Völlige Konzentration. Für einen Moment scheint die Zeit stillzustehen. Die gebannte Menge hält den Atem an. Abschlag. Der Ball fliegt durch die Luft. Haben wir die Windrichtung korrekt einkalkuliert? Genug Kraft in den Schlag gelegt? Oder landet das kleine weiße Ding, an dem ganze Karrieren hängen, am Ende doch noch im Sand? Wer die Faszination des Golfsports erst verinnerlicht hat, kann sich nur schwer wieder davon loslösen. PGA Tour 2K23 will genau dieses Gefühl auf die heimischen Bildschirme transportieren und hat sich dafür die Mitarbeit einer absoluten Legende gesichert.
Aller Anfang ist schwer
Golf ist nichts für zwischendurch, das gilt für die Realität gleichermaßen wie für die dazugehörigen Videospielumsetzungen der letzten Jahre. PGA Tour 2K23 bildet da keine Ausnahme und fordert sowohl Neueinsteigern als auch Experten einiges an Eingewöhnungszeit ab, ehe das Spiel sein volles Potenzial entfaltet. Mit der Rückkehr des klassischen Drei-Klick-Systems könnt ihr vor dem Schlag in aller Ruhe Stärke, Richtung und Drall festlegen, was besonders Amateuren in den ersten Stunden merklich zugute kommen dürfte. Alternativ nutzt ihr einfach weiterhin die intuitivere – aber gleichzeitig auch risikoreichere – Variante und zieht direkt mit dem rechten Stick des Controllers, bzw. der Maus ab. Beides funktioniert wirklich gut, um den Simulationscharakter des Spiels voll auskosten zu können, solltet ihr euch aber früher oder später komplett auf die moderne Eingabevariante einstellen.
Dank umfangreicher Tutorials findet man schnell seinen Weg ins Spiel. Optional aktivierbare Hilfen unterstützen euch bei euren ersten Erfolgserlebnissen auf dem Green. Selbst auf einfacheren Schwierigkeitsgraden bleibt PGA Tour 2K23 eine Herausforderung. Wer sich selbst genug Geduld zugesteht, um diese erfolgreich zu meistern, wird mit einer exzellenten Simulation belohnt. Umso enttäuschender dürfte es für Besitzer einer Nintendo Switch sein, dass das Spiel anders als noch der Vorgänger nicht mehr auf der betagten Konsole veröffentlicht wird. Die gute Nachricht ist, dass 2K anders als bei seiner hauseigenen Basketballreihe zwar weiterhin auf Mikrotransaktionen in Form von VC setzt, diese hier aber ausschließlich für kosmetische Anpassungen ausgegeben werden können.
Mit dem mitgelieferten Editor könnt ihr euren Avatar frei nach persönlichen Präferenzen ausgestalten, wobei euch PGA Tour 2K23 erstmals auch die Erstellung eines weiblichen Spielers ermöglicht. Wo und wie ihr eure Karriere im Anschluss daran beginnt, obliegt ebenfalls ganz allein euch. Wollt ihr euch euer Ticket für das titelgebende Turnier erst stufenweise verdienen, oder startet ihr direkt als Teil des elitären Kaders volllizensierter und detailverliebt nachgebildeter Profis wie Lexi Thompson, Tony Finau oder Tiger Woods höchstselbst? So oder so: Während ihr die Erfolgsleiter stetig weiter nach oben klettert, winken regelmäßig neue Rivalitäten, Sponsorenverträge und natürlich Erfahrungspunkte, die sich in nützliche Perks investieren lassen. Eine richtige Story bietet das Spiel zwar nicht, sämtliche für eine motivierende Karriere notwendigen Features sind aber vorhanden. Im Vergleich zum Vorgänger sucht man neue Features aber vergebens.
Umfang ist Trumpf
Wer es dagegen lieber langsam angehen lassen möchte, kann sein Geschick in schnellen Spielen verbessern, innerhalb der Online Societies eigene Turniere erstellen oder diesen beitreten, oder seine kreative Seite in der Erschaffung seines eigenen Kurses ausleben. Auch hier steht euch ein überaus machtvoller Editor zur Verfügung, mit dem sich von einem einfachen Übungskurs bis zur fast schon unmöglichen Herausforderung wirklich alles umsetzen lässt, was die Fantasie hergibt. Und natürlich könnt ihr eure Schöpfungen wie immer kostenlos mit der Community teilen. Die Mehrspielerkomponente von PGA Tour 2K23 konnten wir zum Testzeitpunkt zwar noch nicht voll austesten, genug Raum für einige zusätzliche Stunden Spielspaß ist aber definitiv gegeben. Leider hat 2K einmal mehr auf Crossplay verzichtet, was angesichts der Tatsache, dass sich um Titel wie diese ohnehin nur ein sehr auserlesenes Publikum scharrt, nicht unbedingt der klügste Schachzug sein dürfte, wenn man die Komponente über lange Sicht am Leben halten will.
Gänzlich neu ist dieses Jahr die Implementierung von Topgolf. Diese besondere Variante erfreut sich in letzter Zeit immer größerer Beliebtheit, passende Locations ploppen in größeren Städten wie Pilze aus dem Boden. Ziel dabei ist es, die bunt beleuchteten Schilder zu treffen und sich so Punkte zu verdienen. Über achtzig nach realen Vorbildern gestaltete Schauplätze stehen allein dafür zur Auswahl, der Modus kann komplett solo, aber auch online über kompetive Ranglisten und sogar mit bis zu drei Mitspielern im Couch-CoOp absolviert werden. Das macht nicht nur eine Menge Spaß, sondern ist auch der perfekte Einstiegspunkt für neue Spieler, um sich mit den beiden Bedienungsvarianten vertraut zu machen. Tausende Ausrüstungsobjekte namhafter Hersteller sorgen dafür, dass sich euer persönlicher Spieler von allen anderen Mitbewerbern um den ersten Platz auf der Rangliste optisch stets von der Konkurrenz unterscheidet. Auswirkungen auf das Gameplay hat das wie bereits erwähnt aber nicht, was PGA Tour 2K23 auch die Tür zu höheren Wertungssphären öffnet.
