Die Rezension
Franklin J. Schaffner´s beißende Kritik am französischen Justizsystem der Dreißiger Jahre ist ein packendes und eindringliches Plädoyer dafür, dass selbst Straftäter Menschen sind und es verdienen, ganz gleich ihrer Taten auch als solche behandelt zu werden. Von Anfang an gelingt es dem verstorbenen Meisterregisseur hier, eine derart konträre, klaustrophobische Atmosphäre zwischen Inselparadies und Arbeitslager aufzubauen, dass es einen als Zuschauer sofort völlig einnimmt und mittendrin ins brutale Geschehen versetzt. Für die filmische Umsetzung zu Henri Charriére´s Buch wurde das Gefängnis nahezu 1 zu 1 nach originalen Plänen neu erbaut und stellt als solches weit mehr dar als nur eine einfache Kulisse. Viel mehr ist es ein Symbol der Brutalität und Menschenverachtung, wie es sich zur damaligen Zeit längst vor dem Nationalsozialismus gegeben hat. Der echte Charriére besuchte zwar das Set und gab dem Produktionsteam wichtige Hinweise, erlebte aber die Premiere des fertigen Films nicht mehr.
Raubein Steve McQueen spielt Papillon, so genannt wegen dem Schmetterlingstattoo auf seiner Brust. Der viel zu früh verstorbene Schauspieler agiert meisterhaft in der Rolle des ausbruchswütigen Insassen, von dem letztendlich nie geklärt wird, ob dieser das ihm zur Last gelegte Verbrechen denn wirklich begangen hat. Die Wandlung, die seine Charakter während der Einzelhaft erfährt, setzt dieser so grandios um, dass es einen bis ins Mark und Bein erschüttert. Aber auch Dustin Hoffmann überzeugt zu jeder Zeit als exzentrischer Fälscher und bietet so genau die richtige Portion an ergänzender Emotionalität und Leichtigkeit, die dem Film ungemein gut tut und die den Zuschauer angesichts seiner intensiven Bilder zudem vor der aktuten Kurzzeitdepression bewahrt. Mit zweieinhalb Stunden Laufzeit muss man einiges verkraften, besonders das letzte Drittel zieht sich spürbar unangenehm in die Länge. Doch am Ende lohnt sich die Geduld. Und mit dem Abspann wird einem unmittelbar klar, dass man soeben wohl einen der besten Ausbruchsfilme aller Zeiten hinter sich gebracht hat.
Von diesen Qualitäten nicht verschont ist übrigens auch das vor einiger Zeit in den Kinos angelaufene Remake des Klassikers. In die Rollen von Papillon und Dega schlüpfen hier Charlie Hunnam und Rami Malek. Allerdings hat sich das Original optisch und inhaltlich so gut gehalten, dass man es trotzdem hier letztendlich mit einer eher überflüssigen Neuauflage zu tun hat. Zudem wirkt diese weitaus weniger atmosphärisch und eindringlich wie die Vorlage, ist aber dennoch einen Blick wert. Natürlich werden wir bei Zeiten auch das Remake ausführlich besprechen, der gegenwärtige Termin für den Heimkinostart lautet Ende November.
Die Blu-Ray
Zu Beginn des Films stellte sich hinsichtlich der Bildqualität des HD – Transfers schnell Ernüchterung ein. Ein unscharfes, extrem körniges Bild weckte die Befürchtung, dass ich mich nun gut zweieinhalb Stunden durch einen technisch enttäuschendes Film quälen muss. Doch der erste Eindruck täuscht glücklicherweise. Denn kaum ist das Gefangenenschiff an seinem Zielort angelangt, zeigt die Blu-Ray zum 45. Jahre alten Film ihre Stärken und präsentiert farbenprächtige Panoramen, angenehmeres (wenngleich immer noch omnipräsentes) Filmkorn sowie einen deutlichen Zugewinn an Schärfe. Zwar ist das Master auch hier altersbedingt mit einem stetig wahrnehmbaren Gelbstich versehen und lässt die Charaktere somit nur wenig natürlich wirken, dafür stimmt das Drumherum. Gute Kontraste zeichnen das Bild aus, auch die Schwarzwerte können sich später sehen lassen, allerdings leidet in den dunklen Momenten meist auch immer wieder die Schärfe. Wer die ersten dreißig Minuten des Films übersteht, wird trotzdem belohnt. Denn gemessen am Alter des Films kann sich die HD – Veröffentlichung wirklich sehen lassen.
Altersbedingt kann erwartungsgemäß auch der Ton nicht mit Referenzqualität glänzen. Zwar wird auf der Rückseite der Verpackung nur eine deutsche DTS-HD MA Monospur angegeben, tatsächlich gibt sich der Sound dann aber doch immerhin in Stereo, bleibt also komplett frontlastig und lässt sämtliche anderen Lautsprecher inkl. Subwoofer vollständig außen vor. Die englische DTS-HD MA 5.1 – Spur ist da nicht viel besser, der Upmix bietet kaum einen Mehrwert zur deutschen Synchronfassung, zumal auch hier der Center fast vollständig dominiert. Beiden Spuren mangelt es entsprechend an Effektverteilung und Dynamik, das Mittendringefühl entsteht hier ausschließlich über die eindrucksvollen Bilder. Die Stimmverständlichkeit ist dafür sehr gut ausgefallen, auch der restliche Ton braucht sich gemessen an seinem Alter nicht zu verstecken.
Als einzige Extra hat es neben dem Trailer zum Film, den wir auch ganz oben verlinkt haben, ein knapp 12 Minuten langes Featurette mit dem Titel ” Ein großartiger Rebell” geschafft. Dieses beleuchtet werbewirksam die anstrengenden Dreharbeiten zum Film und bietet neben kurzen Interviewschnipsel mit Cast und Crew zudem einen Setbesuch mit dem sichtlich ergriffenen echten Papillon. Das ist nicht viel, aber immerhin etwas.
Fazit
“Papillon ist eine tief ergreifende, zeitlose Geschichte und zudem stets auch ein eindringliches Plädoyer für die Menschenrechte, welches durch toll aufspielende Darsteller und drastische Bilder in Erinnerung bleibt. Zwar zieht sich das letzte Drittel des Films etwas, das wunderbare Ende entschädigt dafür aber allemal. Steve McQueen und Dustin Hoffmann spielen hier zu absoluten Höchstleistungen auf, die Regie von Altmeister Franklin J. Schaffner tut dank tollen Bildern ihr übriges dazu. Zwar dauert es eine ganze halbe Stunde, ehe die Blu-Ray sich in qualitativ akzeptable Bereiche bewegt, dann jedoch bekommt man ein an nur wenigen Alterserscheinungen leidendes Bild geboten, welches mit viel nostalgischem Charme punkten kann. Auf gleiche Weise präsentiert sich auch der Ton. Alles nicht ganz perfekt, aber doch sehr, sehr erträglich. Schade nur, dass es nicht mehr Extras auf die Scheibe geschafft haben.”
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