Eigentlich hat Jennifer Lawrence bereits alles erreicht, was man in Hollywood erreichen kann – und das mit gerade einmal dreiunddreißig Jahren. Jetzt übernimmt die Schauspielerin erstmals die Hauptrolle in einer waschechten Komödie und zeigt dabei nicht nur als Produzentin vollen Körpereinsatz, sondern auch vor der Kamera. Wir haben uns No Hard Feelings pünktlich zum Verleihstart für euch angesehen.
Studio und Vertrieb: Sony Pictures Entertainment via Plaion Pictures
Erstveröffentlichung: 2023
Darsteller: Jennifer Lawrence, Andrew Barth Feldman, Matthew Broderick, Natalie Morales und andere
Der Film
Jeden Sommer zieht es die reichen New Yorker von der Großstadt ins beschauliche Küstenstädtchen Montauk. Für die Einheimischen die beste Zeit, um ordentlich Kasse zu machen, denn aufgrund der Snobs sind die Preise vor Ort derart gestiegen, dass sich die Normalverdiener kaum noch ihre Miete leisten können. Dazu gehört auch Maddie (Jennifer Lawrence), die nach dem Tod der Mutter gerade genug Geld als Uber-Fahrerin verdient, um das ihr hinterlassene Haus halten zu können. Nachdem ihr aufgrund überfälliger Steuern das Auto ausgerechnet während der Hauptsaison unter dem Hintern weggepfändet wird und bereits der erste Immobilienhändler Interesse an den geliebten vier Wänden anmeldet, ist guter Rat teuer. Auf der Suche nach einem bezahlbaren Untersatz stößt Maddies Kollegin und beste Freundin Sara im Netz auf eine ungewöhnliche Annonce.
Um ihren introvertierten, neunzehnjährigen Sohn kurz vor Antritt seiner Collegezeit endlich aus seinem Schneckenhaus zu locken, stellen die wohlhabenden Helikoptereltern Allison und Laird (Matthew Broderick) ein Auto für die Frau in Aussicht, die sich insgeheim für ein paar Dates inklusive Bunga-Bunga bereiterklärt. Kein Problem für die affärenerprobte Maddie, die locker zehn Jahre älter als ihr Zielobjekt ist – schließlich steht ihre gesamte Existenz auf dem Spiel. Doch Percy (Andrew Barth Feldman) entpuppt sich als extrem resistent und reagiert auf die mehr als aufdringlichen Avancen der aufgetakelten Schönheit erstmal mit einer gehörigen Ladung Pfefferspray. Erst nach einem außer Kontrolle geratenen Nacktbadeausflug mit anschließender Polizeiverfolgung und dermatologischen Problemen kommt sich das völlig unterschiedliche Gespann allmählich näher.
Nachdem sich der sensible Percy als überaus klug und talentiert entpuppt, gleichzeitig aber auch offenbart, warum er sich ganz bewusst für ein Leben als Eigenbrötler entschieden hat, beginnt Maddie zunehmend über ihr eigenes Leben außerhalb der Kleinstadt nachzudenken – ein Schritt, vor dem sie sich bisher stets gefürchtet hat. Trotzdem ist sie zunächst fest entschlossen, ihren Plan durchzuziehen. Als Percy dann jedoch gesteht, sich in Maddie verliebt zu haben und für die Beziehung sogar das College zu schmeißen, meldet sich plötzlich das schlechte Gewissen…
Die Rezension
Gefühlt ist es bereits eine Ewigkeit her, seit ich zuletzt eine waschechte Komödie im Portfolio hatte. Was das angeht, ist das woke Hollywood schon lange sehr zurückhaltend – zu groß ist die Angst, dass sich irgendeine Schneeflocke vom gezeigten Humor angegriffen fühlt und im Netz einen Shitstorm lostritt. Umso erfrischender, dass No Hard Feelings in seinen besten Momenten an eine Zeit erinnert, wo sich Filmemacher und Drehbuchautoren nicht irgendwelchen abstrusen Ideologien unterordnen mussten – obwohl doch auffällt, dass man sich bei der Umsetzung große Mühe gegeben hat, jeden potenziellen Gefahrenherd möglichst weiträumig zu umschiffen. Natürlich fand sich dann am Ende doch noch der ein oder andere Kritiker, der sich an der grundlegenden Prämisse störte und den Machern vorwarf, Verführung Minderjähriger zu proklamieren, denn richtig erwachsen gilt man vor dem Gesetz in den Vereinigten Staaten schließlich erst mit Einundzwanzig.
Großer Mumpitz, denn im Mittelpunkt der Handlung steht viel mehr die Beziehung zweier grundverschiedener Menschen und wie deren Interaktion miteinander das individuelle Denken grundlegend verändert. Es geht um Freundschaft, Selbstfindung und das Loslassen von alten Gewohnheiten. Für eine Komödie ist das überraschend tief und leider verliert sich der Film im Mittelteil etwas zu sehr in diesen ernsteren Momenten, ehe er dann zum Ende hin gerade noch rechtzeitig zurück auf die humorvolle Fahrbahn wechselt. Dabei lebt No Hard Feelings sehr von der guten Chemie zwischen seinen Hauptdarstellern. Gerade Jennifer Lawrence hat an der physischen Comedy sichtbar Spaß, wobei die potenziell legendäre Nacktszene am Strand alleine herrlich unterhaltsam ist (und wahrscheinlich ganz nebenbei eine Menge zusätzlicher Tickets verkauft hat). Die Oscar©-Preisträgerin ist also auch im Humorfach gut aufgehoben und ich hoffe sehr, dass das kein Einzelausflug bleiben wird.
