Marvel’s Spider-Man 2

Das Sequel zum meistverkauften Spiel auf der PlayStation 4 ist endlich da: In Marvel’s Spider-Man 2 dürfen wir erstmals abwechselnd mit Peter Parker und Miles Morales durch New York schwingen sowie gleich zwei neue Stadtteile erkunden. Dazu versprechen Insomniac Games eine abermals filmreife Geschichte, verbessertes Gameplay und mehr Abwechslung, kann die hohen Erwartungen aber nicht in allen Belangen erfüllen. Warum das Spiel uns trotzdem begeistert hat und was zukünftig noch besser werden muss, erklärt unser Test. 

Entwickler: Insomniac Games

Publisher: Sony Interactive Entertainment

Plattform: PlayStation 5

Veröffentlichungsdatum: 20. Oktober 2023

Preis: ab 74,99€*

Altersfreigabe: ab 16 Jahren

Metacritic | OpenCriticIMDB


Mikrotransaktionen
Ungeschnitten


Die Jagd ist eröffnet

Einige Zeit nach den Ereignissen der Vorgänger kämpfen unsere Helden im Spinnenkostüm mehr denn je damit, ihren regulären Alltag und das Dasein als Superhelden irgendwie unter einen Hut zu bringen – wie immer mit eher mäßigem Erfolg. Peter Parker ist mittlerweile in das Haus von Tante May eingezogen und mit Herzensdame Mary Jane läuft es endlich wieder richtig gut. Finanziell könnte es dagegen besser aussehen, denn der notorische Pleitegeier hockt auf überfälligen Hypothekenraten und der aussichtsreiche Posten als Aushilfslehrer endet dank einem unerwarteten Amoklauf von Sandman bereits vor der Mittagspause mit einer fristlosen Kündigung. Für eine dringend nötige Ablenkung sorgt die unerwartete Rückkehr von Harry Osborn, der aufgrund einer potenziell tödlichen Erbkrankheit zwei Jahre in einem Tank verbracht hat und nun wie durch ein Wunder völlig genesen zu sein scheint. 

Miles und Peter sind mittlerweile als Duo unterwegs, haben im Privatleben aber mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Währenddessen kämpft Nachwuchsheld Miles Morales mit den typischen Problemen eines Teenagers mit Superkräften: Die Bewerbung für die weiterführende Schule will einfach nicht gelingen, für seinen Schwarm – die taube, aber talentierte Künstlerin Hailey – ist nie Zeit und Mama Rio macht sich Sorgen, dass ihr Sohnemann beim ständigen Kampf gegen das Verbrechen die Familie vergisst. Kriminelle sind eben unfassbar rücksichtslos, wenn es darum geht, ihren ärgsten Widersachern gelegentlich eine dringend nötige Verschnaufpause zu gönnen. Als der Großwildjäger Kraven mit einer ganzen Armee in New York aufschlägt und einige der gefährlichsten Superschurken aus dem Hochsicherheitsgefängnis Raft befreit, müssen die Spider-Men Überstunden schieben, um das sich rasch ausbreitende Chaos wieder einzudämmen. Für Miles ist die Sache hochpersönlich, denn unter den getürmten Insassen befindet sich auch Martin Li, der maßgeblich verantwortlich für den Tod von dessen Vater ist. 

Kraven ist ein passionierter Jäger. In New York City wittert er seine bisher größte Beute. Seine Truppen verfügen über Technik, bei denen selbst Sable International dumm aus der Wäsche gucken würde. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Kraven sucht allerdings nicht nach Verbündeten, sondern nach Zuwachs für seine Trophäensammlung. Dass dabei die ganze Stadt in Flammen aufgehen kann, nimmt er gelassen in Kauf. Klar, dass sich früher oder später auch die ikonischen Netzschwinger auf der Beuteliste wiederfinden. Ein geheimnisvoller schwarzer Anzug entpuppt sich für Peter als wertvoller Helfer im Kampf gegen die schier übermächtige Bedrohung. Allerdings verfügt das schicke Teil über ein ziemlich finsteres Eigenleben und wirkt sich mit der Zeit immer negativer auf die Persönlichkeit seines Trägers aus, was das nahe Umfeld bald zu spüren bekommt. Als gutes Zureden nicht mehr hilft, müssen handfestere Argumente her, um Peter aus den Klauen des parasitären Organismus zu befreien. Und der reagiert auf Ablehnung leider extrem nachtragend…

Besser als Kino! 

