Yooka-Laylee™ – „Party like it´s 1997!“

                                      Getestet und verfasst von General M

Mal ehrlich, was waren wir damals euphorisch, als Kultentwickler RARE, der mit seinen N64 – Exklusives wie „Banjo-Kazooie“, „Diddy Kong Racing“ und „Perfect Dark“, ebenso aber das legendäre „GoldenEye 64“ nahezu eine ganze Nintendo – Konsolengeneration FAST im Alleingang definiert hat, unter neuer Flagge (nämlich Microsoft) auf der XBOX 360 entwickeln sollte. Und wie schlimm war dann die Erkenntnis, dass auf einen mäßigen Banjo – Ableger nur noch Minispielkost für die XBOX – Kamera erschien? Heute ist RARE in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Doch einige Entwickler glorreicher Zeiten beschlossen kurzerhand, ein neues Studio zu gründen. Playtronic ist der Name, Yooka-Laylee das erste, durch sehr erfolgreiches Crowdfunding finanzierte Spiel. Yooka-Laylee…Banjo-Kazooie…gibt es da nicht Parallelen? Oh ja. Sogar sehr viel mehr, als man ahnen könnte! Warum das nicht mal schlecht ist, zeigt unser Test.

Die goldene Seite der Macht

Zwar liegt der Titel bereits seit gut zwei  Wochen auf der Festplatte meines PC´s, ein Review wäre daher schon vor dem offiziellen Veröffentlichungstag am morgigen Dienstag möglich gewesen, allerdings wurde kurz danach bekannt gegeben, dass zeitig ein Patch veröffentlicht werden sollte, der sich den teilweise lästigen Kameramacken annehmen sollte. Da es keinen Sinn macht, ein Spiel zu bewerten, welches dem Tester nicht die gleiche Erfahrung bietet, wie dem Käufer, habe ich mich dazu entschieden, bis zum Patch zu warten und lediglich grafische Impressionen und Co. in mir aufzunehmen. Dieser Patch erschien dann heute – damit steht dem Review nichts mehr im Wege. 

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         Eidechse Yooka und Fledermaus Laylee sind die sympathischen Helden des Spiels.

Die Handlung des Spiels ist dabei recht simpel und orientiert sich stark am Meisterwerk „Banjo-Kazooie“. Das ungleiche Duo aus Eidechse und frecher Fledermaus möchte eigentlich nur in Ruhe picknicken. Die dafür eigens erworbene Lektüre stellt sich als besonders mächtiges Buch heraus, welches der fiese Corporate B samt diabolischem Assistenten Doktor Quacks unbedingt in ihre Gewalt bringen wollen, um besagte Macht nutzen zu können. Bevor man sich aber auf eine nervige Suche nach dem begehrten Gut begibt, saugt man stattdessen einfach jedes Buch der Welt durch einen gewaltigen Trichter ein. Um das Buch zurück zu holen, begeben sich Yooka und Laylee in das Hauptquartier der gierigen Biene. Zum Glück war die Tür nicht abgeschlossen…

Banjo 2.0?

So einfach, wie die Buch – Rettung klingt, ist es nur leider nicht. Sämtliche goldenen Seiten sind in verschiedene Spielwelten verteilt worden. Die bieten natürlich allerhand Herausforderungen, für die man die nötigen Fähigkeiten besitzen will. Dafür ist die Hosenschlange Trowzer verantwortlich, die hier quasi die Funktion von Maulwurf Bottles übernimmt. Für eine Handvoll goldene Federn, welche hier quasi die Funktion der Noten übernehmen, lernt man das Bezwingen steiler Abhänge, Sonarschuss und vieles mehr. Und die goldenen Seiten übernehmen quasi die Funktion der Puzzleteile aus B-K. Damit öffnet man neue Welten, oder man erweitert bereits geöffnete um neue Areale und Herausforderungen. Ja, eine Menge Übernahmen, eine Menge „quasi“. Yooka-Laylee übernimmt wie bereits erwähnt nahezu jedes bekannte Element aus dem geliebten Nintendo – Klassiker und gibt ihnen ein anderes Aussehen samt anderem Namen. Protagonisten inklusive, ebenso aber auch die Jinjos, die jetzt einfach Ghostwriter genannt werden. Das gleiche Spiel im anderen Gewand also? Jein. 

