Vor kurzem hatten wir das große Vergnügen, die ersten Episoden zur Anime-Neuauflage von Dragon Quest: The Adventure of Dai sichten zu dürfen, jetzt legt Square Enix basierend darauf ein passendes Videospiel nach. Hinter dem etwas sperrigen Namen verbirgt sich leider wesentlich weniger, als Fan der Hauptreihe im Vorfeld erwartet hätten. Warum uns der Titel eher enttäuscht zurückgelassen hat, klärt unser Kurztest pünktlich zum Wochenende.


Plattform: PC | PS4 | PS5 | XB1 | XBS | NS
Veröffentlichungsdatum: 28. September 2023
Preis: ab 59,99€*
Altersfreigabe: ab 12 Jahren



Zahnloser Drache
Die eigentliche Geschichte beginnt genau so, wie man sie aus der Serie kennt und erzählt die Ereignisse von Dais Tagen auf der Insel Hermeline und dem Auftauchen des wieder zum Leben erweckten Fieslings Hadlar bis zum Kampf um Sovereign Rock Castle nach, insgesamt deckt das Spiel also etwas weniger als die Hälfte der Serie ab. Dabei dürfen wir uns nicht nur auf ein Wiedersehen mit bekannten Charakteren und Monstern freuen, sondern neben Dai natürlich auch die Kontrolle über die später dazustoßenden Helden Popp, Maam und Hyunckel übernehmen und mit diesen Schlüsselszenen der Serie nachspielen. Deren einzigartige Fähigkeiten helfen uns, auch schwierige Begegnungen mit etwas Geschick heile zu überstehen. So unterstützt uns Maam mit mächtigen Heilzaubern, während Hyunckel die gegnerischen Angriffe auf sich zieht, damit die Schadensklasse unbehelligt ihr Werk verrichten können. Die entsprechenden Fähigkeiten lassen sich mit der Zeit genau wie eure Charaktere aufleveln, ein richtiges Ausrüstungssystem gibt es aber nicht.

Wer vom Spiel allerdings eine Umsetzung in der Art eines Naruto Shippuden: Ultimate Ninja Storm erwartet, dürfte rasend schnell enttäuscht werden, denn frei bewegen dürft ihr euch durch die immersive Welt auf Basis der Adaption nicht. Die Handlung wird ausschließlich in Form von Standbildern aus der Serie vorangetrieben, ehe ihr im Anschluss daran in den nächsten Kampf geworfen werdet. Dazu gibt es wahlweise englischen oder japanischen Ton inklusive deutscher Untertitel – die klingen zwar gut, können das minimalistische Gesamtbild aber kaum angemessen ausgleichen. Gerade genug, um den roten Faden nicht zu verlieren, aber um viele schöne Momente der Serie beraubt, empfiehlt sich Infinity Strash: Dragon Quest The Adventure of Dai allenfalls für Leute, die mehr an einem Schnelldurchlauf durch die erste Serienhälfte interessiert sind und weniger an einem Deep Dive in die Welt mitsamt ihrer Charaktere. Wirklich fordernd sind die Kämpfe innerhalb der Story nie, entsprechend schnell ist der Abspann erreicht. Mehr als einen guten Nachmittag, länger dürften selbst Einsteiger dafür nicht brauchen.

Für ein bisschen mehr Tiefe (und dringend benötigten Umfang) sorgen die regelmäßigen Ausflüge in den Tempel der Erinnerung. Hier beginnt eure Party jedes Mal bei Null und muss sich dann durch insgesamt einhundert verschiedene Räume kämpfen, die sich im Ablauf mit jedem Durchgang ändern und wo auf jeder neuen Ebene zunehmend kniffligere Herausforderungen in Form bunt zusammengewürfelter Monster warten. Als Belohnung winken Karten, mit denen ihr die Werte eurer Charaktere noch weiter steigern könnt. Doppelte Karten sind dabei gewollt und können zur Aufwertung genutzt werden. Praktisch: Alle im Tempel erspielten Belohnungen können in der Story genutzt werden. Allerdings nur, wenn ihr euch zeitig für einen Rückzug entscheidet. Solltet ihr dagegen innerhalb eines Kampfes besiegt werden, sind auch sämtliche erspielten Belohnungen futsch. Tatsächlich macht diese Roque-Lite-Komponente wesentlich mehr Spaß als die mau inszenierte und heftig zusammengekürzte Geschichte, motiviert aber in der Regel auch nur solange, wie ihr für den eigentlichen Durchgang benötigt.

