Das Jahr ist fast vorbei. Während vielerorts bereits die besten Spiele des Jahres gekürt werden, wirft Square Enix mit Octopath Traveler 0 auf die letzten Meter noch einen weiteren Kontrahenten in den Ring. Das Sequel zum Erstling basiert ursprünglich auf einem Mobile Game und wurde für den Release erweitert, überarbeitet und verbessert. Mit Erfolg, wie unserer Test zeigt!


Publisher: Square Enix
Plattform: PC | PS4 | PS5 | XBS | NS | NS2
Veröffentlichungsdatum: 04. Dezember 2025
Preis: ab 59,99€*
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Metacritic | OpenCritic | IMDB



Wer bist du – und wohin willst du gehen?
Anders als in den beiden Vorgängern lässt euch Octopath Traveler 0 nicht die Wahl zwischen acht bestehenden Helden, sondern erlaubt euch erstmals die Erstellung eines eigenen Helden. Den erstellt ihr vor Spielbeginn im mitgelieferten Editor, wobei das Angebot an konfigurierbaren Parametern relativ überschaubar ausgefallen ist und gerade genug offeriert, um die Basics ausreichend abzudecken. Im Anschluss an dieses kurze Intermezzo werden wir direkt ins Geschehen geworfen. Nicht etwa als mythischer Held, der vom Schicksal dazu auserkoren wurde, die Welt zu retten (der Teil kommt später), sondern als unbedeutender Jedermann inmitten eines noch wesentlich unbedeutenderen Dorfes namens Wishvale. Weit abseits großer Städte mitsamt ihren politischen Intrigen, schätzt man hier das einfache Leben. Ein lauschiges Örtchen. Quasi wie Solingen, nur ohne den Dreck und den Gestank.

Die Idylle endet schlagartig, als eines Tages die drei Erzschurken des Spiels in Wishvale aufschlagen und auf der Suche nach einem geheimnisvollen Artefakt nicht nur die gesamte Einwohnerschaft massakrieren, sondern das schöne Dorf auch noch bis auf die letzte Hütte niederbrennen. Nur mit viel Glück gelingt es uns und einigen wenigen Freunden, der Flammenhölle zu entkommen. Fest entschlossen, Rache an dem infernalen Trio zu nehmen, ziehen wir eine Weile nach diesen Ereignissen in die weite Welt hinaus. Und weil wir bei so einem epischen Unterfangen zwangsläufig auf einige Hilfe angewiesen sind, rekrutieren wir nach und nach immer neue Mitstreiter. Drei unterschiedliche Pfade lassen sich dabei beschreiten und falls ihr glaubt, dass ihr am Ende aller Wege seelenruhig dem Abspann entgegenblicken könnt, irrt ihr euch gewaltig, denn hinter dem Horizont warte noch so vieles mehr!

Zugegeben, die der Handlung zugrunde liegende Rachegeschichte ist mindestens so alt wie die Mär vom Weißen Wal. Wenn darauf allerdings derart kreativ und gelungen aufgebaut wird, wie es Octopath Traveler 0 tut, fällt das gar nicht negativ ins Gewicht. Im Gegenteil, die von zahllosen persönlichen Geschichten getragene Kampagne besticht mit unerwarteten Wendungen, hoher erzählerischer Abwechslung und tollen Charakteren. Mir gefällt der Ansatz eines zentralen Helden im Mittelpunkt, um den sich alles andere nach und nach wie ein großes, miteinander verbundenes Spinnennetz spannt. Damit beseitigen die Macher erfolgreich einen lange gehegten Kritikpunkt an der bisherigen Reihe und schaffen deutlich mehr Raum für Interaktion innerhalb der stetig wachsenden Gemeinschaft, die sich nun endlich auch als solche anfühlt – obwohl unser chronisch wortkarger Charakter dabei stets blass bleibt. Am Ende überwiegen die Vorteile aber bei weitem.
Alles unter einem Dach
Denn wo Fans bisher auf einen regelmäßigen und gleichzeitig stets auch etwas umständlichen Charakterwechsel angewiesen waren, wenn es um den Einsatz bestimmter Fähigkeiten gegangen ist, vereint unser Held im zunehmenden Spielverlauf alle relevanten Perks unter einer Haube, kann also beispielsweise Informationen gewinnen, NPC-Duelle initiieren oder sich als Taschendieb versuchen. Das ist nur nur praktisch, sondern spart vor allem jede Menge Zeit. Gleiches gilt für die Berufe, zwischen denen wir sogar im laufenden Kampf je nach Situation unkompliziert hin- und herwechseln können. Bevor wir uns diese Fertigkeiten aneignen können, müssen wir jedoch zunächst den dazugehörigen Begleiter ausfindig machen und für unsere Sache rekrutieren. Und spätestens hier wird es interessant, denn wo die beiden Vorgänger auf je insgesamt acht Charaktere beschränkt waren, könnt ihr hier fast dreißig Abenteurer für den Kampf gegen die Bösewichte rekrutieren!

