Dr. House wäre begeistert
Um den Zustrom von Patienten überhaupt erst bewältigen zu können, benötigen wir zu Anfang erstmal eine Rezeption. Die nimmt die Patienten auf und schickt sie zum Allgemeinmediziner. Der entscheidet dann über die weitere Behandlung und schickt den Kranken weiter zur nächsten Etappe seiner Gesundungsreise. Das kann bei einfachen WC – Warzen ein schneller Gang zur hausinternen Apotheke sein, oder aber auch einen längeren stationären Aufenthalt bedeuten. Je weiter man voranschreitet, desto mehr neue Krankheiten tauchen auf. Nicht selten bedeutet das, dass wir uns auch um die passenden Behandlungsräume kümmern müssen. Was simpel anfängt, endet schnell darin, dass sich auch Psychiater, Kardiologen und Co. zu unserem Personal gesellen.
Je besser unser Ruf, desto mehr neue Patienten wollen dann bei uns behandelt werden – ein Arzt allein kann den Ansturm kaum bewältigen. Sind die hiesigen Kapazitäten ausgeschöpft, lässt sich bequem anbauen. Die entsprechenden Grundstücke sind vorgegeben und kosten je nach Größe auch unterschiedlich viel Geld. So entsteht aus einem kleinen Krankenhaus schnell ein großer Komplex, der bis unter´s Dach voll mit Kranken ist. Dass sich sowohl Maschinen und auch das Ambiente schnell abnutzen, ist da natürlich klar. Deshalb sollte man stets auch eine Truppe kompetenter Hausmeister einstellen. Die kümmern sich nicht nur um die Pflanzen und leeren die Müllcontainer aus, sondern können auch Wartungsarbeiten und Upgrades an den Maschinen vornehmen, sofern sie denn entsprechend geschult sind. Praktisch: Ist mal Not am Mann, wird automatisch verfügbares Personal zum jeweiligen Katastrophenort gerufen. Das gilt für die ganze Belegschaft. So muss man nicht zwingend umständlich Arbeiter am jeweiligen Ort platzieren, sondern kann sich meist darauf verlassen, dass Ärzte und Co. sich automatisch zu unbesetzten Praxen begeben. Da die Situation gerne mal unübersichtlich wird, eine praktische Hilfe.
Sterben kann so lustig sein
Es muss nicht immer gleich das teuerste Fachpersonal sein, um Patienten glücklich und gesund zu machen. Wer sich seine Sporen über Zeit bei uns verdient hat, kann zur nächsten Kompetenz- und Gehaltsstufe befördert werden und wird damit kräftig aufgewertet. Gehälter lassen sich zwar grundsätzlich frei bestimmen, aber selbst unterbezahlte Kräfte arbeiten oft noch annehmbar. Hier hätte ich mir gewünscht, dass sich der finanzielle Aspekt spürbarer auf die Leistung auswirkt, als im Spiel tatsächlich vorhanden. Ohnehin lässt sich unter der Oberfläche nur wenig manuell verwalten. Getränke- und Snackautomaten arbeiten mit vordefinierten, nicht änderbaren Preisen. Auch die Behandlungskosten lassen sich nicht spezifisch festlegen. Hier verschenkt Two Points Hospital einiges an Potenzial. Die chronische Automatisierung nahezu aller Vorgänge ist zwar für Einsteiger eine gute Sache, fordert aber Simulationsprofis selbst in späteren Leveln kaum ausreichend.
Den Spielwitz des geistigen Vorfahren haben die Entwickler aber dafür fantastisch eingefangen. Alleine die absurden Krankheiten sorgen für jede Menge Lacher. Wenn sich die Bewohner einer ganzen Stadt plötzlich allesamt für Rockstars halten und im Freddie Mercury – Gedenklook bei unseren Psychiatern vorstellig werden, macht es einfach nur einen Heidenspaß, das Geschehen zu beobachten. Dank zahlreicher Zoomstufen können wir ganz nahe dabei sein, wenn der Psychiater versucht, dem Möchtegernsänger seine Dämonen auszutreiben oder der geschulte Hausmeister/Geisterjäger sich mit dem Staubsauger daran macht, die Plagegeister der Verstorbenen zu wissenschaftlichen Zwecken einzufangen. Die Animationen sind gleichermaßen detailverliebt wie sie nostalgischen Charme versprühen. So sehr, dass Kenner der Vorlage sich wohl sofort zuhause fühlen, aber auch Neueinsteiger nie Schwierigkeiten haben, sich im Verwaltungstrubel zurecht zu finden. Dafür sorgen übrigens auch die übersichtlich gestalteten Menüs und die unaufdringlichen, aber trotzdem sehr hilfreichen Tutorials.
