4K UHD | Blu-Ray | Eden Lake

Zur Mitte des neuen Jahrtausend geriet das französische Kino zum Federführer einer lange nicht mehr gesehenen Härte. Mit Filmen wie Martyrs und High Tension konnte man auch weit außerhalb der Landesgrenze Eindruck bei den Fans schinden, während die hiesigen Jugendschützer Überstunden schoben. Inspiriert von den Nachbarn schuf der britische Regisseur James Watkins mit Eden Lake 2009 ein ähnlich gestricktes Werk, welches nach langem Verbleib auf dem Index nun erstmals ungekürzt und sogar als 4K UHD in Deutschland veröffentlicht wird. 

 

Vertrieb: LEONINE Distribution

Erstveröffentlichung: 2009

Darsteller: Kelly Reilly, Michael Fassbender, Jack O’Connell, James Ghandi und andere

Veröffentlichungstermin: 09. August 2023

Format: 4K UHD | Blu-Ray

Preis: 34.99€*

Altersfreigabe: ab 18 Jahren

IMDB | Metacritic




Der Film

Um ein paar ruhige Tage fernab vom Großstadttrubel zu verbringen, reisen Steve (Michael Fassbender) und seine Freundin, die Erzieherin Jenny (Kelly Reilly) ins englische Hinterland an den Eden Lake. Bevor dort demnächst eine eingezäunte Wohnanlage entsteht, will Steve am idyllischen und von Wäldern umgebenen See zelten und den gemeinsamen Ausflug nutzen, um seiner Angebeteten einen Heiratsantrag zu machen. Das Idyll wird jedoch rasch gestört, denn in der Gegend treibt sich auch eine Gruppe verhaltensauffälliger Jugendlicher mitsamt deren Anführer Brett (Jack O’Connell) herum. Schnell kommt es zu ersten Streitigkeiten, denn das Gesindel lässt nicht nur provokant laute Musik laufen, sondern auch noch den mitgebrachten Rottweiler frei herumlaufen. Besonders unangenehm wird die Situation für Jenny, als sich die Bande aktiv als Spanner betätigt und sich einer der Jugendlichen auch noch vor ihr entblößt. Eine größere Auseinandersetzung kann trotzdem gerade noch verhindert werden. 

In Ruhe am See zelten und beim Lagerfeuer ausspannen – was kann da schon passieren? | 4K UHD

Dabei soll es aber nicht bleiben, denn als das Paar am nächsten Morgen erwacht, müssen sie feststellen, dass ihnen ein Autoreifen zerstochen wurde. In der Folge kommt es zu weiteren Begegnungen, die mehr und mehr die grausame Natur der Bande offenbaren. Nachdem Brett und Co. dann auch noch das frisch reparierte Auto samt wertvoller, darin befindlicher Besitztümer stehlen, ist die Grenze endgültig überschritten. Bei einem aggressiven Handgemenge tötet Steve versehentlich den Rottweiler der Jugendlichen und macht sich anschließend mit seinem Untersatz davon. Überwältigt von Wut- und Rachegedanken nimmt Brett mit seiner Gang die Verfolgung auf. Als das Paar bei ihrer Flucht einen Unfall baut und Jenny gezwungen ist, ohne den schwerverletzten Steve im Wald Schutz zu suchen, verwandelt sich der ruhige Wochenendausflug endgültig in einen grausamen Überlebenstrip…

Die Rezension

Sichtbar inspiriert von den Frühwerken der neuen französischen Härte, entstand mit Eden Lake die englische Antwort auf jene Filme, die ihre Effektivität nicht zwangsläufig aus dramatischen Gewaltdarstellungen und literweise Filmblut ziehen, sondern aus dem Element schieren Terrors, den einzelne Personen im Angesicht einer überwältigenden Bedrohung erfahren. James Watkins ist es gelungen, genau dieses Gefühl nahtlos an den Zuschauer weiterzugeben, was nicht zuletzt auch am hervorragenden Spiel von Kelly Reilly liegt, die sich hier ganz auf sich gestellt auf unwirtlichem Gebiet gegen eine Bande Asozialer erwehren muss. Dass ein Szenario wie dieses heute leider längst keine reine Fiktion mehr ist, sondern mitten im Alltag der westlichen Gesellschaft angekommen ist, macht die Ereignisse über knapp neunzig Minuten Laufzeit nur noch greifbarer und damit wesentlich ungemütlicher. 

