Manch einer wartet auf neue Werke von Hideo Kojima so sehnsüchtig wie andere auf eine neue Veröffentlichung aus dem Hause Rockstar Games. Spätestens seit Metal Gear Solid hat sich der visionäre Japaner seinen Platz in der Geschichte der Videospiele mehr als verdient. Mit Death Stranding 2: On the Beach setzt er nun seine jüngste Schöpfung fort – und weicht die Grenzen zwischen Kino und Spiel damit erneut weiter auf. Das Ergebnis ist einmal mehr ein Meisterwerk, welches sich der Massentauglichkeit konsequent verweigert und vielleicht gerade deswegen so sehr fasziniert.


Entwickler: Kojima Productions
Publisher: Sony Interactive Entertainment
Plattform: PlayStation 5
Veröffentlichungsdatum: 26. Juni 2025
Preis: ab 79,99€*
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Metacritic | OpenCritic | IMDB


Warum kommt unser Test so spät? Bis zuletzt haben wir fest damit gerechnet, dass uns Sony zeitnahe zur Veröffentlichung bemustern wird. Am Ende hat man sich dann aber doch dazu entschieden, lieber jene Plattformen zu bemustern, deren Inhalte überwiegend aus dem Übersetzen von Reddit-Artikeln, Clickbait und getarnter Werbung bestehen. Die Absage hat uns erst in letzter Sekunde erreicht. Weil wir dennoch einen ausführlichen Artikel zum Spiel bringen wollten, haben wir kurzerhand unsere Kaffeekasse geplündert und unseren Praktikanten Jürgen** auf den Strich geschickt. Nachdem sich die Zustellung dann auch noch um mehrere Tage verzögert hat und der Playthrough ebenfalls einiges an Zeit gekostet hat, gibt es die fertige Besprechung erst jetzt – dafür aber gewohnt ausführlich und nach dem bewährten Prinzip: Qualität statt Geschwindigkeit. Viel Spaß beim Lesen!
Down Under
Elf Monate sind seit den Ereignissen des Vorgängers vergangen. Nachdem Sam die Vereinigten Staaten über das chirale Netzwerk miteinander verbunden und sich im Anschluss daran entgegen der strikten Befehle der UCA mit Lou aus dem Staub gemacht hat, werden beide vom ehemaligen Auftraggeber gesucht und haben in der Ödnis von Mexiko ein neues Zuhause gefunden. Aus dem ehemaligen BB ist entgegen aller geltenden Regeln ein aufgewecktes und putzmunteres Kind geworden und Sam, der nach dem Verlust seiner ursprünglichen Familie lange Zeit ein verbitterter Einzelgänger gewesen ist, fühlt sich in seiner neuen Vaterrolle sichtlich wohl.

Das zerbrechliche Idyll bekommt weitere Risse, als Sam von seiner alten Freundin Fragile aufgesucht wird. Die hat nach dem Ende konventioneller Lieferdienste im Gebiet der ehemaligen USA ein neues Unternehmen namens Drawbridge ins Leben gerufen und bittet Sam, im Auftrag der UCA auch Mexiko ans Netz zu bringen. Eine gefährliche Mission, für deren Abschluss nicht nur eine vollständige Rehabilitierung winkt, sondern auch ein Wiedersehen mit einem alten Freund. Kurzerhand schnürt der unsterbliche Ex-Frachtexperte abermals Rucksack und Wanderstiefel, und beginnt seine Odyssee durch das Brachland. Und obwohl die Mission nach einigen Scherereien mit Sandstürmen, Banditen und einem gewaltigen BT erfolgreich abgeschlossen werden kann, steht Sam am Ende einmal mehr vor den Trümmern seines Glücks.