Das große Problem ist, dass sich Infinity Strash: Dragon Quest Adventure of Dai nie richtig wie ein vollwertiges Spiel anfühlt – und damit auch den verlangten Vollpreis zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Form rechtfertigt -, sondern in jedweder Hinsicht viel eher wie ein stellenweise künstlich aufgeblasenes Mobile Game, dass so viel mehr hätte sein können, wenn es denn von Anfang an eine gänzlich andere Richtung eingeschlagen hätte. Das zeigt sich auch anhand der allgemeinen Präsentation, welche sich zwar im Design angenehm nahe an der Vorlage orientiert, sonst aber nie die visuelle Dichte eines Demon Slayer: Kimetsu no Yaiba und Co. erreichen kann. Die Bedienung geht einfach von der Hand und ist schnell erlernt. Immense Unterschiede gibt es zwischen den einzelnen Plattformen nicht, lediglich Bildrate und Auflösung variieren, wobei die Version für Nintendo Switch optisch mit klarem Abstand das Schlusslicht bildet und sich wirklich nur für Leute eignet, die bevorzugt unterwegs zocken möchten.

Gerade in effektreichen Momenten kann die altersschwache Konsole mal einige Frames verlieren, größere Probleme sind mir über den Testverlauf aber keine begegnet. Auf PC, PlayStation 5 und XBOX Series X|S wird wenig überraschend die beste Mischung aus Qualität und Performance erzielt, gut spielbar bleibt der Titel aber über sämtliche Plattformen, was auch die Last-Gen-Modelle einschließt – auch wenn ihr dort mit lediglich maximal 30 Bildern pro Sekunde Vorlieb nehmen müsst, was sich auf das Gameplay aber nur sehr bedingt auswirkt, da Reaktion innerhalb der Kämpfe zwar ein wichtiges Element darstellt, andererseits aber auch viel verzeiht und nicht komplett auf Geschwindigkeit ausgelegt ist. Sehr gut gefallen hat mir außerdem der Soundtrack, welcher das Geschehen in jedem Moment passend untermalt. Dafür hätten die Macher das haptische Feedback des DualSense etwas besser ausnutzen können.

„Nichts Halbes, aber auch nichts Ganzes…was Square Enix Fans der gefeierten Animeserie hier zum Vollpreis offeriert, macht manchmal Spaß, hinterlässt aber viel zu oft den Eindruck eines uninspirierten, künstlich aufgeblasenen Mobile Game, dass die halbe Handlung auf das Allernötigste zusammengekürzt und Interaktion abseits der Kämpfe auf ein absolutes Minimum beschränkt. Schade eigentlich, denn die Welt mitsamt ihrer Charaktere hätten locker genug für ein waschechtes Spiel im Stile von Demon Slayer oder Naruto Shippuden geboten. Die einigermaßen motivierende Roque-Lite-Komponente ist dagegen ein interessantes Element, dass aber auch nur solange motiviert, wie man für einen regulären Durchlauf benötigt. Infinity Strash: Dragon Quest Adventure of Dai ist im Kern eines dieser Spiele, die man maximal einmal durchspielt und dann ganz schnell wieder vergisst. Der Vorlage wird man damit leider zu keinem Zeitpunkt gerecht.“


- Brauchbare Effekte und Animationen
- Gestalterisch nahe an der Vorlage
- Gute englische und japanische Sprecher
- Zugängliches, leicht erlernbares Gameplay
- Motivierende Roque-Lite-Komponente
- Sauber lokalisierte deutsche Untertitel
- Passender Soundtrack
- Gute, angenehm intuitive Bedienung via Gamepad

- Visuell insgesamt eher mau
- Geschichte wird ausschließlich mit Standbildern aus der Serie vorangetrieben…
- …und wurde auf ein Minimum zusammengekürzt
- Insgesamt schwacher, weitestgehend uninspirierter Gesamtumfang
- Außerhalb der Kämpfe keinerlei Interaktion mit der Spielwelt möglich
- Spielerisch allenfalls in den höheren Tempelebenen anspruchsvoll
- Für das Gebotene zu teuer

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Square Enix zur Verfügung gestellt worden.
*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen.
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