Trotz neuem Namen entpuppte sich EA Sports FC 24 im letzten Jahr überwiegend als eine große Ansammlung wiederverwerteter Inhalte zum gewohnten Vollpreis. Nun steht der obligatorische Nachfolger in den Startlöchern und will mit groß angepriesenen Neuerungen wie FC IQ vor allem Taktiker ködern. Alle anderen müssen sich damit begnügen, dass sich abermals nicht viel geändert hat.


Publisher: EA Sports
Plattform: PC | PS4 | PS5 | XB1 | XBS | NS
Veröffentlichungsdatum: 27. September 2023
Preis: ab 64,99€*
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Metacritic | OpenCritic | IMDB



Dieselbe Prozedur wie letztes Jahr?
So unterschiedlich die Meinungen innerhalb unserer Branche auch sein mögen, eines haben wir alle gemeinsam: Jahr für Jahr müssen wir uns hinsetzen und versuchen, möglichst neue Worte für ein im Kern identisches Spiel zu finden, welches ganz gleich jedweder Vernunft sowieso wieder millionenfach über die Ladentheken wandern und den Spielern über die nächsten zwölf Monate wieder Milliarden an kombinierten Echtgeldinvestitionen abpressen wird. Aus Neugierde habe ich meine Notizen im Vorfeld an diesen Bericht mit denen aus dem Vorjahr abgeglichen und bin zu dem erschreckenden Schluss gekommen, dass ich es eigentlich genau wie EA Sports machen könnte und den Test zu EA Sports FC 24 nur mit neuem Cover versehen und ein-zwei Kleinigkeiten umschreiben müsste. Und ich garantiere euch: Keiner würde einen Unterschied bemerken. Klar, Fußball ist eben Fußball, so wie Basketball unweigerlich Basketball ist und auch die Formel 1 wird über Nacht nicht plötzlich auf Bollerwagen umsteigen.

Gerade deswegen wäre es ein fairer Ansatz seitens der jeweiligen Entwickler passender Videospielumsetzungen, der Kundschaft nicht jedes Jahr ein überschaubares Update zum Vollpreis anzudrehen, sondern die ohnehin schon allgegenwärtigen Live-Service-Ansätze einfach etwas auszuweiten. Technisch ändert sich ohnehin nichts, Geld kommt über via Ultimate Team mehr als genug rein und auf diese Weise hätte die dort allgegenwärtige Bezahlkomponente sicher einen nicht mehr ganz so sauren Beigeschmack. Das Problem ist, solange Hersteller wie 2K, Electronic Arts und Co. über ein Lizenzmonopol verfügen, Konkurrenz daher nicht zu befürchten ist, wird sich am altbekannten System auch nichts ändern. Und die willigen Käufer leisten weiterhin Jahr für Jahr ihren Beitrag dazu, dass dies auch auf absehbare Zeit so bleibt. Aber genug der Moralpredigt, darin sind die meisten Kollegen auf anderen Plattformen ohnehin viel besser.
Dieselbe Prozedur wie jedes Jahr!
Auf den ersten Blick hat sich im Vergleich zum Vorgänger tatsächlich kaum etwas verändert, nicht einmal die Menüs unterscheiden sich merklich von denen in EA Sports FC 24 – mit dem feinen Unterschied, dass sie im letzten Jahr deutlich schneller auf Eingaben reagiert haben. Keine Ahnung, was da bei der Neulackierung schiefgelaufen ist, aber derart träge Übergänge kenne ich aus keinem anderen Spiel. Unter den einzelnen Menüpunkten finden sich dann auch wenig überraschend altbekannte Kandidaten wie Karriere, Clubs und Co. Wo sich im Vorjahr wenigstens noch kleine Erweiterungen verborgen haben, hat man sich im aktuellen Ableger komplett auf Copy & Paste beschränkt. Ersteres implementiert lediglich die Funktionen von FC IQ, welches wir euch gleich nochmal im Detail vorstellen werden. Insgesamt ist das aber nicht genug, um frischen Wind in die stagnierende Erfahrung zu bringen, zumal die Trainer ihren realen Vorbildern anhaltend entweder nur entfernt, oder manchmal sogar gar nicht ähnlich sehen.

