In der langen Historie von Call of Duty ist wohl kaum ein Ableger schlechter aufgenommen worden als das letztjährig veröffentlichte Modern Warfare III. Trotzdem generierte der Shooter wieder einmal Unsummen – primär natürlich durch das immense Angebot an kostenpflichtigen Zusatzinhalten im Mehrspielermodus. Dieses Mal ist Treyarch wieder an der Reihe und will die Reihe mit Black Ops 6 zurück zu alter Stärke führen. Ob das gelungen ist, erklärt unserer umfangreicher Test pünktlich zum Launch.





Spy Games
Wir schreiben das Jahr 1991: Der Kalte Krieg ist vorbei, dafür ist am Persischen Golf ein neuer Konflikt ausgebrochen. Mit dem Angriff des Irak auf das Nachbarland Kuwait werden Streitkräfte des amerikanischen Militärs entsandt, um den Aggressor zurückzuschlagen. Dabei geht es vor allem um die Sicherung der dortigen Ölvorkommen, von denen die Vereinigten Staaten maßgeblich profitieren. Inmitten der immer schwerwiegenderen Kampfhandlungen soll ein CIA-Sonderkommando bestehend aus den Agenten William „Case“ Calderon, Jane Harrow und Troy Marshall dem hochrangigen irakischen Überläufer Alawi die Flucht ermöglichen. Dabei bekommt es das Trio nicht nur mit feindlichen Loyalisten zu tun, sondern auch mit einer äußert gut gerüsteten paramilitärischen Gruppe namens „Pantheon“, dessen Anführer selbst für die Geheimdienste ein Mysterium ist.

Nach einer halsbrecherischen Odyssee durch Wüstensand und brennende Ölfelder gelangt das Team schließlich zum Ziel, kann aber nur noch dabei zusehen, wie der als abtrünnig gebrandmarkte Russell Adler dem Flüchtling aus nächster Nähe eine Kugel in den Kopf jagt, ehe er sich widerstandslos in Gewahrsam nehmen lässt. Dabei hinterlässt er lediglich eine kryptische Nachricht für seinen alten Kumpan Woods, der seit den Ereignissen in Nicaragua im Rollstuhl sitzt und sich mit Marshall einen würdigen Nachfolger heranzieht. Wieder daheim ist CIA-Direktor Livingstone alles andere als begeistert über die fehlgeschlagene Mission und suspendiert das ganze Team. Die ahnen jedoch, dass hinter der ganzen Sache mehr steckt und gehen kurzerhand in den Untergrund, um die wahren Motive hinter dem Angriff von „Pantheon“ sowie Adlers Beweggründen aufzudecken. Dazu benötigen Marshall und Co. aber zunächst ein wenig Verstärkung. Was folgt, ist eine über den Verlauf von je nach gewählter Schwierigkeit sieben bis zehn Stunden umfassende Materialschlacht, wie man sie seit jeher von der Reihe kennt und gleichermaßen natürlich auch erwartet.





Nicht erwarten sollte man dagegen neue Ideen, denn was hier erzählerisch aufgefahren wird, erinnert arg an ein Best-of sämtlicher Kampagnen der vergangenen Jahre. Gewohnt kurz und knackig auf filmreifen Niveau inszeniert, offeriert die Geschichte von Black Ops 6 kurzweiliges Vergnügen, welches dafür um Welten solider inszeniert rüberkommt als noch der spaßbefreite Vollpreis-DLC im letzten Jahr. Vor allem die Schauplätze wirken deutlich durchdachter, insgesamt hat man sich innerhalb der skriptlastigen Handlung im Rahmen der Möglichkeiten wieder um mehr spielerische Abwechslung bemüht. Alternative Wege zum Ziel gibt es immer wieder und mit genügend Kohle können wir im Unterschlupf Perks freischalten, die besonders auf knackigeren Stufen wie Veteran sehr nützlich sind. Die in Modern Warfare III eingeführten Open-World-Abschnitte kehren zurück, wurden aber auf ein Minimum reduziert und fühlen sich dank mehr Action und allgemeinem Betrieb viel runder an – die Kernkompetenz der Reihe liegt aber weiterhin in den lineareren Inhalten, denn im Vergleich dazu fühlt sich der Ausflug in die irakische Wüste einfach immer noch zu unspektakulär und generisch an.

