucht beigetragen. Mit Deadpool & Wolverine eilt nun Tausendsassa Ryan Reynolds zur Rettung. Ob ihm das gelungen ist, klären wir anhand von Blu-Ray und 4K UHD.
Vertrieb: 20th Century Studios im Vertrieb von Walt Disney Studios Home Entertainment via LEONINE Distribution
Erstveröffentlichung: 2024
Der Film
Während die meisten Superhelden ganz froh darüber sind, dass sie ihre guten Taten unbeachtet von der einfachen Bevölkerung vollbringen können, sehnt sich Wade Wilson alias Deadpool (Ryan Reynolds) nach etwas mehr öffentlicher Anerkennung. Und wo steht man mehr im Rampenlicht, als bei den Avengers? Kurzerhand nutzt die menschgewordene Schuppenflechte das Zeitgerät von Cable und reist damit einmal quer von der Erde-10005 durch das Multiversum direkt in unsere Realität auf der Erde-616. Leider entpuppt sich Wade mit seinem nimmermüden Großmaul nicht gerade als perfektes Material für den elitären Heldenverein. Sechs Jahre sind seitdem vergangen, mittlerweile hat Wade sein Kostüm gegen einen Schlips getauscht und verkauft an der Seite von Kumpel Peter Gebrauchtwagen. Auch die Beziehung zu seiner großen Liebe Vanessa (Morena Baccarin), welche die anhaltende Selbstzerfleischung nicht mehr mit ansehen wollte, ist längst zerbrochen.
Als Wade im Kreise seiner Freunde gerade dabei ist, die Kerzen auf seiner Geburtstagstorte auszublasen, wird er von einem Kommando der Time Variance Authority entführt und zu deren Chef, dem undurchsichtigen Mr. Paradox (Matthew Macfadyen) gebracht. Der enthüllt, dass die Erde-10005 mit dem Ableben von Logan alias Wolverine (Hugh Jackman) – einem sogenannten Ankerwesen innerhalb einer jeder existierenden Zeitlinie – zum Verfall verdammt ist und möchte diesen eigentlich Jahrtausende andauernden Verfall zugunsten weniger Bürokram gerne dramatisch beschleunigen. Weil Mr. Paradox in Wade deutlich mehr Zukunftspotenzial als im Rest der Bevölkerung sieht, bietet er ihm kurzerhand einen Platz auf der Erde-616 und damit verbunden ein Ticket für die Avengers an. In der Konsequenz würde das aber jeden seiner Freunde zum Tode verdammen.
Entschlossen, den Untergang seiner Welt zu verhindern, reist Wade mit Paradox’ geklautem TemPad durch die Realitäten, um einen noch lebendigen Wolverine zu überreden, den Platz seines toten Ebenbildes einzunehmen. Leichter gesagt als getan, denn das ehemalige Mitglied der X-Men ist grundsätzlich nicht als Sympathiegranate bekannt. Nach einer ganzen Reihe teils handfester Absagen bleibt nur noch die mit Abstand unausstehlichste Variante übrig. Nur mit einem Trick gelingt es Wade, den von Schuldgefühlen geplagten und komplett versoffenen Logan zur Mitarbeit zu überreden. Als das auffliegt, ist neuer Ärger vorprogrammiert. Verbannt auf die Müllhalde des Multiversums müssen sich die Streithähne nicht nur mit sich selbst herumschlagen, sondern auch mit längst vergessenen Helden und der Superschurkin Cassandra Nova (Emma Corrin), deren Naturell so ganz anders ist als das ihres Zwillingsbruders Charles Xavier…
Die Rezension
Nach dem Erwerb von 20th Century Fox durch die Walt Disney Company waren Fans lange Zeit in Sorge darüber, ob unter der Schirmherrschaft des Mausimperiums überhaupt noch ein weiterer Ableger der kompromisslos harten Reihe möglich sein würde. Dass Ryan Reynolds als kreatives Mastermind hinter den Kulissen unbedingt ein Sequel zu Deadpool 2 machen wollte, lies der gebürtige Kanadier regelmäßig durchblicken. Die später dazu unter dem Titel Once upon a Deadpool nachgereichte, alternative Schnittfassung mit ihrer betont kindgerechten Ausrichtung wurde von Seiten der Führungsebene bei Disney kritisch beäugt. Zweifellos bestanden dort Hoffnungen, auf dieser Ebene mit dem Franchise fortfahren zu können. Als sich abzeichnete, dass dieses Konzept von Fans und Kritikern gleichermaßen abgelehnt wurde, wurden diese Überlegungen glücklicherweise wieder fallengelassen.