VOLTA muss seinen endgültigen Abschied nehmen, nachdem es sich bei den Fans über die letzten Jahre nicht so etablieren konnte, wie es sich die Macher vielleicht erhofft haben. Die Nachfolge tritt Rush an, ein 5-gegen-5-Modus auf kleinen Plätzen, dessen Präsenz in allen zentralen Modi des Spiels spürbar ist. Während der Torwart stets vom Computer gesteuert wird, lässt sich der Rest der Mannschaft wahlweise auch aus dem Freundeskreis rekrutieren. Eine Halbzeit dauert sieben Minuten, bei groben Fouls landet man via Blauer Karte mit Zeitstrafe auf der Bank. Auch einen traditionellen Anstoß gibt es hier nicht, stattdessen muss der Ball beim Anpfiff aus der Mitte heraus erobert werden. Die Ähnlichkeiten zu VOLTA mögen auf den ersten Blick groß sein, im Kern ist Rush aber ein auf wesentlich mehr Dynamik ausgelegter Modus, bei dem geschicktes Zusammenspiel eher zum Erfolg führt als Einzelaktionen, weil es keine festen Positionen mehr gibt. Ob Fans damit auf lange Sicht mehr Spaß haben werden, bleibt abzuwarten.

Die Chancen dafür stehen Fifty-Fifty. Zum einen muss EA Sports dafür sorgen, dass der Modus über die kommenden Jahre nicht ähnlich verkommt wie VOLTA, zum anderen ist Rush kein vollwertiger Ersatz für die von Fans seit langem geforderte Rückkehr einer FIFA-Street-Komponente. Der zeitlos launige, primär auf schnelle Action ausgelegte Ableger bekam seine letzte Veröffentlichung 2012 spendiert und gilt bis heute als ultimativer Fußballspaß für Zwischendurch. Ich verstehe euch gut, liebe Fußballfans, immerhin wünsche ich mir seit noch viel längerem eine Neuauflage von Need for Speed: Underground und bekomme sie auch nicht. Die Zeit wird zeigen, in welche Richtung Rush geht.
Zwischen VISA…
Im Ultimate Team nimmt der neue Modus ebenfalls einen Platz ein, an der Grundstruktur hat sich dafür nichts geändert. Echtgeldinhalte bleiben omnipräsent und sind gerade im kompetitiven Modus gegen andere Spieler nahezu notwendig, um von deren zusammengekauften Premiumdecks nicht komplett zermalmt zu werden. Bis zu einhundertfünfzig (!) Euro könnt ihr in zusätzliche Währung investieren, Tendenz von Jahr zu Jahr weiter steigend. Mit der nur mäßig durch das Absolvieren von Herausforderungen und Co. ausgeschütteten Standardwährung ist ohne unverhältnismäßig langen Grind kein Blumentopf zu gewinnen, die besten Items und Spieler verbergen sich ausschließlich – und selbst dann mit nur geringer Wahrscheinlichkeit – in den hochpreisigen Kartenpaketen.
Aufgrund von Pay-2-Win und Pay-2-Shortcut im Ultimate Team ziehen wir insgesamt zehn Punkte von der Gesamtwertung ab.
Aktuellen Gesetzen sei Dank könnt ihr deren Inhalte zwar allesamt vor dem Kauf einsehen und bei Nichtgefallen davon zurücktreten, ein neues Paket wird euch dann aber erst nach vierundzwanzig Stunden Wartezeit angeboten. Das ändert jedoch nichts daran, dass die gesamte Komponente weiterhin auf lumpenreines Pay-2-Win und Pay-2-Shortcut ausgelegt ist. Nicht ganz so aggressiv wie bei NBA 2K25, weshalb wir hier weniger streng abwerten, aber jedem UT-Enthusiasten sollte bereits klar sein, dass er ohne zusätzliche Investitionen zumindest Online keine Chance haben wird. Unser Starterdeck sah anfänglich zwar ganz gut aus, wurde mit einem Overall von 77 aber bereits in den ersten Spielen chancenlos vom Platz gefegt.

Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass die letztjährig vorgenommene Implementierung weiblicher Spieler immer noch mehr Fluch als Segen ist, weil die Damen aufgrund ihrer oftmals eher kleineren Statur bei der Kopfballeroberung nicht gegen die großgewachsenen Männer ankommen. Forcierte Inklusion kann im Vergleich zu einfacher Biologie leider nur verlieren, EA Sports FC 25 ist dahingehend ein gutes Beispiel und so sehr ich die Leistung der Frauen im Fußball anerkenne, funktionell sind die gemischten Mannschaften im Ultimate Team nicht. Da tendiere ich weiterhin dafür, dass man die Teams wieder nach Geschlechtern trennt, die allgemeine Balance würde dadurch absolut profitieren.
…und PISA
FC IQ heißt die große Neuerung, die sich der Titel in diesem Jahr groß auf die Fahnen schreibt und von den Machern sogar im Intro nochmal zusätzlich angepriesen wird. Dahinter verbirgt sich ein mithilfe von künstlicher Intelligenz und umfangreichen Datenbanken gestütztes System, welches die Spielerfähigkeiten abseits ihrer grundlegenden Rolle in der Aufstellung um zusätzliche Optionen erweitert. Kurzum lässt sich somit ein Rechtsverteidiger auch intuitiv ins Mittelfeld befördern, wenn es der Spielverlauf oder die selbst zusammengestellte Taktik erforderlich macht. Zwischen bis zu fünf dieser vorgefertigten Taktiken könnt ihr im Spiel jederzeit frei wählen, auf Wunsch liefert euch das Programm obendrauf situationsbedingte Empfehlungen. EA Sports FC 25 setzt damit im Kern um, was im regulären Fußball bereits seit einer ganzen Weile Standard ist.

Ein dreistufiges System gibt vor Anpfiff Auskunft über die Flexibilität | Fähigkeiten der jeweiligen Spieler. Die entsprechenden Basics beherrscht jeder, bei der Umsetzung darf man dann allerdings kaum mehr als Mittelmäßigkeit erwarten. Bei einem Stern in der Wertung sieht es bereits deutlich besser aus, während der zweite Stern nur wenigen Weltklassespielern im gewohnt beispiellos umfangreichen Lizenzpaket vorbehalten bleibt. Dabei macht es einen zusätzlichen Unterschied, ob Spieler gegenwärtig im Ballbesitz sind, oder eben nicht. Theoretisch lassen sich basierend auf den vorhandenen Positionen und den besonderen Rollen zig Millionen verschiedener Kombinationen erstellen, praktisch ändert sich am regulären Spielverlauf aber deutlich weniger, als man es im Vorfeld erwartet hätte.


Wer will, kann das Spiel genauso gut ohne diese zusätzlichen Optionen absolvieren. FC IQ richtet sich überwiegend an Taktiker, welche die absolute Kontrolle über das Geschehen auf dem Platz behalten und Gegner mit dynamischen Wechseln aus dem Konzept bringen wollen. Eine nette Addition in Hinblick auf mehr Realismus, aber absolut nicht der Gamechanger, der uns von Seiten der Macher unnachlässig als solcher angepriesen wird. Das ganze System agiert für meinen Geschmack zu sehr im Hintergrund und dürfte vielen Spielern gar nicht auffallen, wenn sie nicht explizit danach Ausschau halten. Die Grundidee ist gut, bei der Umsetzung bleibt viel Potenzial ungenutzt liegen. Und seien wir ganz ehrlich: Ohne FC IQ ist EA Sports FC 25 wirklich nicht viel mehr als ein hemmungslos überteuertes Update. Daran können auch kleinere Gameplay-Verbesserungen wie Anpassungen beim Passen aus unrealistischen Positionen sowie das überarbeitete Verhalten der Keeper nicht rütteln.
König Stillstand
Ein weiteres Problem beim diesjährigen Aufguss ist die komplette visuelle Stagnation. Seit der Veröffentlichung von PlayStation 5 und XBOX Series X|S hat sich grafisch nicht mehr viel getan, das ist nun bald vier Jahre her. Der Zahn der Zeit mag bei Sportspielen etwas langsamer nagen, aber er nagt – und das mittlerweile kaum übersehbar. Die visuelle Diskrepanz zwischen Spitzenspielern und eher unbedeutenden Randligisten schwankt stark, die stocksteife Mimik in den Gesichtern wirkt in der Regel unfreiwillig komisch, wovon man im laufenden Spiel zwar nicht allzu viel mitbekommt, sehr wohl aber bei den realitätsnah eingefangenen Wiederholungen und Siegesfeiern.

