A Plague Tale: Requiem

Das Mitte 2019 erstmals veröffentlichte A Plague Tale: Innocence mauserte sich in Windeseile zum Überraschungserfolg für die französische Spieleschmiede Asobo Studio. Die toll geschriebene Geschichte zweier Geschwister, die es im mittelalterlichen Frankreich mit tollwütigen Nagern und religiösem Wahnsinn aufnehmen müssen, begeisterte Fans und Kritiker gleichermaßen. Mit A Plague Tale: Requiem folgt jetzt endlich das ehrgeizige Sequel. Ob die Pläne der Entwickler allesamt mit Erfolg umgesetzt werden konnten, klärt unser Test für PC, XBOX Series X|S und PlayStation 5.

 

 

 

Entwickler: Asobo Studio

Publisher: Focus Entertainment

Plattform: PC | PS5 | XBS | NS

Veröffentlichungsdatum: 18. Oktober 2022

Preis: ab 59.99€

Altersfreigabe: ab 16 Jahren


Ungeschnitten
Mikrotransaktionen


Zurück im finsteren Mittelalter

Ein halbes Jahr ist seit den Ereignissen des Vorgängers vergangen. Noch immer wütend die Macula – eine durch Adelsblut vererbte Blutkrankheit mit der Macht, Ratten zu kontrollieren – im Körper des jungen Hugo. Auf der Suche nach einem Heilmittel reist er gemeinsam mit seiner Schwester Amicia, Mutter Beatrice und dem Heilergesellen Lucas in die Rote Stadt. Der dort ansässige Orden beschäftigt sich bereits seit hunderten Jahren mit der Macula, hier versprechen sich die Pilger ein Heilmittel. Denn nicht nur Hugo wird von seinem Leiden zunehmend verzehrt, die pestverbreitenden Nager breiten sich auch noch unkontrolliert im alten Frankreich aus und verbreiten Tod und Krankheit, wo immer sie auftauchen. 

Lucas, Hugo und Amicia erhoffen sich, in der Roten Stadt ein Heilmittel gegen die Macula zu finden.

Als sich herausstellt, dass selbst der oberste Magister Vaudin nicht über das nötige Wissen zur Heilung verfügt, macht sich Amicia mit Hugo auf den langen Weg zu einer sagenumwobenen Insel, die Hugo bereits seit längerer Zeit in seinen Träumen erscheint. Vielleicht wartet die ersehnte Erlösung ja dort – zumindest ist das die Hoffnung. Doch die Reise dorthin ist von zahllosen Gefahren begleitet, denn hinter den Geschwistern sind nicht nur die Ratten her. Weil neue Verbündete rar sind, sind Amicia und Hugo mehr denn je zuvor aufeinander angewiesen. Doch ist ihr Band stark genug, um in einer Welt zu bestehen, die mehr und mehr im Chaos versinkt?

Nichts für schwache Nerven: Der Tod ist innerhalb der düsteren Spielwelt omnipräsent.

Über drei Jahre hat die Fertigstellung von A Plage Tale: Requiem gedauert. Das Warten hat sich gelohnt, denn das Sequel bringt die Geschichte um die Geschwister trotz einiger offensichtlicher Längen zu einem befriedigenden Abschluss. Die Kernthematik ist dabei gleichgeblieben und fußt vor allem anderen auf familiärem Zusammenhalt, Freundschaft und Mut vor historisch inspirierten Kulissen. In enger Zusammenarbeit mit der Historikerin Roxane Chila ist den Machern ein hochatmosphärisches Spiel gelungen, welches neben seinem einnehmenden Setting auch mit einmal mehr überwiegend toll geschriebenen Charakteren aufwartet, die sich im Spielverlauf nachvollziehbar weiterentwickeln – besonders natürlich Hugo und Amicia. 

Kleine Augenöffner wie diese sorgen für immer wieder für etwas Ablenkung vom düsteren Geschehen.

Ein bisschen Kritik muss sich das Storytelling dennoch gefallen lassen. Besonders die Nebenfiguren hat man schnell wieder vergessen, zudem kränkelt die Handlung an einem etwas unausgegorenen Pacing. Auf errungene Erfolge folgt viel zu schnell wieder Ernüchterung und auf diese und jene Weise stehen die Protagonisten trotz aller Bemühungen wieder vor dem Nichts. Dadurch wird die Handlung oft unschön in die Länge gezogen. Als nach knapp zwanzig Stunden der Abspann über den Bildschirm flimmerte, war ich über das Ende einerseits sehr zufrieden, für mein persönliches Empfinden hätte es andererseits aber auch gerne zwei-drei Stunden früher kommen können.  

