Outbreak, die Zweite
Doch in den Ruinen regt sich Widerstand. Die wenigen Überlebenden, die nicht von der Virusepidemie betroffen sind, haben sich inmitten des Chaos eine neue Existenz aufgebaut und müssen ihr knappes Hab und Gut täglich gegen sämtliche Bedrohungen von Außen verteidigen. Da die vielen Gruppen aus schwerbewaffneten Kriminellen nun auch zunehmend eine Gefahr für die Menschen außerhalb der völlig abgeriegelten Hauptstadt darstellen, wird abermals die Direktive 52 aktiviert – und damit die Schläferagenten der Division. Das Ziel: Der kriminellen Herrschaft ein Ende zu setzen und so gut es geht Ruhe und Frieden wiederherzustellen.
Zugegeben, die Prämisse zu Tom Clancy´s The Division 2 (im folgenden TCTD2 abgekürzt) ist mindestens so dünn wie jene des Vorgängers, zumal der grundlegende Handlungsverlauf und dessen Basis auf den ersten Blick nahezu identisch erscheint. Das bisschen Story, welche man als Spieler auf dem Weg zur Endstufe 30 erlebt, speist sich gerade mal aus einer Handvoll (gut gemachter) Zwischensequenzen und den vielen Sammelobjekten, denen ihr nahezu an jeder Ecke in Form von zurückgelassenen Mobiltelefonen und Echos begegnet. Das man abseits davon nur sehr wenig von der Geschichte mitgerissen wird, ist einer der zentralen Schwachpunkte des Spiels. Denn wie gut und spannend man durch eine offene Welt voller Handlung geführt wird, ohne dabei je das Gefühl von Freiheit einzubüßen, haben Spiele wie The Witcher 3 und nicht zuletzt auch Red Dead Redemption II deutlich besser gezeigt. Hier mangelt es einfach sehr an erinnerungswerten Helden und Schurken – beide bleiben durch die Bank blass und generisch, auch die in den zahlreichen Missionen zu erreichenden Einsatzziele müssen sich dieser Tatsache viel zu oft unterordnen.
Entdecker willkommen
Und doch entfaltet das im Maßstab 1:1 umgesetzte und mit viel Wiedererkennungswert versehene virtuelle Washington, D.C. mit all seinen Wahrzeichen und Sehenswürdigkeiten eine immense Sogwirkung. Bis man aber frei durch die einst so herrliche Stadt schlendern darf, gilt es zunächst, einen Charakter zu erstellen und sich durch den kurzen, aber immerhin actionreichen Prolog zu spielen. Dabei fällt gleich zu Beginn auf, dass die Entwickler von Massive Entertainment sich die Kritik der Community zum Vorgänger durchaus zu Herzen genommen haben, weshalb man sich hier bei der Charaktererstellung über deutlich mehr Auswahlmöglichkeiten und Optionen zur Customisierung der eigenen Figur freuen darf. Zwar bleibt die Auswahl der Startkleidung bewusst spärlich, bei Frisuren, Tattoos und Narben dürft ihr aber aus den Vollen schöpfen. Dank zahlreicher Regler lässt sich das Gesicht endlich komplett an die eigenen Wünsche anpassen. Wer darauf aber keine Lust hat, kann auch direkt mit einem zufallsgenerierten Charakter loslegen.
Danach wift euch das Spiel aber gleich mitten ins Geschehen: Nachdem das Weiße Haus gegen eine Bandenattacke verteidigt wurde, richtet ihr euch im heruntergekommenen Führungsbunker eine Basis ein, die ab diesem Zeitpunkt den zentralen Knotenpunkt eurer Befreiungsbemühungen darstellt. Am Anfang ist die Ausstattung eher notdürftig, abgesehen von einer Lagerkiste, einem Händler und dem für die Auswahl eurer Primärfertigkeiten und Perks verantwortlichen Offizier gibt es wenig, mit dem man interagieren könnte. Das ändert sich in zunehmendem Spielverlauf aber rasch, denn später wird für euch im Keller ein Schießstand eingerichtet und auch sämtliche für die PvP – Zonen (auch hier wieder Dark Zones genannt) revelanten Ansprechpartner machen es sich im Weißen Haus ebenso gemütlich wie eine Handwerkerin – die bringt zum Glück direkt auch einen Basteltisch für eure Baupläne mit. Das Stöbern lohnt sich aber trotzdem schon zu Anfang, denn der detailverliebte Nachbau des berühmten Gebäudes bietet nicht nur Collectibles, auch das Oval Office kann man besuchen. Allzu lange dauert der Aufenthalt so oder so nicht, denn die ersten Haupt- und Nebenmissionen führen euch schnell raus in die Gefahrenzone. Es gilt, den Widerstand zu sammeln, zu organisieren und diesem dabei zu helfen, die jeweiligen Zonen vom kriminellen Abschaum zu befreien.
