Gamer nehmen DLC´s heute gerne mit Spott und Hohn aufs Korn. Das Ärgernis bleibt.
Angebot und Nachfrage
Nehmen wir an, der Hersteller eines Autos stellt fest, dass das von ihm entwickelte und gebaute Auto, in diesem Fall also das „Angebot“, auf dem Markt nicht gut ankommt. Die Leute wollen es einfach nicht kaufen, aus welchen Gründen auch immer. Die „Nachfrage“ bleibt also aus. Konsquenz: Der Hersteller zieht das Angebot zurück, nimmt das Produkt vom Markt. Wenn aber nun das Gegenteil eintritt, das Angebot auf hohe Nachfrage stößt, entwickelt der Hersteller natürlich mehr Autos des gleichen Typs. Bei DLC´s verhält es sich im Grunde ähnlich. Wäre trotz aller Kritik bei der Einführung kostenpflichtiger Inhalte keine Nachfrage vorhanden gewesen, wäre die ganze Sache als gescheitertes Experiment heute nichts weiter als eine kurzlebige, unangenehme Erinnerung. Stattdessen gehören solche Inhalte heute zum Standard. Nahezu jedes Spiel lockt heutzutage mit Bezahlinhalten, welche oftmals bereits konzipiert und angeboten werden, bevor das eigentliche Hauptspiel in den Läden steht. Derlei Content wird also schon bei der Entwicklung eingeplant, frei nach dem Motto: „Wir haben dieses und jenes geplant, klammern besagte, weil nicht ganz essentielle Elemente aber aus dem Hauptspiel aus, um sie danach nochmal extra zu verkaufen.“ Und wenn man nichts sinnvolles anzubieten hat, verkauft man eben Skins, alternative Kostüme oder Sonstiges. Man muss also nicht mal sonderlich kreativ sein, wenn es darum geht, solche Inhalte zu erstellen, sondern einfach das, was man bereits hat, in Stücke zerteilen. Der „Season Pass“ hat sich als nervtötender Begriff und als Sinnbild für alljene Inhalte etabliert. Sämtliche im Vorfeld geplante Inhalte werden in einem preisgemäßigten Bundle angeboten. Diese Inhalte einzeln zu erwerben kommt im Schnitt meist 10-20€ teurer, je nachdem, was letzendlich angeboten wird. Dass die komplette Preisplanung aber natürlich vom Entwickler gesteuert und kalkuliert wird und Preise so angepasst werden, dass man im Grunde zum Season Pass genötigt wird, ist dabei die besonders bittere Pille. Wirklich sparen kann man also nur, wenn man Zusatzinhalte einfach links liegen lässt. Aber ist das auch der richtige Weg?
Die Bedeutung des DLC in der heutigen Zeit
Die Entwicklung von qualitativ hochwertigen Spielen verschlingt heutzutage mit allem drum und dran das Budget eines Hollywood – Blockbusters. Entwickler sagen heute gerne, dass eben jene hohen Entwicklungskosten dafür verantwortlich sind, dass man auch nach der Veröffentlichung des Hauptspiels sehen muss, diese Kosten zu decken. Und dann sind da ja noch die Raubkopierer, welche der Industrie massive Schäden zufügen würden. Fakt ist, Entwickler und Gamer stehen sich heutzutage meist feindlich gegenüber.
Um gegen Raubkopierer vorzugehen, setzt die Industrie auf immer hartnäckigere Kopierschutzmaßnahmen. Die momentane Lösung, das Tool „Denuvo“, steht dabei besonders in der Kritik, da es zu Beginn zwar hervorragenden Schutz geboten hat, gleichzeitig aber auch zahlreiche Zusatzmechanismen auf die Festplatte schreibt, die aufgrund von Permanentzugriffen die Festplattenleistung einschränken sollen, besonders die von teuren SSD – Laufwerken. Die allermeisten Spieler wehren sich gegen solche Methoden und verzichten dann lieber gänzlich auf den Kauf des entsprechenden Titels. Und tatsächlich ist auch Denuvo längst nicht mehr unknackbar. Zwar wird die Software immer wieder mit Updates und neuen Hürden versehen, entsprechende Gruppen aus China und Italien sind aber mittlerweile dennoch in der Lage, auch die neuesten Mechanismen innerhalb weniger Tage, allerhöchstens weniger Wochen auszuhebeln und sie dann inklusive DLC´s updatefähig für Raubkopierer zugänglich zu machen. Der Leidtragende ist der ehrliche Spieler, der all diese