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                           Die goldenen Seiten sind das wichtigste Gut im ganzen Spiel. 

Klar erscheint Kennern des ´97 erschienenen 3D – Plattformers einiges vertraut. Und das ist wohl auch beabsichtigt, zumal die Erfolgsformel des Spiels danach nie mehr wirklich getoppt oder nur erreicht wurde. Bei aller Liebe zur Nostalgie, bei allen Anspielungen auf die ehemaligen Arbeitgeber und deren Konsolen, ein wenig mehr Mut zur Innovation wäre trotzdem wünschenswert gewesen. Yooka-Laylee verlässt sich zu sehr auf diese Erfolgsformel, die zwar 2017 mangels Konkurrenz noch hervorragend funktioniert, aber doch eben nur auf Bekanntes baut. Inklusive Lautsprache und dem Versehen sämtlicher Gegenstände mit Augen. Andererseits, der Fan liebt, was er kennt. Und sicher hat er, mich inklusive, lange Zeit auf die längst überfällige Neubelebung eines heute so gut wie ausgestorbenen Genres gewartet: Ein 3D – Plattformer mit frei erkundbaren Welten, herrlich bekloppten Charakteren, trockenem Witz und so wenigen Hilfen, dass man als Komplettist schon auf Knien um ein Lösungsbuch betteln möchte. Und all das bietet das Spiel eben auch. Nebst riesigem Umfang, wohlgemerkt. Die zahlreichen Welten könnten unterschiedlicher sein und laden zum Erkunden ein. Auch hier haben die Entwickler kaum Können eingebüßt, wenngleich man anmerken muss, dass die gestalterische Qualität zum Ende hin mehr und mehr abnimmt. Das geht sogar so weit, dass man darüber nachdenken möchte, ob die ein oder andere Welt nicht lieber ganz hätte gestrichen werden können. Da hat sich das eher kleine Team der Entwickler vielleicht am Ende etwas übernommen. Und dennoch einen modernen Klassiker des Genres geschaffen, der in Sachen Humor und Dialogen definitiv zu überzeugen weiß. Mangels Konkurrenz ja auch eigentlich nicht so schwierig, oder? Trotzdem gibt es nach Oben hin noch Luft. 

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                     Im Spielverlauf trifft man auf allerlei schräge und lustige Charaktere. 

Ferner hat auch der Patch nicht alle Kameraprobleme zu meiner Zufriedenheit lösen können, wenngleich es durchaus respektable Verbesserungen gibt. Allerdings kann es bisweilen extrem frustrierend sein, bei Sprungpassagen und Co. nur deswegen den Löffel abzugeben, weil die Kamera gesponnen hat. Besonders, weil man ganz klassisch auf Checkpoints verzichtet hat, sondern den Spieler wie damals auch nach seinem Ableben wieder an den Anfang eines Levels zurückschickt, bzw. an den Startpunkt der letzten Türe, die er durchschritten hat. So kommt es manchmal zu frustrierenden Laufwegen zurück zum letzten Punkt, nur um sich dort wieder mit der Kamera zu plagen. Hier muss weiterhin nachgebessert werden. Alles in allem sind die Herausforderungen aber abwechslungsreich und allesamt humorvoll gestaltet. Von Minispielen bis zum Bosskampf ist alles dabei, was man sich wünscht. Allerdings muss man sagen, dass die Minispiele oftmals eher durch Belanglosigkeit glänzen und ich mich später sogar richtig vor dem nächsten stumpfen Hüpf- und Schieß – Spielchen gefürchtet habe, gerade weil es eben einfach keinen Spaß mehr macht.

Bunt, bunt!