Was Insomniac Games mit dem Sequel auffahren, reiht sich locker in jene Zeit ein, als das Marvel Cinematic Universe noch keine Ansammlung uninspirierter Fließbandware gewesen ist. Alleine die Action ist derart filmreif inszeniert worden, dass man dabei häufig vergisst, einen Controller in der Hand zu halten, mit dem man das Ganze steuert. Hier wird bereits im Prolog mehr abgefeuert, als die meisten anderen Spiele zum Finale aufbieten. Wunderbare Erinnerungen an ein God of War III werden da wach! Die liebgewonnenen Charaktere der Vorgänger bleiben dabei zum Glück nie auf der Strecke – im Gegenteil. Das Spiel nimmt sich viel Zeit, um die Bedeutung der wiederauflebenden Freundschaft zwischen Peter, Mary Jane und Harry herauszuarbeiten, was deren drohendes Auseinanderbrechen im späteren Verlauf umso greifbarer wirken lässt. So richtig sympathisch wirkt Harry auf mich allerdings nie. 

Wie in den guten, alten Zeiten: Der frisch genesene Harry unternimmt mit Peter eine Radtour durch das Viertel. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Der Spross aus reichem Hause verkörpert das Sinnbild einer Generation verblendeter Weltretter, welche vom tatsächlichen Leben auf der Straße von ihrem Elfenbeinturm aus überhaupt nichts mitbekommt und noch nie richtig für ihr Geld arbeiten musste. Dafür bekommt man vom Vater mal eben ein Startup spendiert und flext dann mit divers ausgestellten Vorständen. Nein, vielen Dank. Und obwohl meine Ansichten sich in dem Punkt deutlich von denen der Macher unterscheiden, beginnt man später doch, ein gewisses Mitgefühl für die Figur zu entwickeln. Noch besser klappt das bei Peter, dessen schleichende Veränderung man hautnah miterlebt. Und selbst die Motivation der zahlreichen Bösewichte wird nach und nach glaubwürdig transportiert. Hier agiert das Studio sehr nahe an den Vorlagen aus den unzähligen Comics. Kleinere Freiheiten hat man sich zwar erlaubt, die fügen sich aber wunderbar ins Geschehen ein. Die ruhigen Momente wurden perfekt zwischen der Action platziert, treiben die Geschichte weiter voran und erlauben dem Spieler, gerade lange genug durchzuatmen, ehe das nächste Feuerwerk abgebrannt wird. Ein so gutes Pacing habe ich schon lange nicht mehr erlebt. 

Der schwarze Anzug birgt ungeahnte Kräfte, bringt aber auch die schlechten Seiten seines Trägers zum Vorschein. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Dabei dürfen wir natürlich keineswegs den zweiten Helden im Bunde vergessen, denn obwohl sich Miles und Peters Geschichten regelmäßig an sinnvoll gewählten Momenten überschneiden, baut sich die Jungspinne trotzdem ihr eigenes Netz. Der Verlust des Vaters und seiner Freundin Finn sitzen immer noch sehr tief. Dass man als Superheld außerdem kaum noch ein Privatleben hat, nagt ebenso an ihm, wie die anhaltenden Rachegelüste gegenüber Martin Li. In Peter hat Miles einen zuverlässigen Freund und Mentor gefunden, auf lange Sicht muss er trotzdem seinen eigenen Weg finden – und genau das spiegelt die Handlung auch wieder, ohne das Miles dabei zum Nebendarsteller verkommt. Nach knapp vierzehn Stunden ist das Spektakel leider schon wieder vorbei, besonders eilige Spieler dürften den Abspann bereits nach gut zehn Stunden erreichen. Insgesamt ist die Hauptgeschichte also ein Stück kürzer geraten als die von Marvel’s Spider-Man und liegt nur knapp über dem Niveau von Marvel’s Spider-Man: Miles Morales. Das mag angesichts des hohen Preises nach wenig klingen, für zehn Kinotickets würdet ihr aber deutlich mehr löhnen. Und mir ist eine kürzere, aber rund erzählte Story wesentlich lieber als etwas, dass um der reinen Länge willen bis zur gähnenden Langeweile gestreckt wird. 

