Er ist pink. Er zeigt keine Gnade. Und er hat mehr Saugleistung, als der Drachenlord in der Nähe eines Buffets. Kirby ist zurück auf der Nintendo Switch 2 und bekommt mit Kirby Air Riders nach über zwanzig Jahren ein Sequel zu einem absoluten Geheimtipp auf dem GameCube spendiert. Den passenden Test dazu spendieren wir.


Entwickler: HAL Laboratory
Publisher: Nintendo
Plattform: Nintendo Switch 2
Veröffentlichungsdatum: 20. November 2025
Preis: 69,99€*
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Metacritic | OpenCritic | IMDB


Der etwas andere Racer
Ich weiß, es ist generell ein großes Wagnis, überhaupt Vergleiche zu Mario Kart zu ziehen. Schließlich dominieren der Klempner und seine Freunde das Genre seit Jahrzehnten mit eiserner Hand. Viel Raum für Konkurrenz bleibt da nicht mehr und wer es doch versucht hat, ist zumeist krachend daran gescheitert. Dass ein erfolgsversprechender Mitbewerber wie dieser nicht nur aus der eigenen Entwicklerschmiede von Nintendo stammt, sondern auch noch von den Machern von Smash Bros., ist schon eine kleine Sensation. Andererseits ist der hier verantwortliche Masahiro Sakurai ja nicht nur der Schöpfer des beliebten Brawlers, sondern eben auch der geistige Vater von Kirby. Und was der bisher hervorgebracht hat, liest sich fast durchgehend wie eine einzige Erfolgsgeschichte.

Dabei folgt Sakurai in der Regel stetig dem Wunsch nach Evolution. Bestehendes verbessern. Dinge neu denken. Wo andere Jahr für Jahr Bewährtes mit stetig faderem Geschmack neu aufkochen (ich blicke in deine Richtung, Call of Duty!), ist der 55-jährige immer Visionär geblieben. Schon das fast identisch klingende Kirby Air Ride – hierzulande 2003 für den Nintendo GameCube veröffentlicht – brach mutig mit bestehenden Konventionen und wurde seinerzeit von den Kritikern gehörig dafür abgestraft. Erst über die folgenden Jahre hat der Titel allmählich Kultstatus erlangt. Heute muss man selbst für ein Gebrauchtexemplar ordentlich in die Tasche greifen. Klare Sache: Ein echtes Sequel war lange überfällig. Und genau das wird jetzt endlich geliefert.

Das spielerische Grundprinzip ist dabei identisch geblieben, denn anders als bei den allermeisten anderen Genrevertretern wird hier vollautomatisch beschleunigt, lediglich ums Lenken müsst ihr euch selbst kümmern, wobei ein doppeltes Antippen nach links oder rechts einen Basisangriff in die entsprechende Richtung ausführt. Mächtigere Attacken erhaltet ihr durch das Einsaugen verschiedener Gegner auf den Rennstrecken. Davon getroffene Gegner füllen langsam eine zusätzliche Spezialleiste, mit dem sich mehrere besonders starke Fähigkeiten ausführen lassen. Klingt kompliziert, lässt sich aber alles mit maximal zwei Buttons ausführen. Neueinsteiger sollten trotzdem erstmal das gut gemachte Tutorial absolvieren, um sich mit all diesen ungewöhnlichen Mechaniken vertraut zu machen. Erste Erfolge stellen sich dann bereits nach kurzer Eingewöhnungszeit ein.
Vin Diesel kann einpacken
Insgesamt zwanzig Fahrer stehen euch zur Verfügung, wobei sich das Roster vorwiegend aus bekannten Charakteren der langlebigen Reihe rund um die knuddelige Knuffkugel zusammensetzt. Jeder einzelne verfügt über eigene Werte und Angriffe inklusive Spezialfähigkeit. Zweiundzwanzig Maschinen, die ebenfalls allesamt über ein komplett eigenes Fahrgefühl verfügen, kommen obendrauf und lassen sich individuell zuordnen. Anders als in den meisten ähnlich gestrickten Spielen erhaltet ihr dadurch eine Menge spielerischen Freiraum, was die Langzeitmotivation hintenraus natürlich dramatisch steigert. Das Ganze funktioniert wahlweise alleine, lokal an einer Konsole im Koop bis zu vier Spielern, im Konsolenverbund verdoppelt sich diese Anzahl noch einmal und online können sogar satte sechzehn Spieler gegeneinander antreten. Beste Voraussetzungen für ein paar extrem unterhaltsame Abende also.

