Der Film
Das Angebot des Fahrers, sich für das Hupkonzert zu entschuldigen, schlägt Rachel in rauem Ton aus. Ein Fehler, wie sich bald zeigt, denn am Steuer des Pick-up sitzt Tom Cooper (Oscar©-Preisträger Russell Crowe, Man of Steel). Der psychisch instabile Mann hat erst vor wenigen Stunden auf brutale Weise seine Ex-Frau samt deren Liebhaber ermordet und das gemeinsame Haus anschließend niedergebrannt. Gebeutelt vom seinem Leben und der bohrenden Unbedeutung seiner Existenz entschließt sich Tom im sicheren Wissen, sowieso nichts mehr verlieren zu können dazu, Rachel eine Lektion in Sachen Scheißtag zu vermitteln. Nachdem Kyle mit viel Verspätung bei der Schule abgesetzt worden ist, beginnt Tom eine rücksichtslose Verfolgungsjagd, die bereits kurz nach ihrem Beginn erste Todesopfer fordert.
Obwohl es Rachel gelingt, ihren Schatten zunächst erfolgreich abzuschütteln, lässt Tom nicht locker und nutzt den Terminplaner ihres während einer Tankpause geklauten Mobiltelefons, um der verzweifelten Mutter immer einen Schritt voraus zu sein. Nachdem auch Anwalt Andy mitten in einem überfüllten Diner vor den Augen aller Anwesenden grausam ermordet wird und Tom sich über das Adressbuch bereits die nächsten Opfer für seine “Lektion” ausgesucht hat, kommt es zum erneuten Duell auf der Straße. Obwohl sich mittlerweile die gesamte Staatspolizei an Tom´s Fersen geheftet hat, will das tablettenabhängige Schwergewicht nicht aufgeben und richtet immer neue Gräueltaten an. Als Tom schließlich ankündigt, auch Kyle zu töten, hat die resolute Mutter endgültig genug und entschließt sich zur direkten Konfrontation mit ihrem Peiniger…
Die Rezension
Zugegeben, 2020 ist pandemiebedingt eine absolute Katastrophe für Cineasten gewesen. Vielversprechende Filme wurden entweder direkt auf Streamingdienste ausgelagert oder so lange nach hinten verschoben, bis man am Ende komplett auf eine Veröffentlichung verzichten musste. Nur ganz wenige Werke wagten ein Kinorelease, darunter Unhinged – Ausser Kontrolle. Dem gelang es dann zwar aufgrund chronisch leerer Sääle lediglich, etwas mehr als sein Budget von dreißig Millionen Dollar wiedereinzuspielen, was ihn aber aufgrund der gegenwärtigen Lage trotzdem zu einem der erfolgreichsten Veröffentlichung des Jahres werden ließ. Verrückte Zeiten, ich weiß. Doch an finanziellen Aspekten sollte man den Film von Regisseur Derrick Borte natürlich nicht bewerten. Obwohl sich Borte offensichtlich sehr bei Vorbildern wie Duell und Falling Down bedient hat und der Ablauf für Kenner dementsprechend kaum überraschend sein dürfte, ist dem Macher ein höchst effektiver Psychothriller gelungen, welcher über neunzig Minuten so kompromisslos wie eine Abrissbirne zuschlägt.
Das Highlight des Films sind für mich die beiden Hauptdarsteller. Russell Crowe ist selbst trotz Fatsuit eine Naturgewalt und schafft es, die Rolle des rachsüchtigen Psychopathen mit einer solch unheimlichen Präsenz zu versehen, dass es einem kalte Schauer über den Rücken jagt. Auf der anderen Seite agiert Caren Pistorius als stresserprobte Mutter, der man ihre Figur voll und ganz abnimmt. Die Chemie zwischen den beiden Darstellern ist hervorragend, obwohl sie bis zum Finale ausschließlich aus der Distanz miteinander agieren. Was mich doch sehr überrascht hat, ist mit welcher Härte sich Unhinged – Ausser Kontrolle durchgehend präsentiert. Für einen Psychothriller geht es nämlich ziemlich blutig zu, alleine der Mord an Andy ist überaus expliziert in Szene gesetzt worden. Andererseits hilft es, der Figur Tom Cooper noch mehr Überzeugung zu verleihen. Hier geht es ganz klar darum zu zeigen, dass auch ein auf den ersten Blick unscheinbarer Bürger dazu in der Lage ist, Angst und Schrecken zu verbreiten.