Warum, werden wir an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Jedoch sind die Geschehnisse für Sam Grund genug, sich im Anschluss daran mit einer Handvoll neuer Verbündeter durch ein neu aufgetauchtes Portal auf den Weg nach Australien zu machen, wo der durch das titelgebende Death Stranding ausgelöste Kataklysmus ebenfalls gewütet hat und ein weiterer Kontinent darauf wartet, endlich vernetzt zu werden, weil er angesichts mangelnder Reisemöglichkeiten viel zu lange im Dunkeln hocken musste. Bei seiner Reise muss Sam erkennen, dass er nahezu nichts über die Ursprünge von Lou weiß und zahllose offene Fragen endlich eine Antwort benötigen. Dabei offenbart sich bald ein alter Feind, der bei weitem nicht so tot ist, wie es den Anschein erweckt und der seine Pläne, die endgültige Apokalypse auszulösen, immer noch nicht aufgegeben hat. Und das ist bei weitem nicht die einzige traumatische Erfahrung aus der Vergangenheit, der sich Sam auf seiner alles verändernden Mission stellen muss…
Verschwommene Grenzen
Mit über zwanzig Millionen Spielern kann man Death Stranding durchaus als Erfolg werten – allen Unkenrufen zum Trotz, welche den Vorgänger seinerzeit als öden Walking Simulator verspottet haben. Und das Ende machte deutlich, dass Mastermind Hideo Kojima seine Geschichte noch nicht abgeschlossen hat. Kein Wunder also, dass die Arbeiten an einer Fortsetzung unmittelbar nach Veröffentlichung des Erstlings aufgenommen wurden. Beflügelt durch die Ereignisse der folgenden Pandemie und die daraus resultierende Erkenntnis, dass die Menschheit auch in der Realität mehr denn je darauf angewiesen ist, sich erneut miteinander zu verbinden, ist mit Death Stranding 2: On the Beach abermals ein komplexes Spiel entstanden, welches einmal mehr herausragende Grafik mit einer filmreif inszenierten Geschichte sowie hoher spielerischer und kreativer Freiheit kombiniert.

Gute vierzig Stunden dürft ihr dabei bereits für die Hauptgeschichte einplanen. Gründlichkeitsfanatiker, die im Anschluss daran ein perfektes Transportnetzwerk errichten und ihren Rang an sämtlichen Standorten maximieren wollen, sollten locker doppelt so viel Zeit einplanen. Kenner des Erstlings dürfen sich dabei nicht nur auf ein paar wiederkehrende Gesichter freuen, sondern auch über einen überaus prominenten Cast inklusive hochgradiger Gastauftritte bekannter Künstler und Kollaborateure aus dem Dunstkreis von Serienschöpfer Kojima. Mit dem deutsch-türkischen Regisseur Fatih Akin oder der Seriendarstellerin Alissa Jung gibt es sogar Verstärkung aus hiesigen Landen. Für alle, die den ersten Teil verpasst haben, lässt sich anfänglich auf Wunsch eine kurze Zusammenfassung aller vorherigen Ereignisse aufrufen, die aber lediglich grob an der Oberfläche kratzt und leider viel zu viele wichtige Geschehnisse ignoriert.

Als sehr viel praktischer entpuppt sich dagegen das neue Kompendium, in dem ihr sämtliche Charaktere, Begriffe und Co. in Echtzeit nachschlagen könnt. So bleibt ihr immer auf dem neusten Stand der Geschichte. Dennoch empfiehlt es sich gerade für Neueinsteiger, im Vorfeld wenigstens ein umfangreiches Recap im Netz zu sichten. Denn auch Death Stranding 2: On the Beach wirft mit Fremdwörtern wieder nur so um sich, strickt nicht immer gänzlich leicht durchschaubare Fäden und neigt bisweilen zur Langatmigkeit – eben ganz typisch Kojima. Dass der seine Kritiker an einer Stelle im Spiel dadurch auf die Schippe nimmt, indem er wichtige Ereignisse mithilfe bunter Bauklötze erklärt, ist nur eines von vielen Beispielen für den ganz speziellen Humor, der sich seit jeher durch die Werke des kreativen Kopfes hinter Metal Gear Solid zieht und direkt an den Spieler vor dem Bildschirm abzielt.
Die Crew der HGV Magellan im Kurzportrait:
Nicht so zerbrechlich, wie sie aussieht: Sams alte Freundin hat ein neues Unternehmen gegründet und rekrutiert den alten Miesepeter, neue Teile der Welt mit dem chrialen Netzwerk zu verbinden. Die Rolle wird auch dieses Mal wieder von der Französin Lea Seydoux dargestellt und gesprochen.