Neue Tricks und alte Laster

A Plague Tale: Requiem ist wie schon sein Vorgänger ein Stealth-Adventure mit hohem Fokus auf lautlosem Vorgehen. Dass es ein Kleinkind und ein Teenager nicht frontal mit gut ausgebildeten und teils schwer gepanzerten Söldnern aufnehmen können, leuchtet natürlich ein. Anders als im Vorgänger ist Amicia aber nun eher in der Lage, sich in brenzlichen Situationen effektvoll gegen Angreifer aller Art zur Wehr zu setzen, zumindest solange sie ein Messer mit sich trägt. Von Schwert und Schild hält der älteste Spross aus dem Haus de Rune weiterhin nichts und greift deshalb bevorzugt zu ihrer treuen Schleuder. Damit lassen sich nicht nur effektive Ablenkungen schaffen und hochgelegene Objekte abschießen, sondern auch Feinde ohne Helme via Kopftreffer werden mit einem gut gezielten Steinschuss über den Jordan befördert. Hugo unterstützt und anfangs nur durch seine Größe und öffnet für Amicia nicht zugängliche Pfade, kann später mit seiner Rattensicht aber auch Gegner durch Wände erspähen und erweist sich so nicht nur als sympathischer Begleiter, sondern auch als taktischer Helfer. 

Einzelnen Gegnern ohne Rüstung kann Amicia notfalls mit roher Gewalt beikommen.

Relativ früh im Spiel erhalten wir zudem unser erstes Munitionsupgrade: Kenner des Vorgängers dürften die Feuergeschosse bereits kennen, mit denen sich entfernte Feuerschalen entzünden lassen. Später bekommen wir dann auch ein Rezept für Löschmunition, was sich besonders effektiv gegen Gegner einsetzen lässt, die sich mit ihren Fackeln inmitten der lichtscheuen Ratten allzu sicher fühlen, die wir im weiteren Verlauf sogar gezielt anlocken können. Gegen vollständig gepanzerte Gegner oder gar größere Gruppen sollte man aber gar nicht erst frontal antreten. Besonders auf höheren Schwierigkeitsgraden geht so eine Begegnung in der Regel tödlich für unsere Helden aus und in manchen Situationen habt ihr ohnehin keine andere Wahl, als euch schleichend durch ein Areal zu bewegen, an deren Ende immer noch diese ominöse rettende Metalltür wartet. Die neue Armbrust richtet bei Körpertreffern verheerenden Schaden an und kann mit der richtigen Munition sogar kleine Feuer entfachen, aufgrund der langen Nachladezeit eignet sich die Waffe aber trotzdem nicht für die Offensive.

Gegen die schier unendliche Anzahl Pestratten hilft nur Licht, um das sich auch ein Großteil der Rätsel dreht.

Gegen die zahllosen Ratten sind Schleuder und Co. ohnehin nutzlos, denn die ekeligen Biester treten grundsätzlich im Schwarm auf und fürchten nur das Licht. Um die nagerversuchten Areale zu durchqueren, ohne als Buffetteller zu enden, muss man sich oft die Umgebung zunutze machen. Fleischkadaver sind beispielsweise eine gute Ablenkung, gelegentlich muss Amicia mit ihrem gerade aktiven Begleiter aber auch Schiebe- und Schalterrätsel lösen, um rettende Plattformen und Co. zugänglich zu machen. Dabei müssen wir uns nicht selten aufteilen und dem Partner zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Anweisungen geben. Die Rätsel sind sehr intuitiv geraten und stellen nie wirkliche Herausforderungen dar, was auch darin liegt, dass sich deren Varianz arg in Grenzen hält. Dahingehend hätte ich mir sehr viel mehr Abwechslung gewünscht, gerade weil die meisten Rätselpassagen in nahezu identischer Form bereits im Vorgänger präsentiert worden sind. 

Das neue Skillsystem belohnt eure bevorzugte Spielweise mit individuellen Boni.

Egal, ob ihr am Ende lieber lautlos, aggressiv oder trickreich mithilfe von gecrafteten Items vorgeht, das Spiel belohnt eure bevorzugte Vorgehensweise mit individuellen Perks und lässt euch beispielsweise schneller durch hohes Gras schleichen, Gegner in nahegelegene Rattenschwärme stoßen oder mehr Herstellungsmaterialien in der Welt finden – obwohl dahingehend niemals wirklich Mangel herrscht, weil sich in den vielen Kisten mehr Rohstoffe finden lassen, als Amicia je tragen könnte, was dem Überlebensprinzip nicht sonderlich zugute kommt. Auf das Ende hat euer Verhalten übrigens keinen Einfluss: Chronische Meuchelmörder bekommen dieselbe Finalsequenz zu sehen wie leidenschaftliche Mittelalterninjas. 

