Wenn sich eine ganze Horde Profikiller an Bord eines japanischen Hochgeschwindigkeitszuges gegenüberstehen, wartet auf die interessierten Zuschauer entweder ein trashiger B-Movie, oder aber tatsächlich einer der besten Filme des auslaufenden Kinojahres! Bullet Train darf sich guten Gewissens in die zweite Kategorie einreihen. Also schnallt euch an und genießt die Fahrt, denn das von Regisseur David Leitch verantwortete Spektakel nimmt nun endlich auch Kurs aufs Heimkino.
Studio: Columbia Pictures
Vertrieb: Sony Pictures Home Entertainment
Erscheinungsjahr: 2022
Regie: David Leitch
Darsteller: Brad Pitt, Aaron Taylor-Johnson, Joey King, Brian Tyree Henry und andere
Der Film
„Ladybug“ (Brad Pitt) hat schon bessere Zeiten gesehen. Seit der Profikiller von einer lebensbedrohlichen Verletzung genesen ist, befindet er sich in einer akuten Selbstfindungskrise. Trotzdem hat er sich überreden lassen, als Vertretung für einen Kollegen einzuspringen und soll an Bord des Shinkansen – dem berühmten japanischen Hochgeschwindigkeitszug – einen Aktenkoffer voller Lösegeld sicherstellen. Das Objekt der Begierde befindet sich gegenwärtig in der Obhut der ungleichen, in derselben Branche beheimateten Zwillingsbrüder „Lemon“ (Brian Tyree Henry) und „Tangerine“ (Aaron Taylor-Johnson), die kurz zuvor den entführten Sohn des legendären Unterweltbosses „Weißer Tod“ aus der Gewalt seiner Kidnapper befreit haben und diesen nun mitsamt dem Geld sicher beim Papa abliefern sollen.
Unter den Mitreisenden befindet sich außerdem der unscheinbar wirkende Yuichi Kimura, der an Bord jene Person vermutet, die seinen jungen Sohn vom Dach eines Hauses gestoßen und damit fast getötet hätte. Die Überraschung ist groß, als er am Platz des Attentäters die junge „Prince“ (Joey King) vorfindet, die nur auf das Auftauchen des rachsüchtigen Vaters gewartet hat. Als der Koffer verschwindet, der Mafiaspross unerwartet ins Gras beißt und immer mehr Killer auf der Bildfläche auftauchen, bricht in den einzelnen Abteilen das Chaos aus. Aber: Ist das Aufeinandertreffen der skurrilen Gestalten wirklich nur ein Zufall, oder war all das von Anfang an geplant? Während die Beteiligten Stück für Stück die wahren Motive ihrer Aufträge enträtseln, rast der Shinkansen unaufhaltsam seiner finalen Haltestelle entgegen…
Die Rezension
Basierend auf dem 2010 veröffentlichten Bestseller Mariabitoru aus der Feder des japanischen Schriftstellers Kōtarō Isaka hat Regisseur David Leitch ein Spektakel erschaffen, dass in seinen vielen guten Momenten im bestmöglichen Sinne an die Handschrift eines Quentin Tarantino oder Guy Ritchie erinnert. Spleenige Charaktere, herrlich unterhaltsame Dialoge (unter anderem über die Möglichkeit, Menschen anhand der Kinderserie Thomas, die kleine Lokomotive zu charakterisieren) und perfekt choreographierte Fights auf engstem Raum sorgen mitsamt des spielfreudigen A-Klasse-Ensembles für knapp zwei Stunden beste Unterhaltung.
Brad Pitt liefert als Profikiller auf Selbstfindungstrip seine beste Schauspielleistung seit Jahren ab, Joey King mimt das manipulative Miststück in Engelsgestalt mit einer wunderbaren Eiseskälte und Aaron Taylor-Johnson empfiehlt sich mit seiner Darstellung als „Tangerine“ einmal mehr Größe, mit der man in nächster Zeit definitiv rechnen sollte. Fans japanischer Kinofilme dürfen sich zudem über einen Auftritt von Hiroyuki Sanada freuen, der in seiner Heimat quasi Legendenstatus genießt. Hier und da muss sich Bullet Train aber die Kritik gefallen lassen, es mit seinem Verwirrspiel etwas zu bunt zu treiben. Zwar fügen sich am Ende sämtliche Handlungsfäden zu einem nachvollziehbaren Gesamtkonstrukt zusammen, manch ein Charakter wie zum Beispiel die sich erst spät offenbarende „Wespe“ verschwindet aber etwas zu schnell wieder von der Bildfläche, um einen angemessen bleibenden Eindruck hinterlassen zu können.
Diese kleinen Probleme beim Pacing sind aber auch schon das einzige Manko und schmälern den Genuss des Films kaum. David Leitch ist es nach John Wick und Deadpool abermals gelungen, sein Können als Stuntexperte und Regisseur packender Actioner mit gleichzeitig gutem Gespür für Komik unter Beweis zu stellen. Bullet Train lebt maßgeblich davon, in Zeiten unendlich fortgesetzter Franchises und anderen unschönen Trends aus bestehenden Konventionen auszubrechen und einfach sein eigenes Ding zu machen. Für mich definitiv einer der besten Filme des Jahres und nicht nur für Genrefans absolutes Pflichtprogramm.
