New Tales from the Borderlands

Na, Lust auf eine weitere Geschichte? Wer diese fast schon traditionsreichen Worte hört, steht höchstwahrscheinlich kurz vor einem weiteren abgefahrenen Abenteuer in den sogenannten Borderlands. Dass sich die langlebige Reihe nicht nur für Shooterfans und Lootjunkies eignet, haben Telltale Games seinerzeit mit Tales from the Borderlands eindrucksvoll bewiesen. Die lange überfällige Fortsetzung ist nun unter direkter Verantwortung von Gearbox entstanden und versetzt uns in Gestalt dreier liebenswerter Idioten in die Zeit nach den Ereignissen von Borderlands 3. Wir haben uns für euch durch das komplette Abenteuer gezockt. 

 
 
 
 
 
Entwickler: Gearbox Software
 

Publisher: 2K

Plattform: PC | PS4 | PS5 | XB1 | XBS | NS

Veröffentlichungsdatum: 21. Oktober 2022

Preis: ab 39.99€

Altersfreigabe: ab 16 Jahren


Ungeschnitten
Kostenloses Upgrade
Mikrotransaktionen


Vom Regen in die Traufe

Während die Bewohner von Promethea nach dem Krieg mit der Maliwan Corporation immer noch dabei sind, die Trümmer ihrer Existenzen zu beseitigen und wieder zu einem halbwegs normalen Alltag zu finden, forscht die überzeugte Pazifistin Anu in der Atlas-Firmenzentrale hoch oben im Orbit an einer Waffe einem Gerät, mit dessen Hilfe sich Sirenenkräfte reproduzieren lassen. Nach einer gründlich fehlgeschlagenen Präsentation steht die idealistische Wissenschaftlerin plötzlich ohne Job dar. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, wird Promethea kurz darauf auch noch von der Konkurrenzfirma Tediore unter Vorsitz der fiesen Susan Collins angegriffen, die unter der Erdoberfläche eine der legendären Kammern vermutet und unbedingt in den Besitz der dort versteckten Schätze gelangen will. 

Anu und Octavio haben gänzlich andere Vorstellungen vom Leben und geraten darüber immer wieder aneinander.

Wenige Stunden vor der Invasion begegnen wir außerdem zwei weiteren Einheimischen. Da wäre zunächst Octavio, der jüngere Adoptivbruder von Anu, seines Zeichens chronischer Tagträumer und als solcher immer auf der Suche nach der großen Chance auf grenzenlosen Reichtum. Und die resolute Frozen-Joghurt-Verkäuferin Fran muss sich in ihrem ausgebombten Laden nicht nur mit ihrer Versicherung auseinandersetzen, sondern gleichzeitig auch mit mordlüsterner Kundschaft. Der Angriff bringt das ungleiche Trio schließlich zusammen. Mit mehr Glück als Verstand erreichen die Chaoten schließlich die Kammer. Was sie darin finden, läutet nur den Beginn eines aberwitzigen Abenteuers voller Gefahren und maximal abstruser Situationskomik ein…

Ihre Beine mögen nicht mehr funktionieren, ein ungetrübtes Auge für Talent besitzt Fran aber allemal.

Insgesamt ist den Machern mit New Tales from the Borderlands ein mehr als würdiger Nachfolger gelungen, dessen ungewöhnliche Protagonisten mir schnell ans Herz gewachsen sind. Zwar hätte ich mich über ein direktes Sequel zum Vorgänger noch mehr gefreut, weil der einen einfach mit zu vielen offenen Fragen zurückgelassen hat, die drei Nulpen bei der Verwirklichung ihrer ganz persönlichen Träume (und dem dabei gestifteten Chaos) zu begleiten, hat mich bis auf kleinere Hänger zum Ende der Mitte aber bestens unterhalten. Angereichert mit ein paar Gastauftritten bekannter Charaktere und dem typischen Borderlands-Brachialhumor wartet das Spiel unter anderem mit der wohl unterhaltsamsten Selbstverstümmelungsszene der Videospielgeschichte auf und beweist gleichzeitig eindrucksvoll, dass Gründershows durchaus tödlich enden können.