Licht und Schatten

Spätestens nach den ersten Stunden im Spiel wird klar, warum sich Asobo Studio gegen eine Veröffentlichung auf PlayStation 4 und XBOX One entschieden haben. Die weitläufigen, hochdetaillierten Areale mitsamt Charakteren sowie die komplexe Effektkulisse auf Basis der hauseigenen Engine übersteigen die Rechenleistung der altgedienten Last-Gen-Hardware bei weitem. Auch die Tatsache, dass sich statt wie im Vorgänger maximal fünftausend Ratten nun bis zu dreihunderttausend schwarze Biester gleichzeitig auf dem Schirm tummeln können, dürfte ein ausschlaggebendes Kriterium dafür gewesen sein, den Titel ausschließlich PC´s und Current-Gen-Konsolen vorzubehalten. Letztere stehen der maximierten PC-Version in kaum einem Punkt nach, obwohl PlayStation 5 und XBOX Series X „nur“ in 1440p auflösen, während sich die schwächere Series S mit 1080p begnügen muss. Der wahre Haken an der Sache: Eine auf maximal 30 Frames pro Sekunde festgelegte Bildrate. Und selbst die gerät gerne mal akut ins Straucheln, wenn sich besonders viele Ratten und Effekte gleichzeitig auf dem Bildschirm tummeln.

Die hochdetaillierten Modelle der Hauptcharaktere zählen zu den visuellen Highlights des Spiels.

Ich muss gestehen, dass mir dieser Trend nicht sonderlich gefällt. Die aktuelle Konsolengeneration lebt maßgeblich vom Versprechen hoher Bildraten, nun haben wir es innerhalb einer Woche gleich mit zwei Titeln zu tun, die alternativlos Schönheit vor Performance stellen. Der zweite Vertreter wäre Gotham Knights, wo sich diese Entscheidung aber wesentlich negativer auf das Spielgeschehen auswirkt. Im Falle von A Plague Tale: Requiem haben wir es zum Glück mit wesentlich gemütlicherem Gameplay zu tun, da fühlt sich die geringe Bildrate nicht ganz so störend an. Wer aber bereits seit längerer Zeit stolzer Besitzer einer XBOX Series X|S oder PlayStation 5 ist und sich an die dort mittlerweile eigentlich zum Standard avancierten Bildraten von 60 Frames und mehr gewöhnt hat, dürfte mit dem wahrnehmbar ruckeligen Geschehen seine hehre Mühe haben. Die Schönheit des Spiels kann diese Tatsache nicht kompensieren. Das ist ein bisschen so, als hätte man über Jahre an einem 32-Zoll-Display gezockt und wechselt dann auf doppelt so große (oder noch größere) Bildschirme. Wenn man dann nach einer Weile wieder vor zweiunddreißig Zoll hockt, fühlt sich das einfach nur total fremd an. Und ganz ehrlich: Ich zocke lieber auf 1080p, verzichte gerne auf Raytracing und andere Spielereien, wenn ich dafür geschmeidige Bildraten bekomme. Ich hoffe wirklich, dass die Macher ihre Entscheidung nochmal überdenken und zeitnahe einen Modus mit Fokus auf Performance nachreichen. 

In der Roten Stadt herrscht buntes Treiben. Die lebendige Kulisse fordert aber gerade im Konsolensegment ihren Tribut.

Wer sich nun irritiert darüber zeigt, warum oben im Factsheet auch die Nintendo Switch gelistet ist und wie die Konsole das Spiel überhaupt stemmen kann: Sie kann es nicht. Stattdessen kommt hier die Cloud zum Einsatz, was in der Praxis auch relativ gut funktioniert. Für die bestmögliche Erfahrung sollte man dann aber doch lieber auf einer aktuellen Konsole zocken, oder alternativ einen starken Rechenknecht in der Nähe haben. Dann nämlich kann man A Plague Tale: Requiem in nativem 4K bei gleichzeitig unbegrenzten Bildraten genießen, sollte dafür aber eine potente Grafikkarte samt SSD verbaut haben. Aber selbst auf Mittelklassesystemen lässt sich das Spiel dank zahlreicher Optionen zum Feintuning gut spielbar machen. Eine Geforce GTX 970 bzw. Radeon RX 590 stellt das absolute Minimum dar, größere Sprünge lassen sich aber erst ab einer RTX 3060 oder RX 6800 XT samt ebenbürtiger CPU machen. Raytracing gibt es zwar auch am PC nicht, angesichts der bildschönen Spiegelungen besteht dafür aber auch keinerlei Bedarf. DLSS 2.0 wird ebenso unterstützt wie das brandneue, exklusiv den Nvidia-Grafikkarten der 4000er-Serie vorbehaltene DLSS 3.0, also alles drin, was ein zeitgemäßes Spiel bieten muss. Mit Ausnahme der Mimik vielleicht, die außerhalb der toll gemachten Zwischensequenzen über die meiste Zeit sehr statisch und ausdruckslos bleibt.

