Der Film
Nur der ebenfalls an den Tatort gerufene Meisterdetektiv Benoit Blanc (Daniel Craig, Logan Lucky) durchschaut das falsche Spiel der geldgierigen Hinterbliebenen und wendet sich an Krankenpflegerin Marta (Ana de Armas, Blade Runner 2049), die am Vorabend ebenfalls unter den Partygästen weilte und sich bereits beim Gedanken an eine Lüge übergeben muss. Marta bestätigt, was Blanc längst vermutet hat: Hinter der heilen Fassade herrschte bereits zu Lebzeiten des Familenvostands unter der gesamten Sippe ein harter Konkurrenzkampf um dessen beträchtliches Vermögen, der die Aasgeier aber sehr genau zu durchschauen wusste und dementsprechend Vorkehrungen getroffen hat. Als dann bei der folgenden Testamentseröffnung zum Schock aller Anwesenden verkündet wird, dass Harlan seinen gesamten Besitz ausgerechnet Marta vermacht hat, setzt die Familie Himmel und Hölle in Bewegung, um doch noch irgendwie an das Erbe gelangen zu können und schreckt dabei auch vor dreckigen Tricks nicht zurück.
Die in ärmlichen Verhältnissen als Tochter einer illegalen Einwanderin lebende Martha droht unter dem immensen Druck rasch zusammenzubrechen, zumal auch die Medien längst Wind von den jüngsten Ereignissen bekommen haben und nun in Scharen ihre Wohnung belagern. Zuflucht findet die desillusionierte Pflegerin ausgerechnet bei Harlan´s Enkel Ransom (Chris Evans, Avengers: Endgame), der die aktuelle Not der verhassten Anverwandten als schwarzes Schaf der Familie mit großem Vergnügen auskostet. Als Marta jedoch die unglaubliche Wahrheit über den Tod des Patriarchen enthüllt und wenig später auch noch ein Erpresserbrief eintrudelt, nimmt die Ermittlung eine ungeahnte Dynamik an, in deren Verlauf sich die frischgebackene Millionenerbin plötzlich als Mordverdächtige wiederfindet. Gemeinsam mit Ransom macht sich Marta daran, Beweise für ihre Unschuld zu finden. Viel Zeit bleibt dafür aber nicht, denn während Blanc sich dem Duo erbittert an die Fersen heftet, vernichtet ein Unbekannter immer mehr rettende Spuren…
Schon Agatha Christie und ihre ikonischen Charaktere haben uns gelehrt, dass nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Genau nach dieser Prämisse agiert auch Knives Out – Mord ist Familiensache, der sich nach einer etwas zähen Einleitung rasch zu einer undurchschaubaren und hochspannenden Mörderjagd entwickelt. Dabei gibt Regisseur Johnson, der auch Drehbuch und Produktion übernommen hat, dem Zuschauer immer wieder genügend Hinweise zum motivierten Dranbleiben, nur um einen dann doch wieder konsequent auf Glatteis zu führen. Am Ende offenbart sich dann, dass man eigentlich überhaupt nichts gewusst hat. Und genau das macht den Film so unfassbar gut. Hier vereinigt sich wirklich alles, was einen guten Krimi ausmacht: Eine immense Liebe zum Detail, toll geschriebene Charaktere mit Spleen und eine schlüssige Auflösung, wie sie ein Columbo nicht besser hätte abliefern können, zeichnen die etwas über zwei Stunden andauernde Hommage an das klassische „Wer war´s?“-Genre aus.
Auch die makellose Kameraarbeit von Johnson´s Hauskameramann Steve Yedlin sollte nicht unerwähnt bleiben. Der Look des Films ist gleichzeitig modern wie altmodisch und zaubert eine einzigartige Atmosphäre auf den Bildschirm. Der Soundtrack, welcher wieder von Cousin Nathan Johnson beigesteuert wurde, sorgt für eine atmosphärische Untermalung. Knives Out – Mord ist Familiensache bringt zusammen, was zusammen gehört. Und das auf absolut jeder Ebene. Nicht nur für Genrefans unbedingtes Pflichtprogramm, sondern auch für Liebhaber von Poirot, Miss Marple, Columbo und Co. Für mich einer der besten Filme des letzten Jahres und nicht zuletzt eine mehr als anständige Wiedergutmachung für Die letzten Jedi. Rian, ich verzeihe dir.