Für den nostalgischen Charme sorgt zumindest in Sachen Technik die Unity – Engine. Die zaubert nun zwar wirklich keine Grafikwunder auf den Bildschirm, sorgt aber dafür für eine tolle Balance auf knuffigem Comiclook und hübschem Krankenhausambiente. Dazu begleitet uns permanent das (nur englischsprachige) Lokalradio mit seinen sanften Tönen in Fahrstuhlmusikqualität, gelegentlich erfolgen (ebenfalls nur englischsprachige) Lautsprecherdurchsagen á la „Achtung, liebe Patienten: Wir möchten Sie nochmals daran erinnern, dass das Sterben auf den Gängen untersagt ist.“ Grandios. Schade, dass im Spiel sonst kaum gesprochen wird, sondern lediglich der Trubel der Menge wahrnehmbar ist. Die Deutsche Lokalisierung in Sachen Text ist aber sehr gelungen ausgefallen und schafft es, den fast überall präsenten Wortwitz auch in unsere Sprache zu übertragen. Etwas mehr Abwechslung bei der musikalischen Untermalung wäre aber wünschenswert gewesen.
„Verflixt, macht dieses Spiel süchtig! Zwar leidet Two Point Hospital unter ein paar kleinen bis mittelstarken Mankos, wie beispielsweise gelegentlichem Leerlauf und nur sehr begrenzten Möglichkeiten für Feineinstellungen, insgesamt saugt einen das einfache, aber dann schnell immer komplexere Spielgeschehen aber völlig in seinen Bann und sorgt damit sogar dafür, dass man das Geschehen ebenso wie die Zeit um sich herum schnell vollkommen vergisst. Der geistige Nachfolger von Theme Hospital schafft es, mit unglaublich viel Witz, Zugänglichkeit und immer neuen Krankenheiten im Rahmen knuddeliger Optik mit hohem Nostalgiefaktor unwahrscheinlich gut, gleichermaßen zu motivieren wie zu unterhalten. Es tut unglaublich gut, dieses Genre wieder in der Moderne begrüßen zu dürfen. Two Point Hospital macht seine Sache so gut, dass ich sehr hoffe, in Zukunft mehr solcher Spiele erleben zu dürfen. Zwischen ideenlosen Fortsetzungen, repetiven Neuaufgüssen und zunehmendem Abzockwahn ist das genau die Medizin, die wir brauchen.“
Mikrotransaktionen/Pay-2-Win:
Two Point Hospital ist ein reiner Einzelspielertitel und bietet keine durch Echtgeld freischaltbaren Vorteile oder Lootbox – Mechaniken. Neue Gegenstände werden durch das Meistern von Meilensteinen mehr als fair ausgeschütterter Ingame – Währung freigeschaltet. Eine Abwertung findet daher nicht statt.PRO:
+ Putzige Grafik, die den Spagat zwischen Nostalgie und Moderne gut meistert
+ Witzige Animationen
+ Tolle Krankenhausatmosphäre
+ Angenehm einsteigerfreundliches Gameplay mit hohem Suchtfaktor
+ Unkompliziertes Bauen
+ Hohe Designfreiheit
+ Übersichtliche Personalverwaltung
+ Zufällige Challenges sorgen für zusätzliche Motivation
+ Zugängliche Bedienung
+ Angenehme Lernkurve
+ Personal agiert angenehm autonom
+ Unaufdringliche Tutorials
+ Gelungene Deutsche Lokalisierung (zahlreiche andere Textsprachen frei anwählbar)
+ Jederzeit freies Speichern möglich
CONTRA:
– Veteranen werden erst sehr spät wirklich gefordert
– Außerhalb der Gehaltsverwaltung kaum Individualisierungsmöglichkeiten
– Unzufriedene Mitarbeiter arbeiten oftmals noch zu effizient
– Gelegentliche Leerlaufphasen ohne nötige Spielerinteraktion
– Herausforderungen wiederholen sich schnell und bieten nur wenig Abwechslung
GESAMTWERTUNG: 90%