Das Review für PlayStation 4 und PC
Was gibt es besseres, als einen kalten Dezemberanfang mit heißer Action zu starten? Rico Rodriguez ist nach 5 Jahren Abstinenz zurück, um abermals ein Land aus dem Machtgriff eines Diktators zu befreien. Ob dieses Prinzip heute immer noch (oder sogar noch besser als vor 5 Jahren) funktioniert? Finden wir es heraus und stürzen uns in die Action! Übrigens: Just Cause 3 ist in der Deutschen Version ungeschnitten und ab 18 Jahren freigegeben.
Technische Probleme
Für gewöhnlich widme ich mich der technischen Seite immer zum Ende. Schließlich sollte das Gameplay immer im Vordergrund stehen. Dieses eine Mal möchte ich aber eine Ausnahme machen. Das passiert immer dann, wenn die technische Seite maßgeblich dazu beiträgt, die Qualität des Gameplays zu mindern. Wenigstens auf der Konsole kämpft das Spiel auch nach der Installation des ersten, über 2 GB großen Patches mit teilweise schweren Einbrüchen der auf 30 Bilder die Sekunde festgeleten Framerate. Legt man mit der Zerstörung erst richtig los, machen sich schnell heftige Ruckler breit, die den Spielspaß merklich trüben. Hinzu kommen lange Ladezeiten, die bis zu 50 Sekunden andauern können. All das sind Aspekte, die einem tempo- und actionreichen Open World – Spiel trotz nativem 1080p auf der PlayStation 4 alles andere als gut tun. Auf dem PC macht das Spiel dagegen eine weit bessere Figur. Die butterweichen 60 Frames tun dem Spielgeschehen sehr gut und das Spiel bleibt auch in explosiven Momenten stabil. Das setzt einen entsprechenden Rechner voraus. Die Ladezeiten sind dank SSD wesentlich kürzer als auf der Konsole, mit 10-20 Sekunden aber immer noch merklich lang. Bei normalen Festplatten ist mit weiterer Wartezeit zu rechnen, die sich im unteren Wartebereich der Konsolenfassung befindet. Beide Plattformen sind allerdings von Bugs geplagt. So ließ sich ganz zu Beginn in beiden Versionen eine Mission erst durch erneutes Laden bewältigen, da ein benötigtes Fahrzeug einfach nicht aufgetaucht ist. Auch ein sehr extremer, aber kurz andauernder Grafikglitch konnte beobachtet werden. Ferner gab es zu Beginn massive Probleme bei der Serververbindung, die für Statistiken und dergleichen benötigt wird. Diese sind aber durch den Day 1 – Patch weitestgehend behoben worden. Alles andere verbleibt als unschönes Ärgernis und wird sich entsprechend auf die finale Wertung auswirken.
Willkommen auf Medici
Nachdem Rico einige Jahre nach den Ereignissen von Just Cause die geheime Organisation namens „The Agency“ verlassen hat, kehrt er in seine Heimat zurück, um die Welt ein weiteres Mal von einer Diktatur zu befreien. Die wird vom skrupellosen General Sebastiano de Ravello geführt, welcher die gesamte fiktive Insel Medici unter seine Gewalt gebracht hat.
Auf dem Weg zur Revolution tut sich Rico mit alten Freunden zusammen und beginnt seinen langen Pfad der Zerstörung. Im Grunde ist das die gesamte Grundgeschichte des Spiels. Aber wer spielt Just Cause schon wegen seiner Geschichte? Im Fokus steht viel mehr die Action sowie die Möglichkeit, mit dem berühmten Greifhaken spektakuläres und teilweise amüsantes Chaos anzurichten. Und das gelingt unglaublich gut. Just Cause 3 ist ein umfangreicher und hübscher Sandkasten fürgroße Jungs und Mädchen, der immer besser wird, je mehr man sein Gehirn ausschaltet. Das ist nichts Schlechtes. Wirklich nicht.
