Turok 3: Shadow of Oblivion Remastered

Was seine Anfänge einst als Comic nahm, mauserte sich spätestens in Form der Videospieladaptionen zum Massenphänomen – und ebnete einem bis dato als chronisch konsolenuntauglich erachteten Genre den Weg auf Plattformen außerhalb des PC. Nachdem sich die Aufbereitungsprofis von Nightdive Studios in der Vergangenheit erfolgreich den ersten beiden Abenteuern der titelgebenden Rothaut angenommen haben, folgt mit dem Remaster zu Turok 3: Shadow of Oblivion nun endlich das Finale der klassischen Trilogie. 

Entwickler: Nightdive Studios | Acclaim Studios Austin

Publisher: Nightdive Studios

Plattform: PC | PS4 | XB1 | NS

Veröffentlichungsdatum: 30. November 2023

Preis: 29,99€*

Altersfreigabe: ab 18 Jahren

Metacritic | OpenCriticIMDB


Mikrotransaktionen
Ungeschnitten


Neue Helden braucht das (verlorene) Land

Die erfolgreiche Zerstörung des Primagen samt dessen Schiff löste eine gewaltige Kettenreaktion aus, in deren Konsequenz die Grundfesten des Universums erschüttert worden sind. Davon schwer in Mitleidenschaft gezogen, trachtet die uralte kosmische Entität Oblivion nun danach, sich ihren Weg in die Welt der Lebenden zu bahnen und sich an deren Energie zu laben. Der Finsterling weiß nur zu gut, dass ihm Turok bei seinem Vorhaben brandgefährlich werden kann, und entsendet seine Diener direkt in dessen Schlafzimmer. Obwohl sich das Oberhaupt der Fireseed-Familie den Invasoren tapfer entgegenstellt, unterliegt er am Ende und opfert schließlich sein Leben, um den beiden jüngeren Geschwistern Danielle und Joseph die Flucht zu ermöglichen. 

Joseph, Adon und Danielle reisen gemeinsam durch das Verlorene Land, um Oblivion aufzuhalten. | PlayStation 5

Nun liegt es an der ehemaligen Verbündeten Adon, unter den letzten Abkömmlingen der uralten Beschützerlinie einen neuen Turok zu wählen, welcher den Pfad in die Verlorenen Lande beschreitet, um Oblivion aufzuhalten, ehe der seine teuflischen Pläne in die Tat umsetzen kann. Und genau hier kommen wir ins Spiel, denn anders als in den beiden Vorgängern dürfen wir uns dieses Mal entscheiden, mit welchem der beiden Fireseed-Geschwister wir den Kampf gegen die außerirdischen Legionen des Bösen ziehen wollen. Dabei verfügen Bruder und Schwester nicht nur über einzigartige Waffen, sondern erkunden mit ihren speziellen Gadgets auch immer wieder komplett unterschiedliche Pfade, was den Wiederspielwert ein gutes Stück erhöht – und das ist auch bitter nötig, denn mit gut drei Stunden Spielzeit pro Szenario ist der Umfang ziemlich überschaubar geraten. 

Luftakrobatik…

Mithilfe spezieller Ankerpunkte kann sich Danielle in Windeseile über die Dächer bewegen und problemlos große Entfernungen zurücklegen.
…trifft Schleichmechaniken

Der kleine Bruder muss an gleicher Stelle einen Weg durch ein mit Laserschranken durchzogenes Museum finden – das Nachtsichtgerät zeigt uns die sonst unsichtbaren Hindernisse an. | PlayStation 5

Während Danielle mit ihrem Kletterhaken problemlos an höhergelegene Orte gelangt, kann Joseph mit seinem Nachtsichtgerät auch in tiefster Dunkelheit navigieren und passt dank geringer Größe auch in engste Luftschächte. Trotz dessen ist Turok 3: Shadow of Oblivion der mit Abstand linearste Eintrag innerhalb der Trilogie, daran ändert sich mit der Neuauflage nichts. Weitläufigere Areale gibt es erst zum Ende hin, aber selbst die können es größentechnisch nicht einmal im Ansatz mit den Leveln des Vorgängers aufnehmen. Auch merkt man dem im Jahr 2000 erstmals veröffentlichten Titel stark an, dass sich die Macher bei der Umsetzung sehr vom Millionenseller Half-Life haben inspirieren lassen. Statt Überlebenskampf im Dschungel verbringen wir dieses Mal einen großen Teil der Spielzeit in Forschungskomplexen und Lagerhallen.  

