World of Warcraft: Legion – Teil I – Reise in die neue Welt

                                            Getestet und verfasst von General M

Seit exakt 23.56 Uhr am Montag ist es endlich soweit. Die fliegende Stadt Dalaran hat sich nach kurzem Zwischenstopp zum Gebirgspass der Totenwinde aufgemacht zum neuen Kontinent im Spiel, den Verheerten Inseln. Zahlreiche Spieler hatten sich zum Launch im Spiel versammelt und warteten ungeduldig vor Erzmagier Khadgar als Anfangs – Questgeber. Obwohl der Ansturm enorm war, gab es zu keinem Zeitpunkt Probleme auf unserem Server. Das war tatsächlich das erste Mal, dass der Launch einer Erweiterung so reibungslos verlief. Dafür gebührt Blizzard Respekt, allerdings hatte man durch die lang andauernde und sehr umfangreiche Beta – Phase auch genügend Gelegenheit, für einen reibungslosen Start zu sorgen. 

Alles neu macht Legion

Tatsächlich macht Legion davon abgesehen auch vieles anders, als seine Vorgänger. So gibt es auf dem Weg zur neuen Maximalstufe 110 einiges zu erleben und zu entdecken. Positiv fällt auf, dass die Entwickler den mit Warlords gegangenen Weg konsequent weitergeführt haben und mehr Abwechslung ins Questgeschehen bringen. Klar nehmen die „Töte X von Y“ – Quests immer noch einen großen Teil der Levelphase ein, dazwischen gibt es jedoch viele kleinere und größere Events, Sammelaufgaben und und und. All das bündelt sich in ungewöhnlich langen Queststrängen, welche die Hauptquest voranbringen. Und auch diese dienen am Ende wieder einem gemeinsamen Ziel. Schon bevor es mit der Erweiterung losging, ist viel passiert in Azeroth. König Varian hat im Kampf gegen brennende Legion sein Leben gelassen. Hexenmeister Gul’Dan ist immer noch auf freien Füßen. Azeroth steht unter ständigem Angriff durch die Legion. Die Untoten haben sich als Verräter entpuppt, die ganz eigene Ziele verfolgen. Die Ausgangssituation steht denkbar schlecht. Zum Glück hat Khadgar wie immer eine gute Idee – die Säulen der Schöpfung müssen gefunden werden, mächtige Artefakte, mit denen die Titanen selbst einst die Welt von Azeroth erschaffen haben. Die sind allerdings gut auf den Verheerten Inseln versteckt. Bevor mit der Macht dieser Artefakte also das Portal geschlossen werden kann, durch welches die Dämonen in die uns bekannte Welt eindringen, gilt es, neue Bündnisse zu knüpfen und einer Menge Dämonen und anderen Feinden in den Arsch zu treten! Schließlich sind nicht nur die Guten daran interessiert, sich die Artefakte unter den Nagel zu reißen…

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                 In Sturmheim begegnen wir oftmals Elementen nordischer Mythologie.

Soweit die Geschichte bisher. Was danach kommt, liegt natürlich ganz beim Spieler. Auch hier geht Legion neue Wege. Statt direkt von Anfang an Quest an Quest zu binden, beginnt die Reise ganz anders, als man es erwarten würde. Denn in Dalaran hat sich seit Wrath of the Lich King zwar oberflächlich nur wenig getan, tatsächlich bietet die Stadt eine Menge mehr, als das bloße Auge zu sehen vermag. Spieler organisieren sich jetzt je nach Klasse in Ordenshallen. Sowohl Horde als auch Allianz treffen in großen, stilvoll designten Hallen zusammen und bringen von dort die Kampagne voran. Die Hallen dienen aber nicht nur als Garnisionsersatz, sondern sind auch zentraler Anlaufpunkt für das Aufrüsten der neuen Artefaktwaffen, die jeder Charakter je nach Spezialisierung gleich zu Beginn des Spiels nach einer langen und sehr interessanten Questreihe erhält. 

Dies ist mein Artefakt. Es gibt viele von ihnen, aber dieses gehört mir!