Was dabei konsequent auf der Strecke bleibt, ist die Frage nach dem Warum. Und da hätte ich mir etwas mehr gewünscht als nur über die Anfangsszene zu verdeutlichen, dass wir es hier mit einem ausgebrannten Geisteskranken zu tun haben, was man so einfach zu akzeptieren hat. Zwar kristallisiert sich immer wieder heraus, dass Cooper bei seiner Scheidung bis auf die Unterhose ausgezogen wurde, aber ob das bereits ausreicht, um komplett durchzudrehen, ist eine ganz andere Sache. Obwohl die Rolle dementsprechend ziemlich dünn und oberflächig angelegt wurde, gelingt es Crowe, daraus eine ganze Menge zu machen. So geraten die Ursprünge all seiner Handlungen zusehend in den Hintergrund, während man sich als Zuschauer ganz auf deren Folgen konzentrieren kann. Und die inszeniert Regisseur Borte derart effektiv, dass man sich die Fragerei am Ende gerne komplett ersparen und das Spektakel voll und ganz genießen kann. Große Überraschungen bleiben zwar aus, aber alleine die tollen Darstellerleistungen machen Unhinged – Ausser Kontrolle nicht nur für Genrefans zur Empfehlung.
UHD und Blu-Ray: Das Bild
Unhingend – Ausser Kontrolle wurde komplett digital gedreht, zum Einsatz kam hier die Sony CineAlta Venice mit einer Maximalauflösung von stolzen 6K. Obwohl nicht ganz gesichert, lässt sich anhand der UHD davon ausgehen, dass wir es hier mit einem 4K Digital Intermediate zu tun haben, damit also auch einer nativen Scheibe. Zunächst wollen wir uns aber wie immer der Blu-Ray widmen, die sich mit dem üblichen Downscale auf 1080p begnügen muss. Hat man die stark verrauschte, weil komplett finstere Anfangssequenz hinter sich gebracht, verschwindet der miese Ersteindruck komplett im so gut wie blitzsauberen und ruhigen Bild. Dann darf man sich auf ein hochdetailliertes Spektakel freuen, dass besonders in Nahaufnahmen die Muskeln spielen lässt. Bereits hier werden Falten und Schweißperlen auf dem Gesicht von Russell Crowe eindrucksvoll herausgearbeitet, aber auch weiter entfernte Objekte sind oftmals noch gut zu erkennen.
Farblich bleibt der Film vor allem in Außenaufnahmen bewusst zurückhaltend, nur in Innenarealen wagt man sich in wärmere Gefilde vor, sonst dominieren ausschließlich kühle Paletten mit Fokus auf Blau- und Silbertönen, was aber prima zum Setting passt. Die Kontrastgebung geht in Ordnung, wobei die Blu-Ray bei den Schwarzanteilen ruhig etwas zulegen könnte. Das ist in dem Fall aber nur als kleines Manko im Rahmen einer sonst absolut gelungenen Veröffentlichung zu werten. Die UHD liefert zusätzlich zur vierfach höheren Auflösung auch noch einen erweiterten Farbraum nach Rec.2020 sowie Support für Dolby Vision und HDR10, also alles was sich das Enthusiastenherz wünschen kann. Im Bereich der Farbgebung muss man Unterschiede dennoch mit der Lupe suchen, denn kühl geht es natürlich auch hier zu, was poppige Highlights eher mit Seltenheitswert versieht.
