Der Film
Bei der anschließenden Prozedur geht jedoch irgendwas gehörig schief. Knapp der Lobotomierung entkommen, findet sich Doug plötzlich in einer Welt wieder, in der ihm nicht nur Harry, sondern auch Lori mit Waffengewalt ans Leder wollen. Wie sich herausstellt, heißt Quaid in Wahrheit Hauser, war tatsächlich als Geheimagent auf dem Mars tätig und musste seine alte Identität aufgeben, nachdem er den Machenschaften seines Bosses, dem diktatorisch agierenden Marsverwalter Cohaagen (Ronny Cox, Robocop) auf die Schliche kam. Der entsendet prompt ein Killerkommando unter Führung des gnadenlosen Richter (Michael Ironside, Starship Troopers), um den lästigen Wiedersacher endgültig auszuschalten. Eine halsbrecherische Flucht später schlägt Quaid auf der Suche nach Antworten tatsächlich auf dem Mars auf. Hilfe erhält er dabei nicht nur von Taxifahrer Benny, sondern auch von seinem ehemaligen Ich, welches überall Spuren auf das weitere Vorgehen hinterlassen hat.
Schnell wird klar, dass der Mars alles andere als ein Urlaubsparadies ist. Schlechte Strahlungsabschirmung hat ganze Bevölkerungsteile teils grausam mutieren lassen, eine daraus entstandene Rebellenbewegung setzt angeführt von dem geheimnisvollen Kuato alles daran, Cohaagen zu stürzen. In der Widerstandskämpferin Melina erkennt Quaid alias Hauser schließlich die Frau aus seinen Träumen wieder, doch das Wiedersehen ist nur von kurzer Freude, denn Richter und seine Schergen sind längst auf dem Mars eingetroffen und setzen ihre Jagd gnadenlos fort. Jetzt gilt es herauszufinden, für welches brisante Geheimnis der ehemalige Geheimagent einst seine Erinnerungen opfern musste. Aber ist das alles wirklich Realität? Oder durchlebt Doug lediglich die Konsequenzen seines Besuchs bei REKALL, wo ihm all diese Ereignisse bereits vorhergesagt worden sind…
Die Rezension
Wir kennen das alle: Zwei Wochen Urlaub gebucht und nur Scheiße erlebt. Was der für seine unterschwellige Sozialkritik und explizite Gewaltdarstellung bekannte Paul Verhoeven auf Basis einer Kurzgeschichte von Sci-Fi-Autor Philip K. Dick erschaffen hat, ist aber zum Glück alles andere als eine miese Erinnerung. Realität oder Halluzination, diese Frage darf sich der Zuschauer dabei selbst beantworten. Es gibt jedenfalls genügend gewollte Indikatoren, die beide Möglichkeiten in Betracht ziehen lassen. Letztendlich ist Total Recall aber in erster Linie ein atmosphärisches Schmankerl für die Augen, weniger eine Zerreißprobe für das Hirn. Arnold Schwarzenegger agiert hier auf dem physischen Höhepunkt seines Schaffens und fühlt sich in der Rolle des Geheimagenten auf Identitätssuche sichtbar wohl. Tatsächlich wäre der Film ohne sein Mitwirken wohl nie realisiert worden.
Die handgemachte Action kann sich auch dreißig Jahre nach Kinostart immer noch sehen lassen. Für die aufwendigen Miniaturen und fantastischen Kreaturen zeichnet sich übrigens Rob Bottin verantwortlich, der bereits in Das Ding aus einer anderen Welt sein eindrucksvolles Talent unter Beweis gestellt hat. Und seien wir mal ehrlich, wer wünscht sich insgeheim nicht ein Stündchen in Gesellschaft einer Frau mit drei Brüsten? Weil der gebürtige Niederländer Verhoeven auch dieses Mal nicht mit blutigen Schauwerten geizt, hat Total Recall viele Jahre einen extrem schweren Stand in Deutschland gehabt. Zwei Jahrzehnte lang stand die ungekürzte Fassung auf dem Index, eine stark zensierte Version war die einzige Alternative zu einem Auslandsimport. Mittlerweile ist der Film aber rehabilitiert, bereits ab 16 Jahren freigegeben und wurde seitdem mehrfach neu für das Heimkino ausgewertet.
Ein paar Makel muss man Total Recall aber natürlich auch ankreiden. Wissenschaftlich gesehen ist der Ausflug auf den Mars natürlich blanker Humbug. Und so herrlich fies Ronny Cox als diktatorischer Firmenchef auch agiert, so wenig Neues weiß er seinem Charakter im Vergleich zu seiner nahezu identischen Rolle in Robocop (ebenfalls unter Paul Verhoeven entstanden) hinzuzufügen. Wer das akzeptieren kann, darf sich dennoch auf einen überraschend gut gealterten, kurzweiligen Actioner mit tollen Kulissen, einem hervorragenden Soundtrack und gut aufgelegten Darstellern freuen, der in jede gut sortierte Sammlung gehört.