Die arg forciert um Diversität bemühte Besetzung inklusive dem wortlosen | gesichtslosen Protagonisten Calderon hat man mangels nennenswerter Charaktertiefe spätestens beim Abspann wieder vergessen, und das offene Ende lässt zahlreiche Fragen unbeantwortet. Alles in allem ist es den Machern bei Treyarch aber erfolgreich gelungen, das Franchise mit Black Ops 6 wieder auf Kurs zu bringen. Über die dazugehörige Formel sollte man sich allerdings langsam mal Gedanken machen, denn Abnutzungserscheinungen gibt es mittlerweile mehr als genug und vieles fühlt sich längst zu vertraut an, um als zuverlässiges Verkaufsargument genutzt werden zu können. Es gibt mehr als genug Spieler, die sich Call of Duty ausschließlich wegen der Kampagne kaufen. Dass die bei Activision nicht den höchsten Stellenwert genießen, weil die größten Profite nun einmal im Mehrspielerbereich generiert werden, ist klar. Aber wie gesagt, auf lange Sicht täte man gut daran, auch Solisten etwas anderes als überwiegend abgestandene Kost anzubieten – auch wenn sie sich erst auf den zweiten Blick als solche entpuppt.
Der Multiplayer
Einen überwiegendem Anteil der Spielerschar wird das alles herzlich egal sein, denn der stürzt sich wahrscheinlich wie immer ohne Umwege direkt in die Mehrspielerkomponente. Dort warten zum Start insgesamt zwölf brandneue Karten für maximal zwölf Spieler darauf, ausprobiert zu werden, dazu gibt es noch vier kleinere Strike Maps, die sich bevorzugt an 2-gegen-2-Partien richten. Nuketown feiert ebenfalls seine Rückkehr, wird dem bestehenden Pool aber erst am ersten November mit Start der neuen Season hinzugefügt. Die Neuschöpfungen gefallen mir allesamt sehr gut und motivieren mindestens so langfristig wie das fair gestaltete Level- und Belohnungssystem. So dürfen sich interessierte Spieler unter anderem durch ein Chateau hoch oben im Gebirge ballern, oder sich ihren Weg durch eine komplette Einkaufsmeile bahnen.

Die Waffensysteme entstammen passend zum Setting ausschließlich den Neunzigerjahren und lassen sich über die Zeit immer weiter beim Gunsmith anpassen – wenn ihr sie denn fleißig nutzt. Insgesamt dreiunddreißig Schießprügel sind gegenwärtig verfügbar, was zwar deutlich weniger ist als bei Modern Warfare III, dafür wurde hier aber auch nicht das Arsenal aus zwei Spielen zusammengeschmissen. Und das ist dann doch irgendwie schade, denn ohne den direkten Vorgänger als Teil des immer weiter zugepflasterten und kaum noch überschaubaren HQ als zentralem Angelpunkt, nämlich Black Ops: Cold War samt dessen Inhalten, fühlt sich Black Ops 6 zum Launch tatsächlich etwas spärlich bestückt an. Klar, neue Inhalte wird es über die nächsten Monate reichlich geben und es wird auch nicht lange dauern, bis es im Spiel wieder von knallbunten Skins und Kooperationen wimmelt, bis dahin muss man aber mit dem bestehenden Angebot an Karten, Waffen und Operatoren auskommen – das klassische Prinzip eines Live-Service-Games eben.


Neun reguläre Modi gibt es, die Kandidaten sind allesamt bekannt und reichen von klassischem Team Deathmatch bis zu Abschuss bestätigt, die meisten davon stehen natürlich auch als Hardcore-Variante zur Verfügung. Eine Partie dauert selten länger als zehn Minuten, eignet sich also perfekt für Zwischendurch.
Call of Duty: Black Ops 6 verfügt zum Launch über eine recht überschaubare Echtgeldkomponente, was sich über die kommenden Monate allerdings dramatisch in Form von kosmetischen Anpassungen ändern dürfte. Während der reguläre Season Pass für alle Spieler ohne Aufpreis verfügbar ist gibt es den separaten Blackcell-Pass ausschließlich gegen Echtgeld. In der Vergangenheit hat sich herauskristallisiert, dass dessen Inhalte spielerische Vorteile gewähren können. Wir werden das genau beobachten und unsere Wertung gegebenenfalls nachträglich anpassen. Gegenwärtig sehen wir aber keinen Grund für einen Punktabzug.
Trotzdem, ein bisschen was Neues hätten die Macher der Community schon anbieten können, womit wir wieder bei der Sache mit der Formel wären. Andererseits kann man auch in das Basisangebot wieder zahlreiche Stunden investieren, leveln, seine Waffen hochrüsten und sich von Teenagern Beleidigungen über die eigene Mutter anhören. Nice! Auf der anderen Seite nervig: Ohne aktive Internetverbindung startet nicht einmal die Kampagne und auch der Crossplay-Zwang bleibt abseits der Konsolen bestehen.
Braaaaains!
Nicht vergessen dürfen wir bei allem natürlich den ikonischen Zombiemodus, der dieses Jahr ebenfalls zwei neue Karten im Gepäck hat und wie immer mit ein bisschen zusätzlicher Handlung angereichert wurde. Liberty Falls versetzt uns in eine von Untoten überflutete Kleinstadt im typisch-amerikanischen Stil. Hier sollen wir einen verschwundenen Wissenschaftler aufspüren, der vielleicht Licht in den Ursprung der Plage bringen kann und im Idealfall auch noch Ideen zu deren Lösung hat. Terminus ist die zweite Karte im Gepäck und spielt auf einer Gefängnisanlage mitten im Nirgendwo, die uns inmitten eines weiteren Ausbruchs mit einem alten Verbündeten zusammenstoßen lässt.