Bereits auf dem Weg zum ersten Wegpunkt wurden wir Zeuge von Schusswechseln zwischen Überlebenden und Mitgliedern der Hyenas, die den ersten Bezirk auf unserer Reise fest in ihrer Hand haben. Der chaotische Haufen psychopathischer Plünderer steigert seine Widerstandskraft durch Drogen und setzt notfalls auch auf Nahkampf, hat unseren bleihaltigen Argumenten aber nur wenig entgegenzusetzen. Neben den Hyenas mischen auch noch drei weitere Fraktionen im Kampf um die Stadt mit: Die True Sons, eine paramilitärische Gruppe unter Führung eines ehemaligen JTF – Commanders, die Outcasts, eine auf Rache sinnende Gruppe von Quarantänepatienten und schließlich die hochgerüstete Black Tusk, deren Kämpfer es in Sachen Equipment locker mit den Agenten der Division aufnehmen können. Da jede Bande eigene Teile von D.C. kontrolliert, kommt es vor allem an den Grenzen immer wieder zu Gefechten zwischen den verfeindeten Banden, was wir nicht selten zu unserem Vorteil nutzen können. Doch vorerst ist das erste größere Gefecht nach dem Prolog für uns vorüber, die Zivilisten zeigen sich dankbar, wir setzen unseren Weg fort. Ereignisse wie diese lassen sich überall finden, immer wieder gerät man in Konflikte, immer wieder steht man zwischen den Fronten. Das füllt das großenteils verwahrloste Washington, D.C. mit Leben abseits der Knotenpunkte. Wildtiere wie Rehe durchstreifen die einst vielbefahrenen Straßen und sorgen für eine Atmosphäre, die am ehesten an ein The Last of Us erinnert.
Doch auch zwischen den Zielen gibt es viel zu entdecken, TCTD2 lädt kontinuierlich zum Erkunden ein. In jeder kleinen Ecke verstecken sich Rucksäcke oder Kisten mit nützlichen Handwerksmaterialien, Rüstungsgegenständen oder Schießprügeln. Das Arsenal ist extrem umfangreich ausgefallen und bietet von einfachen Pistolen bis zu schweren Maschinengewehren alles, was das Kämpferherz begehrt. Hier steht die Fortsetzung ihrem Vorgänger in nichts nach, egal ob auf kurze oder weite Distanz. Übrigens können wir nicht nur NPC´s zu Hilfe eilen: Stecken anderen Spieler mal in der Klemme, können diese Hilferufe absetzen, deren Beantwortung natürlich mit der ein oder anderen Belohnung aufwartet. Ärgerlich ist nur, dass man diese Hilferufe zwar in Gruppen absetzen kann, diese aber nicht in Gruppen beantworten kann. Warum das so ist, wollte sich uns beim besten Wissen nicht erschließen.
Alltagsbedürfnisse
Nach einigen weiteren Ausflügen in Gassen und Gebäude erreicht unsere Gruppe endlich das Theater, eine der kleineren, aber dennoch bedeutsamen Anlauf- und Ruhepunkte außerhalb unserer Hauptbasis. Hier haben es sich die uns freundlich gesinnten Überlebenen gemütlich gemacht und bemühen sich um so etwas wie einen geregelten Alltag. Nach einer kurzen Besprechung mit der lokalen Anführerin bekommen wir neue Hauptziele und eine ganze Handvoll Nebenziele auf die Karte gesetzt. Letztere sind zwar generell optional, belohnen euch aber mit ordentlich Erfahrung, Bauplänen und nicht selten auch raren Ausrüstungsgegenständen. Außerdem verbessert sich dadurch das Leben der Bewohner in den Hubarealen. Wasserversorgung, Energiegewinnung und der Anbau von Nahrung sind nur wenige Beispiele, wie ihr euch bei den Zivilisten beliebt machen könnt…selbst eine Spielekonsole für die Kleinen kann herangeschafft werden. Dort flimmert dann stilecht For Honor über die Flimmerkiste.