Miles Mama Rio hat Verständnis für die häufige Abwesenheit ihres Sohns, wünscht sich aber trotzdem mehr gemeinsame Zeit. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Dass es darüber hinaus noch mindestens einen dritten Teil geben wird, kann man als gesichert betrachten. Hinweise darauf streut das Spiel mehr als genug. Erzählerisch ist Marvel’s Spider-Man 2 genau das Spiel geworden, dass ich mir als großer Fan der Vorgänger erhofft habe. Insomniac Games haben erneut bewiesen, dass sie in Sachen Story- und Charakterdarstellung zu den ganz Großen der Branche gehören. Das Sequel zum meistverkauften Spiel auf PlayStation 4 ist eine emotionale Achterbahnfahrt voller explosiver Höhepunkte geworden, die nicht nur Fans der Comics, Filme und Co. abholen wird, sondern grundsätzlich jeden, der Bock auf ein fantastisch inszeniertes und überwiegend grandios geschriebenes Action-Abenteuer hat, wie man es in dieser Form sonst nur auf der großen Leinwand erleben kann. Kein Wunder also, dass man im Anschluss daran gerne gleich nochmal von vorne beginnen möchte – umso ärgerlicher, dass New Game Plus abermals erst später nachgereicht werden wird. Die Vorgänger müsst ihr dank guter Zusammenfassung übrigens nicht zwangsläufig gespielt haben, empfehlen möchte ich es auch aber trotzdem, da euch sonst viele schöne Momente entgehen, auf denen hier maßgeblich aufgebaut wird. 

Alte Spinnen, neue Tricks

Spielerisch vereinigt Marvel’s Spider-Man 2 das Beste aus zwei Welten unter seinem Dach. Die beiden Spider-Men kämpfen völlig unterschiedlich, nutzen eigene Spezialangriffe und teilen sich lediglich die Gadgets. Während Peter anfänglich noch als gutes Gesamtpaket für jede Situation auftritt und mit dem neuen Anzug später zu einer Art Abrissbirne mutiert, die selbst größere Kolosse mühelos auf die Bretter schickt, verlässt sich Miles mit seinen bioelektrischen Fähigkeiten ganz auf Massenkontrolle und Geschwindigkeit. Das Trefferfeedback wurde im Vergleich zu den Vorgängern nochmals verbessert, selbst einfache Schläge fühlen sich angenehm wuchtig an und werden kombiniert mit dem fantastisch ausgenutzten haptischen Feedback des DualSense effektvoll an den Spieler weitergegeben. Die Auswahl an technischen Spielereien wurden kräftig zurückgefahren, außerdem hat man die bisherigen Bonusfähigkeiten der zahllosen Anzüge gestrichen, dafür aber die Talentbäume kräftig ausgebaut. 

