LEGO Horizon Adventures

Über die letzten Jahrzehnte haben die Bausteinbarone aus Dänemark fast alles lizensiert, was sich in irgendeiner Form zu Geld machen lässt. Nun hat man sich bei LEGO erstmals mit Sony zusammengetan und mit dem Horizon-Franchise eine weitere erfolgreiche Marke adaptiert – nicht nur in Form diverser Sets, sondern auch als Videospiel. Gebraucht hätte es das nicht…

Entwickler: Guerilla Games | Studio Gobo

Publisher: PlayStation Publishing LLC

Plattform: PC | PlayStation 5 | Nintendo Switch

Veröffentlichungsdatum: 15. November 2024

Preis: 69,99€*

Altersfreigabe: ab 6 Jahren

Metacritic | OpenCritic | IMDB


Echtgeldinhalte
Ungeschnitten


Zero Dawn Light 

Wer sich mit LEGO Horizon Adventures eine neue Geschichte erhofft, dürfte enttäuscht werden. Hier werden nämlich ausschließlich die bereits aus dem ersten Teil der Saga bekannten Geschehnisse erneut aufgekocht – nur eben in der typischen Bausteinoptik. Wer das Original gespielt hat – Gelegenheiten gibt es dafür ja mittlerweile mehr als genug – weiß, dass es da thematisch durchaus etwas düster zur Sache geht und auch vor schwierigen Themen wie sozialer Ausgrenzung nicht Halt gemacht wird. Zu düster für ein Spiel, welches sich vor allem an ein junges Publikum wenden soll, weshalb man all diese Aspekte einfach entfernt hat. Was bleibt, lässt sich in Teilen zwar immer noch problemlos nachvollziehen, fühlt sich als Gesamtwerk im Vergleich mit dem Vorbild aber entsetzlich kastriert an.

Auch in LEGO erkennt man Aloy mühelos wieder. Von der ursprünglichen Geschichte hat das Team dafür kaum noch was übriggelassen. | PlayStation 5 Pro, Grafikmodus

Der Versuch seitens der Macher, diesen Flickenteppich mit Humor zu füllen, glückt leider nur bedingt: So richtig zünden wollen die meisten Gags nicht und auch das ständige Durchbrechen der vierten Wand zugunsten von Referenzen auf die moderne Pop- und Medienkultur ergeben in Hinblick auf die bestehende Hintergrundhandlung überhaupt keinen Sinn – zumal Kleinkinder das Meiste davon ohnehin kaum verstehen dürften. Den Umfang früherer LEGO-Versoftungen aus dem Hause Traveller’s Tales erreicht das Spiel nicht einmal im Ansatz, denn wo man dort früher auch nach Abschluss der Geschichte noch Stunden mit dem Freischalten zahlloser Bonusinhalte verbringen konnte, flimmert der Abspann hier bereits nach circa sechs Stunden über den Bildschirm und weiß Entdeckern aufgrund der arg linear gestalteten Level nichts Interessantes anzubieten. Die paar Challenges zum Ende machen den Kohl da auch nicht mehr fett.

Ein Großteil der Dialoge wird in Form von mäßig animierten Fenstern wiedergegeben. Mit der hohen Qualität der toll inszenierten Zwischensequenzen kann das nicht mithalten. | PlayStation 5 Pro, Grafikmodus

Dass man zwischen den Missionen die Gelegenheit bekommt, Mutterherz als Hub-Area mit zahllosen Accessoires und immer neuen Geschäften zu erweitern, ist da nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Einen richtigen Nutzen hat das alles nämlich nicht und selbst die käuflichen Upgrades kann man im Grunde ignorieren, weil der spielerische Anspruch so gering ausfällt, dass man auch ohne eine einzige Verbesserung selbst auf höheren Schwierigkeitsstufen mühelos bis zum Ende kommt. Selbst diejenigen, die mit dem Original nicht oder allenfalls am Rande vertraut sind, werden damit kaum Vergnügen haben. Und selbst dem jüngeren Publikum als maßgebliche Zielgruppe wird hier schlicht zu wenig geboten, um es bis zum Ende bei Laune halten zu können. Dafür siebzig Euro zu verlangen ist nicht nur überzogen, sondern in meinen Augen schlichtweg Wucher.  

Vier sind hier

Nachdem wir die ersten Missionen in Gestalt von Aloy – die im Deutschen einmal mehr von Julia Casper vertont worden ist – absolviert haben, gesellen sich nach und nach weitere spielbare Helden zu unserer Gruppe. Teamwork ist dabei jedoch nicht gefragt, stattdessen müssen wir uns vor Missionsbeginn für einen Charakter entscheiden, lediglich im funktionellen Koop für bis zu vier Spieler dürfen alle Helden gleichzeitig über den Bildschirm flitzen. Zunächst bekommt Aloy Verstärkung in Form von Speerkämpfer Varl, dessen Angriffe immer doppelt treffen und sich daher besonders für die Schwachstellen der mechanischen Läufer eignen. Wenig später gesellt sich auch die Matriarchin Teersa an unsere Seite, die mit ihren explosiven Wurfgegenständen gleich mehrere Gegner auf einmal treffen kann. Als letzter Gefährte stößt Erend zur Gruppe, der mit seinem Hammer ebenfalls ordentlich austeilt. 