Brett kennt keine Gnade – auch nicht vor den eigenen Leuten. | 4K UHD

Während der Film die Dynamik einer Gewaltspirale nachvollziehbar darstellt und eindrucksvoll beweist, dass oft bereits ein kleiner Funken genügt, um einen unkontrollierbaren Brand zu entzünden, nimmt er sich leider etwas zu wenig Zeit, um die Ursprünge menschenverachtender Tendenzen näher zu beleuchten. Das bitterböse und sehr beklemmende Ende lässt lediglich eine Grundvermutung zu, nämlich jene, dass das Verhalten der Jugendlichen maßgeblich von deren Eltern vorgelebt worden ist. Diese Seite hätte man genauer erforschen können, andererseits hätte dadurch auch leicht ein Riss in der Spannungskurve entstehen können, was möglicherweise viel schwerer gewogen hätte. Neben der packenden Darstellung von Kelly Reilly überzeugt auch Michael Fassbender als biederer Städter, dem viel zu rasch die Kontrolle über den sich anbahnenden Konflikt entgleitet. Und auch die Jugendlichen wurden hervorragend besetzt, allen Jack O’Connell und Finn Atkins mimen ihre jeweiligen Rollen mit solcher Überzeugung, dass man ihnen von der ersten Begegnung an nur das Schlechteste wünscht. 

Für Jenny und den schwerverletzten Steve beginnt eine Tour de Force durch das englische Hinterland. | 4K UHD

Insgesamt mag es Eden Lake ein wenig an frischen Ideen mangeln. Aufgrund des spielfreudigen Ensembles, der hervorragend von Kameramann Christopher Ross eingefangenen Szenerie macht der Streifen trotzdem eine Menge Spaß und lässt einen bis zum bitteren Ende unentwegt mit der Heldin mitleiden. Nicht ganz so überraschend wie High Tension, aber doch sehr effektiv und nachdenklich stimmend, ist Eden Lake hervorragendes Futter für jene, die den kompletten französischen Markt bereits abgegrast haben oder stattdessen nach einem effektiven und handwerklich mehr als solide inszenierten Einstieg in das heute immer noch regelmäßig auf dieser Prämisse aufbauenden Genres suchen. Wer im Anschluss daran immer noch unbesorgt sein Zelt an einem abgelegenen See aufschlägt, hat meinen tiefsten Respekt verdient. 

4K UHD und Blu-Ray: Das Bild

Der unzensierten Fassung wurde seinerzeit von übereifrigen Moralaposteln wie vielen ähnlich gestrickten auch eine potenzielle Jugendgefährdung attestiert. Vorausahnend, dass eine Indizierung aufgrund dieser Bewertung spätestens bei der Heimkinoveröffentlichung nur noch eine Frage der Zeit sein würde, ging man beim Verleih auf Nummer Sicher und ließ eine um zwei Minuten gekürzte Fassung erstellen, welche dann auch problemlos eine Freigabe ab 18 Jahren erhielt. Die enthält immer noch einige deftige Szenen und kastriert die Atmosphäre des Films dankbarerweise nur minimal. Dafür hat man die Scherzen neben einigen Gewaltspitzen überraschend großzügig bei jenen Momenten angelegt, wo die Jugendlichen ihre Taten mit ihrem Handy festhalten. Hier hatte man wohl Bedenken, dass ein solches Vorgehen anspornende Wirkung auf die Zuschauer haben könnte und wollte gleichzeitig auch das Element des Selbstzwecks verschleiern. Dass die sozialkritische Komponente damit noch weiter in den Hintergrund rückt und auch die zunehmend kritische Haltung gegenüber dem Vorgehen von Brett unterdrückt wird, hat man dabei offensichtlich billigend in Kauf genommen. 

Bereits die Blu-Ray (Slider →) wirkt stellenweise nachgeschärft und oftmals viel zu hell. Die 4K UHD (Slider ←) nutzt dasselbe Master und bietet in hochskalierter Form nicht wirklich mehr Details, sieht dank angepasster Helligkeit und etwas kraftvolleren Farben aber trotzdem etwas besser aus.

