4K UHD | Winnetou II

Mit der Restaurierung vom ersten Winnetou gelang es Tobis im letzten Jahr, einem geliebten Klassiker auf durchaus eindrucksvolle Weise neues Leben einzuhauen. Vor kurzer Zeit legte das Label den zweiten Teil nach, das Finale schlägt Anfang Dezember ebenfalls in 4K bei uns auf. Pünktlich dazu haben wir Winnetou II für euch auf Herz, Nieren und Feuerwasser getestet. 

Studio und Vertrieb: TOBIS Film GmbH via LEONINE Distribution

Erstveröffentlichung: 1964

Veröffentlichungstermin: 23. August 2024

Darsteller: Lex Barker, Pierre Brice, Karin Dor, Terence Hill und andere

Format: 4K UHD

Preis: 34,99€*

Altersfreigabe: Ab 6 Jahren

IMDB




Der Film

Weil sich die weißen Siedler immer aggressiver auf dem heiligen Land der verschiedenen Indianerstämme ausbreiten, spielen die ersten Stammesführer bereits mit dem Gedanken, das Kriegsbeil auszugraben. Der besonnene Winnetou (Pierre Brice), seit dem Tod seines Vaters Häuptling der Apachen, weiß nur zu gut um die Sinnlosigkeit eines Krieges und will Rot- und Weißhäute stattdessen zu Friedensgesprächen im Fort Niobrara zusammenbringen. Als er auf dem Weg zum Stamm der Assiniboin die bildhübsche Häuptlingstochter Ribanna (Karin Dor) vor einem Bären rettet, stimmt deren dankbarer Vater nicht nur der Teilnahme an den anstehenden Verhandlungen zu, sondern befreit auf Wunsch Winnetous auch noch drei gefangene Soldaten von seinem Marterpfahl – darunter auch Leutnant Merril (Terence Hill), bei dem es sich zufälligerweise um den Sohn des Fortkommandanten handelt. 

Die Liebe zwischen Winnetou und Ribanna steht angesichts der drohenden Konfliktes zwischen Weißen und Indianern unter keinem guten Stern. | 4K UHD

Währenddessen massakriert die Bande des skrupellosen Ölbarons Forrester unter Führung seiner rechten Hand Luca (Klaus Kinski) ein ganzes Lager der Ponca, um sich das dort im Erdboden befindliche schwarze Gold unter den Nagel reißen zu können. Merril und seinen Männer, die das Morden nicht mehr verhindern konnten, nunmehr aber zu unliebsamen Zeugen geworden sind, bleibt angesichts der zahlmäßigen Überlegenheit der Banditen nur die Flucht. Dabei begegnen sie zufällig Winnetous Blutsbruder Old Shatterhand (Lex Barker), der sich daraufhin gemeinsam mit dem Abenteurer Lord Castlepool in das Lager von Forrester begibt, um den Schurken das Handwerk zu legen. Der Plan geht jedoch nur bedingt auf, da der auf Rache sinnende Ponca-Häuptling die dort lagernden Ölvorräte in Brand steckt. 

Im Angesicht des Indianertribunals steht es um den Skalp von Indianermörder Luca nicht besonders gut… | 4K UHD

Gleichzeitig gelingt es Winnetou und seinen Verbündeten, erfolgreich zwischen Weißen und Indianern zu verhandeln. Der Pakt soll durch eine Eheschließung zwischen Merril und Ribanna bezeugt werden. Für den Häuptling der Apachen, der sich längst in Ribanna verliebt hat, ein schwerer Schlag. Um den anstehenden Frieden doch noch zu verhindern, treibt Forrester seine Männer zu brutalen Überfällen an, die er den Indianern in die Schuhe schieben will. Winnetou und sein Blutsbruder reiten aus, um das Schlimmste zu verhindern…

Die Rezension

Nach dem gewaltigen Erfolg von Winnetou I war eine Fortsetzung schnell beschlossene Sache. Dass der Film mit der Buchvorlage nicht mehr viel gemeinsam hatte, störte die zahllosen Kinobesucher nicht. Auch der nur ein Jahr später nachgereichte Winnetou II bedient sich allenfalls einigen losen Fragmenten von Karl Mays ikonischem Werk, verzichtet dabei erneut auf vielschichtige Charaktere zugunsten malerischer Bilder und einem Winnetou, der die Liebe für sich entdeckt. Das Ergebnis ist ein eher uninspiriertes und arg substanzarmes Sequel, welches auch durch die wenigen eingestreuten Actionszenen inklusive einem gewohnt schlagkräftig auftretenden Lex Barker kaum an Mehrwert gewinnt – zumal hier verglichen mit dem Vorgänger nichts Neues geboten wird. 