Weitere Orte dieser Art schalten wir im späteren Spielverlauf ebenfalls frei, der grundlegende Aufbau und Nutzen dieser Ruhepunkte bleibt aber immer gleich: Statt jedes Mal für Kleinigkeiten zurück zum Weißen Haus zu reisen, kann man in jedem Gebiet bequem Gegenstände kaufen und verkaufen, sich über aktuelle Tagesprojekte informieren und einfach mal ausspannen, ohne dass einem dabei dauernd Kugeln um die Ohren fliegen. Dabei wurden die jeweiligen Rückzugsorte angenehm abwechslungsreich gestaltet und es macht Spaß, den Menschen dabei zuzusehen, wie sie ihren Alltagsgeschäften nachgehen. Je mehr Gutes man bewirkt, desto mehr tragen diese Momente dazu bei, dass man sich als Spieler auch abseits von neuer Ausrüstung immer auf diese oder jene Weise belohnt fühlt. Hat man schließlich sämtliche gebietsrevelanten Missionen erfolgreich abgeschlossen, geht es weiter ins nächste Gebiet, wo der Spaß dann von vorne beginnt. Praktischerweise nehmen wir aber aus jedem Hub immer auch ein neues, essentielles Feature mit ins Weiße Haus, darunter wichtige Offiziere, die dort neue Flügel eröffnen, aber auch einen Frisör, bei dem ihr nachträglich die Frisur eures Charakters anpassen könnt.
Apropos nachträgliche Anpassung: Wie schon der Vorgänger versorgt euch TCTD2 immer wieder mit zufälligen Kleidungsstücken. Die haben zwar keine Auswertungen auf die Werte des Spielers, sorgen aber zumindest dafür, dass ihr euch kosmetisch etwas von den anderen Agenten abheben könnt. Schuhe, Mützen, Hosen und mehr zählen zum Standardrepertoir, spezielle Aktivitäten belohnen euch aber auch immer mal wieder mit Schlüsseln zu besonderen Beutetruhen, in denen sich höherwertige Klamotten befinden, die sonst ausschließlich gegen Echtgeld im Ingame Shop erworben werden können. Da all das aber wie gesagt rein kosmetischer Natur ist und die reguläre Ausschüttung dieser Schlüssel relativ fair gehalten ist, kann man die Bezahlkomponente getrost ignorieren, anderenfalls bewegen sich die Preise pro Gegenstand, bzw. einen ganzen Set zwischen circa 2€ und 10€. Ob man das braucht, muss jeder für sich entscheiden, da durch den Shop aber keine spielerischen Vorteile entstehen, werden wir anders als zuletzt in Devil May Cry 5 hier keine Abwertung vornehmen. Lobenswert ist, dass Ubisoft hier ausnahmsweise darauf verzichtet, die Spieler für neue Inhalte zusätzlich zur Kasse zu bitten und stattdessen sämtliche zukünftigen Inhalte kostenlos zur Verfügung stellt. Zwar gibt es dennoch einen Jahrespass, der mit knapp 40€ auch relativ teuer ausgefallen ist, abseits weniger exklusiver Kleidungsstücke und anderem kosmetischen Kram aber nur früheren Zugang zu diesen Inhalten bietet. Und das ist für den hohen Preis dann doch viel zu wenig. Freuen können sich darüber alle, die ´nur´ die einfache Edition des Spiels besitzen. Wobei man bei Ubisoft´s gewohnt drastischem Hang zu akutem Editionswahn sowieso nie wirklich durchblickt, was wer wo und wann bekommt.