Sei es drum, denn was zählt ist lediglich, dass die unzensierte Version nach Antrag auf Listenstreichung nun endlich aus dem Giftschrank befreit worden ist und genau der widmen wir uns heute ja auch in Form dieser Neuauflage. Wobei, so richtig neu ist die eigentlich nicht, denn LEONINE hat für die weltweite (!) Premiere des Films als 4K UHD offensichtlich keinen neuen Scan anfertigen lassen, sondern auf das bestehende Master zurückgegriffen und dieses lediglich hochskaliert und hier und da wohl auch ein wenig nachgefiltert hat, was aber nur dann auffällt, wenn man beide Formate direkt miteinander vergleicht. Und genau das haben wir natürlich auch dieses Mal für euch getan. Dass die bestehende, für die Neuauflage unverändert übernommene Blu-Ray keinen Qualitätspreis gewinnen kann, wird ziemlich schnell klar. Einerseits ist sie viel zu hell gemastert worden und schiebt daher schon im Vorfeld jedweder Form einer guten Kontrastdarstellung den Riegel vor, zum anderen ist sie auch kein konstanter Schärfelieferant. 

Leider nicht ganz framegenau, aber trotzdem ein guter Vergleich: Über die helle Blu-Ray (Slider →) geht dem in Mitleidenschaft gezogenen Gesicht von Steve Zeichnung verloren. Die 4K UHD (Slider ←) händelt das besser und vermittelt einen dreidimensionaleren Eindruck, wirkt aber anhaltend künstlich nachgeschärft. 

Die 4K UHD kann unter all diesen Gesichtspunkten kaum Wunder vollbringen, der erweiterte Farbraum nach Rec.2020 und Support für HDR10 und Dolby Vision sorgen aber kombiniert miteinander trotzdem für ein runderes Gesamterlebnis. Besonders am Anfang tendiert die Blu-Ray viel zu krass ins Gelbliche. Diesen sonnigen Urlaubslook behält die UHD zwar insgesamt bei, lässt das Geschehen aber neben dem ohnehin dunkleren Mastering auch durch das Beifügen von mehr Braunanteilen ausgeglichener wirken. Generell profitiert das Setting sehr von der zurückgefahrenen Helligkeit. Gerät dann später der Wald in den Vordergrund des Geschehens, dominieren Grün- und Brauntöne, ehe der Film zum Finale wieder mehr zu seinem anfänglichen Look zurückfindet. Die 4K UHD bietet in all diesen Bereichen mehr Kraft, lediglich Hauttöne kommen weiterhin überraschend blass rüber. Filmkorn ist omnipräsent und präsentiert sich überwiegend unaufdringlich, kann aber in sehr dunklen Szenen auch mal in wahrnehmbares Rauschen abdriften. Die Blu-Ray hat mit der Körnung deutlich mehr zu kämpfen und zeigt das auch in Form von Blockmustern, wo es eigentlich keine geben sollte. 

Noch ein gutes Beispiel für die Farb- und Kontrastunterschiede zwischen Blu-Ray (Slider →) und 4K UHD (Slider ←), bei dem sich die Nachschärfung anhand des Blattwerk abermals gut veranschaulichen lässt. 

Auch im Kontrastbereich legt die Neuauflage ordentlich zu und liefert jetzt endlich sattes Schwarz, ohne dabei an entsprechenden Stellen wahrnehmbar an Durchzeichung bei den Details zu verlieren. Bleibt nur noch die Frage, wie es sich mit der bisher ebenfalls sehr mittelmäßigen Schärfe verhält. Kurz und knapp: Szenen, die über die Blu-Ray schon etwas unscharf gewirkt haben – gerade in Bezug auf die zahlreichen Bäume, Sträucher und Co. im Hintergrund, werden über die 4K UHD auch nicht viel besser dargestellt – daran ändert auch die Hochskalierung nicht. Es liegt schlicht am Master selbst, dass auf natürlichem Wege keine besseren Ergebnisse erzielt werden konnten. Schon die Blu-Ray kommt einem immer mal wieder nachgeschärft vor, die UHD bildet da keine Ausnahme. Zum Glück nicht mit so katastrophalen Ergebnissen wie es bei älteren Filmen allzu oft ist, aber eben so, dass es einem auffällt. Mal gelingt das ganz gut, gerade in Nahaufnahmen hätte man aber die Finger vom Regler lassen sollen, weil die Filterung hier häufig einfach arg entlarvend zum Einsatz gelangt. So bleibt es im Schnitt trotz Verbesserungen bei einer eher mittelmäßigen Scheibe, von der man sich durchaus mehr hätte erhoffen dürfen. 