Miles und die Jäger verfolgen den mutierten Dr. Connors über den Hudson River. Leider lässt sie sich das Heilmittel nicht freiwillig verabreichen. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Neben einem gemeinsamen Baum, in dem sich vor allem Fähigkeiten zur Verbesserung der Fortbewegung innerhalb der offenen Welt finden lassen, verfügt jeder Spider-Man über einen separaten Baum. Erhaltene Erfahrung wird nicht zwischen den Charakteren aufgeteilt, sondern kann nach Belieben eingesetzt werden, selbst wenn ihr z.B. einen Großteil davon mit Miles erspielt habt, könnt ihr damit trotzdem bei Peter investieren – umgekehrt klappt das natürlich ganz genauso. Es gibt nun deutlich mehr Talente, dafür levelt ihr aber auch sehr viel schneller. Wer keine Nebenaktivität auslässt, kommt am Ende ziemlich genau auf die nötigen Punkte, um alle drei Talentbäume voll auszubauen. Dadurch wird gewährleistet, dass die Helden nicht zu schnell übermächtig wirken. Die wichtigsten Fähigkeiten erhaltet ihr automatisch während der Geschichte und könnt diese dann auf Wunsch weiter ausbauen. Vieles davon ist für meinen Geschmack aber zu sehr auf Füllmaterial getrimmt worden. Hier eine Aufladung mehr, dort etwas kürzere Abklingzeiten…da hat mir das alte System einfach besser gefallen, weil sich die neuen Fähigkeiten da schlicht bedeutsamer angefühlt haben und man motivierter darauf hinarbeiten durfte. 

Peter (Standard)
Gegen unsere neuen mechanischen Arme haben die Minions des Sandman keine Chance. | PlayStation 5, Leistungsmodus
Peter (Symbiont)
Der schwarze Anzug kann heftige Spezialattacken entfesseln, wird aber erst spät im Spiel zugänglich gemacht. | PlayStation 5, Leistungsmodus
Miles
Mit dem Kettenblitz betäuben wir erst den Nahkämpfer und nutzen das freie Zeitfenster, um den Scharfschützen auszuschalten. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Peter kann im Kampf seine mechanischen Spinnenarme ausfahren, die auf Kommando einen Schlaghagel entfesseln, größere Gruppen in die Luft befördern oder ein paar Gegner kurzzeitig mit Hochspannung außer Gefecht setzen können. Miles darf dagegen die Umgebung unter Strom setzen und Feinde in einem größeren Areal betäuben, verschießt sich ausbreitende Kettenblitze und lernt später sogar, wie er Bösewichte in der Nähe zu sich heranziehen kann. All diese Fähigkeiten immer wieder neu miteinander zu kombinieren, macht unglaublich viel Spaß. Aber auch die Klassiker haben sich gut gehalten: Bösewichte von den Dächern zu kicken oder an der nächstbesten Oberfläche einzuspinnen ist immer noch genauso unterhaltsam wie bisher. Während wir unseren Kombozähler im pfeilschnellen Freeflow hochtreiben, sammeln wir Fokus für die Wiederherstellung verlorener Lebensenergie oder einen mächtigen Finisher an. Und mit der neuen Netzleine können wir im Tarnmodus jetzt viel flexibler Gegner ungesehen ausschalten, weil wir nicht mehr auf Deckenpfeiler und andere Befestigungen angewiesen sind. 

Abseits der mechanischen Hunde als cooler Neuzugang bietet das Spiel nahezu ausschließlich dieselben Gegnertypen der Vorgänger in neuer Optik. Wirklich neue Mechaniken finden erst viel zu spät ins Spiel. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Das sich die Kämpfe trotz anhaltend toller Mischung aus Geschwindigkeit und Präzision ein wenig abgenutzt anfühlen, liegt vor allem daran, dass Insomniac Games nahezu sämtliche Gegnertypen aus den Vorgängern in neuem Gewand aufgewärmt hat. Vom einfachen Schläger bis zum bulligen Brecher sowie mehreren Schützentypen fühlt sich hier abseits der mechanischen Hunde absolut nichts neu an. Erst zum Ende hin traut man sich an ein paar frische Mechaniken heran, dann ist dafür aber fast schon zu spät. Selbst wenn ihr mit Marvel’s Spider-Man 2 zum ersten Mal in New York City unterwegs seid, fühlen sich die Kämpfe gegen die immer gleichen, überschaubaren Varianten spätestens zur Mitte des Spiels heillos repetitiv an. Für mehr Abwechslung sorgen die exzellent inszenierten Bosskämpfe, von denen gibt es aber verglichen mit dem Rest viel zu wenige, um als brauchbares Gegengewicht zu fungieren. Statt wie bisher allen Angriffen auszuweichen, können wir jetzt auch Parieren einsetzen, was besonders gegen die größeren Gestalten eine deutliche Erleichterung darstellt – präzises Timing vorausgesetzt. 