Der Pilot der DHV Magellan ist als einziger dazu imstande, das Schiff durch die Teermassen unter der Erde zu steuern und ist außerdem ein Experte für Strandkreaturen aller Art. Als visuelles Vorbild stand Mad-Max-Regisseur George Miller Pate.

Getreu ihrem Namen kann die quirlige Rainy auf Kommando den Zeitregen herbeiführen und dessen Wirkung in einem kleinen Radius sogar umkehren. Aufgrund der Auswirkungen jüngster chiraler Ereignisse ist sie permanent im siebten Monat schwanger. Aussehen und Stimme werden von Shioli Kutsuna beigesteuert.

Einst ein Medium mit besten Verbindungen zum Strand, führt seine verbliebene Seele nunmehr ein Dasein als lebende Puppe. Sein Wissen um die andere Seite ist für Sam auf seinen Reisen von unschätzbarem Wert. Optisch wurde der Charakter dem Regisseur Fatih Akin nachempfunden.

Von Sam an einem „höllischen Ort“ geborgen, entpuppt sich Tomorrow als mächtige Unterstützerin der Sache, deren Herkunft und Kräfte jedoch auch Furcht bei der Besatzung schüren. Die ausschließlich barfuß kämpfende Schönheit wird von Elle Fanning gespielt und im Original auch vertont. Quentin Tarantino gefällt das.

Der geheimnisvolle Hintermann von Drawbridge tritt nur in Gestalt eines sprechenden Puppenkopfes auf und scheint hervorragend mit der Arbeitsweise der UCA vertraut zu sein. | Alle Bilder: PlayStation 5 Pro, Leistungsmodus

Wer aber aufmerksam zuhört – was durch die wieder einmal überwiegend hervorragende deutsche Synchronisation übrigens gar nicht so schwer ist -, darf sich aber erneut über ein fantastisch geschriebenes und noch besser inszeniertes Endzeit-Abenteuer freuen, welches einen bis zur letzten Sekunde mit einer guten Mischung aus Drama, Witz, Spannung und nicht zuletzt epischer Action mühelos bei Laune hält. Dabei erinnert uns das Spiel immer wieder daran, dass der Weg manchmal wichtiger ist, als das Ziel. Die neuen Charaktere fügen sich hervorragend in den bestehenden Cast ein, der natürlich einmal mehr von Norman Reedus angeführt wird, welcher hier übrigens deutlich nahbarer und sympathischer rüberkommt, als es noch im Vorgänger der Fall gewesen ist. Die internationale Besetzung harmoniert hervorragend miteinander, auch wenn in vielen Fällen lediglich die Optik der Vorbilder entliehen worden ist, während Motion Capturing und Vertonung andere übernommen haben. Dem Endergebnis tut dies aber keinerlei Abbruch.
In Gedenken an Lyle Lanley
Eine gute Fortsetzung muss nicht nur besser aussehen als ihr Vorgänger, sie muss sich zwangsläufig auch runder anfühlen. Daher ist es zwingend erforderlich, sich im Vorfeld folgenden Fragen zu stellen: Was hat gut funktioniert? Was hat nicht ganz so gut funktioniert und könnte besser sein? Und was hat nicht funktioniert und kann weg? Zum Glück haben die Macher auf all diese Fragen Antworten gefunden. Denn abseits der kinoreifen Zwischensequenzen steht das anspruchsvolle Zustellen verschiedenster Fracht natürlich weiterhin im Mittelpunkt des Geschehens. Während der Anfang in Mexiko euch zunächst nur vor kleine Herausforderungen stellt und überwiegend als angenehm unaufdringliches Tutorial für die Basics dient, wird es mit der Ankunft auf dem australischen Kontinent allmählich schwieriger, denn bereits kurz nach unserem Eintreffen müssen wir uns durch eine mit BT’s verseuchte Schlucht schlängeln.