Attentäterbot L0U13 zählt zu Octavios Freundeskreis und gerät im Laufe der Geschichte in eine schwere Identitätskrise.

Wie sich die Geschichte letztendlich entwickelt, wird genretypisch maßgeblich von den über den gesamten Spielverlauf getroffenen Entscheidungen beeinflusst. Das Spiel verzichtet ganz bewusst darauf, euch unmittelbar Im Anschluss auf die Konsequenzen hinzuweisen, was dem Überraschungseffekt sehr zugute kommt. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Enden, ausreichend Wiederspielwert ist also vorhanden. Alles in allem beschränken sich die Interaktionsmöglichkeiten aber auf Dialoge und tonnenweise (immerhin abwechslungsreichen) QTE-Einlagen. Wer damit schon innerhalb der klassischen Telltale-Titel nicht warmgeworden ist, oder mit Borderlands als Franchise absolut nichts anfangen kann, dürfte mit New Tales from the Borderlands ebenfalls keine Freude haben, verpasst in dem Fall aber eine überwiegend toll geschriebene Geschichte mit charmanten Helden.  

Schönheit kann man kaufen

Die Macher haben sich viel Mühe gegeben, um die Grenzen des Genres so gut es geht auszuloten. Jedes Kapitel offeriert kleinere Areale, die wir mit dem gegenwärtigen Charakter frei erkunden können. Die dabei eingesackte Spielwährung kann man an diversen Automaten nutzen, um den Helden neue Outfits zu verpassen. Die Auswahl wächst mit jeder Episode weiter an, einen spielerischen Nutzen haben die rein kosmetischen Boni aber nicht. Genutzt habe ich das Angebot sowieso nur am Rande, weil ich die Geschichte lieber mit den Basisvarianten der jeweiligen Helden absolvieren wollte. Besonders die höherwertigen Skins – so schön diese teilweise auch sind – modeln mir die Charaktere für meinen Geschmack zu verfremdend um.

Die Vaultlander-Kämpfe sind lächerlich simpel zu gewinnen, sorgen aber für zusätzliche Abwechslung.

Als Sammelobjekte verstecken sich außerdem überall in der Welt sogenannte Vaultlander-Figuren, die bekannten Charakteren des Franchise nachempfunden worden sind. Die erste Figur erhält man automatisch, den Rest der Sammlung muss man sich in Duellen gegen den Badass-Superfan erkämpfen, den wir an den seltsamsten Orten antreffen können. Manchmal verstecken sich die begehrten Plastikgestalten aber auch gut versteckt in der Spielumgebung. Die Duelle sind absolut nicht anspruchsvoll und mit ein wenig Reaktionsfähigkeit spielend leicht zu gewinnen, an sich ist das aber eine nette Idee für Zwischendurch und für Erfolgsjäger sowieso verpflichtend. Echtgeldinhalte gibt es zum Glück nicht, Käufer der Deluxe Edition bekommen für einen knappen Zehner mehr lediglich etwas Startkapital spendiert, den voll aufwärtskompatiblen Vorgänger gibt es zusätzlich obendrauf.

Technik, die überzeugt 

Hinter dem klassischen Borderlands-Look werkelt einmal mehr die Unreal Engine 4 und überzeugt neben detaillierten Umgebungen und Charakteren auch durch gelungene Animationen und eine nachvollziehbare Mimik. Dass sich New Tales from the Borderlands von Anfang bis Ende angenehm fehlerfrei anfühlt, ist nach dem Desaster mit Gotham Knights eine absolute Wohltat. Butterweiche 60 Frames pro Sekunde bei gleichzeitig nativem 4K bietet der Titel auf PlayStation 5 und XBOX Series X, wobei sich die schwächere Series S lediglich bei der Auflösung etwas zurücknehmen muss. Ladezeiten sind dort praktisch nicht vorhanden und auch auf dem PC liefert das Spiel eine rundherum zufriedenstellende Performance ab, ohne dafür allzu starke Hardware vorauszusetzen. So geht Optimierung! 

