Gears of War: Reloaded

Eine überwiegend sinnlose Neuauflage

Während The Coalition hinter verborgenen Türen mit Gears of War: E-Day fleißig an einem Prequel zur beliebten XBOX-Marke arbeitet, hat man offenbar Zeit gefunden, den Erstling auf Basis des bestehenden Remasters von 2015 erneut zu überarbeiten. Gears of War: Reloaded dürfte dabei vor allem für Besitzer einer PlayStation interessant sein – oder auch nicht, je nachdem, was ihr euch davon erwartet.

Entwickler: The Coalition

Publisher: XBOX Game Studios

Plattform: PC | PlayStation 5 | XBOX Series

Veröffentlichungsdatum: 27. August 2025

Preis: ab 39,99€*

Altersfreigabe: ab 18 Jahren

Metacritic | OpenCritic | IMDB


Echtgeldinhalte
Kostenloses Upgrade
Ungeschnitten


Spiel’s noch einmal, Marcus!

Wir schreiben das Jahr 2006. Mit einem Jahr Vorlaufzeit vor dem großen Konkurrenten Sony ist es Microsoft gelungen, seine XBOX 360 trotz zahlloser Ausfallmeldungen erfolgreich auf dem amerikanischen und europäischen Markt zu platzieren. Mit dem von Epic Games entwickelten Exklusivtitel Gears of War will man nicht nur spielerisch, sondern vor allem auch technisch neue Maßstäbe setzen, die selbst so manches PC-Spiel vor Scham im Erdboden versinken lassen sollen – sorgen soll dafür die brandneue Unreal Engine 3, die nicht nur mit realistischer Beleuchtung, sondern auch mit einer bisher ungekannten Effekt- und Animationsqualität aufwartet. Dazu gibt es Koop für die Kampagne samt eine umfangreicher Mehrspielerkomponente. 

Gears of War: Reloaded setzt sich erneut aus Kampagne und Mehrspielermodus zusammen. Neue Inhalte in Sachen Story sucht man vergebens. | PlayStation 5 Pro, Grafikmodus

Ein saftiges Paket, welches den Händlern am Ende begleitet von Traumwertungen tatsächlich nur so aus den Händen gerissen worden ist. Na, zumindest fast überall: Den deutschen Jugendschützern war das äußerst blutig inszenierte Spektakel ein so arger Dorn im Auge, dass man das Spiel kurzerhand auf den Index verfrachtete, wo es bis zu seiner Rehabilitierung beinahe zehn Jahre zubringen musste. Kein zufälliger Zeitpunkt übrigens, denn genau zu dieser Zeit veröffentlichte Microsoft mit Gears of War: Ultimate Edition ein Remaster auf Basis der Unreal Engine 4 für PC und XBOX One. Das in dieser Form bereits deutlich aufgehübschte Spiel kam aber nicht durchgehend positiv an. Abseits der technisch unzureichend optimierten PC-Version lief das Remaster auf der Konsole nur in 720p und 30 Bildern pro Sekunde, was exakt den Ausgangsdaten des Originals auf der XBOX 360 entsprach. 

Baird und Cole werden von einem Brumak durch die Straßen gejagt. Das dazugehörige Zusatzkapitel war jahrelang nur Käufer der PC-Erstauflage des Originals vorbehalten, hat aber mittlerweile seinen Weg in die Neuauflagen gefunden. | PlayStation 5 Pro, Grafikmodus

Nochmal fast zehn Jahre später wagt Gears of War – jetzt unter der Federführung von The Coalition – einen erneuten Anlauf. Nicht als waschechtes Remake gar, sondern eher als eine Art Remaster…vom Remaster. Gears of War: Reloaded fußt nämlich technisch wie inhaltlich weiterhin auf der Ultimate Edition von 2015, fügt den bekannten Inhalten also keinerlei erzählerischen Neuerungen hinzu. 

Gears of War: Reloaded ist auf XBOX Series und PC ohne Aufpreis innerhalb des Game Pass Ultimate verfügbar. Ebenso erhalten Besitzer der Ultimate Edition kostenlos einen Code für die überarbeitete Fassung. Auf PlayStation 5 muss das Spiel alternativlos gekauft werden. 39.95€ werden dafür fällig, was wir absolut fair finden.

Wieder mit an Bord sind die vollständige Mehrspielererfahrung und natürlich könnt ihr die je nach gewählter Schwierigkeit knapp sechs Stunden umfassende Kampagne wieder mit einem Freund zocken. Und das jetzt sogar plattformübergreifend, denn der Titel erscheint nicht nur für XBOX Series und PC, sondern erstmals auch für PlayStation 5. 

Hau den Locust!

Hinter den abermals aufgehübschten Kulissen verbergen sich aber auch eine ganze Ladung störender Altlasten, über die man zwanzig Jahre nach Release des Originals einfach nicht mehr kritiklos hinwegblicken kann. Allem voran die künstliche Intelligenz von Gegner und Verbündeten wirkt im Angesicht einiger moderner Titel schlicht nicht mehr zeitgemäß. Beide verlassen oft willkürlich ihre Deckung oder verharren untätig in selbiger. Allzu oft entsteht dadurch das Gefühl, dass wir als Spieler alleinverantwortlich für den Ausgang eines Gefechts sind, während vor allem unsere großmäuligen Kameraden kaum etwas beizutragen haben. Das war auch beim Remaster so und wiederholt sich nun bei der zweiten Neuauflage. 