Beutegeier
Zentralen Progress macht man als Spieler nicht nur über den Fortschritt in Haupt- und Nebenmissionen (die einen kombiniert immerhin bereits gute 30 – 40 Stunden beschäftigen), sondern natürlich auch durch die Ausrüstung der Figur. Ohne schlagkräftige Waffen und resistente Panzerungen zieht man im Gefecht mit hochstufigen Feinden und den leider viel zu rar gesäten, sich viel zu wenig von der grauen Masse abhebenden Bosskämpfe schnell den Kürzeren. Generell macht es auch wenig Sinn, sich beispielsweise mit Stufe 10 in ein Gebiet zu begeben, dass erst ab Stufe 14 oder höher betreten werden sollte. Bereits an der Grenze dazu werdet ihr oft gnadenlos massakriert. Wer aber alle Missionen erledigt und der Geschichte komplett folgt, sollte nie vor dem Problem stehen, in eine Zone zu müssen, die eigentlich noch tabu ist. Lästiges Grinding auf dem Weg zur Maximalstufe 30 entfällt weitestgehend, sollte dann doch mal etwas Erfahrung fehlen, kann man bereits erledigte Missionen neu spielen, sich an höhere Schwierigkeitsstufen wagen oder einfach eine der vielen Nebenaktivitäten auf den Straßen von D.C. erledigen, zu denen Propagandatürme, das Verhindern von Hinrichtungen und Gebietskontrollen zählen.
Letztere bieten eine Besonderheit, denn erfolgreich eingenommene Gebiete dienen auch ebenso als Schnellreisepunkte wie die noch immer vorhandenen Safehouses abseits der größeren Anlaufpunkte – das aber auch nur solange, wie den Zivilisten dort nicht die Ressourcen ausgehen. Um das zu verhindern, kann man nach erfolgreicher Befreiung Materialien wie Essen, Wasser und Handwerksmaterialien spenden. Wirklich lohnenswert ist die milde Gabe aber nicht, denn hat man sich abends erstmal von den Mitspielern verabschiedet, verstreicht bis zum nächsten Tag sowieso genug Zeit, dass sich diese Punkte auch trotz voller Lager wieder in Feindeshand befinden. Da kann man sich das Abtreten der wertvollen Handwerksmaterialien lieber komplett sparen. Dennoch empfiehlt es sich, besonders diese Aktivität jeweils einmal zu absolvieren, denn im anschließend freigeschalteten Lagerraum warten nicht selten hochwertige Rüstungsgegenstände und Waffen darauf, den Besitzer zu wechseln. Einmalig deswegen, weil dort anschließend nicht jedes Mal erneut Beute abgegriffen werden kann.
Aus den angelegten Gegenständen errechnet das Spiel euren gegenwärtigen Gearscore bis zu einem Maximalwert im Endcontent von 450. Höherstufige Ausrüstung gibt es zumindest gegenwärtig nicht, allerdings werdet ihr das Maximum vor Ende des Spiels ohnehin kaum erreichen, denn die besten Waffen, Mods und Accessoires gibt es erst auf bei schweren Einsätzen, im PvP und zu guter letzt auch in die mit jedem weiteren Rang ab der Maximalstufe 30 via Beutekiste. Spätestens dann solltet ihr euch aber dringend Mitspieler suchen, denn bereits auf normalen Schwierigkeitsgrad besteht bereits die Gefahr, als Solist von den relativ klug agierenden Gegnermassen überrannt zu werden. Die flankieren euch nicht nur, sondern versuchen auch aktiv, euch mit Granaten und anderen Hilfsmitteln aus der Deckung zu locken. Glücklicherweise hat Massive Entertainment kräftig am Balancing geschraubt, die Zeiten, in denen Gegner hunderte von Kugeln eingesteckt haben, ehe sie endlich das Zeitliche segnen, sind wenigstens im gegenwärtigen Content vorbei. Kleine Kugelschwämme stellen sie aber trotzdem noch da, aber der Unterschied zum Vorgänger ist gewaltig – und zwar zum Besseren!