Jeder davon verfügt über eine eigene Hintergrundgeschichte samt individueller Persönlichkeit und einzigartiger Fähigkeiten. Das Spiel gibt jedem davon angemessen viel Zeit zum Kennenlernen, wodurch mit der Zeit wirklich ein glaubhaftes Gruppengefühl entsteht. Dahinter verbergen sich oft tragische Geschichten, die einen ehrlich mitfühlen lassen, aber auch humorvolle Momente gibt es reichlich. Umso mehr motiviert es, wirklich jeden potentiellen Rekruten aufzuspüren, wobei man nebenbei nicht unerwähnt lassen darf, dass sogar die grundverschiedenen Schurken mit überraschend hoher Erzähltiefe versehen worden sind. Nun werdet ihr vielleicht fragen: Moment, was soll ich denn mit so vielen Charakteren, wenn ich doch sowieso immer nur maximal vier auf einmal in den Kampf führen kann? Auch in dem Punkt weicht das Spiel von der bisherigen Formel ab und verdoppelt den Kampftrupp, was die altbekannte Gefechtsformel der Reihe um eine hochdynamische Komponente erweitert.

Während die vordere Front wie bisher aktiv gegen die Gegner kämpft, dient die zweite Reihe quasi als Reserve. Ein Tausch ist jederzeit möglich, wodurch das Setup schlagartig flexibler wird, da wir viel einfacher auf eventuelle Resistenzen und Schwächen reagieren können. Wer die Vorgänger gespielt hat, weiß um den Wert dieser Neuerung. Endlich sind wir nicht mehr gezwungen, mangels Alternativen nutzlose Angriffe zu spammen, nur damit der nächste Charakter mit seinen effektiven Zaubern oder Waffen endlich an die Reihe kommt. Und weil auch die zweite Reihe ganz regulär Kombopunkte aufbaut, können wir nach einem Wechsel sofort in die Vollen gehen. Manche Rekruten versorgen uns aus sicherer Distanz sogar mit nützlichen Stärkungszaubern. Das erweiterte System zu meistern und gut auszunutzen, wird vor allem im späteren Spielverlauf wichtig, wenn die Schwierigkeit anders als zu Anfang und Mitte deutlich anzieht und vor allem die Bosse gnadenlos zuhauen.

Ein etwas ausgeglicheneres Balancing wäre für meinen Geschmack nicht schlecht gewesen, da man so viel zu spät gezwungen wird, sich mit den neuen Mechaniken auseinanderzusetzen. Die öffnen sich zwar erst nach und nach, passende Tutorials werden ebenfalls mitgeliefert, allerdings fallen die meisten Gegner innerhalb der ersten Stunden so schnell um, dass man vieles gar nicht richtig ausprobieren kann. Der Rest bleibt wie gehabt: Wir analysieren in rundenbasierten Zügen zunächst gegnerische Schwächen, brechen dann mit passenden Attacken deren Schilde und nutzen die Bruchphasen aus, um verheerenden Schaden anzurichten – bevorzugt mit maximal aufgeladenen Komboschlägen. Die Mischung aus Taktik und Action funktioniert anhaltend wunderbar und macht eine Menge Spaß. Nebenher leveln wir auf, schalten neue Fähigkeiten frei und halten dabei Ausschau nach immer besserer Ausrüstung. Ein Beutefest ist Octopath Traveler 0 zwar wie schon die Vorgänger nicht, dafür gibt’s hier gänzlich neue Beschaffungswege!
Auferstanden aus Ruinen
Denn während wir unserem Rachepfad folgen, müssen wir gleichzeitig unser zerstörtes Dorf langsam wieder aufbauen. Der Beginn fällt ziemlich zaghaft aus, Baufläche und Gebäudeauswahl sind dann nämlich noch sehr begrenzt. Erst mit der Zeit schalten wir neue Areale frei und erhalten neben weiteren Bauplänen auch zunehmend mehr gestalterische Freiheit in Form von Dekorationsobjekten und Co. Dazu gibt’s einen aufgeräumten, aber dennoch vielseitigen Editor, mit dem wir jederzeit den perfekten Überblick über Materialien, Plätze und verfügbare Gebäude haben. Fehlen eigentlich nur noch die passenden Bewohner. Leichter gesagt als getan, schließlich wurde ein Großteil der bisherigen Dörfler ohne Umweg ins Himmelsreich verfrachtet. Zum Glück gibt es auf unseren Reisen zahlreiche Gelegenheiten, neue Siedler anzulocken.

