NBA 2K24

Es ist schon seltsam: Kein anderes, jährlich erscheinendes Spiel wird von der Community derart zerrissen wie NBA 2K, trotzdem beschert jeder Ableger dem Publisher zuverlässig neue Millionenumsätze. Für beides verantwortlich zeigt sich der immer aufdringlichere Zwang, zusätzliches Geld investieren zu müssen, um in einem Großteil der Kernmodi überhaupt eine Chance zu haben. Und während NBA 2K24 spielerisch erneut einen kleinen Schritt in die richtige Richtung geht, scheint man in Hinblick auf die Monetarisierung endgültig jedwede Hemmungen verloren zu haben. 

 
 
 
 
Entwickler: Visual Concepts
 

Publisher: 2K

Plattform: PC | PS4 | PS5 | XB1 | XBS | NS

Veröffentlichungsdatum: 08. September 2023

Preis: ab 59,99€*

Altersfreigabe: ab 12 Jahren

Metacritic | OpenCritic | IMDB


Mikrotransaktionen
Kostenloses Upgrade
Ungeschnitten


Der Glanz an der Oberfläche…

Eigentlich liest sich die Beschreibung des diesjährigen Ablegers ziemlich vielversprechend. Ein neues System namens ProPLAY soll auf dem Court für die bisher realistischsten Spielerbewegungen aller Zeiten sorgen. Um das zu ermöglichen, hat man nicht nur wie immer umfangreich auf Motion Capturing zurückgegriffen, sondern erstmals auch auf reale Aufnahmen echter Spieler. Dadurch wird nicht nur die Individualität der einzelnen Athleten auf ein ganz neues Level gehoben, auch spielerisch entstehen durch die realitätsnahe Darstellung dieser einzigartigen Charakteristika ganz neue taktische Möglichkeiten. Gleichzeitig haben die Macher das Passspiel weiter verbessert, die virtuellen Teamkameraden bringen sich jetzt öfter in hilfreiche Positionen und der Wechsel zwischen Offense und Defense fühlt sich eine ganze Ecke geschmeidiger als noch im Vorgänger an. Damit geht die Reihe konsequent weiter ihren Weg in Richtung noch komplexerer Simulationsmechaniken, was in der Konsequenz bedeutet, dass sich Arcadefans vom Gameplay kaum noch angesprochen fühlen dürften. 

Einige der wichtigsten Momente in der Karriere von Kobe Bryant lassen sich dieses Jahr innerhalb der Mamba Moments nacherleben. | PlayStation 5

Mit Coverstar Kobe Bryant zeugen die Macher in diesem Jahr einer viel zu früh auf tragische Weise verstorbenen Legende ihren Respekt. Dank Mamba Moments könnt ihr einige der bedeutsamsten Höhepunkte in der Karriere des Ausnahmetalents in Form zielbasierter Partien nachspielen, wobei Visual Concepts sogar daran gedacht hat, für die jeweiligen Jahre auf die passenden Logos und Themes zurückzugreifen und gegebenenfalls entsprechende Bildfilter zu nutzen, um für eine authentische Erfahrung zu sorgen. Im Vergleich zu den ähnlich gestrickten Inhalten aus dem letzten Jahr, wo noch Michael Jordan im Fokus stand, fallen die Mamba Moments allerdings ein gutes Stück ab, was mitunter daran liegen mag, dass Bryant anders als His Royal Airness nie das College besucht hat und diese Komponente dementsprechend komplett fehlt. Und auch das berühmte Sechzig-Punkte-Spiel lässt sich in der Auswahl der Partien nicht finden. Das zwischendrin eingestreute Videomaterial funktioniert als zusätzliches Narrativ außerordentlich gut, warum man aber die älteren Clips auf 16:9 strecken musste, bleibt mir ein Rätsel. Schön sieht das nämlich absolut nicht aus. Alles in allem ein gelungener Tribut, aus dem man jedoch stellenweise deutlich mehr hätte machen können. 

