Wer dachte, dass immer nur bei Disney gesungen wird, bekommt mit Sing a Bit of Harmony nun den Beweis, dass auch Anime ein höchst musikalisches Genre sein kann! Der kuriose Mix aus Sci-Fi und Musical wurde im Ausland bereits mehrfach ausgezeichnet und hat im Frühjahr endlich auch den Weg zu uns gefunden.
Produktion: J.C. Staff
Vertrieb: Crunchyroll
Erstveröffentlichung: 2021
Veröffentlichungstermin: 21. April 2023
Format: Blu-Ray | DVD
Preis: ab 19.20€*
Altersfreigabe: ab 6 Jahren
Der Film
Dass Technologie im Alltag der Japaner eine ganz besondere Rolle spielt, ist längst bekannt. Was nach Jahren aus dem Reich der Mitte zu uns gelangt, ist dort nicht selten längst ein alter Hut. Mittlerweile liegt das Hauptaugenmerk aber nicht mehr auf hochauflösenden Fernsehern und Co., sondern auf Künstlicher Intelligenz. Dazu forscht ein mächtiger Industriekonzern unermüdlich und mit schier unbegrenzten Mitteln. Extra für die zahllosen Mitarbeiter wurde eine gesamte, hochtechnisierte Modellstadt um den Firmenkomplex errichtet, wobei auch an eine Schule für den Nachwuchs gedacht wurde. Dazu zählt auch Satomi Amano, deren Mutter als Entwicklerin für die Firma tätig ist und dort ein streng geheimes, revolutionäres Projekt betreut, welches nun offenbar für die Testphase bereit ist.
Deshalb glaubt Satomi auch nicht an einen Zufall, als just am selben Tag eine neue Mitschülerin den Klassenraum betritt. Shion Ashimori fällt schnell durch ihr seltsames Verhalten auf und scheint geradezu davon besessen zu sein, Satomi glücklich zu machen. Durch Tanz und Gesang in den unmöglichsten Momenten zieht Shion rasch Aufmerksamkeit auf sich und bringt Satomi dadurch immer wieder in haarsträubende Situationen. Dass es sich bei der seltsamen Oberschülerin insgeheim um einen Roboter aus der Ideenschmiede ihrer Mutter handelt, bemerkt Satomi zwar schnell, darf das Geheimnis jedoch nicht ausplaudern, da das gesamte Projekt rund um die Erschaffung des perfekten künstlichen Menschen sonst auffliegen und in der Konsequenz umgehend abgebrochen werden würde.
Nach einem technischen Ausfall kommen jedoch auch einige ihrer Mitschüler hinter das Geheimnis. Die Gruppe begegnet Shion zunächst mit gemischten Gefühlen und versucht ihr zaghaft zu vermitteln, dass Glück etwas sehr individuelles und von jedem Menschen unterschiedlich definiert wird. Mit der Zeit erwächst aus den unfreiwilligen Mitwissern eine loyale Clique von Freunden und durch gemeinsame Anstrengungen gelingt es sogar, lange unterdrückte Liebe ans Tageslicht zu fördern – wobei der längst liebgewonnene Roboter tatkräftig auf seine ganz eigene Art mitwirkt. Als den Verantwortlichen das Experiment aus der Hand zu gleiten droht, soll Shion zerstört werden. Das können Satomi und ihre Freunde natürlich nicht zulassen und wagen einen verzweifelten Rettungsversuch…
Die Rezension
Wenn sich die Macher hinter Erfolgsprojekten wie Food Wars! mit dem Schöpfer von Potema Inverted zusammentun, kann eigentlich nur Gutes entstehen. Das nach einer Idee von Regisseur Yasuhiro Yoshiura entstandene Projekt vereint Musical, Jugenddrama und Sci-Fi unter einem Dach und funktioniert trotz (oder gerade wegen) dieser ungewöhnlichen Kombination überraschend gut. Mir gefällt die realistische Zeichnung der Oberschüler, die sich hier alterstypisch mit ganz gewöhnlichen Problemen herumschlagen müssen. Thematisch passt der Film perfekt in die aktuelle Zeit, wo Künstliche Intelligenzen sich in rasendem Tempo entwickeln und gar nicht mehr so unwahrscheinlich erscheint, dass irgendwann tatsächlich Maschinenwesen wie Shion unter uns wandeln. Wer wissen will, wohin das führt, bekommt mit Terminator und I, Robot einen ziemlich guten Eindruck.
Die Animation agiert auf zeitgemäßem Niveau, gerade der bodenständige Look passt gut zum Geschehen und sorgt dafür, dass man sich bei aller Zukunftsfantasterei stets in der Gegenwart wähnt. Gesungen wird auch in der gut besetzten deutschen Synchronfassung ausschließlich auf Japanisch, für die entsprechenden Passagen liegen gewohnt sauber lokalisierte Untertitel hervor. Für ein waschechtes Musical fehlt mir aber ein nachvollziehbarer, natürlicher Fluss. Nicht jeder Song kommt im passenden Moment, gelegentlich wirkt die Singerei arg forciert und an die Brillanz von BELLE reichen die Songs ebenfalls nicht heran. Dennoch ist es den Machern gelungen, die musikalischen Einlagen mit gleichermaßen ausdrucks- wie gefühlsstarken Bilden zu versehen, was einen brauchbar über die Schwierigkeiten im Pacing hinwegtröstet.
