Quake II Remastered

Knapp fünfundzwanzig Jahre, nachdem id Software mit Quake II einen weiteren Meilenstein in Sachen Egoshooter abgeliefert hat, veröffentlicht Publisher Bethesda den Klassiker nach der überraschenden Ankündigung auf der hauseigenen QuakeCon erneut. Das Remaster modernisiert den Titel dabei an den richtigen Stellen, ohne den altbekannten Look zu sehr zu verwässern. Und auch spielerisch darf man sich über einige praktische Neuerungen freuen. Wir durften die Veröffentlichung ausführlich testen und ein Stück Kindheitserinnerung ganz neu erleben – wen haben Altersfreigaben denn bitte jemals interessiert?

Entwickler: id Software | MachineGames | Nightdive Studios

Publisher: Bethesda Softworks

Plattform: PC | PS4 | PS5 | XB1 | XBS | NS 

Veröffentlichungsdatum: 11. August 2023

Preis: 9,99€*

Altersfreigabe: ab 18 Jahren

Metacritic | OpenCritic | IMDB


Kostenloses Upgrade
Mikrotransaktionen
Ungeschnitten


Griff in die Geschichte 

Einst machte DOOM aus einer Handvoll talentierter Programmierer quasi über Nacht Millionäre und zementierte den damals noch hauptsächlich als Verwaltungsplattform genutzten Personal Computer endgültig als ernstzunehmende Plattform für Gamer. Mit Quake ging man 1996 noch einen Schritt weiter und erschuf erstmals einen vollständig dreidimensionalen Shooter mit starker Einbindung einer Mehrspielerkomponente. Der große Erfolg sorgte dafür, dass man ein Jahr später bereits ein vollwertiges Sequel nachlegte, welches insbesondere die Stärken der damals zunehmend aufkommenden 3D-Beschleunigerkarten von Anfang an vollständig ausnutzten sollte. Die Geschichte von Quake II ist dabei schnell erzählt: In ferner Zukunft befindet sich die Menschheit mit den Strogg im Krieg, einer außerirdischen Rasse aggressiver Cyborgs mit großem Eroberungsdrang. Das lässt sich unsereins natürlich nicht einfach so gefallen, weshalb das Oberkommando der Erdstreitkräfte den Krieg nun auf den Heimatplaneten der Blechkrieger bringen will. In der Rolle des Soldaten Bitterman kentern wir beim Angriff auf die Planetenoberfläche und müssen uns nun unseren Weg zurück in den Orbit erkämpfen, während wir auf dem Weg zum rettenden Shuttle möglichst viel Schaden beim Feind und dessen Infrastruktur anrichten.  

In den Zellen des Gefangenenkomplexes winseln wahnsinnig gewordene Kameraden um den Tod. Hier zerlegen wir mit der Chaingun eine ganze Gegnerhorde in wenigen Sekunden, unsere Munitionsvorräte gehen dafür mindestens genauso schnell zur Neige. | PlayStation 5

Zwei Jahre, bevor Valve mit Half-Life komplett neue Standards gesetzt hat und dabei auch den narrativen Aspekt innerhalb eines Shooter auf eine ganz neue Ebene hievte, galt Quake II als Meilenstein eines immer noch sehr jungen Genres, der besonders auf visueller Ebene bisher nie dagewesenes bot und sich auch ohne vorhandene 3D-Beschleunigung sehen lassen konnte. Die Handlung mag ziemlich oberflächlich gestrickt sein, hält das gesamte Levelkonstrukt aber ausreichend zusammen, und die düstere Architektur setzt mit ihrem gotischen Look samt erdiger Farbpalette ähnliche Akzente wie der Vorgänger, wagt sich aber öfter in Außenareale vor. Überwiegend spielt sich Quake II jedoch in Innenräumen ab. Zwischen von grauenvollen Schreien erfüllten Folterkammern, diversen Fabrikanlagen und Höhlenkomplexen wird aber insgesamt zu wenig Abwechslung geboten, da sich besonders die Texturen allesamt sehr ähneln und man mit Ausnahme der gelegentlichen Bosskämpfe spätestens nach vier-fünf Missionen sämtliche Gegnertypen mindestens einmal gesehen hat. Trotzdem bietet das Spiel auch heute noch schnörkellosen Ballerspaß mit ähnlich hohem Tempo wie ein DOOM Eternal