Lakers gegen Warriors: In MyEra sind wir nicht nur Spieler, sondern auch Manager über dreißig Jahre NBA-Historie. | PlayStation 5

Wer es nostalgisch mag, dürfte sich in MyNBA Eras genauso gut aufgehoben fühlen, denn hier dürft ihr euch durch verschiedene Zeitabschnitte der NBA-Geschichte spielen und erlebt dabei die volle Simulationspackung in Form von klassischen Partien und strategischem Management. Angefangen im Jahr 1983, welches ganz im Zeichen der Rivalität zwischen Larry Bird und „Magic“ Johnson stand, über den Anfang der Ära Jordan und dessen wichtigste Jahre bei den Chicago Bulls, ehe dann Kobe Bryant 2002 den Court betritt. All das kennt man in identischer Form bereits aus dem letzten Jahr, lediglich die ab 2010 startende LeBron-Ära ist neu dazugekommen, alternativ könnt ihr natürlich auch wieder in der Gegenwart einsteigen und bei der Saison 22|23 mitmischen. Große Änderungen sucht man komplett vergebens, kleinere Änderungen wie das diesjährig ausgehandelte Collective Bargaining Agreement wurden jedoch im Managerbereich berücksichtigt. Spaß macht das alles immer noch, aber bei soviel Copy & Paste dürfte gerade bei Kennern des Vorgängers schnell die Luft raus sein. 

… und die Schatten darunter

Dieses konsequente Ausruhen auf den bestehenden Features, teils über mehrere Jahre hinweg, wird spätestens dann deutlich, wenn man zu MyCareer wechselt. Wo man sich zuletzt noch Mühe gegeben hat, den Aufstieg eines selbsterstellten Spielers mit mit einem cineastischen Erzähleinschlag zu versehen und dafür unter anderem sogar mit dem renommierten Filmemacher Spike Lee kooperiert hat, streicht NBA 2K24 diese Komponente komplett im Vorzug für mehr missionsbasiertes Gameplay innerhalb der City, was nicht jedem schmecken dürfte. Die altbekannte Metropole wurde nochmals erweitert und bietet jetzt zusätzlich zu den zahlreichen Herausforderungen, Trainingsmöglichkeiten und Stores ein umfangreiches Strandareal inklusive Streetball-Plätzen, wo ihr in in 3-vs-3-Partien mit eigenen Turnieren und neuen Belohnungen eine weitere Möglichkeit erhaltet, virtuelle Währung in Form von VC auf euer Konto zu schöpfen. 

Auf den Streetball-Plätzen können wir in verschiedenen Unterkategorien im Team 3-gegen-3 antreten. | PlayStation 5

Das alles weiterhin ausschließlich auf PlayStation 5 und XBOX Series X|S. Wer sich NBA 2K24 auf der PlayStation 4, XBOX, PC oder Switch kauft, findet sich auch dieses Jahr wieder nur auf dem Kreuzfahrtschiff wieder, welches man bereits in gleicher Form seit mehreren Jahren vorgesetzt bekommt. Den Vollpreis verlangt 2K dafür natürlich trotzdem. So oder so startet ihr als vielversprechendes Nachwuchstalent aus einer Sippe, die bereits mehrere hochkarätige Basketballer hervorgebracht hat und nun aus dem Schatten seiner Vorgänger heraustreten möchte – was anfangs gar nicht so einfach ist, da wir mit einem mageren Overall von 60 ins Spiel einsteigen. Und wie es ab hier weitergeht, könnt ihr euch vermutlich denken: Ohne tonnenweise VC seit ihr mit den Anfangswerten komplett chancenlos, ganz egal, worin ihr euch versucht. Das große Problem ist, dass die virtuelle Währung nach dem Leistungsprinzip ausgeschüttet wird. Je besser ihr performt, desto mehr Kohle gibt´s. Weil ihr aber mit den Ausgangswerten quasi nur durch Zufall mal einen Ball in den Korb bringt und es in Sachen Dribbling und Co. kaum besser aussieht, kann man sich noch so sehr anstrengen und bekommt trotzdem allenfalls Peanuts ausbezahlt, mit denen sich die Regler kaum sichtbar verändern lassen. 

Für so einen Build muss man tief in die Tasche greifen, alternativ bleibt nur ein monatelanger Grind. | PlayStation 5

Ohne Echtgeldkäufe in Form von zusätzlicher Währung bleibt euch alternativ nur ein ewig langer Grind. Und wenn ich ewig sage, meine ich auch ewig. Im Grunde bleibt euch also gar nichts anderes übrig, als Unsummen auszugeben, um überhaupt ansatzweise konkurrenzfähig zu sein. Für unseren Test wurde uns freundlicherweise ein Exemplar der hochpreisigen Black Mamba Edition zur Verfügung gestellt, die mit zusätzlichen 100.000 VC ausgeliefert wird, womit sich die Werte jedoch gerade einmal auf ein Overall von 75 pushen lassen. Und selbst wenn man das als Ausgangssituation nimmt, würde man Wochen und Monate brauchen, um das Maximum zu erreichen – und das auch nur, wenn man die Shops und alles andere dabei komplett ignoriert. Auf der anderen Seite tut das Spiel alles nur erdenkliche, um euch diesen ohnehin schon elendig zähen Progress zu erschweren, indem es euch für schlechte Leistungen konstant mit Prämienabzügen bestraft. Zahlende Spieler treten euch in kompetitiven Inhalten hemmungslos mit ihren Superspielern in den Boden oder laden euch gar nicht erst in ihre Spiele ein, während auf dem PC anhalten von Cheater wimmelt, gegen die man sowieso nichts ausrichten kann. Das Frustniveau des Spielers wird von Anfang an ganz bewusst in die Höhe getrieben, bis dieser gar nicht mehr anders kann, als sein Bankkonto zu erleichtern. 