Dass Death Stranding 2: On the Beach dennoch über eine sehr viel angenehmere Lernkurve als sein Vorgänger verfügt, merkt man schnell. Denn wo einen der Erstling bereits in den ersten Stunden über unwirtliche Gebirge geschickt hat, verfügt das Land von Kängurus, Crocodile Dundee und diesem widerwärtigen Hefeaufstrich über sehr viel mehr Flachland, was einem den Start deutlich erleichtert. Später müsst ihr euch aber erneut mit Gesteinswüsten, steilen Abhängen, Schnee und anderen Ärgernissen herumplagen – mit dem Vorteil, dass ihr dann aber bereits über das nötige Equipment verfügt, all diesen Herausforderungen Herr zu werden. Anfänglich muss sich Sam mit vertrauten Werkzeugen wie Leitern und Kletterhaken seinen Weg bahnen, auch die Tragekapazität ist beschränkt. Später kommen erste Fahrzeuge hinzu, die jetzt mit neuen Komponenten wie automatischen Frachtaufsammlern und sogar Waffen bestückt werden können.
Für jedes Problem das passende Werkzeug:
Der Klassiker zur Überwindung von Flüssen und überschaubaren Höhen. Das ausfahrbare Klettergestell nimmt wenig Platz im Inventar ein und wiegt auch nicht viel, kann nach Aufbau aber nicht erneut platziert werden.

Um das Straßennetzwerk in Australien wieder komplett ans Netz zu bringen, braucht ihr gewaltige Mengen an Material – ein optimales Gemeinschaftsprojekt. Die sicheren Wege schützen euch vor den meisten Gefahren und füttern eure Fahrzeuge konstant mit neuer Energie.

Wer seine Ressourcen geschickt nutzt und den Bau vorausschauend plant, kann sich mit der Seilrutsche ein ganzes Netzwerk erschaffen, mit dem ihr nie wieder umständliche Wege beschreiten müsst. Trotz anschließbarem Schwebekarren ist die Menge an mitnehmbarer Fracht begrenzt.

Motorräder eigenen sich aufgrund ihrer Wendigkeit perfekt für Gegenden, in denen es sich schwer manövrieren lässt. Der begrenzte und ungeschützte Stauraum eignet sich aber nicht für jede Lieferung. Trucks sind belastbarer, aber auch langsamer und schwerer zu steuern.

Das brandneue Coffin Board lässt Sam an Orte gelangen, die auf regulärem Wege nicht zugänglich wären. Das geniale Gimmick verbraucht viel Batterieleistung, ist aber ein unverzichtbares Hilfsmittel. | Alle Bilder: PlayStation 5 Pro, Leistungsmodus

Sobald uns der tragbare Drucker zur Verfügung steht, kommen Zeitregenunterstände und Generatoren hinzu, die verbesserte Variante bringt uns Sprungschanzen, Schwebekarren, persönliche Bunker und nicht zuletzt die im ersten Teil immens wichtige Seilrutsche zurück. Dort habe ich zahllose Stunden damit verbracht, ein umfangreiches Netzwerk aufzubauen, mit dem sich in kurzer Zeit nicht nur weite Strecken, sondern auch sämtliche Gefahren am Boden problemlos überwinden lassen können – zumindest, sofern ihr einen gesunden Abstand haltet. Weil die Seilrutschen jetzt auch kleiner Kurven nehmen können, lässt sich sehr viel ökonomischer planen. Leider funktioniert das Feature momentan im Onlinemodus noch nicht so, wie es soll. Praktisch: Sobald neue Konstruktionen freigeschaltet werden, könnt ihr diese auch nutzen, wenn andere Spieler sie platziert haben. Natürlich nur in Teilen, aber selbst dadurch spart ihr euch viel Netzwerkenergie, die ihr dann anderweitig nutzen könnt.