Teersa kann mit ihren Granaten gleich mehrere Gegner auf einmal treffen. Mit den umliegenden Pickups erhalten wir zudem neue Fertigkeiten, deren Einsatz jedoch beschränkt ist – zumindest, bis zum überreichlichen Nachschub. | PlayStation 5 Pro, Grafikmodus

Das Problem ist nur, dass sich die jeweiligen Charaktere abseits ihrer bevorzugten Bewaffnung inklusive einiger weniger exklusiv nutzbarer Gegenstände spielerisch kaum voneinander unterscheiden. Gekämpft wird überwiegend aus der Distanz nach immer gleichem Schema: Einfache Stammeskrieger lassen sich meistens mit einem Treffer besiegen, bei den Läufern richtet ihr mit dem Abtrennen von Teilen – die ihr mithilfe des Fokus leicht offenbaren könnt – verheerenden Schaden an. Alternativ finden sich in den allermeisten Arealen ausreichend Sprengstofffässer und der Nachschub für die Spezialgegenstände wird derart großzügig fallengelassen, dass man sich über Knappheit nie Sorgen machen muss. Besiegte Gegner verleihen Erfahrung, die euch beim Levelanstieg unter anderem mit mehr Leben, Schaden und höheren Widerständen belohnt. Nervig daran: Geteilte Erfahrung gibt es nicht, jeder Charakter muss separat maximiert werden. Aber auch das ist angesichts der praktisch nicht vorhandenen Herausforderung ziemlich obsolet.

Der Panzerwandler ist nur eine von vielen Maschinen im Spiel. Optisch und mechanisch stehen die LEGO-Versionen ihren Vorbildern in nichts nach. | PC, 4K, max. Settings, DLSS Qualität

Hat man sich im Original noch regelmäßig im hohen Gras verstecken müssen, um nicht direkt eine ganze Maschinenhorde zu sich zu locken, kann man das innerhalb von LEGO Horizon Adventures getrost ignorieren. Möglichkeiten zur Tarnung gibt’s zwar auch hier, lassen sich spielerisch aber nie brauchbar ausnutzen. Selbst auf der höchsten Herausforderungsstufe hat es völlig ausgereicht, sich einfach mitten ins Getümmel zu stürzen und alles raushauen, was sich gerade im Inventar befindet. Dabei lassen sich die taktischen Möglichkeiten durchaus erahnen, denn Gegner auf Gewässer zu locken und dann mit einer Eisgranate im Rudel festzufrieren, ist gar keine so schlechte Option. Das würde aber voraussetzen, dass dafür irgendwann auch mal ein passender Anlass besteht, den das Spiel aufgrund seiner viel zu beschränkten und vereinfachten Mechaniken einfach nicht offeriert. Statt ihre Seele an die Dänen zu verkaufen, hätten die Entwickler einer Umsetzung im Stile von Gears Tactics vielleicht einen deutlich interessanteren Ableger schaffen können. 

Fast wie im Kino

Während es spielerisch und inhaltlich unfassbar viel Anlass zur Kritik gibt, ist die grafische Präsentation über alle Zweifel erhaben. Unter der Haube werkelt ausnahmsweise mal nicht die hauseigene Decima-Engine, sondern die Unreal Engine 5. Die spielt hier trotz des Settings eindrucksvoll ihre Stärken aus und kann vor allem mit einer eindrucksvollen Beleuchtung glänzen. Obwohl die komplette Welt mit ihren abwechslungsreichen Biomen und ikonischen Charakteren komplett aus LEGO besteht (wobei die Macher übrigens penibel darauf geachtet haben, dass sich alles davon mit auch in der Realität vorhandenem Material nachbauen lässt), hat man Charme und Atmosphäre der Vorlage weitestgehend erhalten können. Lediglich mit den Unschärfeobjekten hat man meiner Meinung nach ein bisschen übertrieben, denn viel zu oft tut sich die Kamera schwer, den richtigen Fokus zu finden. Zum Glück lässt sich das plattformübergreifend problemlos abschalten. 

Die filmreifen Zwischensequenzen treiben die Story gut voran und verströmen ordentliches Kinoniveau. Nur der Witz will viel zu oft einfach nicht zünden. | PC, 4K, max. Settings, DLSS Qualität

Nicht abschaltbar ist dagegen der anhaltender Ärger mit der allgemeinen Kameraführung, welche nämlich komplett statisch und ohne Möglichkeit zur manuellen Justierung ausgerichtet wird. Weil aber viele Gegner über größere Distanz angreifen können oder im Falle der Maschinen gerne mal auf uns zustürmen, kann man davon angesichts der sturen Kamera auch mal unschön überrascht werden. 

Die PC-Version von LEGO Horizon Adventures setzt einmal mehr zwingend einen zusätzlichen PSN-Account voraus und verweigert anderenfalls vollständig ihren Dienst.

