Ist euch eigentlich schonmal aufgefallen, wie schwer sich die Japaner mit etwas so banalem wie der Liebe tun? X trifft Y, X verliebt sich in Y und beide leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage…es könnte so einfach sein, wäre im Umkehreffekt aber auch furchtbar langweilig. Und gleichzeitig hätten wir dann auch Higehiro nicht – eine Liebesgeschichte der besonders komplizierten Art, die nun in Form einer dreizehnteiligen Adaption als Anime endlich auch in vollständig synchronisierter Fassung vorliegt. Wir durften die erste Volume für euch sichten.
Produktion: Project No.9
Vertrieb: Crunchyroll
Erstveröffentlichung: 2021
Veröffentlichungstermin: 16. Juni 2023
Format: Blu-Ray | DVD
Preis: ab 41.80€*
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Die erste Volume
Yoshida ist ein typischer Mittzwanziger, der als Angestellter bei einer großen IT-Firma arbeitet und bereits seit fünf Jahren Hals über Kopf in seine Vorgesetzte Airi verliebt ist, bisher aber nie den Mut gefunden hat, seine Gefühle zu offenbaren. Nach einem gemeinsamen Trinkgelage traut er sich dann doch endlich – und kassiert prompt einen Korb von seiner Angebeteten. Desillusioniert und tieftraurig torkelt Yoshida an diesem Abend nach Hause und trifft dabei auf die attraktive Oberschülerin Sayu, die einsam und allein unter einem Laternenpfosten kauert. Die Ausreißerin weiß nicht wohin und hat kaum mehr am Leib als ihre Schuluniform. Im Promillerausch lädt Yoshida das Mädchen ein, die Nacht bei ihm zu verbringen – selbstverständlich ohne dabei irgendwelche Hintergedanken zu hegen.
Damit beginnt ein sehr ungewöhnliches Zusammenleben, denn der chronische Single versteht weder etwas vom Kochen, noch führt er einen ordentlichen Haushalt und gewöhnt sich schnell an die praktischen Fähigkeiten von Sayu, die ihrerseits verwundert ist, dass sich Yoshida anders als ihre letzten Bekanntschaften überhaupt nicht für körperliche Annäherungen zu interessieren scheint. Dass es auf engem Raum trotzdem gelegentlich zu unfreiwilligen Einblicken privater Natur kommt, bringt beide immer wieder in peinliche Situationen. Und es dauert nicht lange, bis sich Sayu bei Yoshida derart wohl fühlt, dass sie sich gar nicht mehr vorstellen kann, die Zweckgemeinschaft wieder zu verlassen.
Und auch Yoshida muss sich bald eingestehen, dass er Sayu liebgewonnen hat. Doch deren undurchsichtige Vergangenheit und die Tatsache, dass sie vor dem Gesetz noch minderjährig ist, verkomplizieren die Sache immer mehr. So interessiert sich bald nicht nur die Kollegin und Freundin aus dem Konbini für die ungewöhnliche WG, auch Yoshidas Chefin Airi zeigt sich extrem besorgt über das Verhältnis. Als dann auch noch ein ehemaliger Liebhaber von Sayu auftaucht und droht, deren düstere Geheimnisse ans Licht zu bringen, sollte die sich nicht erneut mit ihm einlassen, droht die fragile Stabilität im Alltag der beiden schwierigen Persönlichkeiten schneller zu zerbrechen, als man eine Schüssel Misosuppe kochen kann…
Die Rezension
Mit weit über vierhunderttausend verkauften Exemplaren galt die ursprüngliche Light Novel aus der Feder von Shimesaba bereits als guter Erfolg, noch ehe die Adaption als Anime überhaupt angekündigt wurde. Seitdem dürften noch eine Stapel mehr über die japanischen Ladentheken gewandert sein. Seit 2018 wird die Reihe auch als Manga publiziert und fortgeführt. Mit Project No.9 agiert ein erfahrenes Studio hinter den Produktionskulissen, welches in der Vergangenheit unter anderem für Bottom-tier Charakter Tomozaki und oder High School Prodigies Have It Easy Even in Another World verantwortlich gewesen ist. Die insgesamt in dreizehn Episoden aufgelegte Serie musste sich durchaus einige Kritik gefallen lassen, besonders im Heimatland Japan gingen zur Ausstrahlung Beschwerden ein, die Serie würde angesichts des Alter der handelnden Figuren die Entführung Minderjähriger glorifizieren. Und ja, ganz legal scheint das Geschehen innerhalb der Geschichte nicht zu sein, dessen sind sich die Charaktere allerdings auch bewusst und setzen sich damit immer wieder kritisch auseinander, was ich sehr angemessen finde.