Die Idee, Wolverine nach dessen wunderbar emotional inszenierten Tod am Ende von Logan wieder zurückzubringen, stieß zunächst nicht überall auf Gegenliebe, letztendlich konnte sich Reynolds mit seinem Wunsch jedoch durchsetzen, nachdem sich auch Hugh Jackman dazu bereiterklärte, seine berühmteste Rolle nach jahrelanger Pause wieder aufzunehmen. Nach den letzten, eher schwachen Beiträgen zum MCU konnte man nun endlich wieder guter Dinge sein. Und spätestens mit dem Release des ersten, hundertmillionenfach angeklickten Teasers wurde das auch privat gut miteinander befreundete Duo von Fans als Heilbringer des MCU abgefeiert. Schnell war klar, dass hier alle Zeichen auf Fanservice stehen würden und man mit dem Film besonders jene Generation abholen wollte, welche die damals noch ziellosen ersten Marvel-Adaptionen zu einem erfolgreichen Grundstein für alles folgende gemacht hatten. Am Ende gelang es dem von Regisseur Shawn Levy inszenierten Film überwiegend, die ihn ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen.
Bei einem weltweiten Einspielergebnis von weit über einer Milliarde Dollar hat sich Deadpool & Wolverine einen Platz unter den fünfzig erfolgreichsten Filmen aller Zeiten gesichert und damit eindrucksvoll bewiesen, dass ein testosterongeladenes Männergespann immer noch extrem zugkräftig sein kann, wenn ihm nur der Handlungsspielraum entgegengebracht wird. Natürlich sehr zum Unmut mancher weniger positiv eingestellter Kritiker, die sich seinerzeit überschwänglich positiv zu Filmen wie The Marvels geäußert hatten und bis heute nicht verstehen, warum der ganzen Branche kaum noch Vertrauen geschenkt wird. Das Publikum war jedenfalls anderer Meinung und es ist zu hoffen, dass wir in Zukunft wieder mehr ähnlich gestrickte Filme zu Gesicht bekommen – der Erfolg spricht jedenfalls eindeutig dafür, obwohl man hier über den Verlauf von etwas mehr als zwei Stunden zwar ein sehr erfolgreiches, aber keineswegs perfektes Action- und Humorfeuerwerk geboten bekommt.
Denn so sehr ich die Euphorie über den dringend benötigten frischen Wind im darbenden MCU auch teile, so sehr ich das Spektakel mit all seinen Seitenhieben auf die gegenwärtige Disney-Agenda und Co. auch genossen habe: Fanservice kann nicht die Lösung für sämtliche Schwächen sein. Die finden sich in meinen Augen besonders im erzählerischen Konstrukt. Allzu oft wird klar, dass die Geschichte lediglich als loses Gerüst dafür fungiert, die zahllosen – zugegeben grandiosen – Gastauftritte zu rechtfertigen und Reynolds möglichst viel Spielraum für seine Sprüche einzuräumen. Das funktioniert aufgrund der typischen Natur seines Charakters sowie der tollen Chemie zwischen Deadpool und Wolverine inklusive deren Darstellern über weite Strecken zwar ganz passabel, worum es im Kern aber eigentlich ging, hat man als Zuschauer wahrscheinlich kurz nach dem Abspann schon wieder komplett vergessen.
