In den goldenen Zeiten der Point-And-Click-Adventures beherrschten LucasArts das Genre wie niemand sonst. Unter den wenigen Veröffentlichungen anderer Studios, die es mit der hohen Qualität von Monkey Island und Co. aufnehmen konnten, sticht Baphomets Fluch besonders hervor. Die spannende Suche nach einem Mörder erhielt vier Fortsetzungen, ein weiteres Sequel ist in Arbeit. Nun gibt es das Original erstmals als vollwertiges Remake. Den passenden Test dazu gibt es natürlich bei uns.


Entwickler: Revolution Software Ltd.
Publisher: Revolution Software Ltd.
Plattform: PC | PS5 | XBS | NS
Veröffentlichungsdatum: 19. September 2024
Preis: 29.99€*
Altersfreigabe: ab 12 Jahren


Ein Amerikaner in Paris
Zu einer Zeit, in der Smartphones noch eine Utopie waren und es in den Straßen von Paris noch nicht aussah wie auf einem afrikanischen Basar, reist der Patentanwalt George Stobbart in die Stadt der Liebe, um vor den Kulissen von Montmatre und Eiffelturm ein paar ruhige Urlaubstage zu verbringen. Als George jedoch beim Besuch im Cafés Zeuge eines Bombenanschlags wird und dabei anders als ein älterer Gast gerade so mit dem Leben davonkommt, entschließt er sich kurzerhand, den als Clown kostümierten Attentäter selbst aufzuspüren – zumal die lokale Polizei unter Leitung von Inspektor Rosseau sich rasch als inkompetent entpuppt. Dabei begegnet George der attraktiven Zeitungsreporterin Nicole „Nico“ Collard, die in dem Fall Parallelen zu Mordanschlägen überall im Rest der Welt vermutet und eine spannende Story wittert.

Schnell stellt sich heraus, dass die mordlüsterne Rotnase noch das geringste Problem darstellt, denn im Hintergrund arbeitet eine uralte Geheimgesellschaft von Götzenanbetern daran, die Weltherrschaft zu übernehmen. Und auch der längst nicht mehr existente Bund der Tempelritter scheint bei all diesen Ereignissen eine wichtige Rolle zu spielen. Bei der Suche nach Antworten reist George zu exotischen Schauplätzen auf der ganzen Welt und muss es dabei neben immer neuen Gefahren auch mit aggressiven Ziegen, unhygienischen Kebabhändlern und tyrannischen Krankenschwestern aufnehmen. Kurzum: Perfekte Zutaten für ein klassisches Point-And-Click-Adventure, welches neben einem immer noch unverbrauchten Setting auch eine spannende Geschichte mit historischem Hintergrund, spitzfindigem Humor und ein paar knackigen Rätseln offeriert. Daran hat sich auch knapp dreißig Jahre nach Erstveröffentlichung nichts geändert.
Neu geschmiedet, aber trotzdem unvollständig
Für das Remake haben die Macher sämtliche Hintergründe und Charaktermodelle komplett neu in nativem 4K aufbereitet, wodurch der im Original immer noch ansehnlichen Klassiker schlagartig in die Moderne katapultiert wird. Jede Szene strotzt nur so voller Details und mir macht es als akribischem Kenner des Originals einfach nur Spaß, Bekanntes völlig neu entdecken zu dürfen. Ebenso bekannt bleibt dabei aber auch der spielerische Ablauf, neue Inhalte gibt es nämlich nicht. Und das ist besonders ärgerlich, wenn man bedenkt, dass der vor einigen Jahren auf Basis des Originals nachgereichte Director’s Cut ein ganzes Zusatzkapitel enthielt, welches vor allem Nicos persönliche Involvierung in den Fall deutlich intensiver beleuchtet und ihre Motivation zur Mitarbeit an dem Fall nochmal in ein ganz anderes Licht gerückt hat. Warum man diese Inhalte inklusive erweiterter Rätsel nicht ebenfalls implementiert hat, kann ich persönlich nicht verstehen.

Dafür wurden die mit dem Director’s Cut nachträglich hinzugefügten Zensuren wieder rückgängig gemacht. George kann nun an sieben Punkten im Spiel sterben und auch das in zwei Zwischensequenzen retuschierte Blut ist zurückgekehrt – letztere sehen verglichen mit dem Rest aber nicht ganz so gut aus, sondern erwecken mehr den Eindruck, dass man die originalen Sequenzen lediglich via KI hochskaliert hat. Was mir gar nicht gefällt, ist das aktualisierte Bedienungssystem mit der Maus: Wann immer man ein Objekt von Interesse markiert, ploppen direkt darüber weitere Symbole zur Interaktion auf. Das geschieht derart ruckartig, dass man den Cursor dabei intuitiv wieder verzieht. Das ganze Schema wurde wohl hauptsächlich mit Fokus auf die Bedienung via Gamepad strukturiert, gerade am PC wäre weniger aber deutlich mehr gewesen und ich hoffe, dass die Macher das ganz klassische Bedienmuster nachträglich mit einem Patch verfügbar machen.

Die deutschen Sprecher – darunter die leider viel zu früh verstorbene Franziska Pigulla – können sich auch heute noch hören lassen, eine Neuabmischung der bestehenden Fassung wäre aber absolut wünschenswert gewesen. Dass die Aufnahmen fast drei Jahrzehnte zurückliegen, hört man angesichts der kratzenden und oft leicht dumpf klingenden Dialoge leider nur allzu gut heraus. Damals musste man das alles zusätzlich zum Spiel auf eine CD pressen und hat dementsprechend kräftig komprimiert. Heute ist sowas aber kein Problem mehr und dass man das bestehende Material ohne Verbesserungen übernommen hat, will angesichts der wunderschön aufbereiteten Visuals einfach nicht stimmig wirken.

„Baphomets Fluch zählt für mich auch heute noch zu den besten Adventures aller Zeiten. Die historisch angehauchte Geschichte punktet mit tollem Setting, charmanten Helden und zündendem Witz. Kenner dürften sich mühelos durch das angemessen umfangreiche Spiel rätseln, Einsteiger müssen sich dank hilfegestütztem Modus ebenfalls keine Sorgen machen. Dank liebevoll aufbereiteter Grafik kann man das Spiel nun noch einmal ganz neu erleben – und das sogar wieder gänzlich unzensiert. Die veraltet klingende Synchronfassung, unansehnliche Zwischensequenzen und die fummelig überarbeitete Bedienung mit klassischer PC-Peripherie nehmen dem Spielspaß nur wenig weg. Fans von Dan Brown und Co. sollten das Remake ebenso wenig verpassen wie all jene, die sich bereits damals durch das Original gerätselt haben. Teil II darf übrigens gerne folgen!“


- Liebevoll aufbereitete Grafik
- Anhaltend unverbrauchtes Setting
- Zeitlos spannende Geschichte
- Wunderbarer Dialogwitz
- Sympathische Charaktere
- Gute deutsche Sprecher
- Solider Gesamtumfang
- Toller Soundtrack
- Rückgängig gemachte Zensuren
- Fairer Preis

- Deutlich altbacken klingende deutsche Tonspur
- Zusätzliche Inhalte des Director’s Cut nicht enthalten
- Gewöhnungsbedürftige Mausbedienung

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Revolution Software zur Verfügung gestellt worden.
*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen
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