Nehmen wir mal meinen Main als Beispiel. Excelsia hat sich einen Tag vor der Erweiterung dazu entschieden, dass das jahrelange Meistern der Frost – Spezialisierung langweilig geworden ist und darüber hinaus in Sachen Schaden nicht mehr mit anderen Klassen mithalten kann. Also wechselt sie auf Feuer um und passt ihre Talente an. Beides geht mittlerweile ohne Zusatzkosten und kann jederzeit in den Ruhezonen (also den Hauptstädten) bequem verändert werden. Die jeweils ergatterte Waffe bleibt voraussichtlich auch bis zum Ende des Spiels die einzige Waffe, die es in Legion überhaupt gibt. Dafür bietet sie neben mächtigen Fähigkeiten auch zahlreiche aktive und passive Boni, die wir durch das Erlangen von Artefaktmacht konsequent erweitern. Die Gegenstandsstufe steigt ferner durch besondere Kristalle an, die überall im Spiel zu finden sind. Gleiches gilt für die Artefaktmacht.

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                  Felo’Melorn ist nur eine von vielen Artefaktwaffen in World of Warcraft.

So skaliert also die Stärke der Waffe mit Spieler und Kristallen – klar soweit? Gut! Tatsächlich ist das ganze in der Umsetzung nämlich viel einfacher, als es klingt. Und erst besagte Boni machen den Charakter wirklich stark, auf den Einbau weiterer Talente hat man nämlich verzichtet. So freut sich Excelsia etwa über mehr Schaden bei bestimmten Fertigkeiten oder einer verbesserten Heilung beim Blinzeln. 

Das Zauberwort ist Skalierung

In den Ordenshallen gibt es neben den Quests aber auch wieder die Möglichkeit, Anhänger zu rekrutieren und diese auf Missionen zu schicken. Manche davon bieten wie in Draenor Erfahrung und andere Boni, andere sind für die Ordens – Quests wichtig oder verleihen noch mehr Artefaktmacht. Aus Draenor selbst kann man seine Anhänger jedoch nicht mitnehmen, alles startet ganz frisch von Anfang an. So eben auch die Reise des Charakters, welche nun nicht mehr linear Gebiet für Gebiet basierend auf der Stärke der dort ansässigen Gegner abläuft, sondern ebenso mit der Spielerstufe skaliert. So kann man sich das Startgebiet beliebig aussuchen, auch die dortige Ausrüstung skaliert mit. Ebenso passen sich auch die Items in den neuen Dungeons an die Spielerstufe an. Spieler mit Level 106 erhalten beispielsweise höherwertige Beute als Spieler, die erst Level 102 erreicht haben. Praktisch: Durch ein mögliches Feature der Ordenshalle besteht immer die Chance, dass sich im Rahmen von Quests erhaltenes Gear manchmal von grüner zu blauer oder gar epischer Stufe aufwertet. Die bringen dann nochmal höhere Gegensstandsstufen und verbesserte Werte mit sich. Hier entscheidet aber dann der Zufall. Grundlegend funktioniert die Symbiose aus Garnision und Waffenwerkstatt sehr gut, zumal sie auch einen der zentralen Kritikpunkte von Dreanor ausräumt, nämlich die gefühlte starke Isolierung des Charakters. Jetzt tummeln sich überall andere Klassengenossen (ein Hoch auf den Kommunismus!) – zum Glück sind Magier keine Arschlöcher. 

Schwierigere Berufe

Anspruchsvoller ist dagegen der Erwerb des täglichen Brotes durch Berufe geworden. Wer dachte, die neuen 100 Punkte einfach mal schnell durch das Erstellen von zig Gegenständen erreichen zu können, nur um anschließend Zugriff auf epische Muster zu erhalten, die man dann für unverschämt viel Gold über das Auktionshaus an den Spieler bringen kann, irrt. Excelsia beispielsweise ist Schneiderin und Verzauberin. Rezepte erhält sie aber jeweils nur nach und nach und das auch nur über zahlreiche Quests, die über sämtliche Gebiete verstreut sind. Hat man dahingehend erste Grundlagen für den Beruf zusammengetragen, beginnt der spaßige Teil: Ohne einen Satz hochwertiger Items, die jeweils von Schmieden, Schneidern und Kürschnern hergestellt werden können, geht es nicht weiter. Und damit bleibt einem vorerst auch der Zugang zur Erstellung von Obliterum verwehrt, einer neuen Ressource, die epische (hergestellte) Ausrüstung um jeweils 5 Punkte aufwerten kann. Wer also erfolgreich im Beruf sein will, bzw. erfolgreich im Spiel, muss geduldig sein und über einen langen Zeitraum konsequent ackern und farmen, ehe man überhaupt in die höherwertigen Berufsklassen vordringen kann. Das gefällt mir persönlich sehr gut, da die Berufe nun endlich wieder einen höheren Stellenwert im Spiel einnehmen. 