Das ganze System alleine besitzt eine erschreckende Sogwirkung und kann einen über zahllose Stunden beschäftigen, ist aber weit mehr als bloße Beschäftigungstherapie. Kostenlose Übernachtungen, fette Rabatte bei Händlern und sogar das Generieren von Geld sollten Anreiz genug sein, regelmäßig ins Dorf zurückzukehren – die praktische Schnellreisefunktion, die wir im Rahmen des Wiederaufbaus ebenso freischalten wie andere Perks, sind weitere gute Anreize dafür, sich abseits der Rachekiste einmal intensiv als Bauherr zu versuchen. Vieles geschieht automatisch im Hintergrund, wir müssen also nicht ewig und drei Tage im Dorf herumstehen, damit es weitergeht. Und natürlich entfallen hier auch sämtliche Free-2-Play-Mechaniken, mit denen die mobile Version noch vollgestopft gewesen ist.

Gerade zum Ende des Spiels ist ein gut ausgestattetes Dorf Gold wert. In der Arena könnt ihr es mit gewaltigen Monstern aufnehmen und dadurch konzentriert Erfahrung grinden, während gegenwärtig auf Warteposition gestellte Charaktere über die separate Trainingshalle daran beteiligt werden – je höher die Stufe, desto mehr Punkte gibt es. Gute hundert Stunden Gesamtumfang stecken in Octopath Traveler 0, Langeweile ist dabei nie aufgekommen, auch wenn manche Szenarien qualitativ etwas weniger überzeugen als andere. In meinen Augen das beste JRPG des Jahres, dagegen kommt selbst das bereits sehr gelungene Dragon Quest I & II HD-2D Remake aus gleichem Hause nicht an. Ganz schön fies, wenn man wie ich eigentlich vorgehabt hat, die letzten Tage des Jahres mit den Neuauflagen der Yakuza-Reihe zu verbringen und nun unverhofft so eine verführerische Alternative auf dem Tisch liegen hat!
Retro trifft Moderne
Anders als erwartet fußt das Spiel anhaltend auf der Unreal Engine 4 und wurde für die angepasste Neuauflage nicht nochmal auf die aktuelle Version des Grafikgerüsts gehoben. So richtig notwendig war das auch nicht, denn der typische Look der Reihe hätte sich dadurch wohl kaum maßgeblich verändert. Der optische Mix aus klassischer Pixelkunst und wunderschönen Dioramen ist wunderbar zeitlos und verzückt mich jedes Mal wieder neu – auch wenn der Ursprung jederzeit deutlich ersichtlich bleibt. Da haben die beiden Vorgänger einfach einen besseren Eindruck hinterlassen. Dazu gibt’s eine ansehnliche Beleuchtung und dichte Effekte. Octopath Traveler 0 erscheint für so ziemlich jede halbwegs aktuelle Plattform mit Ausnahme der XBOX One (warum auch immer), sogar die Nintendo Switch wurde mit einer Portierung bedacht. Dazwischen gibt es abseits von Auflösung und Bildrate aber noch ein ein paar andere Unterschiede:
PC | XBOX Series X | PlayStation 5 : Bis zu 120 Bilder pro Sekunde bei festen 4K | GL: 500
XBOX Series S: Bis zu 120 Bilder pro Sekunde bei festen 1080p | GL: 500
PlayStation 4: Bis zu 60 Bilder pro Sekunde bei festen 1080p | GL: 400
Nintendo Switch: Bis zu 30 Bilder pro Sekunde bei maximal 720p | GL: 250
Nintendo Switch 2: Bis zu 60 Bildern pro Sekunde bei maximal 1080p | GL: 400
Gut spielbar ist der Titel auf sämtlichen Plattformen, wobei die Nintendo Switch mit Abstand die größten Kompromisse hinnehmen muss und vor allem auf großen Displays wie gewohnt ziemlich matschig aussieht. Die Bildrate stellt dabei nur ein untergeordnetes Problem dar, da Octopath Traveler 0 davon spielerisch schlicht nicht profitiert. Andererseits kann es vor allem in effektreichen Kämpfen vorkommen, dass die Bildrate sichtbar einbricht – erst recht, wenn sich viele Gegner und Charaktere gleichzeitig auf dem Bildschirm tummeln. Dann ist da noch das GL, also das Gebäudelimit. Je nach Plattform kann das nämlich ganz unterschiedlich ausfallen, hier hat die alte Switch einfach nicht genug Power unter der Haube, um gewaltige Großstädte zu ermöglichen. Aber keine Sorge, ein spielerischer Nachteil entsteht euch dadurch nicht, denn selbst das halbierte Limit ist mehr als genug, um alles Wichtige zu bauen.