UHD und Blu-Ray: Das Bild
Bereits die erste unzensierte Auswertung, welche 2012 in digital überarbeiter Form als Ultimate Rekall Edition hierzulande veröffentlicht wurde, stellte ein massives Qualitätsupgrade im Vergleich zu der alten DVD dar. Für die Neuauswertung wurde Film nun unter den wachsamen Augen des Regisseurs erstmals in nativem 4K vom 35mm-Originalnegativ abgetastet und anschließend erneut für ein bestmögliches Heimkinoerlebnis überarbeitet. Das Ergebnis ist zwar nicht perfekt, liefert aber nochmals teils frappierende Verbesserungen, die modernen Ansprüchen an das Medium eher gerecht werden und den Film so nahe wie nie zuvor an die ursprüngliche Vision Verhoeven´s heranführen. Bereits die Erstauflage in High Definition konnte mit guten Schärfewerten überzeugen, dementsprechend ist der Zugewinn hier im direkten Vergleich eher marginal. Stattdessen punktet die Blu-Ray Remastered vor allem im Farb- und Kontrastbereich, legt dort aber so immens zu, dass man sich stellenweise wie in einem komplett neuen Film wägt.
Die Total Rekall Edition präsentierte sich durchgehend viel zu hell und kontrastschwach. Kränklich wirkende Gesichter, blasse Farben und sichtbare Artefaktbildung waren die Folge. Kurzum, wer immer hier seinerzeit den Regler bedient hat, tat dies offenbar durch eine sehr dunkle Sonnenbrille. Das neue Master behebt diese Fehler weitestgehend zur vollen Zufriedenheit. Schon der erste Spaziergang über die Marsoberfläche zu Beginn des Films erstrahlt in so satten Rot- und Orangetönen, dass es einem die Augen öffnet. Finden wir uns kurz darauf in der Gegenwart wieder, begrüßt uns Sharon Stone erstmals mit gesunden Hauttönen. Bereits hier hat die alte Blu-Ray im abgedunkelten Schlafzimmerambiente derart übertrieben aufgehellt, dass sich die Klötzchen munter im Bild tummeln konnten. Das neue Master stellt hier und ab dann bis zum Abspann wieder natürlichere Verhältnisse her. Das massive Anheben der Schwarzanteile resultiert zudem in spürbar mehr Dreidimensionalität, bringt zuvor in der Überbeleuchtung verschluckte Details zurück und lässt sämtlichen Farben wieder Raum zum Leuchten. So homogen hat man den Film ganz sicher noch nie zuvor gesehen. Wahnsinn, wie viel solche Dinge doch ausmachen können. Die teilweise recht drastische Körnung hat man allerdings beibehalten, was dem Film aber alterstechnisch gut steht. Wer dagegen auf einen glatten Digitallook steht, wird hier weiterhin nicht glücklich werden. Alle anderen dürfen sich auf ein hervorragendes Upgrade an den richtigen Ansätzen freuen.
Die UHD präsentiert sich nicht nur in nativem 4K, sondern liefert neben dem obligatorischen erweiterten Farbraum nach Rec.2020 auch noch Support für HDR10 und Dolby Vision. Gemessen an der bereits sehr guten Blu-Ray Remastered darf man aber keine Quantensprünge erwarten. Die Detailwiedergabe bleibt gleichermaßen gut. Farben wirken nochmals etwas differenzierter. Über die Blu-Ray gelegentlich etwas übersättigend ausgegebene Hauttöne kommen hier nochmals neutraler rüber. So wirkt beispielsweise die “Dicke Frau” am Einreiseschalter jetzt nicht mehr ganz so tief in den Farbtopf gefallen und die zahlreichen Charaktere im Rotlichtdistrikt werden von der einstrahlenden Marslandschaft weniger stark in Mitleidenschaft gezogen. Manchmal wirkt die UHD an einigen Stellen etwas heller, an anderen wieder dunkler. Die Ergebnisse sind Geschmackssache. In meinen Augen ist man mit der Blu-Ray Remastered bereits hervorragend bedient, zumal die UHD bei knapp vierzig Euro ziemlich happig dafür ausgefallen ist, dass sie insgesamt nur sehr wenig mehr zu bieten weiß.