Ungebrochen gut ist die Atmosphäre drumherum. Dynamische Fangesänge, jubelnde Menschenmassen und eine Vielzahl lizensierter Stadien versprechen eine anhaltend gelungene Immersion. Das Kommentatorenteam, bestehend aus Jan Platte und Florian Schmidt-Sommerfeld kann sich hören lassen, dazu gibt’s einen facettenreichen Soundtrack. Das alles gab’s in selber Form aber schon im Vorjahr und allmählich nähert sich das Spiel auf PC und aktuellen Konsolen den seit Jahren neuerungsbefreiten Portierungen auf PlayStation 4, XBOX One und Nintendo Switch immer weiter an. Ein umfangreiches Update in Sachen Grafik ist mehr als überfällig und kann nicht immer nur alle circa sieben Jahre mit Veröffentlichung einer neuen Konsolengeneration erfolgen – zumindest nicht zu dem Preis.

„Wo sich im letzten Jahr hinter dem neuen Namen wenigstens noch ein paar wahrnehmbare Verbesserungen verborgen haben, ändert sich mit EA Sports FC 25 gefühlt nur das Cover. Das groß beworbene FC IQ agiert viel zu sehr am Rande und bleibt dazu gleichermaßen zu optional, um als echte Neuerung durchzugehen, während in allen anderen Belangen inklusive der visuellen Präsentation völliger Stillstand zu herrschen scheint. Und wer im Ultimate Team eine Chance haben will, muss wie jedes Jahr zusätzlich zum horrenden Preis zusätzlich kräftig in die Tasche greifen. Rush muss als Nachfolger von VOLTA dauerhaft zeigen, ob ihr ein längeres Leben vergönnt ist. Ich glaube, im kommenden Jahr handhabe ich das genau wie die Macher: Ich nehme diese Rezension, ändere nur den Namen, nenne die implementierten Links MR IQ und setze das Ganze noch zusätzlich hinter eine Paywall. Hier scheint’s ja auch zu funktionieren.“


- Teils hochdetaillierte Spielermodelle
- Tolle Stadionatmosphäre
- Gewaltiges Umfangspaket
- Spielerisch gewohnt gelungener Mix aus Simulation und Arcade
- Torhüter verhalten sich dynamischer
- Rush als Nachfolger von VOLTA durchaus gelungen umgesetzt
- Umfangreiche Tutorials
- Sieben Schwierigkeitsgrade
- Abwechslungsreicher Soundtrack
- Immersive Klangkulisse
- Gute deutsche Kommentatoren
- Zugängliche Bedienung via Gamepad

- Präsentation insgesamt nicht mehr zeitgemäß
- Dröge inszenierte Karrieren
- Überwiegend hässliche Trainermodelle
- Anhaltend hohe visuelle Diskrepanz zwischen den Spielern
- FC IQ mehr am Rande für Taktiker interessant und keine zentral relevante Spielmechanik
- Inhalte zu großen Teilen unverändert aus dem Vorgänger übernommen
- Mehr Update als Nachfolger…
- …zu einem unverschämt hohen Preis
- Schnelle Spieler immer noch zu stark
- K.I. mit gewohnten Aussetzern…
- …und auf höheren Schwierigkeitsstufen unfair stark
- Unausgeglichenes Balancing zwischen weiblichen und männlichen Spielern im Ultimate Team bleibt anhaltendes Problem
- Omnipräsente Pay-2-Win- und Pay-2-Shortcut-Komponente im Ultimate Team
- Träge Menüführung
- Unpräzise Maus- und Tastatursteuerung am PC

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Electronic Arts zur Verfügung gestellt worden.
*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen.
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