Doppelte Schatzsuche
Handlungstechnisch ist allerdings alles beim Alten geblieben. Während wir in Uncharted 4: A Thieves End einmal mehr in der Rolle von Nathan Drake und dessen lange verschollen geglaubtem Bruder Sam einem verschollenen Piratenschatz hinterherjagen, erzählt The Lost Legacy von den Ereignissen danach und rückt die Charaktere Chloe Frazer und Nadine Ross in den Mittelpunkt des Geschehens. Die nicht minder schlagkräftigen Damen streiten mit dem fiesen Warlord Asav um ein uraltes indisches Artefakt. In Sachen Storytelling, Action und Gameplay muss sich die Erweiterung nicht vor dem Hauptspiel verstecken. Gute fünfundzwanzig bis dreißig Stunden Spielzeit solltet ihr für einen Gesamtdurchgang einplanen, wobei Komplettisten locker einige zusätzliche Stunden obendrauf rechnen dürfen. Bereits in ihrer Originalform gehören die beiden Abenteuer mit zum grafisch Besten, was die gesamte letzte Konsolengeneration zu bieten hat. Die jeweiligen Remaster legen da sogar noch eine gute Schippe drauf. Aber dazu gleich mehr.
Ein teures Vergnügen
Zunächst möchten wir nämlich noch der Frage auf den Grund gehen, was das gesamte Spektakel denn nun kostet. Knappe fünfzig Euro veranschlagt Sony für die Collection im Laden und verspricht dafür höhere Auflösungen und Bildraten, hübschere Grafik und natürlich vollen Support für die Features des DualSense. Ein happiger Preis, besonders weil beide Titel in dieser Version komplett ohne ihre jeweils umfangreichen Mehrspielerkomponenten auskommen müssen. Ich habe immer Verständnis dafür, dass auch die Herstellung von Remastern mit einem gewissen Arbeitsaufwand verbunden sind und dieser muss natürlich vergütet werden.
Gemessen an dem, was die Collection bietet – und der Tatsache, dass die ursprüngliche Trilogie kein Teil davon ist – halte ich den verlangten Preis aber für zu hoch. Wer dagegen Uncharted 4: A Thieves End ODER The Lost Legacy als Retail für die PlayStation 4 im Regal stehen hat, bekommt nach Einlegen der jeweiligen Disc automatisch ein Upgrade auf die komplette Collection für gerade einmal zehn Euro angebote. Ausgeschlossen davon sind alljene, die eines der beiden Spiele seinerzeit via PlayStation Plus ihrer Bibliothek hinzugefügt haben. Bei den gegenwärtigen Gebrauchtpreisen für die Originalversionen fährt man da insgesamt sehr viel billiger. So ehrlich muss man sein.
Unter der Haube
Und nun schauen wir uns wie versprochen einmal im Detail an, was man für sein Geld denn nun wirklich geboten bekommt. Nehmen wir die PlayStation 4 PRO als Ausgangslage, liefen die Spiele dort in nativem 1440p bei maximal 30 Frames pro Sekunde. Gemessen an damaligen Standards geht das absolut in Ordnung. Um die Titel fit für ein moderneres Zeitalter mit den dazugehörigen Ansprüchen zu machen, bietet die Legacy of Thieves Collection gleich drei verschiedene Modi an: Einen Grafikmodus in nativem 4K bei weiterhin nur 30 Frames pro Sekunde, dann den Leistungsmodus für 60 Frames bei 1440p und zu guter letzt auch einen Leistungsmodus Plus, welcher das Spiel für Bildraten im 120-Hz-Bereich freischaltet. Letzterer schraubt die Auflösung aber noch weiter zurück, es bleibt hier bei 1080p. Weil sich Nathan und Chloe mit bereits sehr geschmeidigen 60 Frames schon sehr viel runder durch die Pampa steuern lassen und zudem auch Shootouts sowie die filmreifen Cutscenes massiv von der im Vergleich zum Original verdoppelten Bildfrequenz profitieren, ohne dass man dafür zu viel Qualität opfern muss, tendieren wir hier ganz stark zum Mittelweg und empfehlen den regulären Leistungsmodus.
Aber auch der Rest hat durchaus seine Daseinsberechtigung. In nativem 4K zeigen die beiden Spiele nochmal etwas eindrucksvoller, warum es für die visuelle Präsentation schon seinerzeit auf der PlayStation 4 Preise regnete. Hier gesellen sich zu den bereits vorhandenen Qualitäten noch eine verbesserte Renderdistanz hinzu, was besonders in den dicht vegetierten Dschungelarealen eine spürbare Verringerung aufploppender Objekte bedeutet, sich aber generell allgemein sehr positiv auf die Weitsicht auswirkt, zumal die Reihe sehr von ihren atemberaubenden Panoramen lebt. Auch die Schattendarstellung wurde verbessert, was man sehr gut in den Zwischensequenzen sehen kann, wo es je nach Lichteinfall bisher zu unschönen Artefakten im Schattierungsbereich kam, welche auf der PlayStation 5 komplett beseitigt worden sind. Die Texturen sind dagegen identisch zum Original, wirken durch verbessertes SSAO in Kombination mit den überarbeiteten Schattierungen und einer etwas höheren Grundauflösung aber knackiger als bisher. Zu guter letzt haben die Macher auch an der Bildunschärfe gefeilt, die sich jetzt bei hektischen Schwenks nicht mehr so aggressiv auf die Bildqualität auswirkt wie es noch auf der PlayStation 4 der Fall gewesen ist.