Zum umfangreichen Kader an Profispielern gesellen sich noch ein paar äußerst prominente Gäste. Editionsabhängig dürft ihr euch unter anderem sogar mit den Basketballlegenden Stephen Curry und Michael Jordan auf das Green wagen. Die Stars sehen ihren realen Vorbildern nicht nur frappierend ähnlich, sondern spiegeln auch deren reale Fähigkeiten gekonnt wieder. So verfügt jeder Pro über eigene Stärken und Schwächen, was den Simulationsanspruch des Spiels weiter anhebt. Und die ohnehin schon umfangreiche Sammlung an Kursen wurde in diesem Jahr nochmals um neue Schauplätze erweitert. Auch hier wird die Liebe zum Detail deutlich, denn sowohl die lizensierten Kurse als auch die eigens für das Spiel geschaffenen fühlen sich allesamt unterschiedlich an und bieten einen jeweils ganz eigenen Charme.
Grafisch solide, aber kein Augenöffner
Wie schon der Vorgänger baut auch PGA Tour 2K23 wieder auf der Unity Engine auf. Daran gemessen kann sich der Titel wirklich sehen lassen, besonders die Kurse samt Beleuchtung, Spiegelungen auf den Wasseroberflächen und die Animationen der Spieler können sich sehen lassen. Lediglich das Publikum hätte etwas zeitgemäßer animiert werden können und wirkt vor der insgesamt überzeugenden Gesamtkulisse eher störend. Gemessen am Genre geht die Präsentation aber echt in Ordnung und ich bin sehr gespannt, inwieweit EA Sports mit seiner Anfang 2023 erscheinenden PGA Tour visuell nachlegen wird.
Zwischen den Konsolen selbst gibt es nur wenige Unterschiede abseits von Ladezeiten und Auflösung, allerdings hat mir die Implementierung des DualSense in Hinsicht auf die Schlagmechaniken sehr gut gefallen, was die PlayStation 5 zur bevorzugten Plattform für interessierte Spieler macht. Aber auch auf allen übrigen Systemen kann man den Titel wunderbar genießen, Abstriche beim Umfang muss man ebenfalls nicht befürchten. Die Bedienung mit der Maus ist am PC ebenfalls nicht schlecht, bietet aber besonders mit der intuitiven Eingabemethode zu keinem Zeitpunkt jene Zuverlässigkeit, die ihr mit einem handelsüblichen, halbwegs hochwertigen Gamepad erreichen könnt.
Für eine absolut positive Überraschung sorgen die präzisen Kommentare von Rich Beem, Luke Elvy und Henni Koyack, die das Geschehen auf dem Green überraschend gut analysieren. Es gelingt dem Trio meisterhaft, jedes Quentchen Spannung in den jeweiligen Situationen wortgewandt zum Ausdruck zu bringen, ohne sich dabei große Fehler zu erlauben. Da ist es verschmerzbar, dass 2K der hiesigen Veröffentlichung keine deutschen Sprecher spendiert hat. Das Publikum scheint dagegen nicht ganz so passend zum Geschehen zu reagieren und jubelt auch mal los, wenn es eigentlich gar nichts zu bejubeln gibt. Da können die Macher nachträglich gerne nochmal Hand anlegen.
„Golfer aller Länder, vereint euch! Mit PGA Tour 2K23 liefern Entwickler HB Studios und Publisher 2K die gegenwärtig beste Golfsimulation am Markt ab, die sowohl spielerisch als auch in Sachen Umfang keine Wünsche offenlässt. Solisten und Mehrspielerfans wird gleichermaßen einiges geboten, die Karriere motiviert bis zum Ende und stellt euch vor immer neue Herausforderungen, auch der umfangreiche Kader an wirklichkeitsgetreu implementierten Profis samt einiger höchst prominenter Gaststars weiß zu gefallen. Topgolf bietet genug Beschäftigung, um beinahe als Spiel im Spiel durchgehen zu können und kreative Köpfe können mit dem mächtigen Editor problemlos eigene Kurse erschaffen. Auch visuell gibt es abseits des hässlichen Publikums nichts zu bemängeln. Der kommende Konkurrent aus dem Hause EA Sports dürfte es schwer haben, da mitzuhalten. Aber dieser Kampf entscheidet sich wohl nicht vor Anfang des kommenden Jahres.“
- Authentische Präsentation
- Hübsche Kulissen
- Detailverliebt umgesetzte Pros
- Motivierende Karriere
- Umfangreiche, sehr unterhaltsame Topgolf-Komponente
- Mächtige Editoren
- Umfangreiche Anpassungsoptionen
- Gute Tutorials
- Auch auf einfachen Stufen stets herausfordernd
- Freie Wahl zwischen intuitiver Steuerung und Drei-Klick-System
- Exzellente (englische) Kommentatoren
- Solider Mehrspielerpart
- Zugängliche Bedienung
- Nicht mehr zeitgemäßes Publikum…
- …welches gelegentlich in seltsamen Situationen zum Jubeln neigt
- Kein Crossplay
- Karriere und Societies ohne wahrnehmbare Neuerungen
Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von 2K zur Verfügung gestellt worden.
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