Dieser Gemeinschaftsaspekt ist maßgeblich für das bestehende Spielprinzip und sorgt dafür, dass sich auch die Spieler mehr und mehr miteinander verbinden. Die bekommt man zwar anhaltend nicht zu Gesicht, sehr wohl aber deren hinterlassene Spuren. Auf häufig genutzten Routen entstehen mit der Zeit sichtbar eingetretene Pfade, gemeinsam erbaute Straßen vereinfachen das Reisen durch unfreundliches Gelände dramatisch und wenn einem mitten in der Pampa mal die Energie ausgeht, kann man sich im Bestfall im Bunker eines anderen Spielers ausruhen. Auf Wunsch lässt sich das Feature des Teilens aber auch komplett deaktivieren, bzw. einschränken. Während das bestehende Equipment einige Verbesserungen erfahren hat – so lassen sich Unterstände beispielsweise überladen und Leitern verfügen über eine Kletterautomatik – gibt es mit der Monorail eine komplett neue Möglichkeit, Frachtmengen zu transportieren, die selbst die Kapazitäten eines Trucks überschreiten würden. Außerdem können wir uns von den Seilrutschen direkt an das Transportnetz katapultieren.

Wer keine Lust hat, die dafür nötigen Materialien aufzubringen, kann alternativ auch die DHV Magellan zur Schnellreise zwischen bereits besuchten Orten nutzen. Das Multifunktionsvehikel ist die mobile Basis von Drawbridge und bietet Sam denselben Wohnkomfort wie ein Privatraum, inklusive Dusche, Klo und vielen Anpassungsmöglichkeiten. Selbst erkunden dürfen wir das Schiff leider nicht, ein guter Begleiter ist es trotzdem. Hier können wir unter anderem Ressourcen und Fracht einlagern und auch eine Garage steht uns zur Verfügung. Später können wir uns dann zwischen den Verteilerzentren hin und her teleportieren. Letzteres aber ohne Transportmöglichkeiten für Fracht, während die Auslieferung über die Magellan zwar möglich ist, euch aber sämtliche Belohnung bei der Zustellung streicht.
Geistermechs und anderes Gesindel
Neben neuen BT’s bekommt Sam es im Verlauf der Geschichte auch mit sogenannten Geistermechs zu tun. Diese mechanischen Konstrukte rücken uns bevorzugt im Nahkampf auf die Pelle und setzen uns sogar mechanische Hunde auf den Hals. Um den Blechkriegern beizukommen, ist spezielle Ausrüstung nötig, denn mit Blut- oder Gummigeschossen lässt sich im Kampf nichts ausrichten. Gegen BT’s und die vielen Plünderer erweist sich beides aber weiterhin als effektives Mittel. Zusätzlich zu den regulären Schnellfeuergewehren, Schrotflinten und Co. – allesamt nicht tödlich, um keinen Voidfall zu riskieren – kann Sam nun auch auf eine Reihe von Scharfschützengewehren zurückgreifen, um Gegner vor dem Sturm einer Basis strategisch auszudünnen. Dankbarerweise dürfen wir unseren Rucksack jetzt vorher abnehmen, zu weit davon entfernen sollte man sich aber nicht.