Die Außenareale waren damals besonders dank neuartiger Skybox ein grafisches Highlight der Engine, wirken ein Vierteljahrhundert später aber auch im Remaster nicht mehr sehr ansehnlich. | PlayStation 5

Für seine Zeit verfügte Quake II zudem über eine recht eindrucksvolle K.I., Gegner nehmen aktiv die Verfolgung auf, ducken sich weg und greifen sogar einander an, wenn sie sich im dichten Getümmel mit ihren eigenen Angriffen treffen. Das blutige Spektakel inklusive effektvoller Todesanimationen – mit der Zeit tummeln sich sogar Fliegen um die blutigen Kadaver – fand bei den hiesigen Moralwächtern aber nicht dieselbe Liebe wie bei Fans und Fachpresse: Da die USK dem Spiel kurz vor Veröffentlichung im Jahr 1997 verweigerte und die Gefahr einer bundesweiten Beschlagnahmung absehbar war, entschied sich Publisher Activision, das Spiel in Deutschland gar nicht erst auf den Markt zu bringen. Mit dem Eintritt in das dreidimensionale Unterhaltungszeitalter und den (für damalige Verhältnisse) immer realistischeren Grafiken nur der Beginn einer einzigartigen Verbotswelle und über Jahrzehnte geführten Diskussionen um die potenzielle Verrohung der Jugend durch Videospiele, die mittlerweile zum Glück weitestgehend abgeflacht ist. Nach fast zwanzig Jahren kam das Spiel endlich vom Index frei und ist seitdem mit einer Freigabe ab 18 Jahren auch ohne Umwege in Deutschland erhältlich. 

Das Remaster enthält nicht nur sämtliche bekannten Inhalte, sondern auch eine komplett neue Erweiterung. Besitzer der Originalversion erhalten das prall gefüllte Bundle mit allen Neuerungen am PC komplett kostenlos. | PlayStation 5

Quake II gilt heute als zentraler Wegbereiter für alles, was darauf folgte. Zwei offizielle Erweiterungen setzten die Geschichte fort, die Mehrspielerpartien im LAN oder via Internet dürften vielen mittlerweile gereiften Spielern immer noch in guter Erinnerung sein. Die Engine wurde vielfach lizensiert und legte den Grundstein für die nachfolgende, noch erfolgreiche Version, auf deren Grundgerüst unter anderem Quake III Arena, Call of Duty, Medal of Honor: Allied Assault und viele andere preisgekrönte Titel aufbauen. Selbst das legendäre Half-Life nutzt im Kern eine stark modifizierte Quake-Engine. Die Geschichte der Shooter wäre heute zweifellos eine andere, gäbe es Quake nicht, dessen zweiter Teil bei vielen inklusive mir selbst als bester Teil innerhalb des Franchise gilt. 

Das Remaster

Um den Klassiker zu neuem Leben zu erwecken, wandte man sich einmal mehr vertrauensvoll an die Aufbereitungsspezialisten von Nightdive Studios, die sich bereits für das Remaster des ersten Teils verantwortlich gezeigt haben. Auch die Schweden von MachineGames haben an der Neuauflage tatkräftig mitgearbeitet und zwischen dem immer noch geheimnisumwobenen Indiana-Jones-Projekt sowie den Arbeiten an Wolfenstein III die Zeit gefunden, eine komplett neue Erweiterung mit achtundzwanzig Leveln und einer neuen Mehrspielerkarte beizusteuern. Für weniger als zehn Euro bekommt man also nicht nur das aufbereitete Originalspiel samt Erweiterungen und funktionierendem Mehrspielermodus, sondern auch noch ein umfassendes Paket an komplett neuen Inhalten geboten. Sogar altes Demomaterial von diversen Messen wurde ausgegraben und spielbar gemacht, während man sich in der Vault durch zahlreiche Modelle, Konzeptgrafiken und sogar Herstellungsdokumente aus der damaligen Zeit klicken kann. Als besonderes Schmankerl liegt der Veröffentlichung sogar eine Portierung von Quake II auf dem Nintendo 64 bei, welches eine ganz eigene, interessante Geschichte erzählt und aufgrund der technischen Limitierungen der Konsole eine gänzlich eigene Spielerfahrung offeriert. 