Life is a Beach: Das neue Strandareal sorgt für die passende Urlaubsstimmung am Rand der City. | PlayStation 5

Kurz und knapp: Wer als Besitzer der regulären Edition nicht gute zweihundert Euro zusätzlich investiert, hat innerhalb der Karriere keine Chance. Das ist nicht nur Pay-2-Win und Pay-2-Shortcut in seiner Reinform, sondern wird hier derart hemmungslos und offensichtlich umgesetzt, dass wir jeweils zehn Punkte von der Gesamtwertung abziehen. Generell hat 2K dieses Jahr wirklich sämtliche Möglichkeiten genutzt, um den Spielern wo möglich auch den letzten Cent aus der Tasche zu ziehen. Die neuen Season Passes bieten exklusive Turniere und Cosmetics ausschließlich gegen Echtgeld, wer will, kann sich gegen noch mehr Geld Level-Überspringungen in allen erdenklichen Größen kaufen. Im altbekannten MyTeam gibt es mit den MTP eine eigene Premiumwährung, reguläre VC können aber auch genutzt werden, wobei die teuersten Packs mit 200.000 VC zu Buche schlagen, was im Gegenwert knapp fünfundvierzig Euro für ein Pack entspricht. All das hat längst fast kriminelle Züge angenommen und ich finde es einfach nur eine Unverschämtheit, mit welcher Aggressivität einen die Macher in zusätzliche Käufe zwingen wollen. Dafür dann noch sechzig bis achtzig Euro Grundpreis und mehr zu verlangen, ist an Frechheit kaum noch zu überbieten. 

Manches wird besser, anderes bleibt gleich 

Kurz durchatmen, weiter geht´s. Während zwei der wichtigsten Kernkomponenten im Spiel ohne massive Investments im Limbo der Unspielbarkeit versinken, sieht es bei der ebenfalls wieder mit an Bord befindlichen WNBA wieder besser aus. Seit ihrem Debüt hat die Frauenliga im Spiel mit jedem Jahr an Umfang zugelegt, NBA 2K24 bildet da keine Ausnahme. Im direkten Vergleich zu den restlichen, ausschließlich männerbasierten Modi hinkt The W inklusive MyWNBA dem Rest qualitativ aber immer noch ein ordentliches Stück hinterher. Weder die Präsentation während der Partien, noch das Drumherum agieren auf dem selben Niveau, angefangen beim lustlosen Kommentar. Spielerisch müssen sich die Damen aber nicht vor ihren Kollegen verstecken und auch die Auswahl an Teams ist angemessen groß. Insgesamt ist in dem Modus aber noch eine Menge ausbaufähiges Potenzial verborgen, welches hoffentlich in den nächsten Jahren weiter erschlossen wird. 

Sabrina Ionescu tritt für New York Liberty an und darf im Frauenkader von NBA 2K24 selbstverständlich nicht fehlen. | PlayStation 5

In Sachen Präsentation hat sich im Vergleich zum Vorjahr nichts getan, was man mit bloßem Auge erkennen könnte. Seit dem Debüt auf Current-Gen-Konsolen – immerhin bereits vier Jahre her -, hat sich verweilt die Reihe visuell überwiegend im Stillstand. Nicht unansehnlich, ganz und gar nicht, aber eben auch längst nicht mehr völlig zeitgemäß. Während PlayStation 4, XBOX One und Nintendo Switch zum Vollpreis mehr als alles andere lediglich ein Rosterupdate bekommen, bleibt besonders unverständlich, warum auch der PC so konsequent als Plattform ignoriert wird. Selbst FIFA und Co. wagen mittlerweile den Sprung, wo NBA 2K weiter auf völlig veraltetem Niveau agiert. Weder gibt es  ProPLAY, noch darf man die City erkunden, einen angemessenen Rabatt auf den Verkaufspreis gibt es trotzdem nicht. Kein Wunder also, dass sich die negativen Bewertungen auf Steam innerhalb weniger Tage so gehäuft haben, dass sich NBA 2K24 auf den oberen Plätzen der am schlechtesten bewerteten Spiele aller Zeiten eingefunden hat. Wenn sich das im nächsten Jahr nicht ändert, dürfte die Reihe außerhalb der aktuellen Konsolen zeitnahe komplett in der Bedeutungslosigkeit untergehen – und mit Verlaub, sie hätte es dann auch nicht anders verdient. 