Gleichzeitig wirken viele der computergenerierten Effekte altbacken, so dass man sich zwangsläufig die Frage stellen muss, wohin das ganze Budget eigentlich geflossen ist. Und Emma Corrin wirkt in ihrer Darstellung als kahlköpfige Superschurkin im Vergleich zu dem herrlich verrückt aufspielenden Matthew Macfadyen leider etwas blass. Am Ende überwiegend allerdings die positiven Aspekte und auch dem etwas jüngeren Publikum wird viel Gutes geboten. Alleine die Schlägerei zwischen den beiden Helden innerhalb eines Kleinwagens ist pures Gold und auch die Interaktionen zwischen Deadpool und dem potthässlichen Hund sind ebenso ein Genuss wie die kultverdächtige Eröffnungsszene. Ein bisschen mehr inhaltliche Substanz und dafür weniger Charaktere hätten aber nicht geschadet – die Vorgänger haben das ja schließlich auch hinbekommen.
Das Bild
Deadpool & Wolverine wurden vollständig digital gedreht, und zwar mit Kameramodellen vom Typ ARRI Alexa LF und Mini. Das finale Master liegt in nativem 4K vor und dient nun natürlich auch den Heimkinoauswertungen als Basis. Dem Herstellungsprozess entsprechend präsentiert sich die Blu-Ray nahezu blitzsauber, Körnung – wenn auch in künstlicher Form – sucht man vergebens. Bei den Details präsentiert sich die Scheibe bereits angenehm zeigefreudig und hat sowohl in den Nahaufnahmen wie auch den Totalen einiges zu bieten. Lediglich bei genauerem Hinsehen wird man den Eindruck nicht los, dass aus welchen Gründen auch immer ein leichter Weichzeichner über das Bild gelegt worden ist. Ob man damit die nicht ganz so guten Effekte ein wenig kaschieren wollte, oder einfach stilistische Gründe dafür ausschlaggebend sind, kann nur gemutmaßt werden.
Farben werden dynamisch und kraftvoll wiedergegeben, besonders die ikonischen Kostüme der beiden Titelhelden sehen hier bereits richtig gut aus. Und im Kontrastbereich darf man sich über sattes Schwarz freuen. Nur bei hellen Oberflächen kommt die Blu-Ray ein wenig ins Schwitzen und tendiert öfter zur Überstrahlung. Bei der 4K UHD handelt es sich auf Basis des Ausgangsmasters um eine native Scheibe, die neben einem erweiterten Farbraum nach Rec.2020 auch ganz untypisch für Disney neben HDR10 auch noch Support für Dolby Vision offeriert. Zugewinne lassen sich mehr im Kleinen erkennen, denn auch die UHD wartet mit einem komplett rauschbefreiten und minimal geglättet anmutenden Bild auf. Feinere Details kommen hauptsächlich bei den Kostümtexturen besser zur Geltung, sämtliche Überstrahlungen effektiv beseitigt.
Generell macht die Scheibe aufgrund ihres etwas dunkleren Masterings einen homogeneren Eindruck. Spitzlichter werden mit mehr Strahlkraft wiedergegeben und die Schwarzanteile im Kontrastbereich legen nochmal eine kleine Schippe obendrauf. Somit eignet sich die 4K UHD primär für Sammler und Enthusiasten, die aus dem modernen Digitallook das Maximum herauskitzeln wollen. Freunde eines klassischen, eher analogen Bildes bleiben in der Gesamtpräsentation vollständig außen vor.
Ton und Extras
Bei der Klangausstattung müssen wir mit der typischen Disney-Ausstattung Vorlieb nehmen: Die deutsche Synchronfassung der Blu-Ray und 4K UHD liegt lediglich in Dolby Digital Plus 7.1 vor, die englische Originalspur der Blu-Ray immerhin im verlustfreien Format DTS-HD MA mit identischem Raumumfang und für die UHD gibt’s hier nochmal ein Upgrade auf Dolby Atmos. Wie so oft muss man die deutsche Tonspur um ein paar Dezibel anheben, um in etwa dem Referenzpegel der restlichen Spuren nahezukommen. Dann darf man sich anders als gewohnt auf überraschend dynamische Dialoge und Effekte freuen, welche in der Summe zwar immer noch weit entfernt von beispiellose Brillanz eines Oppenheimer klingen, aber zumindest auch nicht so kraftlos, wie man es von den meisten Maushausen-Releases der letzten Jahre im Übermaß gewohnt ist.