Die komplette Kampagne lässt sich lokal und online mit einem Freund spielen – dank der Neuauflage sogar plattformübergreifend. | PlayStation 5 Pro, Grafikmodus

Ebenso erhalten geblieben ist, dass Charaktere in Dialogen abseits der Zwischensequenzen ihre Münder nicht bewegen, was man als anhaltende Nachlässigkeit bezeichnen kann, oder als weit verbreitete Fähigkeit zum Bauchreden. Ersteres scheint mir hier aber realistischer zu sein. Und die nochmals überarbeiteten Zwischensequenzen werden weiterhin nur mit 30 Bildern pro Sekunde abgespielt. Diesbezüglich unterscheidet sich Gears of War: Reloaded signifikant von dem zuletzt von uns rezensierten Metal Gear Solid Delta: Snake Eater, denn während es dort nur wenig zu verbessern gab und mehr als kleinere Optimierungen schon fast zu viel gewesen wären, gibt es hier durchaus Potenzial für ein paar tiefgreifendere Maßnahmen, welche von den Entwicklern aber schlicht nicht wahrgenommen worden sind.  

Die ursprüngliche Version für XBOX 360 hinterließ mit ihrer Effektkulisse zahllose offene Münder. Die Neuauflage des Remasters wirkt dagegen längst nicht mehr so eindrucksvoll, aber sicher auch nicht hässlich. | PlayStation 5 Pro

Die zentrale Frage ist also, für wen sich die Neuauflage der Neuauflage, welche den unschönen Trend viel zu vieler überflüssiger Remaster ohnehin schon auf ein neues Level hebt, überhaupt lohnt. Ich habe sowohl das Original als auch die Ultimate Edition mehrmals durchgespielt. Das letzte Mal liegt bereits mehrere Jahre zurück und so habe ich mich mit viel Euphorie einmal mehr ins Spiel gestürzt. Aber nach einer guten halben Stunde kam mir schlagartig die Erkenntnis, dass es mir im Grunde gar keinen Spaß mehr macht. Nicht, weil ich die Story in- und auswendig kenne, sondern weil mir grafisch im Vergleich zur Ultimate Edition einfach nicht genug Neues geboten wird, um die bestehende Erinnerung angemessen aufzuwerten. Wer mangels von PC oder XBOX nie Hand an den Titel gelegt hat, kann das in dieser Form mit wärmster Empfehlung nachholen. Besitzer eines Game Pass haben sowieso nichts zu verlieren. Und der ganz klassisch gehaltene Mehrspielermodus macht immer noch irre viel Spaß. 

Der Corpser lässt sich nur durch einen Orbitalschlag verletzen. Der dazu nötige „Hammer der Morgenröte“ funktioniert aber nur bei klarem Himmel. | PlayStation 5 Pro

Für Kenner, die bereits zahlreiche Stunden in eine der vorherigen Versionen investiert haben und nicht daran interessiert sind, sich erneut an den schwierigen Erfolgen | Trophäen zu versuchen, bietet Gears of War: Reloaded schlicht zu wenig und ist wirklich nicht mehr als eine visuell nochmals leicht aufgebohrte Ultimate Edition mit höherer Auflösung und geschmeidigeren Bildraten. Warum man die Zeit nicht genutzt hat, um den auch inhaltlich überlegenden Sequels oder Gears of War: Judgment ein entsprechendes Upgrade zu verpassen und das Ganze in einer Compilation zu veröffentlichen, erschließt sich mir nicht. Denn gerade diese bisher von einer Überarbeitung chronisch übersehenen und anhaltend exklusiv auf der XBOX verfügbaren Titel hätten all das dringend benötigt und wären selbst mit einem Preisschild von achtzig Euro unter Garantie zum Kassenschlager geworden. 

Unter der Haube

Nun spreche, bzw. schreibe ich schon über mehrere Absätze hinweg über die Technik und bin euch doch Details schuldig geblieben. Denn je nach Plattform gibt es durchaus einige nennenswerte Unterschiede. Auf der regulären PlayStation 5 und der XBOX Series X halten sich die aber noch in überschaubaren Grenzen: Beide Plattformen lösen im Grafikmodus nativ in 1440p auf uns skalieren auf 4K hoch, eine native Erfahrung wird also abermals nicht geboten, sehr wohl aber ein im Vergleich zur Ultimate Edition wesentlich schärferes Bild, hinzu kommt eine merklich verbesserte Kantenglättung. Im Leistungsmodus werden vor allem Bildschirme mit bis zu 120 Hertz angesprochen, wobei die XBOX Series X aufgrund ihrer etwas leistungsfähigeren Technik etwas zuverlässigere Werte produziert als der direkte Konkurrent. Beide Plattformen müssen dann mit einer niedrigeren Auflösung von 1080p Vorlieb nehmen, wobei die qualitative Erfahrung unverändert bleibt. 