Eines der Originaldokumente aus dem Entwicklungsprozess des Spiels. Die Kaffeeflecken wurden nicht nachträglich eingefügt, offenbar hat einer der Programmierer das Memorandum als Untersetzer missbraucht. | PlayStation 5

Nicht minder spannend ist die Version für PlayStation, die weitestgehend dem Originalspiel nachempfunden wurde, aber dennoch viele eigene Akzente setzt und demnächst kostenlos nachgereicht werden soll. Mehr Quake II in einem Bundle geht quasi nicht und es ist einfach nur verdammt vorbildlich, mit welcher Akribie man hier selbst Randinhalte wiederhergestellt und für die aktuelle Generation runderneuert hat. Wer die Originalversion auf Steam bereits besitzt, erhält das komplette Paket sogar als Update ohne Aufpreis. So und nicht anders muss es sein. Bedenkt man, dass mir diese Woche noch eine lieblos dahingeklatschte Neuveröffentlichung von Red Dead Redemption für satte fünfzig Euro bevorsteht, bei der die bedeutsamsten Plattformen auch noch komplett außen vor gelassen werden, ist das hier ein angenehm weiches Vorbereitungspolster. Aber was genau erwartet einen nun mit dem Remaster abseits der Inhalte? Zunächst wird einem das Leben mit einem bequem zugänglichen Waffenrad deutlich erleichtert und eine jederzeit aktivierbare Kompassfunktion weist einem mithilfe kleiner grüner Pfeile immer den Weg zum nächsten Ziel, so dass sich in den sehr ähnlich gestalteten Leveln nicht mehr verlieren kann. 

Der erste Boss des Spiels verteidigt den Levelausgang und beharkt uns mit einer unendlichen Anzahl an Granaten. Dank Schildbatterie sind wir vor den Explosionen kurzzeitig geschützt. | PlayStation 5

Die Nightdive Studios haben das Spiel wie schon bei ihren bisherigen Veröffentlichungen komplett in deren hauseigene Engine portiert. Sämtliche Aspekte wie Waffen- und Gegnermodelle, ebenso aber auch Texturen und Beleuchtung wurden komplett überarbeitet oder dramatisch hochskaliert, ohne dabei die Ästhetik des Originals zu sehr aus den Augen zu verlieren. Im Kern sieht Quake II damit heute so aus, wie man es wohl damals wahrgenommen hat. Gegen aktuelle Titel kann das Remaster natürlich absolut keinen Blumentopf gewinnen, aber darum geht es hier auch gar nicht. Das rasante Spielgefühl mit seiner brachialen Action haben die Macher in jedem Fall erfolgreich konserviert. Sogar auf der Nintendo Switch begeistert das Remaster mit butterweichen 60 Frames pro Sekunde, auf PlayStation 5 und XBOX Series X|S sowie PC sind sogar bis zu 120 Frames für ein noch schnelleres Spielgefühl möglich. Dafür ist die mobile Konsole ebenso PlayStation 4 und XBOX One auf maximal 1080p beschränkt, während das Spiel auf den aktuellen Plattformen Auflösungen bis zu 4K ermöglicht. Technisch ist das Remaster innerhalb dessen, was es sein will, überwiegend eine sehr runde Sache. Lediglich in Außenbereichen stört die hässliche Darstellung vom Himmel. Ein grafisches Feuerwerk darf man hier alles in allem natürlich nicht erwarten, verglichen mit der Originalversion haben die Entwickler die Schrauben aber an den richtigen Stellen angesetzt. 