Die toll in Echtzeit gerenderten Zwischensequenzen treiben das bisschen verbliebene Geschichte mit schönen Bildern voran. So schön gar, dass man manchmal das Gefühl hat, hier einen waschechten Animationsfilm vorgeführt zu kriegen. Beeindruckend ist zudem, mit wie vielen Details die Welt gefüllt worden ist – auch das natürlich alles mit LEGO-Teilen. 

Mutterherz wird anfangs noch etwas leer, lässt sich im weiteren Spielverlauf aber mit neuen Gebäuden, Händlern und Accessoires bestücken. Auf das eigentliche Spiel hat das nur wenig Einfluss und wirkt weitestgehend wie unnötiger Füllstoff. | PC, 4K, max. Settings, DLSS Qualität

Dazu gibt’s gute deutsche Sprecher und einen Soundtrack, der leider nicht dieselbe Qualität wie jener des Originals bietet und darüber hinaus viel zu sehr im Hintergrund verweilt. Die Portierung für Nintendo Switch lag uns zum Test leider nicht vor, allerdings konnten wir einen umfangreichen Blick auf die PC-Version werfen. Die ist an sich hervorragend umgesetzt worden und dank umfangreicher Einstellungsmöglichkeiten auch auf schwächerer Hardware noch gut spielbar. Alle modernen Features inklusive DLSS und Co. sind natürlich mit an Bord. Falls ihr trotzdem noch Probleme mit der Performance habt, solltet ihr vor allem die Reflektionen reduzieren, denn ab der hohen Qualitätsstufe schaltet sich entsprechendes Raytracing mit dazu, was sich extrem heftig auf die Bildraten auswirkt, andererseits im laufenden Spiel aber stellenweise verflucht toll aussieht. 

Grafisch gibt’s – auch dank Raytracing – momentan kein schöneres Spiel mit LEGO-Lizenz. | PC, 4K, max. Settings, DLSS Qualität

Auf der PlayStation 5 gibt es gegenseitig keinen Support für die Features der brandneuen PlayStation 5 Pro, ein entsprechendes Update scheint anhaltend nicht geplant zu sein. So hat man dort die Wahl zwischen einem Grafik- und einem Leistungsmodus. Letzterer peilt sechzig Bilder pro Sekunde für ein möglichst flüssiges Erlebnis an und kann diese im Spiel auch durchgehend ohne nennenswerte Einbrüche halten, dafür müsst ihr dort mit einer reduzierten Auflösung leben. Der Grafikmodus bietet natives 4K, fühlt sich aber dank halbierter Bildrate etwas ruckelig an und will nicht so recht ins Geschehen passen. Es kommt eben wieder einmal auf die persönliche Präferenz der Spieler an. Am PC wird der DualSense voll unterstützt, dessen Features aber nur bedingt ausgenutzt, auf die Nutzung von Maus und Tastatur solltet ihr aus Gründen der Präzision aber verzichten. 

„Als Marke stagniert LEGO bereits seit Jahren: Teure Preise, wenig Innovation und immer mehr Konkurrenten. Die Adaption von Aloys erstem Konsolenabenteuer im bunten Bausteinlook leidet dagegen an ganz eigenen Problemen, denn hier wird zugunsten einer kindgerechten Erzählung derart viel Story unter den Tisch gekehrt, dass auch die bemüht humorvolle Inszenierung die immensen Löcher im Plot nicht auszugleichen vermag – zumal der Witz nur selten wirklich zündet. Für einen Titel, der abseits seiner gelungenen grafischen Präsentation spielerisch nicht mehr zeitgemäß wirkt und zudem bereits in wenigen Stunden durchgespielt werden kann, sind siebzig Euro viel zu viel verlangt. Da ist man mit dem Aufbau eines umfangreichen Sets deutlich länger beschäftigt. Und mehr Spaß macht’s wahrscheinlich auch.“

  • Hervorragende Präsentation in typischer LEGO-Optik
  • …welche Setting und Atmosphäre des Vorbilds gelungen einfängt
  • Schicke Beleuchtung
  • Niedliche Charaktere mit gutem Wiedererkennungswert
  • Schnörkelloser Koop für bis zu vier Spieler
  • Gute deutsche Sprecher
  • Überwiegend stimmige Musikuntermalung
  • Zugängliche Bedienung via Gamepad
  • Geschichte des Originals wurde auf ein absolutes, kindgerechtes Minimum zusammengepresst
  • Sehr lineares Leveldesign mit wenig Spielraum für Entdecker
  • Kurze Gesamtspielzeit ohne jeglichen Wiederspielwert
  • Charaktere spielen sich über weite Strecken zu identisch
  • Schleichfunktion vollständig nutzlos
  • Komplett überflüssiges Bau- und Gestaltungssystem
  • Humor wirkt häufig aufgesetzt
  • Durchgehend anspruchsloses Gameplay
  • Nicht justierbare Kamera erschwert die Übersicht
  • PC-Version mit nervigem PSN-Zwang
  • Für das Gebotene viel zu teuer

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von PlayStation Publishing LLC zur Verfügung gestellt worden.

*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen

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