Maßnahmen und Preiserhöhungen erdulden muss, nur um an Ende festzustellen, dass er 80-100€ für ein Spiel samt Season Pass ausgegeben hat, welches qualitativ eigentlich gar nicht überzeugen kann, welches er aber eben auch nicht mehr zurückgeben kann. Die Katze im Sack zu kaufen ist heutzutage eine übliche Strategie. Spiele, von denen man bisher kaum etwas gesehen hat, sollen für 70€ vorbestellt werden, dafür werden weitere Gratisinhalte versprochen, die je nach Anbieter variieren. Das bedeutet, dass es heutzutage nahezu unmöglich ist, ein Spiel zu 100% zu besitzen. Skin A wird nur bei Amazon angeboten, Kostüm B gibt es nur bei Gamestop usw. Gespart wird natürlich auch der entsprechenden Ausstattung. Während dicke Prestige Editions für mehrere hundert Euro oft kostengünstig produzierte Figuren und Co. anbieten, erhält die normale Edition meist nicht mal mehr eine Spielanleitung, mitunter ja nicht einmal einen Datenträger, sondern nur ein armseliges Blatt mit Downloadcode. Das spart dem Entwickler Herstellungskosten ein, die Gewinnspanne wird weiter maximiert. Das man dann gezwungen ist, ein Spiel komplett herunterzuladen, ist nicht mehr unüblich, aber für diejenigen, die nur über eine langsame Internetverbindung verfügen, besonders ärgerlich. Titel wie GTA V und Wolfenstein belegen zwischen 40 und 60 GB, die PC – Version von Gears of War 4 sogar fast 100GB. Im kommenden Jahr erscheint Final Fantasy XV für den PC. Downloadgröße: 170 GB. Na, viel Spaß beim Herunterladen. Das Spiele immer größer werden, liegt am Gang der Zeit, daran ist auch nichts auszusetzen. Das Problem ist, dass die PC – Industrie im Gegensatz zu den Konsolen immer noch auf DVD´s setzt, weil diese Laufwerke immer noch am weitesten verbreitet sind, aber eben nicht mal im Ansatz den oft benötigten Speicherplatz decken. Manche Titel müssten entsprechend mit 6-10 Installationsdatenträgern ausgeliefert werden, eine Mühe und Kostenaufwand, den heute kein Entwickler mehr tragen will. Die BluRay als gegenwärtiges Format ist auf dem PC nicht durchsetzbar, weil (womöglich sogar bewusst) kein Anreiz dazu gegeben wird, sich ein solches Laufwerk anzuschaffen. Dabei sind diese Laufwerke bereits seit langer Zeit extrem preiswert zu haben und verwenden die gleichen Anschlüsse wie die veralteten DVD – Laufwerke.
Mit dem Creator´s Club wurde Bethesda zum schwarzen Schaf der Industrie.
Die Industrie hat jedoch in erster Linie einen Großteil dazu beigetragen, sich den negativen Ruf über die Jahre tatsächlich auch zu verdienen. Wo Inhalte früher durch Spielen freigeschaltet wurden, vom Bonuslevel über ein Cheat – Menü, werden selbst Kleinstinhalte kostenpflichtig angeboten. Als besonderes Negativbeispiel kann hier beispielsweise „Rise of the Tomb Raider“ von SquareEnix genannt werden. Hier werden neben den üblichen Inhalten auch Boosts angeboten, mit denen man im Spiel einfacher voran kommen soll. Auch Assassin´s Creed arbeitet seit Jahren mit diesem System und man möchte vermuten, dass Spiele bewusst so konzipiert werden, um solche oftmals zeitrettenden Mechaniken salonfähig, ja geradezu zwingend erforderlich machen. Unter´m Strich wird all das, was vor 10-15 Jahren noch kostenloser Service war, heute monetarisiert. Gleichzeitig werden Spiele kaum über längere Zeiträume unterstützt, mit dem letzten DLC endet oftmals auch der Patch – Support. So werden Spieler in dem Moment mit einem unfertigen Spiel im Stich gelassen, sobald sich ihnen kein Geld mehr aus der Tasche ziehen lässt. Verantwortung will dafür seitens der Entwickler niemand übernehmen. Aber es kommt noch dicker: Es ist nicht unüblich, dass erfolglose Spiele komplett im Stich gelassen werden und mit dem Season Pass im Vorfeld versprochene Inhalte gar nicht mehr geliefert werden. Auch hier hat man natürlich keine Chance, eine Erstattung zu erhalten.