Zum Glück mangelt es euch anders als zuletzt das problemgeplagte Anthem in TCTD2 nie an Beute. Im Gegenteil, neues Gear gibt es am laufenden Band, was ungemein motiviert, da man für all seine Bemühungen, egal ob groß oder klein, immer etwas bekommt. Die Ausschüttung von Loot ist mehr als fair gestaltet worden, was nicht gebraucht wird, kann man entweder direkt im Menü in Handwerksmaterialien zerlegen, beim Händler gegen Credits eintauschen oder einfach mit anderen Mitspielern teilen. Lediglich die selbstgebastelten Aufsätze, Mods, Skins und regulären Kleidungsstücke können nicht getauscht werden, dafür zeigen aber auch die Händler kein Interesse an diesen Items und Platz nimmt all das auch nicht weg. Dass ihr stets mit Gegenständen belohnt werden, die ihr auf eurer gegenwärtigen Stufe auch sofort nutzen können, ist zudem überaus praktisch. So kann man direkt prüfen, ob das gefundene Wertgut nützlich ist, oder ob man es guten Gewissens zerlegen kann. Auch Setboni lassen sich im Endgame wieder sammeln, bisher stehen 18 verschiedene Komplettoutfits zur Auswahl. Anders als vieles andere bekommt man diese begehrten Items aber nicht so einfach nachgeschmissen. Hat man aber erstmal genug davon zusammen, macht es einigen Spaß, die verschiedenen Teile zu kombinieren und daraus die bestmöglichen Boni für die bevorzuge Spielweise zu gewinnen. In dieser Hinsicht richtet sich das Spiel ebenso wie der Vorgänger eher an Spieler mit Interesse für Mikromanagement.
Die besondere Note
Mit dem Erreichen der Maximalstufe bekommt ihr zusätzlich zu den bisher freigeschalteten Extras, zu denen neben alten Bekannten wie dem aufstellbaren Geschütz oder dem Heilkreis nun auch vielfältig bestückbare Drohnen und anderes nützliches Spielzeug zählen die Chance, eine von drei Spezialisierungen zu wählen. Zur Wahl stehen der Überlebensspezialist, der Sprengstoffexperte und der Scharfschütze, wobei jeder der drei Klassen nicht nur eine eigene Signaturwaffe erhält, sondern auch einen jeweils ganz eigenen Talentbaum, in den ihr bei jeder weiteren vollen Erfahrungsleiste neu investieren könnt. Überlebensspezialisten verstehen sich besonders auf die Unterstützung der übrigen Teammitglieder und fungieren in Gefechten dank einer vielseitig bestückbaren Armbrust als Panzerungsschreck, sondern helfen primär den Kollegen in Not durch häufige und stärke Heilungen und positive Statuseffekte. Als Support sind sie unverzichtbar in allen gefährlicheren Situationen und können mit einer umfunktionierten Suchermine auch weit entfernte Kameraden kräftigen. Außerdem besteht die höhere Chance, kostbare Munition mit besonderer Durchschlagskraft zu finden.
Der Sprengstoffexperte setzt ganz auf unsubtile Methoden und macht kräftig von der Zerstörungskraft seines Granatwerfers Gebrauch, der gepanzerten Feinden schwerste Schäden zufügt. Außerdem wird das Standardgeschütz exklusiv für diese Klasse zu einer tragbaren Artillerie, die Feinde gehörig durch die Gegend scheucht. Wenn es aber doch mal eng wird, verlässt sich die Angreiferklasse auch mal auf den durchschlagsstarken Großkaliberrevolver. Aber auch die Teamkameraden profitieren von einem Sprengmeister im Team, der immerhin mehr Resistenz gegen gegnerische Explosivangriffe bietet und dem Team zusätzlich höhere Widerstände gegen Brandschäden verleiht. Obwohl der Scharfschütze das Geschehen lieber aus der Ferne beobachtet, teilt er dank seines Gewehrs dennoch ordentlich aus und verrät den Mitspielern mit seiner Aufklärungsdrohne nicht nur die gegenwärtige Position der Bösewichte, sondern kann diese mit seiner Blendgranate auch kurzfristig außer Gefecht setzen. In Deckung verfügt er zudem über einen Rüstungsbonus, auch richten Kopfschüsse deutlich mehr Schaden an, Kameraden freuen sich über schnelles Nachladen.
