Mit RoboCop: Rogue City lieferte die kleine polnische Spieleschmiede Teyon Ende ’23 eine überraschend kompromisslose und liebevolle Lizenzadaption ab, der man einige technische und spielerische Mängel gerne verzieh. Mit Unfinished Business legen die Macher nun eine Standalone-Erweiterung nach, die zum kleinen Preis eine neue Geschichte mit angemessenem Umfang erzählt – die gewohnte Blut- und Zerstörungsorgie gibt’s natürlich obendrauf. Den dazugehörigen Test gibt es bei uns.


Entwickler: Teyon
Publisher: Nacon
Plattform: PC | PlayStation 5 | XBOX Series
Veröffentlichungsdatum: 17. Juli 2025
Preis: ab 29,99€*
Altersfreigabe: ab 18 Jahren
Metacritic | OpenCritic | IMDB


Nachschlag mit Wumms
Nach einer regulären Schicht auf den gewohnt von Chaos und Gewalt durchzogenen Straßen findet RoboCop alias Alex Murphy sein Revier komplett in Trümmer geschossen vor. Die meisten Beamten sind tot, manche wurden gar mithilfe einer neuartigen Gefriertechnologie in bessere Eisskulpturen verwandelt. Und all das offenbar nur dem Zweck, den Wartungsstuhl von „Robo“ zu klauen. Nur Murphys Vertraute Anne Lewis und Captain Reed haben das Massaker mit viel Glück überlebt. Erste Ermittlungen führen zu einer neuartigen Söldnergruppe, die sich ihr Hauptquartier in einem von OCP errichteten OmniTower eingerichtet hat. Der hochragende Wohnkomplex ist als Teil von Delta City errichtet worden und verspricht viel Komfort, pfercht die Bewohner aber tatsächlich auf engstem Raum zusammen.

Es kommt, wie es kommen muss: Kaum ist Murphy durch den Eingang geschritten, wird auch schon Großalarm ausgelöst und das gesamte Gebäude komplett abgeriegelt. Von der Außenwelt abgeschnitten, muss sich der kultige Metallkrieger zwangsläufig neue Verbündete suchen, um es nicht nur mit unzähligen schwerbewaffnen Soldaten aufzunehmen, sondern auch mit deren Chef, der es sich im obersten Stockwerk gemütlich gemacht hat und plant, die gestohlene OCP-Technologie gegen ihre Schöpfer einzusetzen (mit annehmbar verheerenden Folgen). Die Sache wird schnell persönlich, als sich herausstellt, dass der Oberfiesling eine Verbindung zu Murphys menschlicher Vergangenheit hat. Und dann ist da auch noch diese mysteriöse Wissenschaftlerin, die sich ebenfalls im Tower aufhält…

Dass die ganze Geschichte mühelos Platz auf einer halben Seite Briefpapier finden würde: Geschenkt. Dass sich die Macher bei der Umsetzung offenkundig bei Filmen wie Dredd und The Raid bedient haben: Nicht weiter schlimm. Schließlich erwartet bei RoboCop auch niemand einen Oscar© für das beste Drehbuch, solange die Action blutig ist und gelegentlich ein trockener Spruch gedrückt wird. Beides gelingt der knapp acht Stunden umfassenden Standalone-Erweiterung mindestens so gut wie dem Hauptspiel. Dessen offene Abschnitte fallen dieses Mal zwar zugunsten einer streng linearen Erfahrung weg, dafür hat man sich bei der Aufgabenstellung bemüht, mehr Abwechslung ins Geschehen zu bringen und auch die jeweiligen Stockwerke optisch unterschiedlich zu gestalten – auch wenn letzteres nicht immer gelingt.
Fünfter Stock: Haushaltswaren, Leichen und Kampfroboter
Dabei lässt uns Unfinished Business nicht nur den titelgebenden Helden spielen, sondern in Form einer Rückblende auch in dessen menschliches Alter Ego. Auf gleichem Wege erfahren wir später auch mehr über die geheimnisvolle (und chronisch unsympathisch rüberkommende) Wissenschaftlerin, selbst den legendären ED-209 dürfen wir durch eine Passage steuern, was unfassbar viel Spaß macht. Dazwischen gibt’s eher gewohnte Kost: So sammeln wir während den Missionen belastendes Material aller Art für Bonuspunkte ein, retten Geiseln, suchen nach Codekarten oder metzeln ganz altmodisch tonnenweise Fieslinge nieder. Der Blutgehalt ist anhaltend hoch, so platzen Köpfen in Zeitlupe und abgeschossene Gliedmaßen fliegen munter durch die Gegend. An besonderen Hotspots kann RoboCop nun auch wuchtige Finisher ausführen, was sich gerade gegen schwer gepanzerte Gegner als sehr effektives Mittel erweist, oder Kugeln an Objekten abprallen lassen.