Die Stadt, die niemals schläft

Abseits der Geschichte gibt es auch dieses Mal jede Menge zu tun. Die Macher haben sich das Feedback der Vorgänger zu Herzen genommen und wollen mit vielen neuen Nebenaktivitäten mehr Abwechslung ins Spiel bringen. Sammelobjekte aller Art verstecken sich in der Welt zwar immer noch zuhauf, die Menge bewegt sich jetzt aber auf einem überschaubareren Niveau. Gleiches gilt für die Straßenverbrechen, deren Abschluss nun dankbarerweise nicht mehr relevant für den vollständigen Abschluss eines Distriktes sind. Als zuverlässige Quelle für die zum Aufwerten und Herstellen neuer Ausrüstung ständig nötigen Technikmarken sind die schnell abgewickelten Aktivitäten jedoch ideal, nutzen sich aber mangels Vielfalt mindestens so schnell ab wie früher. Dabei stoßen wir dieses Mal nicht nur auf gewöhnliche Bandenmitglieder, sondern auch auf eine Gruppe Pyromanen, deren Aktivitäten uns mit einer alten Bekannten aneinandergeraten lassen. 

Eine Gruppe Langfinger will am hellichten Tag ein Waffengeschäft ausrauben. Da muss die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft selbstverständlich beherzt eingreifen. | PlayStation 5, Leistungsmodus

In den etwas umfangreicheren Aufgaben helfen wir unter anderem Forschern bei ihren Umweltprojekten, gehen verschwundenen Musikinstrumenten nach und spüren einen verschwundenen Großvater auf. Nicht alle Aufgaben sind für beide Spider-Men zugänglich, manche Hauptmissionen öffnen sich nur bestimmten Charakteren. Solltet ihr trotzdem einmal mit der falschen Spinne in der Nähe eines Ziels sein, könnt ihr via einfachem Tastendruck sofort zwischen den Helden wechseln. Über die praktische App ist so ein Wechsel ebenfalls jederzeit möglich. Dank der schnellen SSD der PlayStation 5 funktioniert das komplett ohne Ladezeiten, gleiches gilt für die Schnellreisefunktion, welche ihr aber erstmal freischalten müsst. Über das Smartphone lassen sich zudem alle gerade verfügbaren Aufgaben durchschalten, ein kleines Symbol zeigt euch den dafür vorgesehenen Spider-Man an. 

Wer sämtliche Anzüge in seinen Besitz bringen und dazu sämtliche Fähigkeiten und Gadgets maximieren möchte, darf die zahlreichen Nebenbeschäftigungen nicht außer Acht lassen. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Im direkten Vergleich zu den Vorgängern fühlen sich die Nebenaktivitäten weniger eintönig an, manches davon – wie zum Beispiel die Kampfherausforderungen von Mysterio – kennt man in ganz ähnlicher Form aber schon aus den letzten Abenteuern. Wenigstens ein erneutes Aufeinandertreffen mit der unendlich nervigen Screwball und ihren Followern bleibt Spielern dieses Mal erspart. Für die Zukunft sehe ich da insgesamt noch jede Menge Luft nach oben. Die meisten Nebenaufgaben bringen Kurzweil ins Geschehen, gerade die immer gleich ablaufenden Distriktmissionen motivieren einen auf Dauer aber kaum zum Dranbleiben. Dahingehend haben die Macher dasselbe Problem wie Ubisoft mit seinen offenen Welten, denn auch dort herrscht Masse vor Klasse. Marvel’s Spider-Man 2 mag da besser funktionieren, ist von Perfektion aber immer noch ein ordentliches Stück entfernt. 

