Französische Filme haben es in Amerika seit jeher sehr schwer, bestenfalls dreht man Filme von Interesse dort für den hiesigen Markt einfach komplett neu. Nicht so der 2001 unter der Regie von Christophe Gans entstandene Pakt der Wölfe, der auf Basis einer uralten Legende entstanden ist, deren Hintergründe bis heute nicht eindeutig geklärt werden können. Unter dem Label von Arthaus liefert STUDIOCANAL nun die längst überfällige Neuauflage für das Heimkino, darunter erstmals in Form einer 4K UHD.
Vertrieb: Arthaus | STUDIOCANAL
Erstveröffentlichung: 2001
Darsteller: Samuel Le Bihan, Vincent Cassel, Monica Bellucci, Mark Dacascos und andere
Der Film
Kurz, bevor ihn ein wütender Mob inmitten der französischen Revolution zum Schafott führt, erinnert sich der gealterte Adelige Thomas d’Apcher in seinen Memoiren an die unfassbaren Geschehnisse, die er als Jugendlicher im Gévaudan erlebt hat. Dorthin entsendet König Louis XV. im Jahre 1767 den Naturwissenschaftler Grégoire de Fronsac (Samuel Le Bihan), um einem grausigen Gerücht nachzugehen. Angeblich treibt im Umland eine Bestie ihr Unwesen, die ihre Opfer völlig zerfetzt und fast blutleer zurücklässt. Unterstützt von seinem indianischen Freund Mani (Mark Dacascos) soll Fronsac die Beste erledigen und ihren Leichnam anschließend nach Paris bringen. Befragungen der wenigen Überlebenden zerstreuen rasch den anfänglichen Verdacht, dass man es vor Ort lediglich mit einem besonders großen Wolf zu tun hat – erst Recht, nachdem bei der Untersuchung der Leichen ein abgebrochener Zahn aus Metall gefunden wird.
Doch nicht jeder im Ort ist den Besuchern wohlgesonnen: Sowohl der Priester Sardis, als auch der arrogante Lebemann Jean-François de Morangias (Vincent Cassel) tun alles, um die Ermittlungen zu behindern. Während Fronsac dessen Schwester Marianne näherkommt, gerät der König angesichts anhaltender Morde zunehmend stärker unter Druck und entsendet seinen Vertrauten Beauterne. Um der Sache ein für allemal ein Ende zu machen, soll ein präparierter Wolf nach Paris geschickt werden, Fronsac und Mani wird die Rückkehr ins Gévaudan untersagt. Wohlwissend, dass ohne ihr Eingreifen bald weitere Morde geschehen werden, widersetzen sich beide ihrem Befehl und müssen bald erkennen, dass die geheimnisvolle Bestie nicht aus freiem Willen handelt, sondern von einem Menschen kontrolliert wird. Beim Versuch, das Monster und ihren Herren aufzuspüren, stoßen beide ins Herz einer Verschwörung vor, welche ganz Frankreich aus den Angeln heben könnte…
Die Rezension
Pakt der Wölfe basiert auf wahren Begebenheiten. Tatsächlich soll zwischen 1764 und 1767 in Südfrankreich eine Bestie umgegangen sein, die circa hundert Menschen das Leben gekostet hat. Worum es sich bei dieser Kreatur gehandelt haben soll, konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden. War dort wirklich nur ein großer, übellauniger Wolf unterwegs? Irgendein anderes Tier? Oder doch der Zorn Gottes, wie die Kirche es damals propagierte? Andererseits: Manchmal ist es doch ganz gut, nicht alle Fakten zu kennen. Das macht Legenden doch viel spannender. Um den Film möglichst authentisch zu gestalten, standen Regisseur Gens – seit jeher fasziniert von Mantel-und-Degen-Filmen sowie dem Barockzeitalter -satte dreißig Millionen Euro zur Verfügung – ein für französische Produktionen damals ungekannter Betrag. Alleine für die vom renommierten Jim Hansons Creature Shop verantwortete Mechatronik ging einiges drauf, gelohnt hat es sich aber allemal, denn auch heute noch sieht die Kreatur furchteinflößend gut aus. Lediglich in den wenigen computergenerierten Sequenzen scheint das Alter des Films durch.