Konzernchefin Collins ist jedes Mittel recht, um an den Inhalt der Kammer zu gelangen.

Besitzer einer Last-Gen-Konsole inklusive der Nintendo Switch können aber ebenso beruhigt zugreifen, denn auch die dort festgelegten 30 Frames pro Sekunde sind für das Gameplay mehr als ausreichend. Weil die Switch aber auflösungstechnisch die meisten Kompromisse hinnehmen muss und angedockt auf große Bildschirme entsprechend matschig aussieht, eignet sich das Spiel dort eher für unterwegs. Musikalisch gibt es besonders zum Episodenstart ordentlich was auf die Ohren, obwohl mir die gewählte Tracklist bei weitem nicht so gut gefallen hat wie jene des Vorgängers. Dafür überzeugen die ausschließlich englischen Sprecher auf ganzer Linie und die sauber lokalisierten deutschen Untertitel sorgen dafür, dass der kongeniale Witz nicht verlorengeht. Die Bedienung geht auf jeder Plattform wunderbar von der Hand, auf PlayStation 5 hinterlässt die grundsätzlich sehr zugängliche Steuerung dank ihrem verbesserten Feedback mit knappem Abstand den besten Eindruck.

„Auch ohne die Mitwirkung von Telltale Games – Ruhe in Frieden – ist das Genre entscheidungsbasierter Adventures immer noch eine Größe, mit der man rechnen muss. New Tales from the Borderlands ist dafür der beste Beweis! Sympathische Charaktere, eine mit Ausnahme weniger Schwächen gut geschriebene Story und herrlicher Anarcho-Humor machen aus dem knapp zehnstündigen Abenteuer einen unvergesslichen Trip, der nicht nur Fans der Reihe ansprechen dürfte. Mit fünf verschiedenen Enden ist der Wiederspielwert zudem sehr hoch und die abwechslungsreichen Events machen das extrem quicktimelastige Gameplay erträglicher als gedacht. Zwar hätte ich mir mehr Antworten auf die vielen offenen Fragen des Vorgängers gewünscht und auch der ein oder andere zusätzliche Gastauftritt hätte mein Fanherz erfreut, trotzdem hat mich die erneute Reise nach Promethea bestens unterhalten und wandert in der Liste meiner persönlichen Genrefavoriten gleich nach dem Vorgänger auf den dritten Platz. Die Qualität von Telltales The Walking Dead bleibt aber auch Jahre nach dessen Erstveröffentlichung unerreicht.“

  • Sympathisch-schrulliges Heldentrio
  • Viele interessante Nebenfiguren
  • Überwiegend gut geschriebene, wendungsreiche Geschichte
  • Herrlich bekloppter Humor
  • Detaillierte Kulissen und Charaktermodelle
  • Gute Animationen, glaubwürdige Mimik
  • Perfekte Borderlands-Atmosphäre
  • Knapp zehn Stunden Spielzeit pro Durchgang
  • Hoher Wiederspielwert dank fünf unterschiedlicher Enden
  • Innerhalb der Möglchkeiten des Genres angenehm abwechslungsreiches Gameplay
  • Zahlreiche Individualisierungsmöglichkeiten
  • Exzellente englische Sprecher
  • Sauber lokalisierte Untertitel
  • Zugängliche Bedienung
  • Hier und da kleinere Erzählschwächen
  • Lässt die vielen offenen Fragen des Vorgängers weitestgehend unbeantwortet
  • Neueinsteigern wird nur sehr wenig über die Hintergründe verraten
  • Viel zu simple Vaultlanderkämpfe sind allenfalls eine nette Dreingabe
  • Musikalische Begleitung reicht nicht an die Qualität des ersten Teils heran (ist aber Geschmackssache)

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von 2K zur Verfügung gestellt worden.

©2022 M-Reviews.de

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