Medici ist ein unglaublich große und vielseitige Insel voller Möglichkeiten, deren mediterraner Charme zwischen malerischen Landschaften, kleinen Dörfern und größeren Städten durchaus zur Geltung kommt, zumal sie allesamt angemessen bevölkert sind. Es könnte also ein kleines Paradies sein, wenn da nicht der böse Diktator und seine gewaltige Armee wären, die eine unglaublich große Anzahl von Militärstützpunkten unterhält. Und diese Stützpunkte gilt es zu knacken, will man im Spiel vorankommen. Die Herangehensweise an so ein Unterfangen ist dabei erfreulich frei wählbar. Frontal durch das Haupttor, vielleicht in einem Panzerwagen, aus der Luft mithilfe eines gekaperten Kampfhubschraubers, zu Fuß, oder, oder, oder…die Möglichkeiten sind immens und jede einzelne macht viel Spaß. Schlüsselelement des Spiels ist dabei wie in den Vorgängern die Ausrüstung des Protagonisten, allem voran der Greifhaken und der neue Wingsuit. Mit ersterem können wir uns nahezu überall einhaken und uns mit dem Wingsuit sogar über größere Distanzen fortbewegen. So ist kein Hindernis unerreichbar. Aber das ist noch nicht alles (Teleshopping – Modus aktiviert)! Der Greifhaken bietet darüber hinaus viele weitere Möglichkeiten, sich nach Herzenslust in Medici auszutoben. Denn auch Objekte lassen sich dank Verbindung miteinander kombinieren. So wird ein gegnerischer Soldat in Verbindung mit einer Propangasflasche schnell zu einer fliegenden Einheit kombiniert, die logischerweise irgendwann wieder auf den Boden der Tatsachen geschleudert wird. Oder man hängt sich einfach selbst an die Flasche und gibt sich so etwas Auftrieb. Alles ist möglich. Wirklich alles! Experimentieren ist dabei ein großes Vergnügen. Und all das ist letztendlich, was das Spiel wirklich ausmacht.
Viva la Revolucion!
Um De Ravello habhaft zu werden, braucht es allerdings mehr als nur einen Greifhaken. Ricos Arsenal an Fahrzeugen und Feuerwaffen erweitert sich dank vieler kleinen Nebenmissionen mit der Zeit auf ansehnliche Größe. Dank Abwurfsignalen werden Waffen und Fahrzeuge bequem aus der Luft direkt an eurem Standpunkt abgeworfen. Geld braucht ihr dafür keines auszugeben, eine traditionelle Währung gibt es nicht. Anders als in den Vorgängern ist der Abwurf für euch kostenlos. Essentieller sind dagegen die mechanischen Teile, die auf vielfältige Art beschafft werden können und euer Arsenal und eure Fähigkeiten durch Mods weiter verbessern. Mit teilweise sehr amüsanten Ergebnissen. Und wem diese Aktivitäten noch nicht genügen, kann sich an vielen verschiedenen Fahrzeug – Challenges probieren und seine Ergebnisse mit denen anderer Spieler vergleichen. Für Beschäftigung ist definitiv gesorgt.
Und obwohl man unter all diesen Gesichtspunkten, nämlich durchweg spaßigem Kopf aus – Gameplay, durchaus Abstriche bei der Erzählung machen darf, ohne gleich zu sehr ins Negative abzudriften, gibt es doch eine Unzulänglichkeiten in der eben ohnehin sehr spartanischen Geschichte, respektive deren Strukturierung. Da wären besonders die Allierten von Rico, die ohne große Einführung direkt ins Spiel geworfen werden. Es gibt kaum großartige Erklärungen, warum der Protagonist sie kennt und was sie mit ihm vielleicht schon seit Kindesbeinen an verbindet. Hier hat man viel Potenzial für Charaktertiefe und Storytelling verschenkt, sofern überhaupt vorhanden. Gleichzeitig mangelt es den Nebenmissionen an Abwechslung, vieles wiederholt sich. Hinzu kommt stellenweise eine inkonsequente Erzählstruktur. Hat man in einer Mission noch die Hölle selbst entfesselt, muss man kurz darauf zum Beispiel einen völlig belanglosen Botengang erledigen. Dabei schwankt das Spiel zwischen Ernsthaftigkeit und Humor, ohne sich dabei immer passend festlegen zu können.
Zwischendrin ist freies Speichern außerdem ebenso wenig möglich, wie ein zweites Profil anzulegen und seine Reise erneut zu starten. Es gibt ausschließlich einen Spielstand und automatische Spielstände. Das ist schade, weil man so keine Gelegenheit hat, vor dem Erstürmen einer feindlichen Basis einen Spielstand anzulegen, um später eine andere Taktik zu testen.