UHD und Blu-Ray: Der Ton
So richtig glücklich war ich mit dem deutschen Ton bisherigen Veröffentlichungen trotz verlustfreier Masterspur nie. Wenig Dynamik, kaum wahrnehmbarer Raumklang sowie schlappe Bässe entlarvten das Alter des Films quasi permanent. Der englische Originalton der Ultimate Rekall Edition schnitt da insgesamt kaum besser ab, lieferte aber zumindest etwas mehr Kraft bei den Bässen. Probleme, die man mit der Neuauflage durchaus hätte lösen können, es aber nicht getan hat. Im Tieftonbereich legt die Abmischung zwar ordentlich zu, Dialoge kommen etwas prägnanter aus dem Center, Effektwiedergabe- und Qualität lassen aber weiterhin ebenso zu wünschen übrig wie die dünne Einbindung des Soundtracks und die konsequente Abwesenheit von Immersion. Dem hervorragenden Bild angemessen ist das nicht. Ohnehin frage ich mich, warum ein Film wie dieser, der immerhin so einige gute Möglichkeiten für Raumklang bietet, sich so kompromisslos auf die Front konzentriert und sich nie so recht traut, diese mal dauerhaft zu verlassen.
Und selbst der neue englische Mix in Dolby Atmos will nicht so recht vom Hocker reißen. Auf der regulären Ebene bleibt das Geschenen auf ganz wenige Highlights beschränkt, besonders die Filmmusik kommt dort sogar noch einen Ticken schlechter weg. Ausgeglichen wird das von der Deckenebene, welche primär dafür verantwortlich ist, den Score wieder hörbar in den Raum zu tragen. Zwar werden über die Heights auch immer wieder Effekte mitgetragen, unter anderem sehr gelungen im dichten Trubel des Transitsystems oder der belebten Bar im Rotlichtdistrikt, vor allem während der Schusswechsel stößt man aber beinahe permanent auf falsch platzierte Geräusche, die dort eigentlich gar nicht sein dürften. Als gutes Beispiel dafür fungiert der Dialog zwischen Quaid und Harry über die Folgen implementierter Erinnerungen. Wo die Kamera zentral auf den röhrenden Presslufthammer ausgerichtet ist, wird deren Sound komplett deplatziert von oberhalb ausgegeben. Auch hier also ein ziemlich durchwachsenes Fazit.
Die Extras
Gleich besser sieht es bei einem Blick auf das Bonusmaterial auf. Schon das bisher bekannte Material hatte vor allem in Hinsicht auf die tolle Arbeit der Maskenbildner einiges zu bieten. Dazu gab es ein leider recht knapp bemessenes Making Of sowie Interviews mit Cast und Crew. Nachwievor hörenswert ist der Audiokommentar von Paul Verhoeven und Arnold Schwarzenegger. Die gute Nachricht ist, all das findet sich auch an Bord der UHD und Blu-Ray Remastered wieder. Die noch bessere Nachricht ist, es gibt sogar noch neues Material obendrauf.
“Total Excess: Wie Carolco Hollywood veränderte” ist eine einstündige und überaus interessante Dokumentation über Aufstieg und Niedergang einer damals sehr prominenten Produktionsschmiede, die sich kein Fan entgehen lassen sollte. “Dreamers within the Dream” befasst sich mit der visuellen Vorbereitung auf die Dreharbeiten des Films und liefert dabei Einblicke in bisher ungesehene Designentwürfe. Abschließend widmet sich “Open your Mind: Die Filmmusik” dem leider abmischungstechnisch viel zu wenig utilisierten Score von Jerry Goldsmith und würdigt die Arbeit des 2004 verstorbenen Oscar©-Preisträgers mit einem abschließenden neuen Featurette.
Fazit
“Eigentlich ist das Implementieren glaubhafter Erinnerungen eine gute Idee. In diesem Fall resultiert der futuristische Einfall jedoch in einem actionreichen und kompromisslosen Sci-Fi-Abenteuer über verlorene Identitäten und außerirdische Artefakte auf dem Mars, welches auch nach dreißig Jahren immer wieder zu unterhalten weiß. Dank neuem Transfer erstrahlt Total Recall nun endlich mit kräftigen Farben und Kontrasten, im Vergleich zu bisherigen Veröffentlichungen ein absoluter Augenöffner und damit Pflichtkauf für Fans und solche, die es noch werden wollen. Weil die UHD der neuen Blu-Ray aber nur minimal überlegen ist und die gleichen anhaltenden Tonschwächen bietet, ist man mit der Standardversion ausnahmsweise bestens bedient. Die gelungenen Erweiterungen im Bonusmaterial findet man nämlich auch dort. Schafft eure Ärsche auf den Mars!”
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