Rassismus ist ein zeitloses, gesellschaftliches Problem, obwohl in den letzten Jahren viele Fortschritte zu dessen Bekämpfung erzielt werden konnten. Viele der schlimmsten Verbrechen in der Geschichte der Menschheit sind nur deswegen verübt worden, weil manche den Wert ihrer eigenen Existenz über den von anderen gestellt haben. Der Ende der Achtzigerjahre entstandene Mississippi Burning erzählt einen dieser Fälle auf Basis realer Ereignisse nach – und ist nun erstmals in High Definition und 4K UHD erhältlich.
Vertrieb: Capelight Pictures
Erstveröffentlichung: 1989
Der Film
Zu Beginn der Sechzigerjahre erhält die schwarze Bürgerrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten immer mehr Zustimmung in ihrem Vorhaben zur Abschaffung der Segregation. Der Civil Rights Act steht kurz vor seiner Unterzeichnung und stellt nicht nur jedwede Form von Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe unter Strafe, sondern verschafft der afroamerikanischen Bevölkerung erstmals vollumfängliche Wahlrechte. Im tiefen Süden des Landes will man von alldem nichts wissen. Der Hass gegenüber allem, was nicht weiß und christlich ist, wird hier quasi mit der Muttermilch aufgesogen, sämtliche Reformbemühungen als Kommunismus abgetan. Gleichzeitig kommt es immer wieder zu brutalen Übergriffen seitens des Ku-Klux-Klans, unter dessen Mitgliedern sich auch hochrangige Beamte tummeln.
Nachdem im Jessup County drei Bürgerrechtler aus dem Norden scheinbar spurlos verschwunden sind, werden die beiden FBI-Agenten Rupert Anderson (Gene Hackman) und Alan Ward (Willem Dafoe) aus Washington mit den Ermittlungen betraut. Die Ermittler könnten unterschiedlicher nicht sein, denn während der besonnene Ward immer streng nach Vorschrift agiert, ist der mit allen Wassern gewaschene Anderson fest davon überzeugt, dass man die Regeln auf der Suche nach Antworten auch mal brechen muss – und die ein oder andere Nase gleich mit dazu. Der Veteran kennt die Gegend und seine Bewohner nur zu gut und ahnt, dass man mit Freundlichkeit nicht viel erreichen wird. Eine Befürchtung, die sich alsbald bestätigt, denn vor Ort treffen die Ermittler auf eine eisige Mauer des Schweigens. Als klar wird, dass die Bürgerrechtler ermordet worden sind, lässt Wade die Stadt mit weiteren Agenten fluten.
Während die lokalen Ordnungshüter an der Aufklärung des Falles nicht interessiert sind und die Anwesenheit der Agenten aus dem Norden mindestens als lästig empfinden, trauen sich die Schwarzen aus Angst vor dem gut vernetzten Ku-Klux-Klan nicht, eine Aussage zu machen. Lediglich die Frau des brutalen Hilfssheriffs Pell (Brad Dourif) scheint noch über ein moralisches Bewusstsein zu verfügen. Als es in der Gegend zu immer mehr Lynchmorden kommt und Ward erkennen muss, dass man auch mit einer Hundertschaft nichts erreichen kann, will Anderson die Schuldigen auf seine Weise vor den Kadi bringen. Keine leichte Aufgabe, denn Bürgermeister Tilman (R. Lee Ermey) und der einflussreiche Geschäftsmann Townley stacheln den Hass gegen die schwarze Bevölkerung immer weiter an…
Die Rezension
Ein klassischer Thriller hebt sich die Bloßstellung des Mörders in der Regel bis zum Schluss auf. Nicht so Mississippi Burning, wo gleich zu Beginn klar ist, wessen Finger den Abzug betätigen. Dass der Film im Anschluss daran trotzdem über zwei Stunden Hochspannung offeriert, liegt an mehreren Faktoren. Da wäre zunächst natürlich der historische Hintergrund der Geschichte, die sich auf ganz ähnliche Weise im Juni 1964 abgespielt hat und Justiz wie Presse noch Jahrzehnte beschäftigen sollte. Gleichzeitig inszeniert Regisseur Alan Parker den tiefsitzenden Hass der weißen Bevölkerung gegenüber den Schwarzen mit schonungsloser Härte. Und das ist auch gut so, weil es die konfrontative und aufrüttelnde Wirkung maximiert. Man muss bedenken, dass die Aufhebung der Rassengesetze in den Vereinigten Staaten gerade einmal sechzig Jahre her ist. Fälle wie diese hat es bis dahin überall gegeben und sich das bewusst zu machen, geht ziemlich an die Substanz.