Die Spezialisierungen am vorläufigen Ende der Reise sind eine der zentralen Neuerungen in TCTD2 und bieten dank der ganz unterschiedlichen Perks viel Raum zum Experimentieren. Dadurch fällt auch etwas weniger Gewicht auf die Ausrüstung selbst, denn im Vorgänger bestimmten noch Setboni komplett über die Spielbarkeit des Charakters, der selbst dann wenig Klassenbewusstsein entfalten konnte. Dem hat man sich hier erfolgreich angenommen, wenngleich all diese Fertigkeiten sich noch nicht so recht entfalten wollen, da es einfach an speziellen Einsatzmöglichkeiten dafür mangelt: Raids, wie es sie im Vorgänger noch zuhauf gab, werden nämlich hier erst noch nachgeliefert. Wer also den höchsten Gearscore erreicht hat und sich auch schon im PvP seine Sporen verdient hat, hat gegenwärtig nicht viel zu tun. Der mangelnde Endcontent ist seit jeher ein großes Problem vieler Multiplayerspiele gewesen und fällt auch hier negativ auf. Da man aber bis dahin bereits einiges für sein Geld geboten bekommt, wiegt dieser Aspekt hier ausnahmsweise nicht ganz so schwer.
Licht und Schatten
Um die Welt von TCTD2 zum Leben zu erwecken, greifen die Macher abermals auf die hauseigene Snowdrop Engine zurück, die auch beim Vorgänger schon zum Einsatz kam und selbst in dieser Form noch heute in vielen Bereichen überzeugen kann. Einige Verbesserungen hat man dem Technikgerüst für die Fortsetzung aber natürlich trotzdem spendiert. Das merkt man besonders an der extrem stimmigen Beleuchtung, die nicht nur bei Sonnenschein begeistert, sondern auch bei Regen und Nebel. Daran stört lediglich der oft viel zu drastische Übergang: Waren wir gerade noch bei strahlend blauem Himmel unterwegs, regnet es binnen weniger Sekunden stark genug, dass man völlig die Hand vor Augen verliert und bis auf die Zähne durchgeweicht wird. Auch die Übergänge zwischen Tag und Nacht, eigentlich wunderbar dynamisch und ansehnlich, wechseln vor allem nach Betreten eines Gebäudes manchmal viel zu rasch.
Alles in allem sieht das Spiel aber natürlich trotzdem toll aus und spielt grafisch in den obersten Ligen gegenwärtiger Open World – Titel mit. Lediglich die Charaktermodelle enttäuschen, speziell die Gesichter wirken dank spärlicher Animationen und hölzerner Mimiken wie aus einer anderen Zeit und wollen sich nie so recht in das sonst so ansehnliche Gesamtergebnis einfügen, sondern wirken stattdessen durchgehend eher wie Fremdkörper. Die Schönheit des Spiels muss man abseits davon suchen, finden kann man sie dann aber an jeder Ecke. Die Reflektionsqualität ist hervorragend, Spiegelungen auf Oberflächen wie Wasser wirken glaubwürdig. Auch die Partikeleffekte wissen zu begeistern. Rauch und Feuer sind zwei dominante Aspekte der Spielwelt und als solche prominent vertreten. Wenn sich Rauchsäulen oder das Blattwerk der dichten Vegetation im Sonnenlicht brechen, sieht das alles richtig schick aus. Zwar halten sich die eingesetzten Assets in Grenzen und begegnen einem auf diese oder jene Art immer wieder erneut, die allgemeine Texturauflösung ist dennoch sehr hoch und untermalt das Setting dank absolut passendem Design. Graffitis, brennende Reifen, durch Leichen vergiftete Pfützen und Autowrack…das alles sorgt für die richtige Atmosphäre und setzt alleine schon aufgrund des grundlegend anderen Settings klare Kontraste zum durch und durch düsteren Vorgänger.
