Getestet und verfasst von General M
Auch am ersten Wochenende nach Release laufen die Server überraschend stabil. Seit dem ersten Teil des Reviews habe ich viele neue Abenteuer erledigt, aber auch einige Frustmomente hinter mich gebracht. Ein genauer Blick hinter die Spielmechaniken des Addons und was die Zukunft bringt soll dieser Teil abschließend klären. Am Ende gibt es dann natürlich auch das Fazit und die endgültige Wertung.
Level 100 ist längst erreicht. Die obligatorische Frage nach dem „Was nun?“ beantwortet Blizzard auf vielerlei Weise. Zum einen gilt es, die Gegenstandsstufe von mindestens 810 zu erreichen, um Zugang zu den heroischen Dungeons zu erhalten. Dort wartet dringend für den ersten Schlachtzug Ende September benötigte Ausrüstung. Fakt ist: Bereits diese Schwierigkeitsstufe hat es in sich. Selbst meine gut aufgestellte Gildengruppe ist das ein oder andere Mal gestorben, konnte dafür am Ende aber auch ein gesteigertes Erfolgsgefühl genießen. Denn im Vergleich zu anderen Addons erhalten Feinde im heroischen Modus nicht nur mehr Leben und erhöhten Schadensausstoß, sondern gewinnen auch neue Fertigkeiten hinzu, die entschlossenen Spielern abermals Kopfzerbrechen bereiten können. Taktisches und kluges Vorgehen ist also ebenso nötig wie ein Eimerchen voll Geduld. Casual Gamer könnten sich darüber ärgern. Es war in der Vergangenheit immer so, dass sich viele Spieler in den Foren von Blizzard über die zu hohe Schwierigkeit beklagt haben, die dann auch zügig runtergefahren wurde. Das hat dann wieder die erfahrenen Spieler geärgert, die Herausforderungen dieser Art lieben. Für Blizzard ein zweischneidiges Schwert.
Auf heroischem Schwierigkeitsgrad haben auch gut ausgerüstete Spieler wenig zu lachen.
Allerdings hat man sich in der Vergangenheit eben auch oftmals für die größere Gruppe der Gelegenheitsspieler entschieden. Man spricht hierbei von einem „Nerf“. Das Nerfen und Re-Balancen ist bei WoW ohnehin Gang und Gebe und gerade nach einem größeren Launch wichtig und theoretisch auch gar nicht verkehrt. Dieses Mal sehe ich mich bei all dem sehr in der Mitte. Ich bin ein erfahrener und geübter Spieler und schätze Herausforderungen, empfand auf meiner Reise allerdings viele Herausforderungen als unnötig schwer. Als Feuermagier, der ohnehin ungewollt alles in Brand steckt, was gerade so im Umkreis herumläuft, nicht unbedingt angenehm. Denn selbst die normalen Gegner (auch „Trash“ genannt) teilen ordentlich aus. Manche Quests, die den Kampf gegen mehr als zwei Gegner gleichzeitig erforderten, endeten trotz aller Bemühungen und angemessener Ausrüstung schnell im Tod. Klar, zum Launch hat man Glück – die meisten Gebiete sind sehr belebt und teilweise sogar drastisch überfarmt. Oft genügt es dann, sich kurz hinzusetzen und zu warten, bis jemand auftaucht, der die Quest auch im Logbuch hat. Dann geht alles ganz einfach. Dennoch – Ich habe das Gefühl, dass gerade Stoffträger momentan sehr im Nachteil sind, wenn sie solo unterwegs sind. Platten- und Kettenträger dagegen kommen oftmals auch alleine mühelos gegen größere Gruppen zurecht. Und der neue Dämonenjäger erscheint stellenweise ohnehin wie so oft übermächtig zu sein. Aber das Problem hatte der Todesritter seinerzeit ja auch.
Tatsächlich bin ich stark dafür, die Schadens- und Lebenswerte grundlegend um 15-20% zu senken, oder aber die Werte der Charaktere entsprechend zu verbessern. Als Feuermagier, der besonders stark auf zufällig auftretende Effekte angewiesen ist (sog. „Procs“), hat man momentan einfach eine schwere Zeit auf den Verheerten Inseln. Besonders, da mit dem Erreichen von Level 110 sämtliche Gegner ebenfalls auf diese Stufe angehoben werden.
Wer suchet, der wartet
Ebenfalls ein großes Problem stellt momentan der Dungeon-Browser dar. Das nützliche und wichtige Tool, mit dem Spieler Gruppen für Instanzen finden können, leidet momentan an extrem langen Wartezeiten. Oft kommt es vor, dass ich bis zu zwei Stunden in der Warteschlange zubringen muss, um irgendwo Zugang zu finden. Momentan sollten im Deutschsprachigen Raum genügend Spieler online sein, um die Gruppenbildung zügig möglich zu machen. Dem ist aber nicht so und das ist sehr frustrierend, da man gerade im Rahmen von Berufs- und Ordensquests immer wieder in verschiedene Dungeons geschickt wird. Es ist zu hoffen, dass dieses Problem seitens Blizzard zügig beseitig wird.
Ein Talentwechsel kann in schwierigen Situationen manchmal Wunder wirken.