Auf den Schwingen der Gerechtigkeit

Zwei neue Stadtteile – nämlich Queens und Brooklyn – haben es ins Spiel geschafft, wodurch die bestehende Karte um gut die Hälfte ihrer ursprünglichen Größe erweitert wird. Weil die Neuzugänge mit ihrem eher vorstädtischen Ambiente selbst erfahrene Netzschwinger vor gewisse Herausforderungen stellen und ganz nebenbei durch einen gewaltigen Fluss von der Insel Manhattan getrennt werden, muss auch die Fortbewegung zwangsläufig neu gedacht werden. Die Antwort auf alle Probleme liefern die Netzflügel, mit denen wir uns auch ohne Hochhäuser schnell durch die Straßen bewegen und auch größere Entfernungen in bisher ungekannter Höhe schnell überwinden können. Mithilfe von Windkanälen und Auftrieben in der gesamten Stadt generieren wir Höhe und Geschwindigkeit. 

Die Netzflügel sind eine zentrale Neuerung im Spiel und ermöglichen auch außerhalb der Hochhäuser blitzschnelle Fortbewegung durch New York City. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Der Nachteil ist, dass sich diese Signalpunkte nicht gerade schön ins Gesamtbild einfügen, obwohl sie immer nur dann aktiv sichtbar, wenn wir entsprechend unterwegs sind, statt dauerhaft aufzuleuchten. Trotzdem: Ein wenig dezenter hätten die Markierungen schon sein dürfen. Trotz dieses kleinen Mankos manövriert es sich mit den Netzflügeln richtig gut und es ist angenehm, dass man je nach persönlicher Präferenz auch weiterhin gut mit den regulären Netzen manövrieren kann. Wer das Konzept aber erstmal verinnerlicht hat, wird sich wahrscheinlich nicht mehr auf konventionelle Art fortbewegen wollen. Bei Sonnenuntergang am Flussufer entlang zu gleiten und dabei ganz entspannt die Szenerie zu bestaunen, ist schon eine famose Sache. Alles in allem ein tolles Feature, dass sich auch innerhalb der Vorgänger gut gemacht hätte und auf dem man für die Zukunft sehr gerne weiter aufbauen darf. 

Grüße vom anderen Ufer: In den neuen Stadtteilen gibt es viel zu sehen und zu entdecken. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Die Stadterweiterung tut dem Spiel sehr gut, zumal sich beide Teile angenehm vom Rest unterscheiden und einen mal etwas vom Trubel der Zentralinsel wegbringen. Ein paar kleinere Bugs sind mir beim Erkunden dann aber doch aufgefallen. Das beginnt bei sich seltsam verrenkenden Gegnern, in der Gegend festhängenden Superhelden, geht über nicht reagierende Interaktionspunkte und endet bei unsichtbaren Nicht-Spieler-Charakteren, einem nicht wegdrückbaren Foto sowie – leider – auch einer ganzen Handvoll Totalabstürze, die über den gesamten Testzeitraum willkürlich aufgetreten sind. Da muss Insomniac Games nochmal ran. Aber ich bin zuversichtlich, dass sich diese kleinen Probleme rasch aus der Welt schaffen lassen. Für ein Spiel dieser Größe ist die Erfahrung insgesamt angenehm fehlerfrei, größere Gamebreaker sind mir keine begegnet und die allermeisten Probleme ließen sich per Neustart vom Kontrollpunkt aus der Welt schaffen. 