Ebenfalls auf Distanz nützlich ist der neue Blutbumerang, den Sam aber mit seinem eigenen Lebenssaft bestücken muss. Je mehr davon wir in die Wurfwaffe laden, desto mehr Schaden richtet sich bei blutempfindlichen Gegnern an. Und mit den mobilen Geschützen lassen sich Gegner perfekt in Hinterhalte locken oder decken zuverlässig unseren Rückzug. Damit fühlt sich das Arsenal deutlich flexibel als noch im Vorgänger an, auch wenn die Gegner selbst nie eine große Herausforderung darstellen. Die schlagen zwar schnell Alarm, verfolgen uns hartnäckig und kümmern sich sogar um verletzte Kollegen, rennen uns in den meisten Fällen aber strohdoof vor die Flinte. Geräumte Lager sind eine gute Quelle für Materialien und Ausrüstung, außerdem danken es uns die NPC-Boten in der Nähe in Form von Likes, dass sie ihre Fracht nun sicher zustellen können. Nach einer Weile werden den Stützpunkte jedoch wieder voll bestückt.

Was mich anhaltend nervt ist, dass die meisten Lager immer genau dort angesiedelt sind, wo potenziell Straßen durchlaufen können. So wird beim Vorbeifahren immer ein Großalarm ausgelöst und auch das Feuer eröffnet. Dem kann man sich zwar problemlos entziehen, dafür aber keine Bauterminals und Co. nutzen, solange wir noch verfolgt werden, was das Spiel automatisch als Teilnahme an einem Gefecht werden. So muss man jedes Mal erst aus dem Gebiet fahren und dann umständlich zurückkehren, wenn man dort begonnene Arbeiten oder ähnliches fortsetzen will. Das Problem gab es schon beim ersten Teil und dem hat man sich hier leider nicht angenommen. Alles in allem machen die Kämpfe aber mehr Spaß, die neuen Waffen und Gadgets sorgen für mehr Herangehensweisen und die Option des lautlosen Ausschaltens mithilfe des Seils ist ebenfalls eine gute Ergänzung.

Weniger überzeugt haben mich dagegen die gelegentlichen Bosskämpfe. Nicht etwa aufgrund mangelnder Mechaniken und | oder Schwachpunkten, beides ist in abwechslungsreicher Form vorhanden. Es liegt auch nicht am Schwierigkeitsgrad, der sich jederzeit nach persönlichem Gusto anpassen lässt. Nein, das große Problem heißt: Teer. Der hat bereits im ersten Teil dafür gesorgt, dass man sich während der Kämpfe gegen die gewaltigen Biester kaum bewegen kann und immer wieder hektisch nach eventuellen Plattformen Ausschau halten muss, die aber ebenfalls regelmäßig in der schwarzen Suppe versinken. Vielen Angriffen ist so kaum oder nur sehr schwer auszuweichen, daran ändert auch der neue Hechtsprung nichts, da dieser einfach bedingt durch den Teer viel zu träge ist. Das hätte man in meinen Augen einfach besser lösen können.
Kein schöner Land
Schon Death Stranding durfte sich bei seiner Erstveröffentlichung auf PlayStation 4 zu den schönsten Titeln seiner Generation zählen. Der erneut auf der von Guerilla Games entwickelten Decima Engine programmierte Nachfolger darf nun dasselbe für sich beanspruchen. Im direkten Vergleich fällt vor allem auf, dass die Texturqualität sich insgesamt deutlich verbessert hat und die Animationen nochmal ein Stück lebensechter rüberkommen, was auch dem exzellenten Motion Capturing angerechnet werden muss. Dazu gibt es eine detailverliebte und abwechslungsreiche Welt, die einen regelmäßig mit fantastischen Panoramen verwöhnt. Und all das lässt sich komplett ohne wahrnehmbare Ladezeiten entdecken. Kaum ein anderes Spiel bietet gegenwärtig derart schöne Wettereffekte, schon der Sandsturm in den ersten Stunden hat hier überall für offene Münder gesorgt. Aber auch die dynamisch ansteigenden Flüsse bei starkem Zeitregen können sich sehen lassen.