UHD und Blu-Ray: Das Bild
Dass der Film komplett digital gedreht wurde, fällt zunächst gar nicht auf. Eine ganze Weile lang war ich fest davon überzeugt, dass der klassische Look nur durch den Einsatz analoger Herstellungstechniken zustande kommen könnte. Umso mehr war ich überrascht, dass tatsächlich vollständig digital gedreht wurde. Zum Einsatz kamen ARRI Alexa Mini- sowie Alexa 65-Kamerasysteme, mit einem Maximaloutput von 6.5K. Obwohl ein nativer Transfer mangels großer Effekthascherei sicher möglich gewesen wäre, entschied man sich in der Postproduktion schließlich für ein 2K Digital Intermediate, welches auch im Heimkino zur Anwendung gelangt und Blu-Ray wie UHD gleichermaßen als Basis dient.
Bereits die erste Szene der Blu-Ray wirkt in Sachen Bildschärfe referenzverdächtig und gibt die Marschrichtung für die folgenden zwei Stunden Filmgenuss vor. Nahaufnahmen offenbaren bereits hier zahlreiche feine Details, auch im Hintergrund kommt es nie zu störenden Unschärfen. Die Laufruhe ist von Anfang bis Ende makellos. Bei der Farbgebung hat man sich bewusst für eine erdige Palette entschieden, Gelb- und Brauntöne dominieren das Geschehen in jeder Situation, bieten aber auch Raum für klar definierte Highlights. Bestes Beispiel hierfür ist das sattrote Kleid von Jamie Lee Curtis, dass in den ersten Minuten immer wieder eindrucksvolle Blicke auf sich zieht. Hauttöne könnten dagegen einen Ticken natürlicher sein. Auffällig ist, dass jeder Raum im Herrenhaus farblich ein wenig differenzierter wirkt. So gibt es immer wieder neues zu sehen und die Bandbreite der gegebenen Möglichkeiten wird optimal ausgenutzt. Ein leichtes Filmkorn ist durchgehend wahrnehmbar, passt aber bestens zum visuellen Stil des Films. Dass trotz modernster Herstellungsweise ein solch glaubwürdiger Look erzielt wird, verdankt man einmal mehr der Brillanz von Steve Yedlin, der eigens dafür neue Techniken entwickelt hat. Bei den Kontrasten gibt es ebenfalls nichts zu meckern. Satte Schwarz- und Weißanteile sorgen auch in dunklen Szenen für eine optimale Durchzeichnung. Viel mehr kann man aus dem Format kaum herausholen.
Umso spannender ist, wie viel besser die UHD im direkten Vergleich zur Blu-Ray performt. Zwar haben wir es hier einmal mehr lediglich mit einem Upscale zu tun, ein Mehrwert ist aber kaum von der Hand zu weisen. Ausgestattet mit einem erweiterten Farbraum nach Rec.2020 sowie Support für HDR10 und Dolby Vision verfeinert die UHD das bereits sehr gute Bild der Blu-Ray in Richtung absoluter Spitzenergebnisse. Details kommen hier noch besser zur Geltung und heben selbst winzigste Bartstoppeln und Falten hervor. Alles ist definierter und klarer, wobei man gegenüber dem bereits hervorragenden kleinen Bruder aber wirklich nur von Nuancen sprechen kann und nicht von Quantensprüngen. Deutlich mehr tut sich dagegen im Farb- und Kontrastbereich. Freuen darf man sich auf mehr Nuancen bei der Farbabstimmung, welche den ohnehin schon ins Auge stechenden Highlights noch mehr Punch verleihen, die erdigen Töne intensivieren aber gleichzeitig wieder etwas Gelb von der Haut nehmen. Dadurch entsteht ein unglaublich homogener, stilistischer Look, welcher sich sämtlicher Kritikpunkte der Blu-Ray kommentarlos entledigt. Bei den Kontrasten hat Dolby Vision klar die Nase vor seinem Konterpart. Unter HDR10 legen die Schwarzanteile nochmals zu, zeichnet allerdings nicht so optimal durch wie es Dolby Vision hier zu leisten vermag, worunter die Farbwiedergabe wieder etwas zu leiden hat. Nochmals feinere Körnung runden den Eindruck der UHD als klarem Vergleichssieger optimal ab.