Unbegrenzte Bildraten, natives 4K und maximale Settings sind dank DLSS und Co. am PC kein Problem.

Die deutschen Sprecher können sich absolut hören lassen, die englische Sprachausgabe ist nur minimal besser. Der Soundtrack verwöhnt selbst anspruchsvolle Hörorgane mit einem guten Mix aus mittelalterlichen Klängen und treibenden Orchestersounds. Jede Szene wird passend untermalt und ich kann Genrefans nur wärmsten empfehlen, notfalls auch außerhalb des Spiels mal in die einzelnen Tracks reinzuhören. In Sachen Bedienung hat mir besonders die Eingabe mit dem DualSense gefallen, deren haptisches Feedback besonders in Gegenwart der Ratten ordentlich die Muskeln spielen lässt, während die Trigger beim Aufladen von Schleuder und Armbrust spürbaren Widerstand gegen die Finger pressen, was die Immersion angenehm verstärkt. Aber auch mit Maus und Tastatur oder den diversen Controllern der XBOX geht die Steuerung grundsätzlich prima von der Hand.

„Drei Jahre hat es bis zum Wiedersehen mit Hugo und Amicia gedauert. Und ich bin froh, sagen zu können, dass sich das lange Warten gelohnt hat. Das Sequel führt die Geschichte überwiegend gelungen fort und nimmt sich viel Zeit dafür, die Beziehung zwischen den beiden Helden glaubhaft zu vertiefen. Das unverbrauchte Setting punktet mit wunderschönen, hochdetaillierten Kulissen, einer famosen Beleuchtung und tollen Effekten. Wer aber an akuter Angst vor Nagetieren leidet, sollte um A Plague Tale: Requiem einen weiten Bogen machen. Die Ratten sind hier nämlich noch wesentlich zahlreicher vertreten als im Vorgänger und abermals Dreh- und Angelpunkt des Gameplays. Aber auch ohne die schwarzen Biester geizt das Spiel von Asobo Studio nicht mit expliziten Momenten, lockert die düstere Grundstimmung aber in den richtigen Momenten immer wieder auf – wenn auch nur kurz. Egal, ob ihr das Spiel bevorzugt schleichend, offensiv oder trickreich meistern wollt, dank der neuen Ausrüstung und passiven Perks lassen sich Kampfpassagen auf mehrere Arten erfolgreich bewältigen – oder völlig vermeiden. Kleinere Schwächen im Storytelling und Pacing sind zwar vorhanden und gelegentlich fühlt sich das Sequel etwas gestreckt an, insgesamt haben wir es hier aber mit einer gelungenen Fortsetzung zu tun, die auch auf Konsolen Spaß macht, sofern man sich mit der auf 30 Frames pro Sekunde begrenzten Bildrate arrangieren kann.“

  • Wunderschöne Kulissen
  • Abwechslungsreiche Areale
  • Atmosphärisches, unverbrauchtes Setting
  • Hochdetaillierte Charaktermodelle
  • Eindrucksvolle Licht- und Effektkulisse
  • Überwiegend gelungenes Storytelling…
  • …mit glaubwürdiger Charakterentwicklung
  • Sympathische Protagonisten
  • Circa zwanzig Stunden Spielzeit
  • Fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade für jeden Anspruch
  • Bevorzugtes Vorgehen wird individuell belohnt
  • Sinnvoll erweitertes Waffenarsenal
  • Sehr gute deutsche Sprecher
  • Atmosphärischer Soundtrack
  • Zugängliche Bedienung über sämtliche Plattformen
  • Story mit einigen unnötigen Längen…
  • …und nicht immer idealem Pacing
  • Teils blasse Nebencharaktere
  • Abseits der Gefechte relativ linear
  • Für Genreprofis kaum fordernd
  • Repetive, oft zu einfach strukturierte Rätselpassagen
  • Auf Konsolen maximal 30 Frames pro Sekunde…
  • …und gelegentlich spürbare Bildrateneinbrüche

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Focus Entertainment zur Verfügung gestellt worden.

©2022 M-Reviews.de

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