Winnetou und sein Blutsbruder Old Shatterhand reiten wieder gemeinsam ins Abenteuer! | 4K UHD

Auch der übrige, teils hochwertige Cast kann aus dem dünnen Drehbuch kein Meisterwerk mehr machen. So überzeugt die fantastische Karin Dor hauptsächlich durch ihr Aussehen, gleiches gilt für den damals noch blutjungen Mario Girotti alias Terence Hill, lange bevor dieser an der Seite von Bud Spencer zur Kultfigur des zentraleuropäischen Kinos avancierte. Oberschurke Forrester wirkt wie eine müde Kopie von Mario Adorf, der in Winnetou I als herrlich durchtriebener Bösewicht deutlich glaubwürdiger rüberkam. Lediglich Klaus Kinski überzeugt hier als grausamer Erfüllungsgehilfe, was es umso ärgerlicher macht, dass seine Rolle nur so wenig Leinwandzeit erhalten hat. Die beiden Hauptdarsteller, nämlich Lex Barker und Pierre Brice, agieren über etwas mehr als neunzig Minuten Gesamtdauer überwiegend lustlos und fügen ihren jeweiligen Figuren keine neuen Aspekte hinzu. 

Gangster Forrester will den Indianern ihre Ölvorkommen abluchsen und ist bereit, dafür einen Krieg zu provozieren. | 4K UHD

Obwohl Winnetou II (zumindest in meinen Augen) kaum mehr als eine uninspiriert erzählte Liebesgeschichte vor gewohnt bildschönen jugoslawischen Kulissen ist, hat das den Kinozuschauern seinerzeit offenbar ausgereicht, um auch dem Sequel zu einem großen, finanziellen Erfolg zu verhelfen – und das nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern auch in der ehemaligen Sowjetunion, wo der Film zusätzlich zu den knapp sieben Millionen hiesiger Zuschauer weitere sechsundfünfzig Millionen in die Lichtspielhäuser locken konnte. Die Sehnsucht nach exotischen Schauplätzen und ein wenig Romantik abseits der Realität des Kalten Krieges war für viele wohl Grund genug, ein Ticket zu lösen. Das kann ich gut verstehen, denn schließlich ist Kino doch genau dafür da: Für ein paar Stunden einfach mal die Realität ruhen zu lassen. Und was das angeht, funktioniert der Film aufgrund seiner immer noch herrlichen Bilder sowie einem zeitlos tollen Soundtrack heute mindestens so gut wie damals.  

4K UHD: Das Bild

Auch Winnetou II wurde erstmals im Jahre 2013 in High Definition ausgewertet und leidet an ganz ähnlichen Problemen wie die Blu-Ray zum Vorgänger, nämlich teils arg ausufernden Rauschmustern sowie unstimmigen Farben bei gleichzeitig grundsoliden Kontrasten. Gelegentliche Unschärfen sind ebenfalls vorhanden, was primär daran liegt, dass die entsprechenden Szenen seinerzeit einfach nicht besser auf analogem Film gebannt worden sind. Für die Neuauflage in 4K wurde ein nativer Scan vom 35mm-Originalnegativ angefertigt und im Anschluss umfangreich nachbearbeitet. Dazu gibt es Support für HDR10 und den obligatorischen erweiterten Farbraum nach Rec.2020. 

Die 4K UHD (Slider ←) ist in Wirklichkeit nicht so dunkel, wie es die Bilder ohne HDR10 implizieren. Die Unterschiede zur Blu-Ray (Slider →) sind trotzdem überdeutlich, sowohl bei der Farbgebung als auch der Detailwiedergabe kann die verrauschte Scheibe nicht einmal im Ansatz mithalten.

Einmal mehr zeigt sich, welche immensen Unterschiede bereits durch den Auflösungsvorsprung entstehen können. Wo man innerhalb der Blu-Ray teilweise gewaltige Schwierigkeiten hat, im überfärbten und verrauschten Pixelbrei überhaupt etwas zu erkennen, offeriert die 4K UHD ein um Welten klareres und detaillierteres Bild in fast jedem Frame. Kurze Sequenzen, wie die etwas über fünfzehn Sekunden andauernde Einstellung bei Minute 10:19, welche auch bei der Erstauflage nur in schlechter Qualität vorlagen, kann die Neuabtastung abseits angepasster Farben auch nicht viel besser darstellen – dabei handelt es sich zwar grundsätzlich nur um wenige Sekunden, darauf hinweisen wollen wir der Form halber natürlich trotzdem. Die wesentlich natürlichere Farbgebung ist ein dickes Plus, von Perfektion ist man hier jedoch weit entfernt, was primär an einem allgegenwärtigen Rotstich liegt, der sich besonders aggressiv in den Gesichtern sämtlicher Darsteller zeigt. 