Auch hier hat sich am grundlegenden Ablauf nichts geändert, Überleben und der kluge Einsatz verfügbarer Ressourcen bilden den Schlüssel zum Sieg. Die Zombies greifen in Wellen an und werden mit zunehmendem Spielverlauf sowohl zahlreicher als auch stärker. Neue Waffen und Verbesserungen sind massig verfügbar, haben aber ihren Preis und ein zu überstürzter Einsatz von Geldmitteln kann bedeuten, dass das gesamte Team länger als gewollt an ein Areal gebunden ist. Alles in allem eine gewohnt spaßige Beigabe, die man aber unbedingt mit anderen Spielern erleben sollte, da man im Alleingang relativ chancenlos ist.
Die Technik
Was so viel Wert auf Konstanten legt, wie es Call of Duty seit Jahren tut, legt erwartungsgemäß auch in technischer Sicht nur sehr spärlich zu. Richtig zeitgemäß sieht die Reihe schon seit Jahren nicht mehr aus, was auch daran liegt, dass man die Titel behäbig weiter auf den Plattformen der letzten Generation veröffentlicht und das wohl auch solange fortsetzt, bis man dort keine sinnbringende Käuferschicht mehr erreichen kann. Der aktuelle Ableger nutzt eine erneut weiterentwickelte Form der hauseigenen Engine IW 9.0, verzichtet einmal mehr über sämtliche Plattformen auf den Einsatz von Raytracing, offeriert aber dennoch in den allermeisten Szenarien eine wesentlich hübschere Beleuchtung als der Vorgänger. Auch die Effektkulisse kann sich gerade noch so sehen lassen. Nicht ganz so gut sieht es in Sachen Animationen aus, gerade die Charaktermodelle bewegen sich abseits der geskripteten Sequenzen eher hölzern durch die zugegeben angenehm abwechslungsreichen Areale.

Und obwohl die Entwickler aus dem leicht altersschwachen Grafikgerüst mehr herausgekitzelt haben, als man nach dem Fiasko des Vorjahres erwartet hätte, sucht man in Hinblick auf die Optik vergeblich nach dramatischen Verbesserungen. Dafür hat man mit dem omni-direktionalen Bewegungssystem eine neue Komponente implementiert, mit der Spieler sehr viel freier und intuitiver über die Schlachtfelder huschen können. Grob zusammengefasst ist es nun möglich, in jede beliebige Richtung zu sprinten | zu hechten, wodurch sich im Gefecht ganz neue taktische Möglichkeiten ergeben. Hat man das erstmal gemeistert, kann man sich wie in einem klassischen John-Woo-Film durch die Level bewegen und potenziell tödlichem Feuer entkommen, weil man schlicht schwerer zu treffen ist. In der Praxis funktioniert das richtig gut und fühlt sich im Kern wie eine ausgewogene Mischung aus traditionellen Bedienungsschemata sowie den aus Titeln wie Infinite Warfare bekannten (und weitestgehend verhassten) Exoskeletten an.

Auch die Audiowiedergabe wurde minimal verbessert, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass die Waffensounds auch dieses Jahr eher dünn klingen. Natives 4K gibt es nur am PC, während PlayStation 5 und XBOX Series X|S temporäre Rekonstruktion nutzen, was aber dennoch durchgehend in einem angenehm scharfen Bild resultiert. Im 120-Hertz-Modus wird die Auflösung dagegen auf circa 1440p reduziert. Der reguläre Modus peilt 60 Bilder pro Sekunde an und erreicht diese über weite Strecken problemlos, lediglich im Mehrspielermodus kam es über den Testzeitraum immer wieder zu eigenartigen Leistungseinbrüchen, die auch dann präsent waren, wenn gerade gar nichts in unmittelbarer Nähe passiert ist. Die Last-Gen-Fassungen kann man dagegen niemandem mehr empfehlen, denn hier dort warten neben langen Ladezeiten auch eine ordentlich zurückgefahrene Auflösung samt reduzierter Darstellungsqualität, während die Bildraten munter hin- und herschwanken können.