In Sachen Technik kann das Spiel besonders auf dem PC überzeugen. Dank nativem 4K – Support, welcher nicht mal sonderlich viel Hardware frisst, aber natürlich dennoch ein gewisses Setup voraussetzt, wirkt der Titel wie aus einem Guss. Aber auch niedrigere Auflösungen können überzeugen. Der bewusst minimalistische Stil setzt vor allem auf knallige Farben, passt aber gut zum Spielgefühl. Dass man mit der Unity – Engine kaum Preise für Grafikqualität gewinnen kann, mag manchem bekannt sein. Playtronic ist es aber gelungen, einiges aus der benutzerfreundlichen Engine herauszukitzeln. Obacht: Die Konsolenfassungen kommen lediglich mit halbierter Framerate, was sich spürbar auf das Gameplay auswirkt. Die butterweichen 60 Bilder der PC – Version sorgen für ein deutlich homogeneres und flüssigeres Erlebnis, von welchem das Genre insgesamt profitiert. Aber auch abseits sieht die PC – Version immer ein gutes Stück schöner und schärfer aus und spart sich außerdem die teilweise auf Konsolen auftretenden Framedrops. 

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  Die zahlreichen Welten können sich durchaus sehen lassen. Auf PC sogar einen Ticken mehr.

Die Vertonung weckt viel Nostalgie. Man baut auf das gleiche Klangschema wie seinerzeit bei Banjo-Kazooie, aber auch das passt eben wunderbar zum Spiel und glänzt durch abwechslungsreiche, atmosphärische Untermalung. Die durch RARE berühmt gewordene Lautsprache darf natürlich auch nicht fehlen. Die ist so überzeichnet, dass man ihr gar nicht überdrüssig werden kann, selbst zwanzig Jahre nach ihrem Debut. In Sachen Bedienung geht der Pokal definitiv an den Controller. Mit dem Gamepad gehen die Eingaben wunderbar von der Hand, auch PC – Spieler sollten dringend davon absehen, mit der Tastatur ins Getümmel zu gehen. Angesichts der unpräzisen Eingaben ist Frust pur nahezu garantiert, besonders bei den vielen Sprungeinlagen. Also, wer Yooka-Laylee auf dem PC genießen will, wo es sich meiner Meinung nach momentan am ehesten lohnt, sollte das nicht ohne entsprechendes Eingabegerät machen. Sagt nachher nicht, ich hätte euch nicht gewarnt. 

Fazit und Wertung

ava2  „Dank Crowdfunding hat Playtronic ein längst totgeglaubtes Genre erneut mit Leben gefüllt. Yooka-Laylee ist Banjo-Kazooie in anderen Schuhen, aber ohne neue Schnürsenkel. Und dennoch macht das Spiel Spaß. Nostalgiker werden begeistert sein, Newcomer werden einen gelungenen, aber bei weitem nicht perfekten oder fehlerfreien Genrevertreter kennenlernen. Etwas mehr Mut zur Innovation hätte dem Spiel aber ebenso gut getan, wie hier und da ein paar spielerische Grenzen, da das Spiel später qualitativ spürbar abbaut. Für jeweils knapp 40€ auf allen Systemen kann man aber nicht viel falsch machen. Wer allerdings noch Banjo´s Abenteuer auf einem funktionierenden N64 besitzt, sollte sich überlegen, ob er nicht dabei bleiben mag.“

PRO:

+ Sympathische Helden
+ Abwechslungsreiche Welten
+ Sehr umfangreich
+ Schräge Charaktere
+ Saubere Bildrate (PC)
+ Voller Witz und Anspielungen
+ Nostalgischer Soundtrack
+ Herrliche Lautsprache
+ Zeitloses Gameplay
+ Gute Bedienung (mit Gamepad)
+ Fairer Preis

CONTRA:

– Kopiert nahezu 1 zu 1 den geistigen Vorgänger
– Lässt Neuerungen jedweder Art vermissen
– Immer noch einige Kameraprobleme
– Wenig Hilfen beim Progress
– Einige Trial and Error – Passagen
– Baut qualitativ zum Ende hin ab
– Konsolenfassung nur mit halber Bildrate
– Framedrops (Konsolen)
– Maus- und Tastatur nicht empfehlenswert 

                         GESAMTWERTUNG:     78% (PC)
                                                  75% (X1/PS4)

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.

 

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