Der Creator´s Club: „Wie man Geld für etwas bekommt, was man nicht erschaffen hat“
Aktuell hat das Geschäft mit kostenpflichtigen Inhalten abermals eine neue Stufe erreicht. Zuletzt stand Rockstar Games in der ganz und gar nicht unberechtigten Kritik, mit GTA Online die User über den Tisch zu ziehen. Zwar werden Content – Updates gratis angeboten, sind aber meistens nur dann auch im Spiel nutzbar, wenn man Unsummen virtueller GTA – Dollars investiert. Neulinge haben so kaum eine Chance, an ein entsprechendes Vermögen zu gelangen, ohne entweder Wochen und Monate an Spielzeit zu investieren, oder aber die überteurten Shark Cards für Echtgeld zu erwerben, die entsprechendes Währungsguthaben auf´s Konto schieben. Die so hoch angesetzten Geldvoraussetzungen stellen den Nutzer also kaum vor realistische Alternativen, als auf besagte Karten zurückzugreifen. Mittlerweile hat das System in seiner Gesamtheit aber einen neuen Rang der Dreistigkeit erreicht. Urheber ist Bethesda selbst, der Erfinder des DLC. Seinerzeit hat man bereits versucht, von anderen Usern erstellte Inhalte, also kostenlose Modifikationen, für den Spieler kostenpflichtig zu machen. Das bedeutet, man möchte anteilig an Inhalten verdienen, die andere Leute in ihrer Freizeit erschaffen haben, weil es ihnen einfach Spaß macht. Der Aufschrei war gewaltig, der Shitstorm so groß, dass Bethesda die Reißleine ziehen musste und den Gedanken kurz darauf wieder aufgegeben hat. Jetzt wagen sie mit dem Creator´s Club jedoch einen neuen Versuch. Der Name ist neu, das Prinzip aber gleich: User sollen für Mods gefälligst zahlen. Betroffen sind in erster Linie Fallout 4 und Skyrim. Während man nicht müde wird, letzteres für immer neue Systeme aufzulegen, ohne wirkliche Neuerungen zu bieten, wurde der Support für Fallout 4 bereits mit dem letzten DLC eingestellt. Von diesen Season Pass – Inhalten konnte übrigens nur ein Inhalt wirklich überzeugen, nämlich Far Harbor. Alles andere wurde wie das Hauptspiel eher mittelprächtig aufgenommen. Mods bieten also gerade hier die Gelegenheit, Dinge ins Spiel zu integrieren, die der Entwickler selbst einfach nicht auf die Kette bekommen hat. Und für die soll man das Unternehmen jetzt bitte finanziell beteiligen? Die freie Wahl bekommt man hier übrigens auch nicht. Der Creator´s Club wurde von Bethesda als 2 GB großes Zwangsupdate integriert, ob man ihn nun haben will oder nicht. Weitere Fehlerbehebung und Co. fand mit dem Patch nicht statt.
Wütende Gamer protestieren auf Steam gegen den Creator´s Club.
Die Konsequenzen blieben nicht aus. Innerhalb weniger Stunden brach ein wahres Armageddon über die Bewertungen der PC – Version auf Steam herein. Von „überwiegend positiv“ wandelte sich der Wertungsdurchschnitt in kurzer Zeit zu „äußert negativ“, was der allerschlechtesten Bewertung entspricht, die auf Steam vergeben werden kann. Tausende und abertausende User aus der ganzen Welt drücken so ihren Unmut aus und wollen zukünftige Bethesda – Titel konsequent boykottieren. Mit der Geldgier hat sich Bethesda hier keinen Gefallen getan, im Gegenteil, es ist durchaus anzunehmen, dass die Einnahmen des Creator´s Club nicht die Verluste decken werden, die ein solch umfassender Boykott für zukünftige „Major Titles“ mit sich bringen wird. Dem Spieler hat längst den Unterschied zwischen einem gewissen optionalen und sinnvollen Zusatzservice und der puren Geldmacherei erkannt. Entsprechend gereizt reagiert er auch darauf und das ist nicht nur sein gutes Recht, sondern seine Pflicht. Denn nur solche radikalen Maßnahmen können Entwicklern ihre Grenzen aufzeigen und ihnen klarmachen, dass sie immer noch von der Gunst des Spielers abhängig sind, wenn sie weiterhin erfolgreich bestehen wollen. Electronic Arts hat bis heute damit zu kämpfen, seinen miesen Ruf als Spieleentwickler wieder zum positiven zu wenden. Die waren in Sachen DLC nämlich meist immer ganz oben mit dabei und sind es auch immer noch.
Dass es auch anders geht, beweist CD Projekt Red. Die polnischen Witcher – Entwickler haben der Verkaufsversion von „The Witcher III“ sogar eine Dankeskarte beigelegt. Man verzichtet auf Kopierschutzmaßnahmen, sondern beweist Vertrauen in den Spieler. Eine Reihe von kosmetischen DLC´s und zusätzlichen Kleinsterweiterungen wie das New Game+ und Co. erschienen über die kommenden Wochen gratis. Inhalte, für die nahezu jeder andere Entwickler bereits weitere 10-15€ verlangt hätte. Stattdessen lieferte man zwei gewaltige, hervorragende Erweiterungen nach, die zwar kostenpflichtig waren, aber so viel Inhalt und Story boten, dass sie jeden Cent wert waren. Die Hoffnung, dass sich andere Entwickler daran ein Beispiel nehmen, hat sich leider nicht ausgezahlt. Im Gegenteil, die Problematik hat sich weiterhin verschlimmert. Ende ungewiss.
Am Ende scheint es wirklich nötig, Spiele konsequent zu boykottieren. Ich werde jedenfalls weiterhin im Rahmen meiner Testberichte auf solche Praktiken aufmerksam machen und entsprechend Abzüge in der Wertung geben. Und es ist mir relativ egal, wenn mir dafür der Support entzogen wird. Das würde ja umso mehr bedeuten, dass ich Recht habe.