Der Zahn der Zeit

Turok 3: Shadow of Oblivion erschien damals ausschließlich auf dem Nintendo 64 und hatte von Anfang an mit massiven Problemen zu kämpfen. Nicht nur, dass der dritte Teil der Saga von einem komplett neuen Entwicklerteam gestemmt werden musste, nachdem ein Großteil der ursprünglichen Serienschöpfer nach Unstimmigkeiten mit der Mutterfirma Acclaim zu Nintendo abgewandert war, auch die zu diesem Zeitpunkt längst völlig veraltete Hardware der Konsole dürfte für einiges an Kopfzerbrechen gesorgt haben. Das Original ist nach heutigen Maßstäben eine absolute Katastrophe, wenn es um die Performance geht. Selbst im Low-Res-Modus schafft es das Spiel kaum über die zwanzig Bilder, mit dem Expansion Pak inklusive höherer Auflösung agiert das Geschehen nur noch mehr am Rande der Unspielbarkeit. Die zeitnahe veröffentlichte PlayStation 2 trug zusätzlich einiges dazu bei, dass sich nur noch ein sehr kleines Publikum für das Finale der Reihe begeistern konnte. 

Regelmäßige Bosskämpfe lockern das lineare Gameplay auf. Die Xiphias schlägt aus der Nähe mit ihren Tentakeln zu und verschießt auf Distanz Säure, hat aber ein äußerst verwundbares Glubschauge. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Ich persönlich verbinde auch heute noch viele gute Erinnerungen mit Turok 3: Shadow of Oblivion. Damals war ich zwölf Jahre alt und alles, was eigentlich nicht in Kinderhände gehörte, war für mich interessant. Nach dem stark für den deutschen Markt zensierten Vorgänger war ich überrascht, dass der noch härtere dritte Teil ohne Kürzungen bei uns aufschlug – dafür aber ausschließlich in englischer Sprache. Klar, dass einem in dem Alter dadurch völlig entgeht, dass das Spiel sogar über eine Handlung verfügt. Aber wen hat das damals schon interessiert, solange man ein paar Köpfe zum Platzen bringen konnte? Heute sehe ich die Sache natürlich ein bisschen kritischer. Als episches Finale lässt einen das Spiel nämlich eher enttäuscht zurück, die Unerfahrenheit der Entwickler ist an fast jeder Ecke deutlich sichtbar. Der Vorgänger wirkt nicht nur durchdachter und abwechslungsreicher, sondern sogar wesentlich hübscher und macht selbst auf der ursprünglichen Originalhardware noch Spaß. 

Black Mesa lässt grüßen! Die Level erinnern in vielerlei Hinsicht an Half-Life und GoldenEye 64, beide galten zu ihrer Zeit als bahnbrechend. | PlayStation 5

An den inhaltlichen Schwächen ändert fürwahr auch das Remaster nichts. Dafür hätte man ein komplettes Remake programmieren und dieses dramatisch erweitern müssen. Für Fans der Reihe und jene wie mich, die sich nach all den Jahren einfach wünschen, ein Stück Jugend nochmal neu erleben zu dürfen, ist die hier vorliegende Version aber eine exzellente Wahl. Knapp dreißig Euro werden dafür fällig, was sicher nicht zu viel verlangt ist. Ich will aber ganz ehrlich zu euch sein: Wenn man die Retrobrille mal beiseite lässt, dann ist Turok 3: Shadows of Oblivion allenfalls ein mittelmäßiger, stellenweise arg uninspirierter Shooter. Das wird besonders dann ersichtlich, wenn man das kürzlich zum 25. Jubiläum kostenlos erhältlich gewesene Half-Life als Vergleich heranzieht, welches abseits der überarbeiteten Visuals immer noch ein sehr viel besseres Spiel darstellt. 

Lehrstunde für KONAMI

Falls ihr euch nach meinem – zugegeben ziemlich wütenden – Artikel zur kürzlich veröffentlichten Metal Gear Solid: Master Collection, Vol. 1 gefragt habt, wie ich mir denn ein gelungenes Remaster vorstelle, dann ist Turok 3: Shadows of Oblivion dafür ein exzellentes Beispiel. Einmal mehr auf die hauseigene KEX-Engine portiert und rundum verbessert, beweisen Nightdive Studios mit der Neuauflage erneut, dass sie zu den gegenwärtig profiliertesten Spezialisten für die Aufbereitung alter Titel gehören. Nicht nur, dass man die Auflösung je nach Plattform auf natives 4K angehoben hat (und das, obwohl es keine gesonderte Current-Gen-Fassung gibt), was alleine schon einen gewaltigen Unterschied ausmacht, mit Bildraten bis zu 120 Bildern pro Sekunde entsteht außerdem ein ganz neues Spielgefühl, welches einen die brutal ruckelnde Originalversion innerhalb weniger Sekunden vollständig vergessen lässt. 