Im Spiegelkabinett

Grafisch dürfte man auf der PlayStation 5 gegenwärtig keinen schöneren Titel finden als Marvel’s Spider-Man 2. Die Entscheidung, das Spiel nicht mehr für die Last-Gen umzusetzen, hat sich definitiv gelohnt. Alleine die schwache Festplatte der PlayStation 4 wäre mit dem nahtlosen Schnellreisesystem und Charakterwechsel heillos überfordert gewesen. So konnten die Ressourcen zugunsten einer bestmöglichen Optimierung gebündelt werden. In der Konsequenz ist Raytracing nun sowohl im Grafik- als auch im Leistungsmodus dauerhaft aktiv und wurde im Vergleich zu den Vorgängern nochmals verbessert. Die Ergebnisse können sich sehen lassen, besser wird die Technologie gegenwärtig in keinem anderen Konsolenspiel eingesetzt, alleine die Spiegelungen auf dem rundum erneuerten Wasser sehen fantastisch aus. Je nach Tageszeit verwandelt sich die ganze Stadt in ein Spiegelkabinett, an dem man sich einfach nicht sattsehen kann. Kleinere Überstrahlungen und Berechnungsfehler trüben diesen Eindruck allenfalls minimal.  

RT Straßen und Fahrzeuge
Die zahlreichen Fahrzeuge in der Stadt spiegeln die Umgebung in Echtzeit wieder, gleiches gilt für die Wasserlache am Boden. Die Passanten wirken dagegen eher steril. | PlayStation 5, Leistungsmodus
RT Gebäude
Bei Sonnenuntergang wirkt die Kulisse dank Echtzeitspiegelungen an den Gebäudefassaden noch immersiver. | PlayStation 5, Leistungsmodus
RT Anzüge
Die zahlreichen Anzüge im Spiel sind ebenfalls mit Raytracing versehen worden, was in Bewegung noch wesentlich eindrucksvoller rüberkommt. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Die via Motion Capturing zum Leben erweckten Charaktere haben schon in den Vorgängern toll ausgesehen und wirken dank verbesserter Technologien nun noch lebensechter. Der immense Detailreichtum der Gesichter, Kleidungen und Anzüge sucht seinesgleichen. Und mit Ausnahme der etwas steril wirkenden Sandwolke im Prolog kann sich auch die Partikelkulisse absolut sehenlassen. Im Leistungsmodus gibt es weniger detaillierte Schatten, auch tummeln sich in den Straßen weniger Passanten und Autos und die Auflösung der Raytracing-Effekte wurde geringfügig zurückgefahren. Das Spiel skaliert hier zwischen 1080p und 1440p, macht das aber derart gut, dass einem das beim Spielen höchstens auffallen würde, wenn man sich direkt vor dem Fernseher parkt. 60 Bilder pro Sekunde sind maximal möglich und garantieren ein fast störungsfreies, geschmeidiges Spielerlebnis. Lediglich bei vielen volumetrischen Effekten wie Rauch oder oder dem anfänglichen Sandsturm kommt es zu wahrnehmbaren, aber ertragbaren Einbrüchen. 

Dank Motion Capturing der neuesten Generation verfügen die Charaktere über realitätsnahe Mimiken, was der cineastischen Inszenierung sehr zugute kommt. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Der Grafikmodus skaliert zwischen 1440p und 2160p, peilt also so oft es geht natives 4K an. Der zusätzliche Trubel auf den Straßen hebt das Mittendringefühl nochmal etwas an, verbessert zusätzlich die Wiedergabetreue feinerer Haare und liefert auf größere Entfernungen mehr Hintergrundzeichnung. Dafür muss man mit maximal 30 Bildern pro Sekunde Vorlieb nehmen, was für ein Spiel mit einem derart hohen Fokus auf Geschwindigkeit einfach zu wenig ist. Die Macher haben im Leistungsmodus an möglichst unauffälligen Stellen optimiert und man muss im direkten Vergleich abseits der Auflösung oft schon sehr genau hinsehen, um die Unterschiede auszumachen. VRR für Fernsehgeräte mit 120 Hertz wird ebenfalls unterstützt. Leider unterstützt unsere Hardware diesen Modus gegenwärtig nicht, weswegen wir hier keine genaueren Erkenntnisse liefern können. In diesem Fall empfehlen wir ganz klar den Leistungsmodus als bevorzugte Option. 