Gedreht wurde unter anderem in der Dordogne, viele Außenaufnahmen entstanden in Hautes-Pyrénées, während man sich für die zahllosen gezeigten Prunkschlösser unter anderem Zugang zum Schloss Fontainebleu und dem Château de Vaux-le-Vicomte verschaffen konnte. Entstanden ist ein hochatmosphärischer Thriller mit Horrorelementen, dessen überaus spielfreudiges Ensemble immer wieder zur Hochform aufläuft – allen voran Vincent Cassel, Samuel Le Bihan und Mark Dacascos in der Rolle des wortkargen, aber charismatischen Mani. Letzterer darf hier sogar seine Kampfkünste demonstrieren, was dem Film einem für sein Genre eher unerwarteten Einschlag verpasst, der in der Praxis jedoch hervorragend funktioniert. Neben einer detailverliebten Ausstattung punktet der Film zusätzlich durch die exzellente Kameraarbeit von Dan Laustsen, der sich erst vor kurzem mit der Arbeit an John Wick: Kapitel 4 erneut jede Menge Lob von den Kritikern abholen durfte und in meinen Augen längst überfällig für einen Oscar© fällig ist.
Alleine in Frankreich war Pakt der Wölfe ein großer Erfolg, aber auch im restlichen Europa konnte der Film hohe Einnahmen generieren und trug viel dazu bei, dass das Cinéma française Anfang des Millenniums im Rest der Welt zunehmende Anerkennung fand. Ein waschechter Ritterschlag kam aus den Vereinigten Staaten, wo Filme aus dem nicht-englischsprachigen Ausland in der Regel einen extrem schweren Stand haben und lieber neu gedreht, als untertitelt oder gar nachsynchronisiert veröffentlicht werden. Dort konnte der Film weitere elf Millionen Dollar einnehmen und rangiert bis heute auf Platz 7 der fremdsprachigen Filme. Pakt der Wölfe ist kein Horrorfilm im klassischen Sinne, jedoch ein überaus spannender, düsterer Thriller vor fantastischen Kulissen, den man immer wieder gerne anschaut und sich auch nach über zwanzig Jahren so gut gehalten hat, dass alleine der Gedanke an ein Remake überflüssig erscheint.
4K UHD und Blu-Ray Remastered: Das Bild
Bisher existierten im deutschsprachigen Raum exakt zwei Veröffentlichungen in High Definition, eine von Ascot Elite in 2011 sowie drei Jahre danach noch eine weitere, inhaltsgleiche Neuauflage EuroVideo. Beide waren – anders kann man es nicht ausdrücken – selbst für damalige Verhältnisse rotzbeschissen. Komplett außer Kontrolle geratene Farben ohne jede Dynamik, dazu ein extrem unscharfes und mit künstlichen Scharfzeichnern komplett über den Jordan gefahrenes Bild, welches jeden Ansatz von Natürlichkeit im Keim erstickt und dann auch noch krasse Überstrahlungen…hier haben wir es wirklich mit einer der schlechtesten Blu-Rays zu tun, die ich je gesehen habe. Das für damalige Verhältnisse revolutionäre 2K Digital Intermediate war als Ausgangsmaterial für eine Wiederveröffentlichung nicht mehr zu gebrauchen, also ging man den beschwerlichen Weg und fertigte einen komplett neuen Scan in nativem 4K von ursprünglichen 35mm-Analogmaterial an, welches im Anschluss einem umfangreichen Restaurierungsprozess unterzogen wurde.
Die alte Blu-Ray (Slider →) ersäuft komplett im Farbtopf und färbt sogar den eigentlichen grauen Felsen grün ein, auch die horrende Überschärfung wird hier gut deutlich. Die 4K UHD (Slider ←) stellt neutrale Flächen korrekt dar, liefert realistischere Farben und – ganz ohne Filterung – ein um Welten schärferes, detaillierteres Bild.