Für meinen Geschmack hätte der Film hier und da härter ausfallen können, mehr wagen dürfen. Raum wäre mehr als genug vorhanden. Aber wenn man bedenkt, wie schwierig sowas gegenwärtig umzusetzen ist, kann man sich auch mit dem Vorhandenen gut arrangieren. Und die leisten Töne zwischendrin gehen dadurch zumindest nicht völlig verloren, obwohl ich die persönlich gar nicht gebraucht hätte, denn Komödien leben in erster Linie vom Humor. Von dem existiert dankbarerweise genug, dass man sich über die knapp einhundert Minuten Laufzeit kurzweilig unterhalten fühlt. Das sahen auch die Zuschauer so, die den Machern knapp das Doppelte der Kosten in die Kassen spülten. No Hard Feelings ist ein guter Anfang auf dem Weg in bessere Zeiten, aber eben nicht mehr als das. Dafür geht das Werk in seiner Umsetzung zu oft auf Nummer Sicher.
Die Blu-Ray
Gedreht wurde mit der brandneuen ARRI Alexa 35, die satte 4.6K am Output anlegt, in der Postproduktion entstand dann auf Basis des komplett digitalen Materials ein 4K Digital Intermediate – und das sieht man auch! Denn obwohl Sony weltweit auf ein entsprechendes Release in Form einer 4K UHD verzichtet hat, präsentiert sich die Blu-Ray besonders in Totalen derart brillant definiert, dass man annehmen möchte, es hier mit nativ auflösendem Material zu tun zu haben. Alleine der Abspann ist ein klasse Showcase dessen, was das neue Kamerasystem auch in Hinblick kauf Farbwiedergabe leisten kann. Dabei muss man bedenken, dass die Blu-Ray ja weder über HDR, noch über einen erweiterten Farbraum verfügt. Aber auch in Halbtotalen kann sich die Detailwiedergabe sehenlassen, z.B. in der anfänglichen Szene in der Strandbar, wo man selbst die Schrift auf den Etiketten der Schnapsflaschen im Hintergrund noch sehr gut lesen kann. Die Nahaufnahmen müssen sich davor natürlich ebenfalls nicht verstecken.
Dazu gibt es kräftig-warme Farben mit leichter Tendenz ins Erdige, was prima zum Setting passt und immer noch viel Raum für satte Highlights – unter anderem die knallroten Poloshirts und intensiv leuchtendes Grün bei der Vegetation rund um Maddies Haus – offeriert. Im Kontrastbereich punktet die Blu-Ray mit kräftigen Schwarzanteilen, neutrale Flächen werden überwiegend korrekt dargestellt. Positiv festzustellen ist außerdem, dass die Blu-Ray beim Horizont nicht zur Überstrahlung neigt, wie es die meisten anderen HD-Veröffentlichungen gerne mal tun. Zur Referenz reicht es aber nicht ganz, denn gerade in dunklen Szenen wie dem Barbesuch und der anschließenden Szene am Strand gerät das Medium an seine Grenzen und produziert auf schwarzen Flächen unschöne Artefakte.
Beim Sound darf man sich auf verlustfreie Masterspuren im Format DTS-HD MA 5.1 für die englische und deutsche Fassung freuen, welche besonders durch ihre gute und klare Dialogwiedergabe glänzen, wobei die Synchronisation einen Ticken leiser rüberkommt, was aber nicht weiter schlimm ist. Obwohl der Film direkt an der Küste und damit über weite Teile in Meerregion spielt, bleibt die Klangkulisse bei den dazugehörigen Geräuschen überraschend zurückhaltend. Wahrnehmbare Räumlichkeit gibt es abseits des Soundtracks nur selten, die Abmischung agiert bevorzugt frontlastig und lässt Tiefbass vermissen, was gerade in Hinblick auf die Fahrszenen ziemlich enttäuschend ist. Hier hätte man an vielen Stellen deutlich mehr aus dem Material herausholen können.
Die Extras
Typisch für eine Komödie bewegt sich das Bonusmaterial in überschaubaren und gleichermaßen vorhersehbaren Bereichen. Neben einem Making-of werden hier vor allem die Charaktere etwas mehr in den Vordergrund gerückt, dazu gibt es eine Handvoll Outtakes und verpatzter Szenen. Alles in allem nichts Besonderes, als nette Dreingabe aber auch nicht schlecht.
„Ein Jahr nach ihrer Babypause meldet sich Jennifer Lawrence in gänzlich ungewohnter Form auf der Kinoleinwand zurück. Mit No Hard Feelings beweist die bereits in jungen Jahren mit Preisen überschüttete Darstellerin, dass sie auch das Komödienfach beherrscht und geht dafür gerne auch mit vollen Körpereinsatz zur Sache. Der Mix aus derber Comedy mit leichten Dramaeinschlägen zündet besonders in der ersten Hälfte einige gute Gags, verliert sich danach aber etwas zu sehr in Nebensächlichkeiten und geht insgesamt in seiner Machart zu sehr auf Nummer Sicher, um einem dauerhaft im Gedächtnis zu bleiben. Für Kurzweil ist aber definitiv gesorgt und die dazugehörige Blu-Ray liefert mit kleineren Abstrichen sehr gute Bild- und Tonqualität. Die überwiegend belanglosen Extras kann man sich dagegen sparen.“
Quelle Bildmaterial: ©2023 Sony Home Entertainment | Plaion Pictures. All rights reserved.
Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab zur Verfügung gestellt worden.
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