Zudem haben wir es hier zu keinem Zeitpunkt mit einer klassischen Liebesgeschichte zu tun, sondern eher mit einer Art lockerem Drama. Gefühle mögen früher oder später zwar eine wichtige Rolle spielen, von der ersten Begegnung zwischen den beiden Protagonisten an entwickelt sich aber eine wesentlich komplexere Handlung, in deren Kern die Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten und ungewissen Zukunftsperspektiven liegen. Und darin gefällt mir Higehiro trotz einiger klischeehafter Wendungen besonders gut. Da haben wir unter anderem die süße, aber unbeachtete Arbeitskollegin, die schon lange ein Auge auf Yashiro geworfen hat, während der nur seine Chefin im Kopf hatte. Die energische Freundin mit der großen Klappe und dem Herz aus Gold. Und selbst Airi, von der man anfänglich dachte, sie würde für die weitere Handlung keine Rolle mehr spielen, bekommt noch ein unerwartetes Gewicht. Mit alldem gehen die Macher aber angenehm sorgsam um, so dass man nie das Gefühl hat, das alles wäre in ähnlicher Form schonmal dagewesen.
Bei aller entstehenden Dramatik kommen Humor und Erotik nicht zu kurz. Higehiro fischt gerne mal am Ecchi-Rand, zieht die Angel aber immer rechtzeitig wieder ein und entspannt die Situation im Anschluss mit etwas Slapstick. Dabei hält die Serie eine gute Balance und macht einfach viel Spaß. Die erste Hälfte bereitet einen sehr gut auf alles vor, was da noch kommen wird: Eine Geschichte um das Erwachsenwerden, manchmal überraschend schwermütig vorgetragen, aber immer mit einem Augenzwinkern. Ich hoffe, dass ich euch bald die verbliebenen Episoden vorstellen darf. Wer bis dahin partout nicht warten will, sollte schleunigst den Gang zur nächsten Fachbuchhandlung antreten – es lohnt sich, versprochen!
Die Blu-Ray
Alle sechs Episoden der ersten Volume liegen als Transfer in nativem 1080p vor, woraus sich eine Gesamtlaufzeit von knapp zweieinhalb Stunden ergibt. Kein Problem für die Blu-Ray, welche das Geschehen zu jeder Sekunde gestochen scharf ohne Kompressionsschwierigkeiten und Co. wiedergibt. Selbst feinere Konturen verrauschen nicht. Gelegentlich kommen einem die Hintergrundgrafiken detaillierter vor als die eigentlichen Charaktere, das ist jedoch der identisch umgesetzten Vorlage geschuldet und daher als Stilmittel zu verstehen. Die natürliche Farbpalette passt gut zum Setting, öffnet ausreichend Raum für etwas knalligere Highlights und punktet im Kontrastbereich mit kräftigen Schwarzanteilen bei gleichzeitig guter Durchzeichnung in dunkleren Szenen, während neutrale Flächen in sattem Weiß erstrahlen.
Der Ton liegt wie immer bei Serienveröffentlichungen ausschließlich als verlustfreie Masterspur im Stereoformat vor, das gilt sowohl für die sehr gelungene deutsche Synchronisation, als auch für das japanische Original. Hier gibt es nichts zu bemängeln, denn Higehiro ist eine durch und durch dialoglastige Serie, die zumindest innerhalb der ersten sechs Episoden keinen Anlass dazu gibt, irgendeine Form von Räumlichkeit zu vermissen. Die Stimmen sind klar verständlich und verfügen über eine schöne Dynamik, eventuell vorhandene Umgebungsgeräusche lassen sich aus der Abmischung gut raushören, ohne die Dialoge zu übertönen. Und auch die Musik im Opener und dem Outro bestechen mit sattem Klang. Sauber übersetzte deutsche Untertitel liegen wie immer für alle bei, die eine Sichtung im Originalton bevorzugen, der Sprache aber nicht ausreichend mächtig sind.
Die einzelne Blu-Ray wird von Crunchyroll im Digipak veröffentlicht, ein Schuber aus stabilem Karton schützt die mit schicken Grafiken ausgestaltete Klapphülle zuverlässig vor Beschädigung, ist am Rücken jedoch anhaltend sehr dünn geraten und sollte deswegen mit angemessener Vorsicht behandelt werden. Als physische Extras liegen ein 16-seitiges Booklet und zwei Artcards bei, auf der Scheibe selbst findet man noch das titelfreie Opening. Circa fünfundvierzig Euro werden dafür fällig, womit sich die Volume im mittleren Preissegment des Publishers einpendelt.
“Was auf den ersten Blick wie eine klassische RomCom – mit zugegeben moralisch minimal fragwürdigem Inhalt – beginnt, mausert sich schnell zu einer ausgefallenen Odyssee über das Erwachsenwerden. Dass dabei auch schwierige Themen behandelt werden, sollte klar sein. Higehiro gelingt es jedoch dank seiner grundsympathischen, nie überzeichnet dargestellten Charaktere, sich auch diesen Momenten mit einer angenehmen Leichtigkeit anzunehmen. Humor und ein Hauch Erotik dürfen bei der Adaption der immer beliebteren Vorlage ebenfalls nicht fehlen. Die Blu-Ray besticht durch exzellente Bild- und Tonqualität samt passender Aufmachung und bietet insgesamt genügend Extras, um die Veröffentlichung auch für Sammler interessant zu machen.”
Copyright: “©Shimesaba, KADOKAWA / Higehiro Project. All rights reserved.”
Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Crunchyroll zur Verfügung gestellt worden.
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