Wie heftig verrauscht die Blu-Ray (Slider →) ist, kann man hier quasi überall, besonders auffällig aber am Mann im linken Teil sehen. Die 4K UHD (Slider ←) händelt die Szene dramatisch besser, leidet aber fast durchgehend an einem auffälligen Rotstich.

Hier präsentierte sich der erste Teil deutlich harmonischer abgemischt, dennoch entsteht gegenüber der viel zu dramatisch kolorierten Blu-Ray ein eindeutiger Mehrwert. Im Kontrastbereich liefert die 4K UHD kräftigere Schwarzanteile und zeichnet dank der auflösungsbedingt massiv zurückgefahrenen Körnung gerade in den dunkleren Szenen besser durch. Wir haben versucht, unsere Argumente mit den dazugehörigen Vergleichsbildern bestmöglich zu untermauen, weil diese aber kein HDR10 wiedergeben können, wirken die Shots der 4K UHD deutlich dunkler, als sie eigentlich sind. Davon sollte man sich also nicht beirren lassen. Für einen knapp sechzig Jahre alten Film samt entsprechendem Negativ sieht Winnetou II im Ergebnis gar nicht schlecht aus, darf aber – entweder alters- oder bearbeitungsbedingt – nicht komplett kritiklos in den Sonnenuntergang reiten, zumal dafür anhaltend zu viele Verschmutzungen, bzw. Beschädigungen im laufenden Bild vorhanden sind. 

4K UHD: Ton und Extras

Die hier vorliegende Abmischung im verlustfreien Format DTS-HD MA 5.1, welche seinerzeit für den Release der Blu-Ray vorgenommen wurde, ähnelt der Tonspur des Vorgängers in allen Punkten und kann nicht verbergen, dass die dazugehörigen Synchronaufnahmen bereits sechs Jahrzehnte zurückliegen. So mangelt es sowohl Stimmen als auch Musik und Effekten an Dynamik und neigt gerade bei letzterem in Form von Schüssen und Co. zur leichten Übersteuerung. Trotz dieser Mankos bleiben sämtliche Dialoge gut verständlich, eine Nachjustierung an den Reglern der Heimkinoanlage ist also überflüssig. Räumliche Aktivität macht sich vor allem durch den zeitlos guten Score bemerkbar, der Rest pendelt sich bis auf wenige Ausnahmen eher im Frontbereich ein. Wer will, kann alternativ auch zur ursprünglichen Monospur wechseln.

Eine Hochzeit für den Frieden: Ribanna ehelicht den Soldaten Merril. | 4K UHD

TOBIS liefert auch den zweiten Winnetou im sammlertauglichen Mediabook inklusive zweiunddreißig Seiten starkem Booklet aus. Beides überzeugt durch seine hochwertige Verarbeitung. Neue Extras gibt es auch dieses Mal nicht, es bleibt beim bestehenden Bonusmaterial der zu bisherigen Veröffentlichungen inhaltsgleichen Blu-Ray. Neben einigen nostalgischen Featurettes rund um die Uraufführung des Films gibt es ein Filmfehler-Quiz, eine Bildergalerie auf Basis mehrerer Karl-May-Verfilmungen und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung unveröffentlichtes Material. Abgerundet wird das Paket durch eine Handvoll Trailer. 

„Der Mittelteil der Winnetou-Trilogie ist in meinen Augen der schlechteste Beitrag zur Reihe. Nicht nur, weil die Action verglichen mit dem Vorgänger deutlich spärlicher gesät ist und die entsprechenden Szenen teilweise wie direkt aus diesem übernommen wirken, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass die Liebesgeschichte zwischen dem Titelhelden und der Häuptlingstochter Ribanna einfach zu viel Spielzeit einnimmt, ohne dabei ansatzweise so etwas wie erzählerische Tiefe zu bieten. Dass da irgendwo am Rande noch ein Lex Barker vor sich hindümpelt, kann man dabei fast vergessen. Die neue 4K UHD bietet ein dickes, aber keineswegs perfektes Upgrade zu einer sehr schlechten Blu-Ray, während man bei Ton und Extras nur Altbekanntes serviert bekommt.“


Quelle Bildmaterial: ©TOBIS Film GmbH. All rights reserved.

Entsprechende Testexemplare sind uns freundlicherweise von LEONINE Distribution zur Verfügung gestellt worden.

*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen

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