4K UHD und Blu-Ray: Der Ton

Im Vergleich zur ursprünglichen Ausstattung der zensierten Blu-Ray von 2009 hat sich hier nichts verändert, denn es bleibt bei verlustfreien Tonspuren für Deutsch und Englisch im Format DTS-HD MA 5.1, wobei man sich auch nicht die Mühe gemacht hat, die bestehenden Spuren nochmals in irgendeiner Form zu überarbeiten. Eine latente Notwendigkeit dafür wäre vorhanden gewesen, denn während durch die fast permanent aktive Kulisse gerade im Wald dank guter Effektpositionierung ein sehr immersives Gefühl entsteht, klingen Dialoge durchweg etwas schwach auf der Brust. 

Tief gezeichnet von den Ereignissen blickt Jenny dem Ende der Nacht entgegen. Dass der Albtraum noch lange nicht vorbei ist, ahnt sie nicht. | 4K UHD

Bis man aber überhaupt etwas von der Räumlichkeit mitbekommt, vergeht bereits eine gute halbe Stunde. Dann geht auch der Subwoofer ordentlich mit, nur im Anschluss daran nahezu jede sich bietende Möglichkeit für eine stimmige Tiefbassbegleitung zu verpassen. Das hört man besonders bei der musikalischen Untermalung, kommt aber auch im direkten Effektbereich mehrere Male gut zur Geltung. Alles nicht gerade schmeichelhaft für einen Film aus dem Jahr 2009. Versteht mich nicht falsch, richtig schlecht sind die Tonspuren nicht, alleine schon aufgrund der guten Räumlichkeit. Was mir fehlt, ist einfach ein bisschen mehr Salz in der Suppe. Und Pfeffer. Petersilie ist ausreichend vorhanden – und gleichzeitig wieder mal ein Beweis dafür, dass der Autor nichts von Metaphern versteht. Entschuldigung. 

Die Extras

Andere Kategorie, gleiches Spiel: Neues Material gibt es nicht. Sämtliche bestehenden Extras finden sich in unveränderter Form an Bord der Blu-Ray wieder und bieten wenig mehr als eine Handvoll Interviews, ein kurzes Featurette und ein paar zusätzliche Einblicke in Form einer B-Roll – alles übrigens ohne deutsche Untertitel, was eigentlich selbstverständlich sein sollte. Ein paar alte Trailer haben es ebenfalls noch auf die Scheibe geschafft, wirklich interessant ist das alles nicht und kann guten Gewissens übersprungen werden. Dafür überzeugt das Mediabook mit solider Verarbeitung und hochwertigen Fotos.

„Eden Lake mag das Rad des Genres nicht neu erfinden, adaptiert bestehende Vorbilder aber gut genug, um trotzdem eine Daseinsberechtigung zu haben. Der gute Cast – allen voran die überragende Hauptdarstellerin – sowie die packende Atmosphäre vor der Kulisse eines idyllischen Wäldchens tragen dazu eine ganze Menge bei. Die erstmals unzensiert in Deutschland veröffentlichte Fassung intensiviert den Terror sogar noch. Alles in allem hätte ich mir von der 4K UHD mehr erhofft, denn ohne neues Master muss man Verbesserungen abseits von Farb- und Kontrastwiedergabe mit der Lupe suchen, die damals schon präsente Nachschärfung wird mit der Hochskalierung noch besser zum Vorschein gebracht und sieht nicht immer schön aus. Auch beim Ton bleibt anhaltend Luft nach oben vorhanden und angesichts der ebenfalls unverändert übernommenen, weitestgehend unspektakulären Extras lohnt sich das Mediabook insgesamt eher für Sammler, weniger für die breite Masse.“


Quelle Bildmaterial: ©LEONINE Distribution GmbH. All rights reserved.

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von LEONINE Distribution GmbH zur Verfügung gestellt worden.

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