UHD und Blu-Ray: Der Ton
Ausgeliefert wird der Film sowohl als Blu-Ray wie auch UHD mit jeweils verlustfreien DTS-HD MA 5.1-Masterspuren für die deutsche und englische Sprachausgabe. Das ist durchaus ein bisschen schade, denn die jeweiligen Fassungen für Nordamerika liefern immerhin Dolby Atmos für den Originalton. Es hilft aber alles nichts, man muss bewerten was vorhanden ist. Fakt ist: Was die hiesigen Veröffentlichungen liefern, kann sich ebenfalls hören lassen. Auf großen Krawumm muss man hier natürlich genrebedingt erwartungsgemäß verzichten.Trotzdem entfaltet bereits der Soundtrack eine derart nuancierte Raumdynamik, dass man sich unmittelbar ins Herrenhaus versetzt fühlt. Die unterschiedliche Größe der vielen Zimmer sorgt dafür, dass auch die jeweils darin spielenden Szenen immer ein wenig anders klingen, während die Stimmverständlichkeit durchgehend bestens ist.
Man braucht ein feines Ohr, dass bereit ist, sich für das Gebotene zu öffnen. Dann macht der Film akkustisch mindestens so viel Spaß wie ein handfester Actioner – nur eben auf einer gänzlich konträren Ebene. Viele kleinere Highlights beim Placement und die konsequente Aktivität sämtliche Lautsprecher samt ordentlichem Bass in den richtigen Momenten sorgen dafür, dass Knives Out – Mord ist Familiensache ebenso gut klingt wie er aussieht. Klar, wer einmal die nochmals toll erweiterte Räumlichkeit der englischen Fassung in Atmos gehört hat, kommt davon nur schwierig wieder weg. Aber auch ohne zusätzliche Deckenebene haben wir es hier wirklich mit einem tollen Klangerlebnis zu tun, welches auf der regulären Ebene keinerlei Wünsche offen lässt.
Die Extras
Knappe drei Stunden Bonusmaterial liegen dem Film bei. Finden kann man die dieses Mal nicht nur ausschließlich an Bord der Blu-Ray, auch die UHD hat scheinbar noch genügend Platz für die Fülle an Featurettes geboten, die sämtliche Aspekte der Produktion nochmal im Detail beleuchten. Zwei sehr hörenswerte Audiokommentare von Rian Johnson, einer mit Begleitung von Steve Yedlin und Darsteller Noah Segan, eröffnen das Angebot. Es folgen knapp fünf Minuten unveröffentlichentlichter Szenen, die wahlweise ebenfalls mit Kommentar abgerufen werden können.
Den Löwenanteil nimmt allerdings das achtteilige Making Of ein, welches mit knapp zwei Stunden Laufzeit von der Idee über die Kostüme, Besetzung, Soundtrack und wirklich jeden übrigen Herstellungsschritt im Detail aufschlüsselt. All das sollte man aber natürlich erst nach dem eigentlichen Film sichten. Nochmals sieben Minuten widmen sich ausschließlich dem Regisseur, der dann auch im Rahmen der etwas unter einer Stunde andauernden Fragestunde mit Cast & Crew zu Wort kommen darf. Eine Handvoll Trailer und Teaser runden das umfangreiche Gesamtpaket bestens ab.
Fazit
„Für Rian Johnson muss der Erfolg von Knives Out – Mord ist Familiensache ein immenser Befreiungsschlag nach all der Schelte für die achte Star Wars-Episode gewesen sein. Hier ist der Autorenfilmer endlich wieder ganz in seinem Element. Die Hommage an klassische Kriminalfilme á la Agatha Christie besticht durch eine durchdachte, wendungsreiche Handlung und wartet zudem mit einer fantastischen Besetzung auf. Was inhaltlich schon nahezu perfekt funktioniert, fährt auch visuell und akkustisch genug auf, um sich den Film selbst nach erfolgter Auflösung noch einmal ansehen zu wollen. Die rundherum gelungenen Heimkinoveröffentlichungen tragen dazu ebenfalls einiges bei. Bild und Ton sind top, Extras gibt es massig: So und nicht anders muss es sein!“
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