Alles in allem also eher Kleinigkeiten und nicht die Palette an Überarbeitungen, mit dem manch anderes Remaster der letzten Jahre aufwarten konnte. Da stellt sich natürlich die Frage, ob sich die Aufbereitung überhaupt gelohnt hat – erst Recht, wo die Originalversionen immer noch locker mit den meisten aktuellen AAA-Produktionen mithalten können. Für den Preis von zehn Euro als Upgrade kann man die Collection definitiv mitnehmen, alleine schon weil sich die Titel durch die verdoppelte Bildrate im Leistungsmodus nochmal ganz anders anfühlen. Als Retail liefert die Box in meinen Augen aber zu wenig, um ihren hohen Preis rechtfertigen zu können. Uncharted 4: A Thieves End und dessen Erweiterung The Lost Legacy fühlen sich auf der PlayStation 4 PRO immer noch extrem frisch an, selbst auf dem Basismodell gibt es abseits der nicht ganz so akkuraten Performance nicht viel zu bemängeln. Für mich zielt die Collection daher in ihrer Existenz primär auf PC-Besitzer ab, welche bisher keine Gelegenheit hatten, Hand an die Titel zu legen. Dort sollten dann mit Optionen für 4K bei gleichzeitig flüssigen 60 Frames auch die letzten Kompromisse aus dem Weg geräumt werden. Etwas, was man von einer so leistungsstarken Konsole wie der PlayStation 5 übrigens auch hätte erwarten dürfen.
Hier und da hätten die Macher noch ein Schippchen drauflegen können. So findet man auf der PlayStation 5 dieselben Fehler bei der Berechnung von Schärfentiefe wie schon auf der PlayStation 4, die filmische Körnung beeinträchtigt das Bild weiterhin stellenweise sehr unschön und kann über die Remastere immer noch nicht komplett deaktiviert werden. Auf der anderen Seite sind dafür ein paar Komfortoptionen hinzugekommen, gleichzeitig bietet die Collection Support für dreidimensionales Audio via Headset und natürlich wollen wir auch die eingangs genannten Features des DualSense nicht vergessen. Die adaptiven Trigger kommen besonders bei Schusswechseln sehr gut zum Einsatz, während das haptische Feedback die Immersion in zahlreichen Momenten ganz wunderbar verstärkt. Hätte man diesbezüglich noch wie z.B. zuletzt bei Ghost of Tsushima daran gedacht, das Feedback an verschiedene Untergründe anzupassen, wär´s perfekt gewesen. Diesen kleinen Minuspunkt müssen sich die Remaster dann doch noch abholen. Übrigens: Wer noch Spielstände der Originale besitzt, kann diese unkompliziert in die Remaster importieren.
Fazit und Wertung
„Zwei der besten und schönsten Action-Adventures aller Zeiten in einer Collection und mit vielen Verbesserungen für eine neue Generation leistungsstarker Hardware – das klingt zunächst gar nicht schlecht. Und tatsächlich: Nimmt man das Upgrade als Besitzer der Retail-Originalversion mit, bekommt man für einen schmalen Zehner dank verbesserter Grafik, höherer Bildraten sowie dem guten DualSense-Support mit den Remastern von Uncharted 4: A Thieves End und The Lost Legacy mehrere gute Gründe für einen neuen Durchgang geliefert. Als fünfzig Euro teure Verkaufsfassung bietet die Collection aber insgesamt viel zu wenig, um den hohen Preis zu rechtfertigen, zumal die Mehrspielerkomponenten ersatzlos fehlen und auch die ursprüngliche Trilogie nicht mit an Bord ist. Dann lieber über den Gebrauchtweg aufrüsten – das rate ich übrigens auch Neueinsteigern. Die sollten ihr Abenteuer aber sowieso mit der Nathan Drake Collection – also den Teilen 1 bis 3 – beginnen.“
PRO:
+ Zwei moderne Klassiker in einer Sammlung
+ Einige willkommene grafische Verbesserungen
+ 60 Frames und mehr sorgen für spürbar mehr Spieldynamik
+ Überwiegend gelungene Implementierung des DualSense
+ Guter Support für 3D Audio via Headset
+ Fairer Preis für Besitzer der Originalversionen (PlayStation Plus ausgenommen)
+ Spielstände der Originalversionen lassen sich problemlos übertragen
+ Im Vergleich zu den Originalen drastisch verkürzte Ladezeiten
+ Zusätzliche Optionen für bestmöglichen Bedienkomfort
CONTRA:
– Als Retailversion völlig überteuert
– Mehrspielerkomponenten ersatzlos gestrichen
– Ohne Vorwissen über die Originaltrilogie inhaltlich teilweise schwer zugänglich
– Filmische Körnung weiterhin nicht deaktivierbar
– Einige kleinere Fehler bleiben unangetastet
– Stellenweise ein paar nicht mehr ganz zeitgemäß wirkende Assets
– Haptisches Feedback unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Untergründen
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