Grundlegend kann man bei all den nervigen Kleinigkeiten, die so ein Release eben mit sich bringt sagen, dass Legion mit zu den besten Erweiterungen gehört, die WoW je hervorgebracht hat. Das abwechslungsreiche Gameplay im Questdesign samt Events, die herausfordernde Meisterung der jeweiligen Berufe, all das wertet das Spiel enorm auf und macht womöglich auch lange abwesenden Spielern wieder Lust auf eine Rückkehr. Gleichzeitig ist bereits für Patch 7.1 die Rückkehr von Karazan angekündigt worden, jetzt im Dungeon Format. Sicher eine hervorragende Gelegenheit, auch nach Erscheinen des ersten Schlachtzugs hochwertige Beute zu erlangen. Rechnen sollte man mit dem Patch allerdings nicht mehr in diesem Jahr und bis dahin gibt es ohnehin genug zu tun. An Inhalt mangelt es absolut nicht. Wichtig ist jedoch, dass Blizzard auch konsequent weiter Inhalt nachliefert, um nicht wie in Draenor Gefahr zu laufen, dass zwischen letztem Inhalt und nächster Erweiterung 1.5 Jahre stehen – für ein MMORPG schnell ein Todesurteil, selbst für WoW. Aber dank der Weltquests hat man momentan neben vielen anderen Dingen noch jede Menge zu tun. Man kann sogar sagen, dass es ab Stufe 110 erst richtig los geht.
Technisches
World of Warcraft ist beinahe 11 Jahre alt. Und das sieht man dem Titel trotz konsequenter Weiterentwicklung der Technik auch an. Im Gegensatz zu anderen Titeln hat man hier jedoch nur selten wirklich das Gefühl, davon gestört zu sein. Legion bietet eine stark erhöhte Weitsicht und nochmal höher aufgelöste Texturen und neue Anti Aliasing – Methoden. Wer sämtliche Regler auf Maximum dreht, bekommt auch im Jahr 2016 immer noch eines der schönsten und lebendigsten MMORPG’s am Markt serviert. Die Unterschiede zwischen Full HD, 2K und 4K halten sich allerdings abgesehen von etwas mehr Bildschärfe sehr in Grenzen. Gerade auf 4K gerät die alte Engine stellenweise ab und an ins Stocken und drückt die Framerate massiv in den Keller. Die mittlerweile zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten ermöglichen dafür, das Spiel auch älteren Systemen gut anzupassen. Generell gilt: Je mehr auf dem Bildschirm los ist, desto mehr drückt es die Frames. Ein Tipp aus alten Tagen: Weitsicht, Schattenauflösung und Partikeldichte sind echte Hardwarekiller!
World of Warcraft kann sich optisch immer noch sehen lassen.
Als ausnahmslos großartig kann man wieder mal den Soundtrack bezeichnen. Hauskomponist Russel Brower hat alle Register seines Könnens gezogen und zusammen mit den anderen Music Artists bei Blizzard einen perfekt komponierten, abwechslungsreichen, epischen Orchestralsoundtrack geschaffen, welcher bei mir schon seit Tagen in Dauerschleife läuft. Auch die Deutschen Sprecher sind gut gewählt, wenngleich diese kaum ins Gewicht fallen, da die Questtexte nachwievor unvertont bleiben. Der Aufwand dafür wäre heutzutage rückwirkend wohl auch etwas zu groß. Dafür bietet Legion dennoch mehr Sprachinhalt, als alle bisherigen Addons.
Fazit und Wertung
„Ja, Legion bietet bereits jetzt sehr viel. Und all das auch auf hervorragend hohem Niveau. Ob Blizzard diesen Schnitt halten kann, bleibt abzuwarten. Man hat jedoch verlautet, dass man sich sehr bemühen wird. Und ich bin gewillt, den Jungs und Mädels zu glauben. Fakt ist, Legion zeigt eindrucksvoll, dass World of Warcraft weder tot noch veraltet ist. Bei allem bisher gesehenen möchte ich fast meinen, dass die Faszination WoW gerade erst wieder begonnen hat. Ein bisschen Balancing hier und da, die Wartezeiten im Dungeon – Browser beseitigen und stellenweise einige kleinere Fehlerkorrekturen und Bugfixes, dann steht einem langen und tollen Zyklus nichts mehr im Weg. Unbedingt ansehen!“
PRO:
+ Verheerte Inseln als abwechslungsreicher, toll designter Kontinent
+ Schön erzählte Geschichte
+ Jede Menge zu entdecken
+ Artefaktwaffen als zentrale Komponente
+ Gut strukturierter Weg bis Level 110
+ Sinnvolle Erweiterung des Berufssystems
+ Dämonenjäger fügt sich gut ins Spiel ein
+ Ordenshallen toll ins Spiel integriert
+ Toll strukturierte neue Dungeons…
+ …die endlich wieder mehr ins Questgeschehen eingebunden werden
+ Weltquests
+ Genialer Soundtrack
+ Technisch immer noch ansehnlich
+ Stabile Server
+ Immenser Umfang
CONTRA:
– Klassenbalancing stellenweise sehr unausgeglichen
– Dämonenjäger noch zu stark
– Lange Wartezeiten im Dungeonfinder
– Manche Questreihen wirken künstlich in die Länge gezogen
– Stellenweise frustrierendes Loot – System in Dungeons
– Ordenshallen-Anhänger stark begrenzt
– Ordenshallen-Anhänger müssen erst mühevoll aufgelevelt werden
– Momentan noch Wucherpreise für Ressourcen im Aktionshaus
GESAMTWERTUNG: 88%