Blutiger als das Original: Der Hirnbohrer holt aus den Gegnern das letzte bisschen Verstand heraus. Im Remaster bleiben die Leichen zudem deutlich länger liegen. | PlayStation 5

Dabei allein ist es glücklicherweise nicht geblieben, denn auch ein Großteil der Texturen wurde vollständig überarbeitet. Wem das Ergebnis zu sauber erscheinen sollte, kann dank mitgeliefertem und vielseitig anpassbaren CRT-Filter wieder etwas mehr in Richtung des ursprünglichen Looks umschwenken, das bleibt dem persönlichen Geschmack überlassen. Auch die Modelle von Joseph und Danielle sind überarbeitet worden, lediglich in den Zwischensequenzen wirkt die Mimik aufgrund der unverändert übernommenen Riesenaugen unfreiwillig komisch. Klares Highlight ist die dynamische Beleuchtung inklusive Schattenwürfe, die für eine zeitgemäße Atmosphäre sorgen. Dass gerade die urbanen Umgebungen trotzdem noch ziemlich steril rüberkommen, ist nicht die Schuld der Entwickler, sondern liegt mehr am Alter des Originals. Man ist hier definitiv so weit gegangen, wie man gehen konnte, ohne dabei den ursprünglichen Look zu verwässern. Selbst das überarbeitete Interface lässt sich auf Wunsch gegen die alte Version tauschen, was gut ist, da mir dir aktualisierte Variante einfach viel zu viel Platz auf dem Bildschirm einnimmt. 

Besonders bei den Animationen wird das wahre Alter des Spiels überdeutlich. Rudimentäre Mimiken wie diese galten damals als bahnbrechend. | PlayStation 5

Ladezeiten sind praktisch keine vorhanden, selbst auf den Plattformen der letzten Generation inklusive der Nintendo Switch sind die Übergänge zwischen den Arealen nahezu fließend. Hier muss man zwar mit maximal 1080p Vorlieb nehmen, in der Praxis hat mir das Ergebnis aber sogar etwas besser gefallen als auf den aktuellen Plattformen, weil das weichere Bild die grafischen Unzulänglichkeiten der Vorlage effektiver kaschiert. Den englischen Sprechern hört man das Alter der Aufnahmen aber zu jedem Zeitpunkt an. Und die deutschen Texte werden immer mal wieder von kleineren Lokalisierungsfehlern begleitet. Wesentlich besser klingt der Soundtrack, den man in Zusammenarbeit mit dem ursprünglichen Komponisten aufwändig überarbeitet hat. Auch die ursprünglichen Cheats funktionieren im Remaster, dadurch wird aber das Freischalten von Errungenschaften deaktiviert. Die Steuerung geht mit aktueller Peripherie mindestens so gut von der Hand wie seinerzeit auf dem revolutionären Nintendo-64-Pad.

„Über die letzten Wochen habe ich der Veröffentlichung der Neuauflage zu Turok 3: Shadows of Oblivion mit Hochspannung entgegengeblickt. Und das Warten hat sich definitiv gelohnt, denn obwohl sich der Shooter qualitativ nicht ganz so gut gehalten hat, wie ich es aus Kindertagen in Erinnerung habe, ist Nightdive Studios erneut ein hervorragendes Remaster gelungen, welches an den richtigen Stellen ansetzt und dabei den Geist des Originals angemessen konserviert. Neue Inhalte gibt es zwar keine, aber alleine durch die komplett modernisierte Beleuchtung inklusive visuelle Erweiterungen sowie die um Welten verbesserte Performance inklusive kann man den Titel nach über zwanzig Jahren endlich ohne nervige Emulationsschwierigkeiten erleben – und viel mehr habe ich gar nicht gewollt.“

  • Modernisierte Beleuchtung
  • Exzellente Performance
  • Grafisch an vielen Stellen verbessert…
  • …ohne dabei den ursprünglichen Stil aus den Augen zu verlieren
  • Wechsel zwischen altem und neuem Interface problemlos möglich
  • Cooler CRT-Filter
  • Klasse aufbereiteter Soundtrack
  • Zugängliche Bedienung über sämtliche Plattformen und Peripherie
  • Fairer Preis
  • Alter des Originals in jedweder Hinsicht spürbar
  • Extrem kurz, auch bei zwei Durchgängen
  • Altbacken klingende Dialoge
  • Größe des neuen Interface nicht justierbar
  • Kein freies Speichern und Laden
  • Deutsche Version mit kleineren Lokalisierungsfehlern

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Nightdive Studios zur Verfügung gestellt worden.

*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen

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