Abwechslungsreiche Gebiete

Nach nunmehr fünf Erweiterung, so sollte man meinen, kann es Blizzard nur schwerlich gelingen, Zonen zu bieten, die sich unverbraucht und frisch anfühlen. Dennoch haben sie es geschafft. 

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                                        Die Weitsicht wurde drastisch verbessert. 

Meine Reise beginnt in Sturmheim. Irgendwann gegen 1 Uhr Nachts am frühen Dienstag. Nun, zumindest sollte sie das. Denn das Luftschiff, dass mich dorthin bringen soll, will sich partout nicht von der Stelle bewegen. Nicht-Spielercharaktere sind nirgendwo aufzufinden, das ganze Schiff ist völlig leer. Erst nach mehrmaligem Abbruch startet das Szenario korrekt. Ärgernisse wie diese sind eben auch bei einem sorgfältig geplanten Start nicht zu vermeiden. Problem: Auch drei Tage später ist dieser Fehler ebenso wie einige andere auch nicht behoben worden. Keine Totalschäden zwar, aber wenn solche lästigen Probleme nicht schnell durch Hotfixes behoben werden, kann das schnell den Unmut der Spieler auf sich ziehen. Größere Patches sind bisher jedoch nicht erschienen. Kleinere meines Wissens nach jedoch auch nicht. Auch die Foren bieten da wenig Hilfe – die sind nämlich momentan meistens offline. Endlich in Sturmheim angekommen, geht es nach einem etwas holprigen Start (holprig, weil das Schiff prompt vom Himmel geholt wird) an die ersten Quests. Ressourcen müssen gesammelt werden, verstreute Verbündete gefunden werden…was das angeht, bleibt sich WoW treu und bietet nur wenige Überraschungen. Schnell merkt man, dass selbst die beste Ausrüstung des Vorgängers nicht vor Schaden schützt. Im Gegenteil – die neuen Feinde teilen allesamt kräftig aus, da kann auch ein Vogel zuviel schnell mal das Ende bedeuten. Legion fordert mehr als je zuvor sämtliche Talente des Charakters. Spätestens auf Suramar wird es zum Ende hin sogar essentiell, wenn man nicht die meiste Zeit beim Geistheiler verbringen will. Oder einem Meister für Reparaturen. So durchlaufen selbst Profis eine harte Schule bis zum Ziel. Ob das nordische Sturmheim, der steinige Hochberg (der mit alten Bekannten aufwartet), das sumprife Azsuna oder das von der Verderbnis des Xavius befallene Val’Shara, überall lauern ernstzunehmende Gefahren, die den findigen Entdecker natürlich nicht abschrecken sollten. Denn entdecken kann man überall was, von seltenen Gegnern bis hin zu besonderen Schätzen. Gerade der Bedarf an Artefaktmacht macht es nahezu erforderlich, auch mal abseits der Pfade zu wandern. Man merkt überall die Liebe zum Detail. Die Entwickler haben sich wirklich Mühe gegeben, sinnvolle und abwechslungsreiche Gebiete zu erschaffen, die alle ihren eigenen unverkennbaren Charme haben. Zu keinem Zeitpunkt meiner drei Tage langen Reise zu Stufe 110 habe ich das Gefühl verspürt, irgendwas schonmal gesehen zu haben. Alles ist größer und schöner als überhaupt irgendwo in World of Warcraft bisher. 

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          In den Wäldern von Val’Sharah lauern viele Gefahren im malerischen Dickicht.

Legion behält den Spieler wie alle anderen Erweiterung vorerst am Boden der Tatsachen. Bodenreittiere können umgehend bestiegen werden, darüber hinaus ist abgesehen von den über die Flugmeister zu erreichenden Punkten absolute Flugverbotszone. Erfahrungsgemäß wird das Fliegen erst viel später seinen Weg ins Spiel finden, wenn überhaupt. In Draenor mussten dafür einige knifflige Aufgaben erfüllt werden, ähnliches darf man auch in Legion erwarten. Allerdings sorgen die gut verteilten Flugpunkte dafür, dass man auch so gut von A nach B gelangen kann. Für alles andere gibt es schließlich uns Magier und unsere Portale. 

Im zweiten Teil des Reviews schauen wir uns die Dungeons näher an, blicken auf die kommenden Schlachtzüge und bringen ein vorläufiges Fazit samt Wertung zu Legion. Bis dahin darf mir gerne jeder Alliant – Spieler auf Ambossar „Hallo!“ sagen, oder mich gar unter meinem Namen GeneralM#2310 in seine Battle.net – Liste aufnehmen. Wer weiß, vielleicht begegnet man sich ja mal.