Dank Ping-Funktion, einem auf Wunsch jederzeit zuschaltbaren Kompass, einem praktischen Waffenrad sowie einer Vielzahl grafischer und bewegungsrelevanter Funktionen spielt sich der Titel heute fast noch besser als damals. | PlayStation 5

Der krachende Soundtrack klingt heute genauso zeitlos wie damals und treibt einen konstant durch die Level, während einem die gruseligen Umgebungsgeräusche öfter mal kalte Schauer über den Rücken jagen. Bei der Bedienung mit Gamepad sticht besonders der DualShock bzw. DualSense sehr positiv hervor. Das haptische Feedback hätte meiner Meinung nach umfangreicher genutzt werden können, dafür wird das verbaute Mikrofon aber klasse ausgereizt und gibt Schuss- und Nachladegeräusche wieder, was die Immersion nochmal ordentlich pusht – und nicht zuletzt beim ersten abgefeuerten Schuss für ein ordentliches Erschrecken gesorgt hat. Generell lässt sich Quake II aber auf jeder verfügbaren Plattform schnörkellos bedienen. Die groß beworbene Bewegungssteuerung auf Konsolen habe ich aber nach wenigen Minuten deaktiviert, weil sie mich einfach nur genervt hat. Dank plattformübergreifendem Spielen können sich mutige Recken über sämtliche Konsolen und natürlich auch PC erneut in klassischen Mehrspielergefechten miteinander duellieren, lediglich ein optionaler Koop innerhalb der Kampagnen fehlt mir zu meinem völligen Glück noch. Je nach System kann man aber auch lokal bis zu acht Spieler gleichzeitig in Deathmatch und Co. katapultieren. 

„Selbst ohne nostalgische Brille auf der Nase kommt man nicht umhin, dem Remaster von Quake II mit einer gewissen Ehrfurcht gegenüberzutreten. Zwar sieht der Klassiker auch in grafisch und spielerisch aufbereiteter Form ziemlich altbacken aus, im Vergleich zum Original hat sich aber dennoch einiges getan. Das zeitlos gute Gameplay macht auch heute noch viel Spaß und wird dank guter Bedienung und vielen wahlweise zuschaltbaren Zugänglichkeitsoptionen auch für ein Publikum mit modernen Spielgewohnheiten attraktiv. Neben dem vollumfänglichen Mehrspielermodus liegen dem Bundle nicht nur beide Erweiterungen und sogar die komplette Portierung des Spiels vom Nintendo 64 bei, sondern auch eine komplett neue, umfangreiche Kampagne – und das alles für weniger als zehn Euro. Viel besser und vor allem fairer geht es eigentlich nicht!“

  • Enthält sowohl das Hauptspiel als auch beide Erweiterungen…
  • …sowie eine komplett neue Kampagne…
  • …und die komplette Fassung vom Nintendo 64
  • PlayStation-Version soll kostenlos nachgereicht werden
  • Technisch auf allen Plattformen sauber umgesetzt
  • Komplett neue Introsequenz
  • Exzellent konserviertes Old-School-Feeling
  • Fairer Preis
  • Für Besitzer des Originals am PC komplett kostenlos
  • Sinnvoll modernisierte Bedienung inklusive optionaler Wegfindungshilfen
  • Voll funktionsfähige Mehrspielerkomponente…
  • …die sowohl online als auch lokal gespielt werden kann
  • Freies Speichern und Laden jederzeit möglich
  • Zahlreiche Hintergrundinformationen jederzeit frei im Hauptmenü abrufbar
  • Zeitlos guter Soundtrack
  • Coole Einbindung des Mikrofons bei PlayStation-Controllern
  • Grafisch hätte man hier und da mehr machen können
  • Haptisches Feedback könnte kraftvoller sein (PlayStation 5)
  • Bewegungssensible Steuerung mehr Fluch als Segen (lässt sich jederzeit deaktivieren)

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Bethesda Softworks zur Verfügung gestellt worden.

*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen.

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