4K UHD und Blu-Ray: Das Bild
Gedreht wurde bis auf eine Ausnahme komplett digital, lediglich einer der zahlreichen Rückblicke im Film ist auf analoges Material gebannt worden. Am Ende entstand daraus ein 4K Digital Intermediate, was die dazugehörige UHD als nativ auflösende Scheibe adelt. Die Blu-Ray muss sich aber ebenfalls zu keinem Zeitpunkt verstecken und liefert bereits ein überwiegend blitzsauberes Bild mit satten Farben, toller Detaildarstellung und mit Ausnahme gelegentlich etwas schwächelnder Schwarzanteile ebenso exzellenter Kontrastwiedergabe. Eine so gute Blu-Ray habe ich schon lange nicht mehr auf dem Schreibtisch gehabt, hier kann man wirklich bedenkenlos zugreifen. Dass es noch besser geht, beweist die 4K UHD. Die kommt mit erweitertem Farbraum nach Rec.2020 und offeriert zusätzlich Support für HDR10 und Dolby Vision.
In den Nahaufnahmen werden nochmals mehr Details aus dem Master herausgekitzelt, so dass man beinahe das Gefühl hat, dass einem die Darsteller gleich aus dem Bildschirm entgegenspringen. Hier haben wir es stellenweise wirklich mit Referenzmaterial zu tun! Sämtliche Farben werden über die UHD nochmals intensiviert und sorgen für eine Strahlkraft, an die selbst die bereits fantastische Blu-Ray nicht herangelangt. Seien es nun die Neonkulissen von Tokio, das kunterbunte Kinderabteil im Zug oder die ständig von außerhalb durch die Fenster reinstrahlenden Lichtquellen, die UHD entpuppt sich als wahres Showcase für sämtliche technisch relevanten Belange. Das gilt dann abschließend auch für die Kontraste, die in Sachen Schwarz kräftig zulegen und selbst in dunkleren Szenen eine perfekte Durchzeichnung gewährleisten. Wer bisher immer noch nach einer guten Rechtfertigung gesucht hat, sein Equipment auf 4K-taugliche Technik aufzurüsten, hat ihn spätestens jetzt gefunden. Besser geht es kaum noch.
4K UHD und Blu-Ray: Der Ton
Sony bleibt seiner Linie im Heimkino treu und bietet sowohl die englische und deutsche Tonspur der Blu-Ray im verlustfreien Format DTS-HD MA 5.1 an, die englische Tonspur der 4K UHD erhält dagegen ein Upgrade auf Dolby Atmos. Auf der regulären Ebene unterscheiden sich die Spuren allesamt kaum voneinander und liefern eine rundherum lebendige Kulisse mit hoher Dynamik und gut realistischer Platzierung ab. Der Subwoofer könnte für meinen Geschmack insgesamt etwas kräftiger zulangen, bleibt aber im guten Mittelfeld wahrnehmbar präsent. Die Dialogverständlichkeit im Center ist makellos und der unaufdringliche Score bereichert das Geschehen zu jedem Zeitpunkt sinnbringen aus dem Hintergrund, darf aber in den passenden Momenten auch mal dominanter ans Werk gehen.
Die zusätzliche Höhenebene der englischen Atmos nimmt man erstmals zu Beginn des Films wahr, wenn „Ladybug“ am Bahnhof eintrifft und die Lautsprecherdurchsagen nachvollziehbar von oberhalb wiedergegeben werden. Danach sind es vor allem die Außenaufnahmen des sich rasant durch das Bild bewegenden Shinkansen, die sich hörbar nach oben ausdehnen. Später darf dann auch nochmal ein Hubschrauber eindrucksvoll über die Decke fliegen und in der finalen Materialschlacht liefert die Ebene dann quasi Dauerbeschallung und legt kurzzeitig auch noch den Soundtrack mit rauf. Allesamt kleine, durchaus gute Ergänzungen, die dem Film einen immersiven Mehrwert verleihen. Insgesamt mangelt es dem Film aber einfach an guten Gelegenheiten, um der Höhenebene mehr Präsenz zu verleihen.
Die Extras
Sowohl Blu-Ray als auch 4K UHD haben einen sehr hörenswerten Audiokommentar mit David Leitch, Produzentin Kelly McCormick und Drehbuchautor Zak Olkewicz an Bord, der Rest hat ausschließlich Platz auf der Blu-Ray gefunden. Sieben Featurettes mit einer Maximallaufzeit von knapp sieben Minuten klären gewähren kurze, aber knackige Einblicke in die zahlreichen Facetten der Produktion und sind als solche absolut sehenswert.
„Da soll noch einer sagen, Zugfahren wäre langweilig. Wenn David Leitch am Steuer sitzt und sich die Passagiere unter anderem aus Brad Pitt, Aaron Taylor-Johnson und Hiroyuki Sanada zusammensetzen, könnt ihr euch auf den wohl abgefahrensten Actioner auf Schienen gefasst machen, der je den Bahnhof von Hollywood verlassen hat. Klasse Fights, urkomische Dialoge und herrlich spleenige Charaktere lassen einen die kleinen Schwächen bei Erzähltempo- und Struktur schnell vergessen. Bullet Train ist nicht nur einer der besten Filme des Jahres, sondern liefert auch im Heimkino ordentlich ab. Bild und Ton der Blu-Ray sind bereits exzellent und werden nur noch von der referenzverdächtigen 4K UHD übertroffen, die exklusiv dort verfügbare englische Tonspur im Format Dolby Atmos legt auf die ohnehin schon eindrucksvolle Gesamtkulisse nochmal eine Schippe drauf. Und die Extras liefern in angemessener Kürze einen informativen Blick hinter die Kulissen. Dafür lässt man das Auto doch gerne mal in der Garage stehen!“
Quelle Bildmaterial: ©Columbia Pictures Inc. All rights reserved.
Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Sony Pictures Home Entertainment zur Verfügung gestellt worden.
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