Dazu gibt es eine stimmig-schaurige Beleuchtung, welche das Endzeitgefühl optimal unterstreicht. Dynamische Tag- und Nachtzyklen inklusive malerischer Sternenhimmel sind jetzt ebenfalls mit an Bord. Auch die Schatten können sich sehen lassen, wenngleich gerade bei freier Sicht immer mal wieder auffällt, dass diese und andere Objekte etwas verzögert in die Welt geladen werden. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Death Stranding 2: On the Beach mit absoluter Referenzgrafik aufwartet, in der man sich einfach nur verlieren möchte und dessen immensem Bemühen, selbst Nebensächliches wie nasse Kleidung adäquat umzusetzen, einen regelmäßig zum Staunen bringt. Was man kritisieren kann ist, dass das hier gezeigte Australien abseits der heimischen (und für den Tierschutz lieferfähig einpackbaren) Tierarten relativ wenige identitäre Anhaltspunkte wie zum Beispiel Wahrzeichen liefert. Das Problem gab’s schon im ersten Teil, wo Nordamerika mehr nach Skandinavien ausgesehen hat und auch die Bunkergespräche wirken verglichen mit dem Rest ziemlich dröge.

Das Basismodell der PlayStation 5 rendert im Leistungsmodus mit 1440p und durchgehend geschmeidigen 60 Bildern pro Sekunde. Alternativ gibt es noch einen Grafikmodus, der bei halbierter aber immer noch stabiler Bildrate höher auflöst und hier und da ein wenig mehr Detail ins Bild bringt. In der Summe ist der Mehrwert jedoch derart gering, dass man bedenkenlos im Leistungsmodus verharren kann. Umso mehr gilt das für die PlayStation 5 Pro, die grob zusammengefasst den Grafikmodus bei ebenfalls stabilen 60 Bildern pro Sekunde liefert und dazu noch eine etwas bessere Weitsicht und Zeichendistanz offenbart, zusätzlich sorgt die exklusive Skalierungstechnik für ein sauberes und klares Bild. Der Titel wurde in Zusammenarbeit mit Guerilla Games nahezu perfekt für die jeweiligen Plattformen optimiert, hier gibt es absolut nichts zu beanstanden. Da zeigt sich wieder einmal, dass die Konsolen ab der Mitte ihrer Lebenszyklen mit die besten Ergebnisse produzieren – genau das ist hier der Fall.

Beide Konsolen nutzen sogenanntes Heightfield-Raymarching. Bei dieser Technik wird ein Höhenfeld als 3D-Oberfläche behandelt. Jeder Strahl wird schrittweise durch das Höhenfeld bewegt, wobei in jedem Schritt überprüft wird, ob der Strahl die Oberfläche des Geländes überschreitet. Die Schritte werden so lange wiederholt, bis der Strahl die Oberfläche erreicht oder eine maximale Anzahl von Schritten überschritten wurde. Diese bisher eher selten in Spielen eingesetzte Technik erlaubt ein paar der eindrucksvollsten Lichtstimmungen, die es bisher überhaupt zu sehen gab und nur noch ein weiterer, gewaltiger Pluspunkt in der ohnehin schon umfangreichen Liste positiver Aspekte. Sehr gefreut habe ich mich auch über die aufgeräumten Menüs, bei denen nicht mehr jeder einzelne Arbeitsschritt separat bestätigt werden muss. Und endlich können wir die im Spiel enthaltene Musik auch während unserer Reise hören.

Apropos Musik: Auch dieses Mal hat das Team von Kojima Productions sich die Mitarbeit von einigen hochkarätigen Künstlern aus der Independent-Szene gesichert. Wenn man nach langer und beschwerlicher Reise endlich das Ziel aus der Ferne erhaschen kann und dazu beruhigende, aber irgendwie auch melancholische Töne erklingen, fühlt sich das stets wie eine Belohnung an. Ludvig Forsell und WOODKID liefern für alles dazwischen einen unheimlich stimmigen Score, von dem bereits mehrere Stücke in meine persönliche Playlist gewandert sind. Das Zusammenspiel audiovisueller Aspekte beherrscht Death Stranding 2: On the Beach derart meisterhaft, dass es sich gelegentlich wie eine therapeutische Erfahrung anfühlt. Und hey – wer kann sowas schon von sich behaupten?