Als waschechtes Musical würde ich Sing a Bit of Harmony nicht betiteln wollen, auch wenn der Covertext das Wort regelmäßig heranzieht. Dafür ist der Gesang allgemein einfach nicht präsent genug. Aber selbst, wenn die Macher darauf komplett verzichtet hätten, bliebe immer noch ein weitestgehend gelungen inszeniertes Jugenddrama, eine besonders zum Ende hin rührende Geschichte über eine sehr ungewöhnliche Freundschaft inklusive spannendem Twist. Kein Meisterwerk, an das man sich in Jahren noch groß erinnern wird, aber ein speziell handwerklich sehr solide gemachter Film, der über seine Laufzeit von 110 Minuten gut zu unterhalten weiß und dabei auch einem jüngeren Publikum gefahrlos gezeigt werden kann.
Die Blu-Ray
Sing a Bit of Harmony schlägt in Form der Blu-Ray als Transfer in nativem 1080p auf und entpuppt sich als eine der qualitativ eindrucksvollsten Veröffentlichungen, die ich bisher in diesem Jahr innerhalb des Genres gesehen habe. Derart klar definierte Konturen sieht man sonst nur bei den aktuelleren Filmen aus dem Detektiv-Conan-Filmen und man merkt wirklich zu jeder Sekunde, dass man es hier mit einer hochwertigen Kinoproduktion zu tun hat. Nicht nur die hochdetaillierten Charaktere fallen ins Auge, auch der Hintergrundgestaltung wurde seitens der Macher größte Sorgfalt gewidmet. Eine so lebendig wirkende Umgebung habe ich zuletzt bei dem ebenfalls für das Kino konzipierten Weathering with you gesehen und bin nun einmal mehr beeindruckt, wie realitätsnahe die moderne Animationstechnik sowas mittlerweile darstellen kann. Die Blu-Ray stellt das alles mit einer konstant makellosen Laufruhe und hoher Bildschärfe dar.
Farblich setzt der Film auf kräftige, aber immer natürliche Farben. Hauttöne wirken gesund, während die Vegetation mit durchgehend sattem Grün punkten kann. Und wenn es dann zur Mitte der Laufzeit ein Feuerwerk zu bestaunen gibt, darf es für einen Augenblick auch mal richtig knallig werden. Im Kontrastbereich wartet der Film mit kraftvollen Schwarzanteilen auf, die Durchzeichnung bleibt selbst in dunkleren Momenten anhaltend gut und das Weiß der Schuluniformen strahlt einem nur so entgegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Release in 4K viel besser ausgesehen hätte. Viel besser kann der Film im Heimkino kaum aussehen. Wirklich erstklassig, was Crunchyroll hier einmal mehr abgeliefert hat.
Der Ton liegt zweisprachig auf Deutsch und Japanisch im verlustfreien Format DTS-HD MA 5.1 vor und überzeugt zunächst durch seine klar verständliche Dialogwiedergabe im Center. Umgebungsgeräusche sind überraschend rar gesät, besonders während der Schulalltages hätte die Kulisse für meinen Geschmack mehr Räumlichkeit offerieren können. Die haben sich die Macher wohl eher für die musikalischen Einlagen aufgespart, denn erst dann öffnet sich das Geschehen von der Front richtig wahrnehmbar in den restlichen Raum. Und das bereits erwähnte Feuerwerk knallt genauso eindrucksvoll aus allen Richtungen. Etwas mehr Dynamik hätte man aus dem Material vielleicht noch herauskitzeln können, aber das ist wirklich Meckern auf hohem Niveau und abseits der Sprache gibt es zwischen den beiden Fassungen keinerlei heraushörbare Unterschiede.
Die Erstauflage des Films wird von Crunchyroll in einem angenehm stabil verarbeiteten Digipak mit Pappschuber ausgeliefert. Dazu gibt es ein sechzehn Seiten starkes Booklet mit vielen Hintergrundinformationen und Impressionen. Ein Poster und zwei Artcards liegen dem Release ebenfalls bei, dafür muss man wie so oft komplett auf nennenswerte Extras an Bord der eigentlichen Disc verzichten. Für knappe fünfundzwanzig Euro wird aber ausreichend Material geboten und die optisch gelungene Aufmachung macht das Set zu einer schicken Ergänzung für das heimische Sammlerregal.
“Ein Roboter in Gestalt einer attraktiven Oberschülerin? Klingt erstmal wie der wahrgewordene Traum vieler lüsterner Perverser, ist aber eine interessante Grundlage für einen anfänglich etwas gewöhnungsbedürftigen Genremix, mit dem man dann aber schnell warm wird und der in meinen Augen auch ohne die musikalischen Einlagen gut als Jugenddrama funktioniert hätte. Die Erzählung bleibt leicht genug, um auch für jüngere Zuschauer tauglich zu sein, Erwachsene erfreuen sich an den soliden Songs und den hervorragenden Visuals. Die dazugehörige Blu-Ray besticht mit einem fantastischen Bild und gutem, jedoch nicht herausragendem Sound und bietet ausreichend Extras, um ihren Preis zu rechtfertigen.”
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Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Crunchyroll zur Verfügung gestellt worden.
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