Die Auto 9 erweist sich anhaltend als bewährtes Mittel im Kampf, verfügt über unbegrenzte Munition und lässt sich mithilfe gefundener Komponenten über einen simplen Knopfdruck jederzeit verbessern. Aber auch das gegnerische Arsenal, bestehend aus Maschinenpistolen, Sturmgewehren und Co. können wir bei Bedarf aufnehmen. Später bekommen wir mit der brandneuen Cryo Cannon die Möglichkeit, ganze Areale in arktische Zustände zu verwandeln – eventuelle Lebensformen praktischerweise gleich mit dazu. Der Nachteil des Ganzen ist, das die Bildrate beim Abfeuern kurz ordentlich in die Knie geht. RoboCop: Rogue City – Unfinished Business liefert unkomplizierte aber effektvolle Action im besten B-Movie-Gewand, die sich nie allzu ernst nimmt und zum kleinen Preis für ein-zwei Abende einmal mehr gut unterhält, wenn man sich mit all diesen und anderen Schwächen arrangieren kann, die man bereits beim Hauptspiel selbst im dicksten Bleigewitter nicht ignorieren konnte.

Während Peter Weller seiner berühmtesten Rolle abermals die Stimme leiht und dabei einmal mehr hörbar Freude hat, sind die restlichen Sprecher allenfalls Mittelmaß. Bei der Übersetzung der Texte gibt’s wieder einen Mischmasch aus Deutsch und Englisch und der Soundtrack könnte grundsätzlich präsenter sein. Die optische Gegnervielfalt ist eher überschaubar, was häufig dazu führt, dass sich in einem Raum öfter mal dieselben Modelle tummeln. Große Anzeichen von Intelligenz sucht man vergeblich, die Entwickler setzen weiterhin mehr auf Masse statt auf Klasse, viel mehr als Kanonenfutter darf man nicht erwarten. Typisch für die Unreal Engine 5 kommt es auch hier immer mal wieder zu unerklärlichen Rucklern und wenn volumetrische Effekte wie Rauch mit im Spiel sind, bricht die Leistung auf den Konsolen zusätzlich ordentlich ein.

Ab und an flackern Texturen auf dem Boden, hier und da kommt es zu kleineren Aussetzern bei der Physik. Die Hoffnung, dass die Entwickler das Grafikgerüst trotz überschaubarem Personalstand und Budget mittlerweile besser im Griff haben würden, hat sich leider nicht bewahrheitet. Auf der Habenseite stehen fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade, ein unaufdringliches Verbesserungssystem sowie eine allgemein schnörkellose wie zugängliche Bedienung, die sowohl via Gamepad als auch mit Maus und Tastatur problemlos von der Hand geht.

„Obwohl die Standalone-Erweiterung einmal mehr alles andere als perfekt ist, hatte ich als Fan der Reihe trotzdem wieder viel Spaß damit, mich mit RoboCop durch den neuen Inhalt zu ballern – wo sonst kann man sich über mehrere Stunden lang wie eine Naturgewalt durch Gegnerhorden meucheln und den Kopf dabei wunderbar abschalten, während man gelegentlich noch mit ein bisschen furztrockenem Humor verwöhnt wird? Dass man Handlung und Charaktere kurz nach dem Abspann im Grunde schon wieder vergessen hat, verzeiht man dabei gerne. Technisch hätte ich mir aber mehr erhofft, denn die gröbsten Kritikpunkte des Hauptspiels bleiben hier leider vollständig erhalten. Fans bekommen für knapp dreißig Euro aber einen unterhaltsamen Nachschlag. Zwei Abende ins Kino zu gehen kostet mittlerweile viel mehr.“


- Liebe zur Vorlage bleibt klar erkennbar
- Nette Effektkulisse
- Wuchtiges Trefferfeedback
- Kompromisslos inszenierte Action in bester Serientradition
- Gute acht Stunden Spieldauer…
- …mit mehreren optionalen Missionen
- Trotz Setting um spielerische Abwechslung bemüht
- Gameplay an mehreren Stellen sinnvoll erweitert, bzw. verbessert
- Komplett ohne Vorwissen spielbar
- Viele Referenzen zu Filmen und Comics
- Peter Weller erneut als Sprecher an Bord
- Passender Soundtrack
- Fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
- Gute Bedienbarkeit auf allen Systemen
- Fairer Preis

- Typische Probleme der Unreal Engine 5 weiterhin vorhanden
- Spürbare Leistungseinbrüche bei der Darstellung vieler volumetrischer Effekte…
- …und dem Abfeuern der Cryo Cannon (Konsolen)
- Wesentlich linearer als der Vorgänger
- Uninspirierte Geschichte
- Stellenweise maue Kulissen
- Visuell geringe Gegnervielfalt…
- …die sich überwiegend strohdumm als Kanonenfutter anbietet
- Abseits von Peter Weller ziemlich durchwachsene Synchronisation
- Deutsche Texte nicht immer sauber oder vollständig übersetzt

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Nacon zur Verfügung gestellt worden.
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