„In einer Zeit, wo wir gesellschaftlich mehr und mehr auseinanderbrechen, erscheint mir Death Stranding 2: On the Beach trotz seines anhaltend dystopischen Grundthemas wie ein optimistischer Lichtblick. Denn wenn es einem gelingt, die Augen einmal von der traumhaften Grafik und der filmreif inszenierten Geschichte inklusive der typisch-genialen Exzentrik ihres Schöpfers abzuwenden, findet man erneut ein Spiel, welches primär davon handelt, Menschen miteinander zu verbinden. Mit sinnvoll erweiterten und überarbeiteten Mechaniken spielt sich die Frachtzustellung dramatisch runder als noch im Vorgänger. Wer sich auf das anhaltend bewusst entschleunigende Konzept einlassen kann und die Vielzahl verschiedener Tools zum Bau und Transport geschickt für sich nutzen kann, wird hier nichts anderes finden als eines der besten und schönsten Spiele des Jahres – und überdies auch ganz persönlich eines der besten, die ich je gespielt habe. Die Belohnung dafür? Traumwertung und ein verdienter Awardregen.“


- Atmosphärische Beleuchtung
- Abwechslungsreiche Biome
- Teils atemberaubende Panoramen
- Absolut zeitgemäße Effekte
- Perfekt animierte Charaktere
- Kinoreife Zwischensequenzen mit angemessener Laufzeit
- Schickes dynamisches Wetter…
- …inklusive Tag- und Nachtzyklen
- Immense Liebe zum Detail in nahezu jedem Aspekt erkennbar
- Praktisch keine erkennbaren Ladezeiten
- Mindestens vierzig Stunden umfassende, wendungsreiche und spannende Hauptgeschichte
- Typischer Kojima-Humor
- Tonnenweise Nebenaufträge
- Onlinekomponente lässt sich mehrstufig justieren…
- …und funktioniert auch ohne Playstation Plus
- Packende BT-Begegnungen
- Unglaublich motivierendes, einzigartiges Gameplay
- Immense spielerische Freiheit
- Sinnvoll erweitertes, bzw. verbessertes Transport- und Waffenarsenal
- Nützliche Perks, die sich problemlos immer wieder neu verteilen lassen
- Gute Lernkurve
- Unaufdringlich implementierte Tutorials
- Mehrere Schwierigkeitsstufen für wirklich jeden Anspruch
- Nützliches Kompendium
- Deutlich verbessertes Kartenmaterial
- Hervorragende Sprecher
- Exzellente musikalische Kulisse…
- …mit präzise platzierten und passenden Interpreten
- Gemessen am Vorgänger angenehm entschlackte Menüführung
- Refrenzverdächtiger Fotomodus
- Zugängliche Bedienung

- Eher steril inszenierter Bunkertalk
- Australien mit relativ wenig eigener Identität (z.B. bekannte Landmarken oder Wahrzeichen)
- Anhaltend fummelige Bedienung beim Hantieren mit mehreren Frachtstücken auf engem Raum
- Gleichermaßen schwach wie lieblos zusammengefasste Vorgeschichte
- Online geteilte Seilrutschen ignorieren vorher eingeplante Kurven und sind dadurch teilweise unbrauchbar
- Gegner agieren im direkten Kampf überwiegend dumm
- Stark eingeschränkte Bewegungsfreiheit bei Bosskämpfen bleibt frustrierend
- Banditencamps unmittelbar am Straßenrand anhaltend nervig
- DHV Magellan nicht frei erkundbar







Entsprechende Rezensionsmuster sind von uns auf eigene Kosten gestellt worden.
*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen. ** Jürgen geht es gut. Er ist nur ein bisschen wund.
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