Bei hoher volumetrischer Effektdichte kommt die PlayStation 5 schonmal ins Schwitzen. Überwiegend bekommt man aber in jedem Modus eine gute Erfahrung geboten. | PlayStation 5, Leistungsmodus

Gar nicht genug loben kann man die famosen deutschen Sprecher, die hier wirklich alles geben, um ihren Figuren Leben einzuhauchen. Für die musikalische Untermalung zeichnet sich einmal mehr John Paesano verantwortlich, dessen Kompositionen die filmische Atmosphäre des Spiels perfekt untermalen. Auch der Rest von New York City präsentiert sich überaus lebendig: Autolärm, quasselnde Passanten…genau so muss eine Großstadt klingen. Mit dem passenden Soundsystem fühlt man sich tatsächlich direkt in die Weltmetropole versetzt. Wenn sämtliche Filme so gut klingen würden wie es hier der Fall ist, hätte ich deutlich weniger Arbeit. Und damit wird es Zeit, die Netze einzufahren und eine kleine Bestandaufnahme vorzunehmen. Danke, dass ihr mich bis hierhin begleitet habt – den Rest schaffen wir auch noch! 

„Mit Marvel’s Spider-Man 2 hat Sony pünktlich zum anstehenden Weihnachtsfest einen weiteren, brandheißen Systemseller im Repertoire. Die Geschichte samt Charaktere ist noch besser inszeniert worden als jene der Vorgänger und mit den Netzschwingen durch das mit Prachtgrafik umgesetzte Manhattan und die neuen Stadtteile zu gleiten macht unglaublich viel Spaß. Komplett überragen kann das Sequel seine Vorgänger aber nicht, dafür gibt es für mich bei der Gegnervielfalt mechanisch zu wenig Neues und die wiederholbaren Nebenaktivitäten nutzen sich trotz Verbesserungen in vielen Bereichen weiterhin viel zu schnell ab. Dass man die Gadgets und Anzugfertigkeiten zugunsten umfangreicherer, aber mit viel Füllmaterial versehenen Talentbäume beschnitten, bzw. komplett gestrichen hat, stößt mir ebenfalls sauer auf. In der Summe ist das aber alles Kleinkram und definitiv kein Grund, sich dieses grandiose Action-Adventure entgehen zu lassen!“

  • Spektakuläre Beleuchtung
  • Wunderschöne Panoramen
  • Ansehnliche Partikelkulisse
  • Toll implementiertes Raytracing
  • Lebendige Großstadtatmosphäre
  • Flüssige Animationen
  • Klasse designte Charakter- und Gegnermodelle
  • Brooklyn und Queens als neue Stadtteile
  • Superschurken mit Persönlichkeit
  • Filmreife Geschichte
  • Überwiegend sympathische Charaktere
  • Angemessen umfangreicher Rückblick
  • Akzeptabler Gesamtumfang
  • Viele Nebentätigkeiten
  • Spielerisch sehr gut umgesetztes Netzgleiten
  • Ungebrochen spaßige Freeflow-Kämpfe
  • Wuchtiges Trefferfeedback
  • Sinnvoll erweiterte Fähigkeiten
  • Fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
  • Gut gesetzte Rücksetzpunkte
  • Exzellente Sprecher
  • Packender Soundtrack
  • Zugängliche Bedienung
  • Hervorragend ausgenutzte DualSense-Features
  • Funktionaler Fotomodus
  • Gelegentliche Abstürze
  • Mehrere kleinere Bugs
  • Momentan noch etwas absturzanfällig
  • Starke visuelle Diskrepanz zwischen Haupt- und Nebencharakteren während der Zwischensequenzen
  • Gegnertypen nahezu unverändert aus den Vorgängern übernommen
  • Überschaubare Anzahl an Gadgets
  • Talentbäume mit viel Füllmaterial
  • Wiederholbare Nebenaktivitäten nutzen sich schnell ab
  • Gegenwärtig ohne New Game Plus

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Sony Interactive Entertainment zur Verfügung gestellt worden.

*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen

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