Besonders in den Actionsequenzen punktet die Abmischung mit exzellenter Direktionalität, wodurch man sich nicht selten selbst mitten im Kugelhagel wähnt. Aber auch Explosionen werden dank guter Aktivität druckvoll aus dem Subwoofer wiedergegeben. Feinere Umgebungsgeräusche gehen dabei zu keinem Zeitpunkt unter, grundsätzlich werden sämtliche Laufsprecher im Raum durchgehend in irgendeiner Form angesprochen. Die englische Masterspur der Blu-Ray klingt nahezu identisch und bietet allenfalls einen Hauch mehr Druck in allen Belangen. Die Atmos-Variante der 4K UHD performt auf regulärer Ebene identisch, hebt das Geschehen aufgrund der zusätzlichen Höhenebene jedoch nochmal auf eine komplett andere Stufe. Der Film bietet unglaublich viele Gelegenheiten für waschechte Dreidimensionalität, die dazugehörige Tonspur nutzt dieses Potenzial wirklich hervorragend aus. Schon in der Eröffnungssequenz sausen die Objekte nicht nur am Bildschirm, sondern nun auch im Heimkino passend über den Zuschauer hinweg, was bereits einige extrem coole Momente kreiert.
Nach dem wohl immersivsten Konfettiregen der jüngeren Filmgeschichte wird’s als nächstes wieder richtig spaßig, wenn die beiden Helden sich unmittelbar nach ihrem Eintreffen in der Leere über mehrere Minuten bekriegen, wobei sich auch der erste zentrale Gastauftritt des Films tosend von oben ankündigen darf. Spätestens im Finale entfesselt die Höhenebene ein wahres Effektfeuerwerk mit anhaltend nachvollziehbarer Direktionalität, generell ist oberhalb aber immer irgendetwas los. Bei so viel Mehrwert ist es einmal mehr ärgerlich, dass Disney seine deutschsprachigen Konsumenten immer noch beharrlich ignoriert, wenn es um eine adäquate Ausstattung seiner Heimkinoveröffentlichungen geht.
An Bord der 4K UHD befindet sich ein hörenswerter Audiokommentar von Ryan Reynolds und Shawn Levy, die gar keinen Hehl daraus machen, wie viel Spaß sie bei den gemeinsamen Dreharbeiten hatten. Die übrigens Extras wurden vollständig auf die beiliegende Blu-Ray ausgelagert. Neben vier überschaubaren Featurettes mit einigen nicht uninteressanten Zusatzinformationen zur Produktion – unter anderem der Wiederbelebung von Wolverine und der Wiederkehr weiterer vielleicht vergessener Helden – gibt’s hier noch eine Handvoll verpatzter Szenen, drei kurzen Erweiterungen vom Boden des Schneidetisches sowie einem Werbespot der etwas anderen Art. Eine gute halbe Stunde Gesamtspielzeit ist das in der Summe, wirklich essentiell ist davon allerdings nichts.
“Bühne frei für die größte Hassliebe der Filmgeschichte, denn wenn die beiden Kumpel Ryan Reynolds und Hugh Jackman sich über zwei Stunden allerbestem Popcornkino gegenseitig den letzten Nerv töten, machen Fanherzen unter Garantie Freudensprünge. Visuell kann das Spektakel zwar nicht immer vollends überzeugen und hier und da wäre etwas mehr Story und dafür weniger Fanservice wünschenswert gesehen, dem Unterhaltungsfaktor von Deadpool & Wolverine nimmt das allerdings keinerlei Abbruch. Wer sich den Film nun ins Heimkino holen will, bekommt mit Blu-Ray und 4K UHD eine technisch weitestgehend einwandfreie Umsetzung mit guten Extras, der man lediglich aufgrund der wieder einmal nur exklusiv englischsprachigen Atmos-Tonspur hinterhertrauern muss.”
Quelle Bildmaterial: ©20th Century Studios | MARVEL. All rights reserved.
Entsprechende Testexemplare sind uns freundlicherweise von Walt Disney Home Entertainment zur Verfügung gestellt worden.
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