Die Bedienung geht wie immer gut von der Hand, am ursprünglichen Eingabeschema der letzten Ableger hat sich nichts geändert, sowohl Einsteiger als auch Veteranen werden sich ganz gleich ob mit Gamepad oder der Kombo aus Maus und Tastatur schnell zurechtfinden. Der DualSense der PlayStation 5 überzeugt zusätzlich mit guter Ausnutzung seiner haptischen Fähigkeiten. Vier fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade von Einsteiger bis Veteran garantieren, dass wirklich jeder das Ende der Kampagne erreicht. Untermalt wird das Geschehen von einem passenden Soundtrack, wobei die Black-Ops-Reihe dahingehend ja seit jeher zu den besseren Vertreten zählt. Die deutschen Sprecher sind dagegen wieder nur Mittelmaß, da klingen die englischen Originale einfach durchgehend besser.

„Es geht doch! Nach der komplett lustlos inszenierten Kampagne des Vorgängers inszeniert Treyarch dieses Jahr eine bleihaltige Spionageschichte in bester B-Movie-Manier, die man zwar gewohnt schnell durchgespielt hat, aber zweifelsohne zu den Besseren innerhalb der Reihe zählt. Dazu gibt es das volle Mehrspielerpaket inklusive zahlreicher neuer Karten und gewohnt gutem Gunplay, während das omni-direktionale Bewegungssystem eine bisher ungekannte Bewegungsfreiheit offeriert. Und der obligatorische Zombiemodus verspricht obendrauf jede Menge zusätzlicher Stunden Spielspaß. Mankos finden sich eher im Kleinen, z.B. bei Menüführung, HUD und Kartendesign. Die anhaltend aufdringliche Monetarisierung bleibt ein Ärgernis und das HQ wird mit jedem Jahr nerviger zu navigieren. Kurzum: Auch wenn der diesjährige Ableger vieles besser macht, bleibt die Revolution sowohl auf spielerischer als auch technischer Ebene erwartungsgemäß aus.“


- Ansehnliche Licht- und Effektkulisse
- Überwiegend gut inszenierte, temporeiche Kampagne…
- …mit einigen abwechslungsreichen Schauplätzen…
- …und schicken Rendersequenzen
- Gewohnt umfangreiches Mehrspielerpaket mit bis zu neun Modi für jeden Geschmack
- Gunsmith mit beispiellosen Anpassungsmöglichkeiten
- Durchgehend spaßige Mehrspielerkarten
- Zeitlos guter Zombiemodus
- Extrem stimmiges Gunplay
- Vier fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
- Stimmiger Soundtrack
- Gute englische Sprecher
- Omni-direktionale Bewegung bringt spürbar mehr Dynamik ins Geschehen
- Zugängliche Bedienung über sämtliche Plattformen
- Gut ausgenutzte DualSense-Features

- Technisch in vielerlei Hinsicht nicht mehr zeitgemäß
- Kampagne hat inhaltlich kaum neue Ideen anzubieten…
- …lässt zum Ende viele Fragen offen…
- …und ist wie immer schnell durchgespielt
- Charaktere mit viel Diversität, aber kaum Qualität
- Open-World-Missionen trotz Verbesserungen spielerisch immer noch eher dröge
- Mehrspielermodus mit willkürlichen Performanceproblemen…
- …weniger Inhalten als beim Vorgänger…
- …aggressiver Echtgeldkomponente…
- …aber ohne nennenswerte Neuerungen
- Blackcell-Pass ausschließlich gegen Echtgeld
- Schwachbrüstige Waffensounds
- Mittelmäßige deutsche Sprecher
- Crossplay lässt sich am PC nicht abschalten
- Permanenter Onlinezwang für sämtliche Modi
- Überladenes HQ
- Jeder Modus mit eigenem HUD

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Activision Blizzard zur Verfügung gestellt worden.
*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen
Es nervt mich wirklich, dass meine COD Points aus der vorherigen Version nicht übertragen wurden. Als treuer Spieler wäre es schön, die Inhalte ins neue Spiel mitnehmen zu können – das sorgt sonst nur für Frust. Ansonsten ist das Spiel eben ein typisches COD: nichts Besonderes, aber macht immer wieder Spaß. Schade nur, dass du das mit den Punkten in deinem Test nicht erwähnt hast. Hattest du dieses Problem nicht?