Spannend wird es bei der Frage, wie denn die Konsolen all das meistern. Die Antwort lautet: Mit Ausnahmen überraschend gut! Sämtliche Konsolen peilen stabile 30 Frames an und machen dafür aktiv Gebrauch von dynamischer Auflösungsskalierung. Das bedeutet, dass in besonders effektreichen Momenten automatisch niedriger aufgelöst wird, um die gewünschte Bildrate nicht einbrechen zu lassen. Davon machen mittlerweile viele Konsolentitel Gebrauch. Dass das Spiel das hier kaum nötig hat, überrascht. Die PlayStation 4 PRO löst maximal in nativem 1944p auf und skaliert dann hoch auf 4K, kann aber gelegentlich in besonders hardwarelastigen Momenten auch mal auf 1382p absacken, was man vor allem merkt, wenn gleichzeitig viel Bewegung auf dem Bildschirm stattfindet. Die XBOX One X nutzt dieses identische Prinzip so gut wie nie aus, sondern zeigt sich zu 98% aller Momente in nativer 4K – Auflösung bei trotzdem stabiler Bildrate – eine tolle Leistung.
Etwas einfacher strukturiert verhält es sich bei den Standardmodellen, wobei die XBOX One S noch am ehestem von der dynamischen Auflösung Gebrauch machen muss, um die sonst trotzdem sehr stabile Bildrate halten zu können. Angepeilt werden hier grundsätzlich wie bei der PlayStation 4 1080p, fast durchgehend halten kann die aber nur letztere. Das Einsteigermodell von Microsoft wandert immer mal wieder runter auf 900p, aber immerhin nie darunter. Das große Problem der Konsolen sind gegenwärtig die extrem lästigen Popup´s. Viele Texturen laden sehr spät und ploppen dann unschön auf – bis dahin sieht man am Bildschirm nichts als Matsch. Allem voran steht wenig überraschen die PC – Version. Dank Installation auf einer SSD gibt es dort keine Texturnachlader, auch die Ladezeiten fallen etwas kürzer aus. Natives 4K wird von Haus aus ebenso geboten wie Support für 21:9 – Displays. Spannend wird es aber bei den vielen Zusatzoptionen: Verbesserte Beleuchtung, höher aufgelöste Schatten und viele andere Kleinigkeiten sorgen dafür, dass man auf dem PC das technisch sauberste und optisch ansprechendste Erlebnis geboten bekommt, unbegrenzte Bildraten inklusive. Das hat allerdings seinen Preis: Wer Tom Clancy´s The Division 2 nicht nur in 4K, sondern auch mit maximalen Settings bei 60 Frames pro Sekunde zocken will, braucht absolute High End – Hardware. Dank RTX 2080ti und ausreichend CPU – Leistung konnten wir diese Werte fast durchgehend erreichen, lediglich in Bereichen mit starker Vegetation und bei entsprechender Beleuchtung gab es kleinere, aber keineswegs störende Einbrüche. Dank der vielen Optionen lässt sich das Spiel aber auch für Mittelklassehardware und höher optimal konfigurieren, dort bewegt sich die Gesamtqualität dann aber eher auf dem sehr guten Grafikniveau der Konsolen. Ein integriertes Benchmark gibt es nicht.
Alle Plattformen leiden momentan aber noch unter Problemen, die besonders die Physik betreffen. Alleine das seltsame Ragdollverhalten sorgt bisweilen für unfreiwillige Komik, gelegentlich stehen NPC´s nicht vor ihrem Tisch, sondern mitten darauf. Diese Probleme ziehen sich durch das gesamte Spiel und sind immer wieder wahrnehmbar. Manchmal schweben Charaktere sogar in der Luft. Und auch die K.I. zeigt sich trotz aller Klugheit immer mal wieder anfällig für nicht nachvollziehbare Aussetzer. So stürzt sie sich mitten aus der Deckung über offenes Gelände auf uns zu, um im Nahkampf zu attackieren – natürlich ein Todesurteil für den unüberlegt handelnden Feind. An anderer Stelle werden die genormten Werte der Dark Zone außerhalb davon nicht zurückgesetzt, weswegen das Anlegen und Vergleichen neuer Ausrüstung nahezu unmöglich wird. Hier hat dann nur ein erneutes Einloggen geholfen. Das alles sind Bauernkrankheiten, die man doch beheben sollte (und das idealerweise bald). Immerhin, die Steuerung geht gut von der Hand, egal ob Gamepad oder die klassische Kombination aus Maus- und Tastatur. Und auch der Ton ist gelungen. Die Waffengeräusche sind kräftig, die Umgebungsgeräusche sorgen für eine angemessene Immersion und die deutschen Sprecher können großenteils überzeugen. Schade nur, dass die eigene Spielfigur in den handlungsrelevanten Zwischensequenzen wieder mal nur zum stummen Statisten verkommt.