Erfreulicherweise griff man dabei direkt auf die zehn Minuten längere Fassung zurück, die für den deutschsprachigen Markt nun erstmals in komplett synchronisierter Form vorliegt, wobei man fast alle ursprünglichen Sprecher wieder vor das Mikrofon bitten konnte. Im Ergebnis zeigt sich schon anhand der Blu-Ray Remastered, was für ein gewaltiger Unterschied zwischen dem alten und neuen Transfer liegt. Alleine durch den immensen Auflösungsunterschied entsteht der Eindruck, hier einen gänzlich anderen Film zu sehen. In nahezu jeder Einstellung lassen sich zahlreiche Details ausmachen, die zuvor sang- und klanglos unter der starken Nachbearbeitung abgesoffen sind. Ebenso ist die Laufruhe um ein vielfaches besser, lediglich eine angenehm feine, natürliche Körnung ist erhalten geblieben und agiert selbst in dunkleren Szenen stabil, wobei die nativ auflösende 4K UHD nochmal besser rüberkommt. Dazu kommt eine deutlich ausgewogenere Farbgebung ohne Übersteuerungen und Überlagerungen. Im direkten Vergleich wird zudem klar, wie brutal die alte Blu-Ray regelmäßig überstrahlt. Wo zuvor noch ganze Hintergrundszenerien verschwanden und sogar kleine Schneehügel im grellen Schein komplett verschwanden, ist nun endlich wieder die ursprüngliche Kulisse zu sehen. Eine gewisse Tendenz ins Bläuliche ist dabei jedoch erhalten geblieben, was entweder am Ausgangsmaterial liegt oder schlicht so gewollt ist.
In Außenszenen tendiert die alte Blu-Ray (Slider →) oft massiv zum Überstrahlen. Schwarze Oberflächen driften ins Bläuliche ab, während die Rotanteile der Kleidung komplett eskalieren. Die wachsartigen Gesichter geben der Szene endgültig den Rest. Die 4K UHD (Slider ←) bildet einen Unterschied wie Tag und Nacht ab.
Im Kontrastbereich legt die Neuauflage ebenfalls kräftig zu. Schwarze Flächen werden jetzt auch als solche dargestellt und driften nicht mehr regelmäßig ins Dunkelblaue ab. Das allgemein dunklere Mastering resultiert besonders in Außenaufnahmen in einem sichtbar dreidimensionaleren Gesamtbild. Die 4K UHD ist da noch etwas dunkler eingepegelt, störend ist das jedoch zu keinem Zeitpunkt und passt anhaltend gut zur düsteren Stimmung des Films. Verglichen mit der Blu-Ray Remastered kitzelt die native Scheibe noch mehr Definition aus den einzelnen Szenen heraus, während die Kombination aus einem erweiterten Farbraum nach Rec.2020 sowie Support für HDR10 und Dolby Vision nochmals mehr Dynamik und Leuchtkraft ins Spiel bringt. Weil die neue Blu-Ray hier aber schon sehr gut performt, darf man dahingehend keine großen Sprünge erwarten. Wer aus dem frischen Transfer allerdings das absolut letzte Quantum an Qualität rausgekitzelt wissen will, kommt um die höherpreisige Veröffentlichung nicht herum. Insgesamt wirklich ein sensationelles Upgrade, welches jeden Euro wert ist.
4K UHD und Blu-Ray Remastered: Der Ton
Während der deutsche Ton anhaltend als verlustfreie Masterspur im Format DTS-HD MA 5.1 angeboten wird, gibt es für die französische Originalspur ein Upgrade auf Dolby Atmos. So richtig vom Hocker hauen die einen beide nicht. Zwar ist die fremdsprachige Fassung auf der regulären Ebene grundsätzlich dynamischer und bietet verglichen mit der räumlich ab und an etwas zu druckvoll abgemischten deutschen Tonspur das harmonischere Gesamtbild, auf der Höhenebene sind aber viel zu häufig Dialoge und Geräusche zu hören, die dort einfach nichts zu suchen haben. Generell wussten die verantwortlichen Toningenieure offensichtlich nur wenig mit dem Material und dessen Möglichkeiten anzufangen. Lediglich bei Wind und Wetter bekommt man von oben nachvollziehbar platzierte Effekte geboten, was stellenweise in einem ziemlich irritierenden Gesamtbild resultiert. Da wäre weniger wirklich mehr gewesen.