Atmosphärisch leistet das Spiel immer noch einen soliden Job. Insgesamt stagnieren aber auch die Current-Gen-Versionen grafisch allmählich. | PlayStation 5

Bedienung und Menüführung haben sich verglichen mit dem Vorgänger nicht wirklich geändert. Der Soundtrack bleibt Hip-Hop-lastig und Geschmackssache, die ausschließlich englischen Kommentatoren leisten speziell bei den Herren gute Arbeit. Für Einsteiger gibt es wie immer eine ganze Palette von Tutorials, für die man aber zumindest ein gewisses Grundwissen über Basketball benötigt, um in der Flut von Fachbegriffen nicht innerhalb weniger Minuten unterzugehen. Überdies unterstützt NBA 2K24 in diesem Jahr erstmals Crossplay im MyTeam zwischen PlayStation 5 und XBOX Series X|S. Leider gilt einmal mehr: Alle anderen Plattformen müssen wie auf so vieles andere auch verzichten. 

„Es will mir einfach nicht den Kopf gehen, wie es den Machern einerseits gelingt, die spielerischen Aspekte Jahr für Jahr sinnvoll zu verbessern, die Leute aber andererseits immer hemmungsloser in die Mikrotransaktionen zu zwingen. Eine derart ausufernde Monetarisierung findet man selbst im Free-2-Play-Bereich kaum, hier wird dafür über sämtliche Plattformen der Vollpreis verlangt – und das, obwohl alle Systeme mit Ausnahme der PlayStation 5 und XBOX Series X|S inhaltlich und visuell auf dem Niveau von vor fünf Jahren dahindümpeln. ProPLAY und die City bleiben einem dort komplett verwehrt, rechtfertigen allein aber auch kein neues Spiel. Neue Ideen und frische Impulse sind für 2K und Visual Concepts wohl nur noch dann von Interesse, wenn man sie als Echtgeldinhalte vermarkten kann. Und von denen wird im Kern eigentlich gute Basketballsimulation mittlerweile komplett erdrückt.“

  • Im Kern eine grundsolide, realitätsnahe Basketballsimulation
  • ProPLAY wirkt sich spürbar auf Gameplay und Spieler-Individualität aus
  • Sinnvoll erweiterte City mit umfangreicher neuer Streetball-Komponente
  • MyEras mit authentischer Präsentation
  • Komplett lizensierte NBA- und WNBA-Kader
  • Hohe Auswahl an Modi
  • Umfangreicher Charaktereditor
  • Immer noch gute Stadionatmosphäre
  • Gute englische Kommentatoren
  • Mehrere, fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
  • Viele Tutorials
  • MyTeam auf Current-Gen mit Crossplay
  • Stark veraltete Last-Gen-Fassungen und PC-Version kaum mehr als ein Rosterupdate zum Vollpreis
  • Visuelle Stagnierung auf PlayStation 5 und XBOX Series X|S
  • MyCareer und MyTeam ohne zusätzliche Echtgeldtransaktionen nahezu unspielbar
  • Verzicht auf zusätzliche Käufe wird vom Spiel aktiv bestraft
  • Omnipräsente Monetarisierung via Season Passes, Währung und Level-Überspringungen
  • Nichtzahlern entstehen im kompetitiven Spiel dramatische Nachteile
  • Kaum neue Inhalte und Ideen
  • Mamba Moments im Vergleich zum Vorjahr schwächer inszeniert…
  • …und mit hässlich gestreckten Videos
  • MyEras zu großen Teilen ohne Änderungen aus dem Vorgänger übernommen
  • MyCareer ohne narrative Komponente
  • WNBA bleibt qualitativ weiter hinter dem Rest zurück
  • Schwache Kommentaren im WNBA
  • Teils einsteigerunfreundliche Tutorials
  • Anhaltendes Problem mit Cheatern am PC
  • Mit Maus und Tastatur kaum spielbar

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von 2K zur Verfügung gestellt worden.

*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen.

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