Die fieberhaften Bilder von Kameramann Peter Biziou verstärken diesen Eindruck noch und zeichnen das Bild einer dahinsiechenden Gesellschaft, die außer ihrem stetig geschürten Hass nichts am Leben hält. Ein trostloses Bild, welches durch den Score aus der Feder von Komponist Trevor Jones weiter verstärkt wird. Und während man als Zuschauer anfänglich eher geneigt ist, mit dem prinzipientreuen wie idealistischen Ermittler Ward zu sympathisieren, ist es am Ende doch der Haudrauf Anderson mitsamt seinen Methoden, der den Fall erfolgreich zu einem Abschluss bringen kann. Auf den ersten Blick widerspricht sich Mississippi Burning damit selbst, versteht sich der Film doch als Plädoyer gegen Gewalt. Genau die scheint aber am Ende das einzige Mittel zum Erfolg zu sein. Das sendet in meinen Augen die falsche Botschaft, verdeutlicht gleichzeitig aber auch die Hilflosigkeit der Ermittler und lässt den finalen Satz des Films, “Vielleicht sind wir alle schuldig”, nur noch intensiver nachhallen.
Mississippi Burning ist ein bis in die Nebenrollen gleichermaßen prominent wie exzellent besetzter Thriller über ein dunkles Kapitel der Zeitgeschichte, welches bis zum heutigen Tage nie gänzlich geschlossen wurde und vielleicht aktueller denn je ist. Nicht so kompromisslos erzählt wie inszeniert zwar, dennoch toll gespielt und auf erschreckende Weise zeitlos, fügt sich das Werk hervorragend in thematisch ganz ähnlich ausgerichtete Filme wie Die Jury oder den unvergesslichen In der Hitze der Nacht ein. Wer der schwierigen Thematik und den gezeigten Härten nicht abgeneigt ist, wird hier bestens bedient.
4K UHD und Blu-Ray: Das Bild
Nach den vielen Vergleichen mit alten Auflagen der letzten Wochen ist es fast schon entspannend, mal einen Film auf dem Schreibtisch zu haben, den es hierzulande bisher allerhöchstens als DVD gab. Damit können wir uns die lange Vorgeschichte sparen und uns direkt in die Neuveröffentlichung stürzen. Basis der Blu-Ray und 4K UHD ist ein Scan vom ursprünglichen 35mm-Analogmaterial, welches bereits 2019 im Auftrag des amerikanischen Edellabels Kino Lorber erstellt und anschließend umfangreich restauriert worden ist. Für den Release im europäischen Raum hat sich Capelight die Rechte gesichert, was immer ein gutes Zeichen ist, da das Label zuletzt einige wirklich hervorragende Veröffentlichungen abgeliefert hat. Die Blu-Ray ist dafür ein weiterer, guter Beweis.
Schon die Eröffnungsszene mit dem brennenden Haus überzeugt mit kräftigen Schwarzanteilen, bändigt aber auch die Körnung recht eindrucksvoll und sumpft bei der nachfolgenden Verfolgung ebenfalls nicht ab. Bei der Detailwiedergabe gibt es nur wenig zu bemängeln, denn abseits weniger etwas unscharfer Sequenzen, welche in der Form wohl schon so auf Film gebannt worden sind, präsentiert sich das Bild sehr zeigefreudig. Das Muster auf dem Kleid von Mrs. Pell wird ebenso gut herausgearbeitet wie der Text auf Schildern im Hintergrund, auch in Nahaufnahmen hinterlässt die Scheibe einen starken Eindruck. Lediglich farblich könnte es stellenweise etwas ausgeglichener zugehen. Zwar ist die Farbgebung allgemein sehr um Natürlichkeit bemüht, driftet in einigen Einstellungen aber sichtbar ins Magenta ab. Darunter leiden nicht nur neutrale Flächen, auch Hauttöne sehen für meinen Geschmack dann etwas zu rosig aus. Kein Dauerzustand zum Glück, aber durchaus eine Erwähnung wert.