Die deutsche Fassung verweilt als eigenes Problemkind und leidet als solches wie schon innerhalb der Erstveröffentlichungen an ziemlich kraftlosen, teils sogar blechern rüberkommenden Dialogen. Dafür langt sie im Effektbereich ordentlich zu und punktet in den Kampfszenen mit dichten Bässen. Wenn sich Mani beispielsweise mit den Zigeunern anlegt, prasseln die ausgeteilten Schläge aus sämtlichen Richtungen auf den Zuschauer ein. Und das blutige Tagwerk der Bestie wird in der Regel so intensiv begleitet, dass man die ausgeteilten Hiebe fast spüren kann. Der Score hält sich grundsätzlich eher im Hintergrund, was hier prima passt, weil die eindrucksvollen Bilder dadurch noch mehr im Vordergrund stehen und für sich alleine bereits über eine exzellente Ausdruckskraft verfügen. Bedenkt man, dass die Abmischung bereits 2001 entstanden ist, kann sich das Gebotene trotz Mankos absolut hören lassen. Die zusätzliche Ebene der französischen Originalfassung vermisst man da nur selten.
Die Extras
Die Kinofassung ist im Set nicht enthalten. Da man hierfür kein neues Master erstellt hat und die zehn Minuten zusätzliches Material definitiv einen gewissen Mehrwert offerieren, ist das auch völlig in Ordnung. Dafür hat man mit Ausnahme der beiden Audiokommentare sämtliches, bereits bestehendes Material auf einer zusätzlichen Scheibe untergebracht. Neu ist lediglich ein Interview mit Regisseur Christophe Gans, der nach all den Jahren immer noch sehr zufrieden mit seiner Arbeit scheint, dabei aber auch angenehm ehrlich über die vielen Schwierigkeiten beim Dreh und der Zusammenarbeit mit den Produzenten spricht – wenn ihn der nervige, ständig paffende Host denn reden lässt. Bei satten neunzig Minuten Laufzeit erhält man so viele neue Einblicke in die Produktion, welche bisher unerwähnt geblieben sind. Das Interview liegt in Französisch mit deutschen Untertiteln vor.
Weitere achtundsiebzig Minuten entfallen auf eine ausführliche Dokumentation, wobei erneut deutlich rüberkommt, dass die Dreharbeiten alles andere als einfach gewesen sind, das zusätzliche Making-of geht da etwas glorifizierender vor und ist wohl ausschließlich zu Werbezwecken erstellt worden. Ein weiteres Featurette widmet sich nochmal im Detail der Bestie und wie man sie für den Film zu neuem Leben erweckt hat. Eine Handvoll Deleted Scenes sowie einige Trailer runden das extrem informative Paket optimal ab. Hier wird insgesamt so viel Material geboten, dass man am Ende der Sichtung fast meinen könnte, selbst beim Dreh dabei gewesen zu sein. Sehr viel besser kann man Extras nicht verpacken.
“Ob die Bestie vom Gévaudan wirklich existiert hat und wenn ja, in welcher Form, wird wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben. Die filmische Adaption der Legende hat jedoch auch über zwanzig Jahre nach Veröffentlichung nichts von ihrer ursprünglichen Faszination eingebüßt. Dank 4K UHD und Blu-Ray Remastered fühlt sich Pakt der Wölfe stellenweise wie ein komplett anderer Film an, die katastrophale Erstauflage kann hier komplett einpacken. Schade nur, dass der nicht ganz makellose deutsche Ton kein ähnlich gutes Upgrade erfahren hat und auch die neue Abmischung für die Originalspur oft nicht so recht weiß, was sie mit der zusätzlichen Ebene anfangen soll. Das mehr als umfangreiche Bonusmaterial inklusive einem neuem Interview in Spielfilmlänge entschädigt dafür aber ziemlich gut.”
Quelle Bildmaterial: ©2001 Davis Films | STUDIOCANAL. All rights reserved.
Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von STUDIOCANAL zur Verfügung gestellt worden.
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