Die nochmals verbesserte Beleuchtung zählt zu den wenigen echten Verkaufsargumenten von Gears of War: Reloaded. | PlayStation 5 Pro

PC-Spieler freuen sich neben umfangreichen Einstellungen inklusive implementiertem Benchmark über stabile Bildraten jenseits der 60 Bilder pro Sekunde, was bei der Ultimate Edition ein anhaltendes Problem gewesen ist. Außerdem lässt sich nur hier natives 4K und mehr erzielen, Support für ultraweite Bildschirme ist ebenfalls mit an Bord. Den ersten Preis im Konsolensegment holt sich die PlayStation 5 Pro, denn dort wird im Leistungsmodus immer noch in 1440p aufgelöst, während der Grafikmodus eine fünfundzwanzig Prozent höhere Basisauflösung anpeilt und PSSR statt AMD FidelityFX Super Resolution 3 nutzt. Dadurch wirkt das Bild nochmals definierter und sauberer. Und der DualSense sorgt mit seinen haptischen Features vor allem beim Schießen und Nachladen für einen im wahrsten Sinne des Wortes spürbaren Mehrwert. Butterweiche 60 Bilder pro Sekunde gibt es auf jeder Plattform, sogar auf der schwächeren XBOX Series S, wenngleich auch mit niedriger Auflösung. 

Die Zwischensequenzen werden anhaltend nur mit 30 Bildern pro Sekunde wiedergegeben, was so gar nicht in den sonst mehr auf Tempo ausgelegten Spielfluss passen will. | PlayStation 5 Pro

Im direkten Vergleich mit der Ultimate Edition haben The Coalition vor allem an Beleuchtung und Schattenwürfen gefeilt. Beides sieht hier ein gutes Stück besser aus. Der etwas farbenfrohere Look der ersten Neuauflage wurde beibehalten, was atmosphärisch hier und da nicht wirklich in das bewusst düstere und farbbefreite Setting des Originals passt. Das bleibt aber Geschmackssache. Die bisherigen Ladezeiten zwischen den insgesamt fünf Kapiteln entfallen komplett zugunsten einer nahtlosen Erfahrung. Seltsamerweise haben sich in die deutschen Untertitel zahllose Fehler eingeschlichen, die es bisher so nicht gab. Ob da mit KI gearbeitet wurde, lässt sich nichts zweifelsfrei sagen, die Möglichkeit steht jedoch im Raum und wirft kein gutes Licht auf die Qualitätskontrolle bei Microsoft. 

Keine neuen Assets, sondern pure Resteverwertung: Ansehnlich ja, aber bei weitem keine vierzig Euro wert. | PlayStation 5 Pro

Sehr wohl unterstreicht diese Tatsache aber genau jenes Problem, welches sich durch das gesamte Spiel zu ziehen scheint: Man ist konsequent den Weg des geringsten Widerstands gegangen, hat grafisch nur das Allernötigste verbessert, viele Baustellen unbeachtet gelassen und sogar gänzlich neue Fehler geschaffen. Und bei allem Respekt: Dafür sind selbst vierzig Euro viel zu viel verlangt.  

„Gears of War: Reloaded hätte Gelegenheit gebracht, einige anhaltende Probleme vorheriger Veröffentlichungen zu beheben. Stattdessen hat man sich dazu entschieden, wirklich nur das Allernötigste zu tun und will einem außerhalb von Game Pass und Co. nun eine lediglich marginal verbesserte Fassung der Ultimate Edition erneut aufschwatzen. Dabei hätte man viel mehr Erfolg damit gehabt, Spielern plattformunabhängig endlich auch den Rest der ursprünglichen Trilogie samt Spin-off in angemessen überarbeiteter Form zugänglich zu machen. So eignet sich Gears of War: Reloaded trotz zeitlos guter Mehrspielerkomponente wirklich nur für jene, die zwingend auf PlayStation 5 das Kettensägenbajonett aufheulen lassen wollen – und selbst denen verlangt man für das Gebotene mit knapp vierzig Euro zu viel Geld ab. Liebe Leute bei Microsoft: Macht das bitte nicht nochmal!

  • Verbesserte Beleuchtung
  • Ladezeiten entfallen komplett
  • Abwechslungsreich inszenierte Kampagne
  • Zeitlos gutes Gameplay
  • Umfangreicher Mehrspielermodus ungebrochen unterhaltsam
  • Crossplay für Kampagne und Mehrspielermodus
  • Fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
  • Zugängliche Bedienung, besonders via Gamepad
  • Kaum grafische Verbesserungen abseits von Auflösung und Bildrate
  • Erzählerisch ohne neue Inhalte
  • Im Kern eine nahezu überflüssige Neuauflage der Ultimate Edition
  • Viele bestehende Probleme der Vorgängerversionen bleiben unbehoben
  • Deutsche Untertitel fehlerverseucht
  • Durchwachsene Synchronisation wirkt heute teilweise unfreiwillig komisch
  • Preis von vierzig Euro zu keinem Zeitpunkt wirklih gerechtfertigt

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Microsoft zur Verfügung gestellt worden.

*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen

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