Fazit und Wertung
“Ich und meine Mittester haben erst sehr spät zum ersten Division gefunden. Zu dem Zeitpunkt war das Spiel längst voll entwickelt, bot zum Ende ausreichend fordernden Content und konnte uns über Wochen unterhalten. Die Fortsetzung schafft es momentan noch nicht ganz, all diese Punkte ebenfalls zur vollsten Überzeugung zu erfüllen. Mit knapp 40 Stunden Content wird zwar bereits jetzt einiges geboten, auch der erweiterte Mehrspielermodus lockt wieder mit vielen Belohnungen, gegenwärtig mangelt es aber abseits davon an Möglichkeiten nach Erreichen der Maximalstufe. Kleinere Bugs stören das sonst stabile und gut ausbalancierte Gameplay, dafür kann sich das Spiel optisch sehen lassen und wartet mit fairer Beuteausschüttung auf. Wenn die Macher regelmäßig neue Inhalte liefern und die bisherigen Probleme bei K.I., Physik und Co. in den Griff bekommen, könnte Tom Clancy´s The Division 2 ein langlebiger und anspruchsvoller Spaß für Erwachsene werden, der sich locker weit oben im Ranking gegenwärtiger Lootshooter einreiht.”
Pay-2-Win/Miktrotransaktionen: Tom Clancy´s The Division 2 bietet einen Ingame Shop, in dem man ausschließlich gegen Echtgeld zahlreiche kosmetische Items erwerben kann. Da sich diese aber nicht auf das Spielgeschehen auswirken, verzichten wir auf eine Abwertung.
PRO:
+ Detailverliebte, extrem atmosphärische und umfangreiche Spielwelt…
+ …die Washington, D.C. im Maßstab 1:1 nachstellt und viel Wiedererkennungswert bietet
+ Gelunge Beleuchtung
+ Hübsche Partikeleffekte
+ Dichte Vegetation
+ Dynamisches Wetter inkl. Tag- und Nachtübergängen
+ Faire Beuteausschüttung, Belohnungsgefühl ist immer präsent
+ Collectibles und versteckte Kisten laden zum Entdecken ein
+ Deutlich zurückgefahrenes Kugelschwammverhalten
+ Spezialistenklassen samt Talentbäumen sorgen für Diversität im Endgame
+ Fließender Progress
+ Umfangreiches Arsenal an Waffen, Ausrüstung und Mods
+ Sinnvoll integrierter Craftingmechaniken
+ Optisch abwechslungsreich inszenierte Hauptmissionen
+ Zahlreiche optionale Nebenmissionen
+ Deutlich erweiterte Mehrspielerkomponente (Dark Zone, PvP – Konflikte)
+ Zu großen Teilen solo absolvierbar
+ Tägliche Projekte werden gut in den Spielfluss eingebunden
+ Keine Levelgrenzen beim gemeinsamen Spiel
+ Zumeist klug agierende Gegner – K.I.
+ Zumeist gute deutsche Sprecher (mehrere Sprachoptionen vorhanden)
+ Passender Soundtrack
+ Zugängliche Bedienung
+ Stabile Server
CONTRA:
– Dünne Story, die hauptsächlich die Ereignisse des Vorgängers in neuem Gebiet wiederholt
– Viele uninspirierte Missionsziele nach Schema F
– Mau animierte Gesichter, ausdruckslose Mimiken
– Charaktere bleiben in storyrelevanten Einspielern stumm
– Gegenwärtig wenig Beschäftigung im Endcontent (u.A. noch keine Raids vorhanden)
– Wenig Vielfalt bei den Gegnermodellen
– Unspektakuläre Bossfights
– Gelegentliche K.I. – Aussetzer
– Teils nicht nachvollziehbare Wetter- und Zeitwechsel
– Hilferufe können nicht in der Gruppe beantwortet werden
– Momentan sehr unausgeglichene, unbefriedigende PvP – Komponente
– Popup´s (Konsolen)
GESAMTWERTUNG: 8.5/10
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