Dabei beginnt das Spiel eher gemütlich. Anfangs fühlt sich das Gameplay noch etwas gemütlich, außerhalb von Boosts sogar überraschend träge an. Das ändert sich spätestens dann, wenn eure Fahrer Geschwindigkeiten im dreistelligen Bereich erreichen und ihr wie Billardkugeln in einem engen Tunnel von Bande zu Bande geschleudert werdet. Nicht selten kommt es vor, dass ihr dazwischen längere Schwebepassagen überstehen müsst. Das fordert sehr angenehm, fühlt sich nie unfair an und macht wirklich eine Menge Spaß, wenn man gewillt ist, sich darauf einzulassen. Keine Frage: Kirby Air Riders ist wie schon sein Vorgänger kein Spiel für Jedermann. Aber absolut wert, ausprobiert zu werden – vor allem, wenn man von Mario Kart World wie ich tatsächlich eher etwas enttäuscht zurückgelassen worden ist.

Wem der Titel langfristig trotzdem etwas zu schwer ist, kann die Erfahrung mit mehreren Schwierigkeitsgraden justieren, ferner offeriert das Spiel eine hohe Palette an optionalen Komforteinstellungen, mit denen ihr nahezu jedes Darstellungselement so anpassen könnt, wie es euch am besten gefällt. Damit geht Nintendo einen längst überfälligen Schritt in Richtung Allgemeinzugänglichkeit, was absolut zu begrüßen ist. Allerdings ist Kirby Air Riders auch auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad kein Spaziergang im Park, vom Anspruch eines Soulslike ist das Spiel aber trotzdem weit entfernt. Es geht eben nur so weit, dass euch die Siege nicht auf einem Silbertablett serviert werden, was absolut gut so ist.
Ordentlich was zu tun
Auf der anderen Seite leiden Racer wie dieses für gewöhnlich an einem relativ überschaubaren Gesamtinhalt – sei es, weil es nur wenige Strecken gibt oder ein bestehendes Konzept verzweifelt in eine Open World gezwungen wird, mit dem die Macher im Ergebnis einfach nichts anzufangen wissen. Es gibt viele Schlaglöcher, in die man stolpern kann. Andererseits hat man ja auch keine Lust, immer wieder dieselben Turniere abzufahren. Spätestens, wenn man auf jedem Kurs die Bestzeit eingefahren hat, landen solche Spiele relativ schnell bei eBay und Co., seien wir da mal ganz ehrlich. Kirby Air Riders bietet von Anfang an deutlich mehr Beschäftigung, angefangen bei einer knapp fünf bis sechs Stunden langen Kampagne. Die erzählt zwar eine relativ belanglose, aber weitestgehend nett inszenierte Geschichte, verfolgt aber viel mehr den Zweck, euch durch einen abwechslungsreich strukturierten Mix aus sämtlichen Modi mit deren jeweiligen Inhalten vertraut zu machen.

Dazu gibt’s sogar exklusive Minispiele und wirklich exzellent gestaltete Bosskämpfe inklusive einer exklusiven Liste an freischaltbaren Zusatzinhalten mit einhundertfünfzig Herausforderungen für jeden Anspruch, die euch garantiert einige Stunden beschäftigen werden. Erst recht, wenn man bedenkt, dass jeder Modus mit einer eigenen Liste aufwartet. Heidewitzka! Diverse Items, Upgrades und neue Flitzer könnt ihr dabei ebenfalls abstauben. An einem so umfangreichen und motivierenden Belohnungssystem können sich viele andere Entwickler ein Beispiel nehmen – sogar abseits des Genres. Etwas konservativer geht es in Air Ride zu, bei dem es sich um eine klassische Turnierkomponente handelt, die euch über insgesamt sechzehn schön gestaltete Strecken führt und am Ende einen Sieger aus der durchschnittlich errechneten Leistung kürt.

City Trial erinnert dagegen eher an eine Battle Royale mit Rogue-lite-Elementen, in der ihr zunächst einige Minuten Zeit habt, euch im Rahmen einer offenen Karte mit Upgrades und Items einzudecken, ehe der Gewinner im Anschluss daran durch einen von sechzehn verschiedenen Wettbewerben ermittelt wird. Die reichen von klassischen Rennherausforderungen bis zu direkten erbitterten Fights innerhalb einer Arena, also wird auch hier jede Menge spielerische Abwechslung geboten. Der letzte Modus im Verbund hört auf den Namen Top Ride, verfügt nochmal über neun exklusive Strecken und ist eine witzige Ergänzung zum bestehenden Pool, weil das komplette Geschehen dort aus der isometrischen Perspektive gesteuert wird, was in einer völlig eigenständigen Dynamik resultiert. So facettenreich wie Kirby Air Riders ist gegenwärtig kein anderer Genrevertreter auf dem Markt. Jeder Modus präsentiert sich sinnvoll durchdacht und macht unglaublich viel Laune.
Richtig schön ist anders
Problematisch wird’s spätestens bei der Technik, denn so richtig zeitgemäß sieht das Spiel nicht aus. Auf der einen Seite passt der kunterbunte Comiclook perfekt ins Kirby-Setting und trumpft mit einer anständigen Beleuchtung auf, alles andere wirkt dagegen aber eher, als hätte man den Titel ursprünglich für die Vorgängerkonsole entwickelt und hier lediglich Auflösung und Bildrate optimiert. 1080p gibt es im Dock, was gerade auf großen Bildschirmen schon in einem etwas verschwommenen Gesamtbild resultiert. Selbst das Interface und Schriften im Allgemeinen hinterlassen einen eher matschigen Eindruck. Unterwegs wird in 720p aufgelöst, wodurch in Kombination mit dem Display brauchbarere Ergebnisse erzielt werden.