Die 4K UHD händelt diese Probleme zufriedenstellend, fügt der Liste dafür gleichzeitig ein neues hinzu. Zunächst kitzelt die native Scheibe einige zusätzlich Details aus dem Bild heraus und lässt kleinste Feinheiten, die man über die Blu-Ray allenfalls erahnen kann, sichtbar werden. Die vierfach höhere Auflösung sorgt außerdem dafür, dass die Körnung nochmals feiner ausgegeben wird, was in einem wunderbar homogenen Resultat mündet und gerade in dunklen Szenen mehr Stabilität ins Geschehen bringt. Kleinere Überstrahlungen werden ebenso beseitigt wie der eben angesprochene Magenta-Einschlag und auch bei den Schwarzanteilen wird nochmal leicht zugelegt. Dafür produziert die 4K UHD auf neutralen Oberflächen bisweilen ein paar seltsame Artefakte, die so auf der Blu-Ray nicht vorhanden sind und wahrscheinlich einem etwas unsauberen Encoding zugeschrieben werden müssen. Man muss schon sehr genau wissen, wo sich diese Muster bilden und aus regulärer Entfernung wird man das kaum bemerken, ärgerlich ist es aber doch.
4K UHD und Blu-Ray: Ton und Extras
Schon die DVD hatte sowohl die deutsche als auch die englische Tonspur nur in Stereo anzubieten, das neue Set bildet da leider keine Ausnahme. Ganz tragisch ist das nicht, weil der Film primär dialoglastig ist und die übrigen Elemente, allem voran der Score, innerhalb der Abmischung nie untergehen. Anhand dieser Faktoren hört man den Tonspuren ihr jeweiliges Alter dennoch deutlich an. Es mangelt ganz einfach durchgehend an Dynamik, egal wohin man die Ohren richtet. Die Alternative dazu wäre wahrscheinlich eine komplette Neusynchronisation gewesen, welche aber weniger gut zum Bild gepasst hätte. Unter dem Aspekt kann man mit dem Bestehenden einigermaßen gut leben, finde ich.
Mississippi Burning erscheint bei uns im schicken Mediabook mit geprägter Oberfläche, was dem Titelmotiv nicht nur haptisch, sondern auch visuell einen ordentlichen Mehrwert verleiht. Blu-Ray und 4K UHD werden mit einem Audiokommentar des Mitte 2020 verstorbenen Regisseurs ausgeliefert, der einige sehr interessante Einblicke in den Herstellungsprozess des Films gewährt. Dazu gibt es noch drei Trailer, der Großteil der Extras wurde auf eine gesonderte Blu-Ray ausgelagert. Hier findet sich ein weiteres Interview mit Alan Parker, außerdem gibt es ein Gespräch mit Willem Dafoe, der sich an die Dreharbeiten zurückerinnert. Zusätzlich dazu hat man noch sämtliche Interviews mit dem Cast zusammengetragen, die rund um die Veröffentlichung entstanden sein dürften. Abschließend darf auch der Drehbuchautor nochmal zu Wort kommen.
Zwei weitere Featurettes widmen sich dem historischen Hintergrund des Films, abgerundet wird das bisher unveröffentlichte Material mit zwei Profilen über Alan Parker und Gene Hackman. Dem Mediabook liegt ein vierundzwanzig Seiten starkes, gut verarbeitetes Booklet bei, der von Tobias Hohmann verfasste Begleittext liefert weitere Fakten zum Film und ist nicht nur für Fans des Films sehr lesenswert.
“Mississippi Burning ist ein unbequemer Film über ein unbequemes Thema. Die auf wahren Tatsachen basierende Geschichte wird hier als schonungslos inszenierter Thriller zu neuem Leben erweckt und ist selten leicht verdaulich. Genau darin liegt aber auch dessen eindrucksvolle Stärke. Die zwei Stunden vergehen wie im Fluge, auch dank der toll aufgelegten Besetzung. Lediglich darüber, welche Botschaft der Film abschließend vermitteln will, kann man diskutieren. Die hiesige Premiere in High Definition und 4K UHD kann sich trotz kleinerer Mankos sehen lassen. Der vernünftige Preis, eine tolle Aufmachung und spannende Extras machen die Veröffentlichung zu einem Pflichtkauf für Sammler.”
Quelle Bildmaterial: ©Orion Pictures Corporation | Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc. All rights reserved.
Entsprechende Testexemplare sind uns freundlicherweise von Capelight Pictures zur Verfügung gestellt worden.
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