Wir haben hauptsächlich auf der PlayStation 5 Pro getestet und konnten dort ein durchgehend flüssiges und scharfes Spielgefühl genießen. Die Bedienung fällt plattformunabhängig angenehm zugänglich aus, was vor allem an den aufgeräumten Menüs und der guten Kampfsteuerung liegt. Damit eignet sich das Spiel auch ideal für unterwegs. Der Soundtrack ist klasse und die Sprecher machen ihren Job fast durchgehend prima, lediglich kleinere Ausnahmen fallen unschön ins Gewicht – sowohl im Englischen, als auch im Japanischen. Was uns zwangsläufig zum größten Wermutstropfen bringt, denn anders als noch die Vorgänger gibt es dieses Mal keine deutschen Texte, sondern ebenfalls nur die Wahl zwischen Englisch und Japanisch. Das ist verdammt ärgerlich, gerade wenn man den Sprachen nicht mächtig ist, denn Text gibt’s im Spiel jede Menge.

„Da hat man die letzten Tage des Jahres bereits durchgeplant, alle Tätigkeiten schon so langsam auf den dringend nötigen Betriebsurlaub ausgerichtet und sich die Kandidaten für die Year End Awards bereits sorgfältig zurechtgelegt…und was passiert? Mit Octopath Traveler 0 kommt kurz vor Schluss nochmal ein richtiger JRPG-Koloss daher, welcher im Kampf um die Krone locker mitmischen kann! Eine packende Story, tolle Charaktere, sinnvoll erweiterte Kämpfe und eine absolut süchtigmachende Aufbaukomponente katapultieren das Prequel zum Erstling schlagartig auf den ersten Platz der besten Rollenspiele 2025. Grafisch lassen sich die Ursprünge als Mobile Game zwar nicht immer verbergen, die hübsche HD-2D-Grafik hinterlässt aber je nach Plattform immer noch einen wunderschönen Eindruck. Viel besser kann man ein Jahr eigentlich nicht abschließen. Ganz klar: Ein Must-Play, nicht nur für Kenner!“


- Anhaltend toller Grafikstil, der das Beste aus zwei Welten gekonnt miteinander vereint
- Ansehenliche Licht- und Partikelkulissen
- Detaillierte, facettenreiche Schauplätze
- Durchgehend dichte Atmosphäre
- Grandios erzählte und inszenierte Geschichte
- Vielschichtige Persönlichkeiten mit glaubwürdigen Motiven – sogar in Hinblick auf die Bösewichte
- Fast dreißig rekrutierbare Charaktere mit eigenen Fähigkeiten und Spezialitäten
- Endlich: Echtes Gruppengefühl
- Zahlreiche sinnvolle Erweiterungen…
- …von denen vor allem Kämpfe und Entdeckung immens profitieren
- Motivierendes, angenehm taktisches Kampfsystem
- Geniale Baukomponente mit hoher Langzeitmotivation…
- …die sich spürbar auf das reguläre Gameplay auswirkt
- Bis zu hundert Stunden Gesamtspielzeit
- Gut implementierte Tutorials
- Überwiegend gute englische und japanische Sprecher
- Stimmiger Soundtrack
- Plattformunabhängig zugängliche Bedienung

- Überschaubarer Editor
- Zentraler Protagonist bleibt eher blass
- Lernkurve zieht ab einem Punkt im Spiel dramatisch an
- Gelegentlich schwache Texturen
- Visuell insgesamt hinter den Vorgängern
- Nintendo Switch technisch mit Abstand am schwächsten
- Keine deutsche Lokalisierung
- Ein paar schwache Sprecher




Entsprechende Rezensionsmuster sind uns auf eigene Kosten gestellt worden.
*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen.
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