Sechzig Bilder pro Sekunde werden davon unabhängig für geschmeidiges Gameplay angepeilt und zumindest im Rahmen der Einzelspielererfahrung auch überwiegend zuverlässig erzielt. Lediglich, wenn mehrere Fahrer gleichzeitig ihre effektreichen Spezialangriffe entfesseln, kann die Bildrate kurzzeitig sichtbar einbrechen, fängt sich dann jedoch zügig wieder. Wesentlich schlechter sieht es mit der Performance innerhalb der lokalen Mehrspielerkomponente aus, denn sobald an der selben Konsole mehr als ein Spieler zugegen ist, kann die Bildrate dauerhaft bis auf ruckelige 30 Bilder pro Sekunde runtergehen, was für ein derart auf Geschwindigkeit optimiertes Spiel ziemlich fatal ist. Hier wäre eine dynamische Auflösungsskalierung die bessere Wahl gewesen, obwohl damit natürlich wieder andere Probleme verbunden gewesen wären – eine konstante Bildrate sollte in meinen Augen aber die oberste Priorität darstellen.

Gleichzeitig leidet Kirby Air Riders wie so manch anderer Titel auf der Nintendo Switch 2 an Schwierigkeiten mit der korrekten Darstellung von HDR. Selbst nach ein wenig Feinjustierung wollten sich keine gänzlich überzeugenden Ergebnisse einstellen, was man definitiv dem Spiel, bzw. der Konsole zuschreiben muss, da unser Fernseher alleine schon aufgrund unserer umfangreichen Filmberichterstattung professionell und mit maximaler Präzision kalibriert worden ist. Ja, für Nintendo ist es die erste Konsole mit HDR-Support und die Maschine ist noch ziemlich jung. Langfristig muss man diese Probleme aber unbedingt in den Griff bekommen. Dafür geht die Bedienung mit sämtlicher Peripherie gut von der Hand und auch die Vertonung inklusive musikalischer Begleitung passt prima zum Geschehen.

„Ihr kennt ja sicher das alte Sprichwort ‚Besser spät, als nie‘, welches auf Kirby Air Riders wohl besser zutrifft als auf alles anderes – na ja, mit Ausnahme vielleicht von Grand Theft Auto VI. Aber selbst darauf musste man als Fan nicht satte zweiundzwanzig Jahre warten. Eine lange Zeit, die sich definitiv gelohnt hat, denn was das Masahiro Sakurai und sein Team hier abgeliefert haben, ist eine nahezu perfekte Alternative für alle, denen Mario Kart World zu wenig Langzeitmotivation, Inhalt und frische Ideen geboten hat. Durch die einzigartige Spielweise in Kombination mit den facettenreichen Modi, tollem Mehrspielersupport und einem extrem umfangreichen wie motivierenden Belohnungssystem zieht der Racer in meinen Augen locker an dem bisher übermächtigen Konkurrenten aus eigenem Hause vorbei. Schade nur, dass es technisch nicht für einen Platz auf dem Treppchen reicht – dann wäre noch etwas mehr dringewesen! Trotzdem: Einen besseren Arcaderacer könnt ihr euch aktuell nicht unter den Weihnachtsbaum legen.“


- Hübsche Licht- und Effektkulissen
- Abwechslungsreiches und umfangreiches Streckenangebot über sämtliche Modi hinweg
- Gut gemachte Zwischensequenzen
- Immense spielerische Freiheit aufgrund genialer Dynamik durch individuelle Fahrer- und Maschinenkombination
- Forderndes, aber stets faires Gameplay mit hoher Langzeitmotivation…
- …welches sich mit Ausnahme des Turniermodus angenehm abseits bestehender Konventionen bewegt
- Gewaltiges, motivierendes Belohnungs- und Herausforderungssystem
- Vier komplett unterschiedliche, gut durchdachte Modi
- Toller Mehrspielersupport für bis zu sechzehn Spieler
- Spaßige Bosskämpfe innerhalb der Kampagne
- Faire Lernkurve
- Ausführliche Tutorials
- Zahlreiche optionale Anpassungsmöglichkeiten, unter anderem bei der Schwierigkeit
- Passende Vertonung
- Durchgehend gute Bedienung

- Nahezu belanglose Hintergrundgeschichte
- Technisch insgesamt nicht mehr völlig zeitgemäß
- Anhaltende Probleme bei der Wiedergabe von HDR
- Lokaler Mehrspielermodus mit massiven Leistungsschwankungen



Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise von Nintendo zur Verfügung gestellt worden.
*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen.
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