Mit einer gewissen Zwiespältigkeit muss man auch die Vertonung betrachten. Die Explosionen klingen wuchtig und dank Hollywood – Komponist Henry Jackman, der unter anderem den fantastischen „The Kingsmen“ vertont hat, hat man einen atmosphärischen Soundtrack mit an Bord. Wer aber Radiosender oder dergleichen erwartet, wird enttäuscht. Andererseits ist man ohnehin meist zu Fuß unterwegs, oder gleitet mit dem neuen Wingsuit durch die Lüfte. Ein entsprechendes Feature wäre also nahezu überflüssig. Mehr Kritik verdient die Deutsche Synchronisation. Diese wirkt durch die Bank lustlos und schadet der ohnehin schon schwachen Charakterzeichnung nur noch mehr. Und das, obwohl niemand geringeres als Moritz Bleibtreu die Rolle des Rico in der Deutschen Fassung spricht. Die Qualität der Sprecher und Dialogregie eines Arkham Knight, StarCraft II oder der meisten Ubisoft – Titel wird zu keinem Zeitpunkt erreicht. Das wirkt sich dann beispielsweise auch auf Charaktere wie Ricos alten Freund Mario aus, der nach einer Weile einfach nur noch mit seinen Kommentaren nervt. Fassen wir zusammen: Die Geschichte ist völlig zu vernachlässigen, die Charaktere bleiben blass und die Deutschen Sprecher wirken manchmal nahezu komatös. Aber es gibt Explosionen. Jede Menge Explosionen. Und Spaß! Jede Menge Spaß!
Visuelle Zerstörungskraft
Auf die technische Seite bin ich ja bereits teilweise eingegangen und möchte mich nicht groß wiederholen. Das kleine Arcipel Medici ist sehr hübsch umgesetzt worden, wenngleich man es natürlich nicht mit der Welt eines Los Santos vergleichen kann und darf. Die bereits häufig erwähnten Explosionen können sich wahrhaftig sehen lassen, ferner bietet das Spiel eine wunderbare Weitsicht und wirkt zu keinem Zeitpunkt entvölkert. Es gibt dynamisches Wetter, Tag und Nacht, eben alles, was man sich von so einer virtuellen Welt wünscht.
Manchmal möchte man sich am liebsten Musik seiner Wahl anmachen, das Spiel starten und dann einfach eine ausgedehnte Sightseeing – Tour machen. Das ist dann wie ein kleiner Urlaub für die Seele (und die Augen), was beim momentanen Dauerregen richtig gut tut. Wichtig ist nur, dass der Entwickler schleunigst für stabile Frameraten auf der Konsole sorgt. Dann ist ein Besuch von Medici allen zu empfehlen, die Bock auf schnörkelloses und spaßiges Chaos haben.
Fazit
„Just Cause 3 hält, was es verspricht und bleibt den Wurzeln treu – schnörkellose Zerstörung in malerischer Atmosphäre. Wer eine gute Geschichte erwartet, sollte definitiv zu einem anderen Spiel greifen. Wer allerdings das Kind in sich entfesseln möchte und einfach mal für pures Chaos sorgen will, dem sei der Titel wärmstens ans Herz gelegt. Auf den Konsolen wird der Spaß durch die teilweise schweren Framerate – Einbrüche momentan jedoch noch sehr getrübt.“
PRO
+ Hübsche und glaubwürdig inszenierte Welt
+ Abwechslungsreiches und riesiges Medici
+ Bemerkenswerte Weitsicht
+ Tolle Explosionen und brachiale Action
+ Großes Arsenal samt Fuhrpark
+ Einfacher Einstieg ins Spiel mit gutem Tutorial
+ Wingsuit fügt sich sinnvoll ins Spiel ein
+ Viele Nebenmissionen und Challenges
+ Unterschiedliche Herangehensweisen möglich
+ Umfangreiche Kampagne
+ Physikalische Experimente mit Greifhaken machen einfach nur Spaß
+ Niemals unfair
CONTRA
– Immense Performanche – Schwierigkeiten (PS4)
– Lange Ladezeiten
– Geschichte kaum relevant
– Blasse Charaktere
– Inkonsequente Erzählstruktur
– Lustlose Deutsche Synchronisation
– Viel Wiederholung innerhalb der Kampagne
– Kein freies Speichern
GESAMTWERTUNG: 81% (PC)
75% (PS4)