Neben allgemein etwas höherer Sättigung bei Flora und Fauna profitieren primär Hauttöne von mehr Neutralität im Angesicht farbarmer Umgebungen. Kontrasttechnisch bleibt es dagegen gräulich. Die arg verrauschte Anfangssequenz muss man auch bei der UHD erdulden, erst danach zeigt sich, wo die höherpreisige Version wirklich punkten kann. Wo die Blu-Ray bereits detailreich zu Werke ging, agiert der große Bruder teilweise nochmals um Welten besser. In nativem 4K werden die Nahaufnahmen so greifbar, dass man sich fast wie auf dem Beifahrersitz wähnt. Selbst feine Nähte auf den Sitzen oder die Marmorierung der Armaturenbretter werden über die UHD sichtbar, beim ersten großen Zusammenstoß kann man sogar Kleinstteile der zersplitterten Karosserie zählen. Selbst Hintergrundobjekte wie die vielen Schilder sind perfekt lesbar. Das sieht gemessen am intendierten Look einfach klasse aus und ist definitiv ein Upgrade wert, auch wenn man abseits davon wie erwähnt keine Quantensprünge erwarten darf.
UHD und Blu-Ray: Der Ton
Obwohl bevorzugt deutschsprachige Konsumenten dieses Mal leider nicht in den Genuss einer Abmischung in Dolby Atmos gelangen, kann sich auch die hiesige verlustfreie Masterspur von Blu-Ray und UHD hören lassen. Der Starkregen zu Beginn prasselt herrlich aus allen Richtungen und sorgt für eine angenehm immersive Eröffnung. Bis dann wieder etwas passiert, dauert es ein wenig. Steckt Rachel aber erst im dichten Verkehrschaos fest, kehrt von allen Seiten Aktivität zurück. Spätestens, wenn Tom dann erstmals seinen Motor aufheulen lässt, erwacht auch der Subwoofer und geht kraftvoll mit. Übrigens ein Effekt, der im späteren Verlauf immer wieder eingesetzt wird, sich dabei aber nie abnutzt. Die Stimmverständlich im Center ist erstklassig, auch der Score ist stets präsent, ohne dabei je zu dominant zu wirken. Gemessen an dem, was der Film effekttechnisch zu bieten weiß (und das ist nicht gerade viel), hat man die vorhandenen Möglichkeiten gut ausgenutzt.
Die englische Atmos verhält sich nahezu identisch gut. Neben minimal besseren Bässen kann man hier ausschließlich die Erweiterungen über die zusätzliche Deckenebene hervorheben. Gehen wir also zurück zum regnerischen Anfang, kommen die unzähligen Tropfen jetzt auch direktional von oben und runden das Mittendringefühl zusätzlich ab. Neben weiteren gut platzierten Umgebungsgeräuschen zeigt sich auch der Soundtrack immer wieder über die Decke. Sonst bleibt es aber mau, weil der Film wie erwähnt nur wenige wirklich gute Gelegenheiten für waschechten Sound von oben bietet. Hier und da gibt es brauchbare Ergänzungen, am Ende rauscht ein Helikopter kraftvoll über einen hinweg. Viel Standardmaterial, als solches aber stets direktional korrekt eingesetzt und kraftvoll wiedergegeben.
Ganze vier Teilnehmer warten im mitgelieferten Audiokommentar darauf, über ihre Erlebnisse beim Dreh zu berichten. Neben dem Regisseur handelt es sich dabei aber ausschließlich um Mitglieder aus dem Produktionsteam und nicht etwa um die Darsteller. Großartig spannend wird es hier sowieso nicht, außerdem hat Leonine wieder einmal auf deutsche Untertitel verzichtet, was die ganze Sache für Interessenten ohne ausreichende Sprachkenntnisse komplett ruinieren dürfte. Gleiches gilt leider auch für das knapp halbstündige Making Of, welches umfangreich übert die einzelnen Herstellungsprozesse informiert und eine wirklich gelungene Ergänzung zum eigentlichen Film darstellt. Das ist es aber dann auch schon in Sachen Bonusmaterial.
Fazit
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