Selbstverständlich kann die Krone nicht zulassen, dass diese Gefahr sich über die ganze Welt ausbreitet und schickt die Strange Brigade in den Einsatz. Der kunterbunte Verbund von Kriegern, Wissenschaftlern und leidenschaftlichen Abenteuern lässt sich nicht lange bitten und setzt sich via Zeppelin in Bewegung um Seteki endgültig zu vernichten, die Welt zu retten und nebenbei natürlich ordentlich Beute einzusacken…
Mummies Alive!
Neun umfangreiche Missionen gilt es bis zum großen Finale zu bewältigen. Zwischen Tempelruinen, finsteren Katakomben und alten Grabanlagen bietet Strange Brigade zumindest in Sachen Architektur einiges an Abwechslung. Weitläufige, sehr atmosphärisch und belebt inszenierte Areale wechseln sich mit dunklen Tunnel und Gewölben ab. Da fühlt man sich nicht selten an die aktuellen Tomb Raider – Titel erinnert. Um von einem Areal zum nächsten zu gelangen, müssen nicht selten Schalter- oder Logikrätsel erfolgreich gelöst werden. Die entsprechenden Hinweise zur korrekten Lösung lassen sich dabei oft in unmittelbarer Umgebung entdecken, für Kopfzerbrechen wird also kaum gesorgt. Und wenn´s mal kein Rätsel ist, warten zumindest oft einige Wellen immer stärker werdender Gegner auf den Spieler(-verbund), die erst ins endgültige Jenseits befördert werden müssen, ehe der Weg weitergeht.
Die Lernkurve und somit auch der Schwierigkeitsgrad zieht dabei von Level zu Level immer weiter an. Wo zu Beginn noch Horden von einfachen Skeletten und Zombies auf den Spieler losgelassen werden, kommen später auch Speerwerfer, feuerspeiende Priester, teleportierende Ghoule und andere dicke Brocken dazu, die einem ordentlich zusetzen können. Automatische Regeneration von Lebenspunkten gibt es nicht, weshalb man immer gut damit beraten ist, nach Heiltränken Ausschau zu halten. Mit denen kann man nicht nur seine Energie wieder auffüllen, sondern sich im Falle des Ablebens auch fix aus dem nahegelegenen Sarkophag befreien, der als Wiedereinstiegspunkt fungiert. Ohne Heiltrank in der Tasche kann man nur darauf hoffen, dass einer der Mitspieler einen zeitig befreit, denn sonst ist das Ableben permanent und man kann allenfalls noch als Zuschauer am weiteren Geschehen teilnehmen.
Um der Meute von immer stärkeren Feinden Herr zu werden, steht der Strange Brigade nicht nur ein vielseitiges Arsenal klassischer Schießprügel zur Verfügung, darunter doppelläufige Schrotflinten, Repertiergewehre und Co., die sich jeder Charakter ganz ohne besondere Voraussetzungen teilen kann, sondern auch ein charakterspezifisches Amulett, welches bei voller Aufladung mächtige Spezialattacken entfesseln kann. Dazu sammelt man einfach die von besiegten Feinden hinterlassenen Seelen auf. Praktisch: Via Knopfdruck lassen sich alle Seelen im nahen Umkreis automatisch aufsaufen. Das Balancing dieser Fähigkeiten ist allerdings nicht sonderlich gut ausgefallen, denn einige Fähigkeiten erweisen sich als wesentlich nützlicher als die anderen, so dass sich aus der Auswahl schnell essentielle Metapicks ziehen lassen. Weitere dieser Fähigkeiten lassen sich durch das Sammeln von Relikten freischalten, insgesamt vier Fähigkeiten stehen dann jedem Charakter zur Auswahl und laden zum Experimentieren ein. Relikte sind meistens hinter kniffligen optionalen Rätseln versteckt. Aber Obacht: Oftmals genügen bereits drei falsche Lösungsversuche und die Tür bleibt euch und euren Freunden für immer (bzw. bis zum erneuten Spielen des jeweiligen Levels) verschlossen. Dafür lassen sich an überall verteilten Kisten für 500 Goldmünzen zufällig generierte, mächtige Einwegwaffen erwerben, die einem dank ihrer verheerenden Durchschlagskraft nicht selten das Leben retten können. Wer diese Waffen permanent seinem Inventar hinzufügen will, sollte aber sparsam sein – denn das hat einen hohen Preis. Zum Glück ist die Ausschüttung der Münzen aber mehr als fair ausgefallen.
Zwischen Frustmomenten und mangelnder Abwechslung
Fakt ist, Strange Bridgade macht am meisten Spaß im Team. Ohne das Zusammenspiel und das Element der Kommunikation bietet das Spielgeschehen für Solisten weitaus weniger Reiz. Zwar stimmt das Balancing auch hier und ermöglicht es somit auch Einzelspielern, das Ende zu erreichen, man merkt aber an vielen Stellen deutlich, dass die Mechaniken für mehrere Spieler ausgelegt worden sind. Gemeinsam über das Lösen von Rätseln zu grübeln oder sich im Einsatz seiner Fähigkeiten abzusprechen, kann sehr hilfreich sein, zumal auch die Flexibilität der Waffenwahl ihre Vorteile so besser entfalten kann. Da man zwar schnell ein Gespür dafür entwickelt, wann es zu einem Bosskampf kommt, aber beim ersten Run dennoch nie weiß, was einen dort genau erwartet, kann es verheerende Folgen haben, mit dem falschen Arsenal in den Kampf zu ziehen. Viele Bosse lassen sich nämlich nur durch das Treffen von bestimmten Körperzonen verwunden, die ohnehin schon schwer anzuvisieren sind. Zieht man dann aber zusätzlich mit streuanfälligen Maschinengewehren in den Kampf, kann das ziemlich frustrierend enden. Besonders am Gamepad ist es kaum möglich, präzise Schüsse zu setzen. Hier hätte ich mir mehr gewünscht, als nur wahllos platzierte Waffenkisten als Indikator für eine kommende Schlacht. Hinweise, wann was wie gemacht werden muss, gibt es einfach grundsätzlich viel zu wenige. Nicht selten waren wir daher gezwungen, gefühlte Ewigkeiten auf der Suche nach irgendeinem Wandschalter orientierungslos im jeweiligen Gebiet umher zu irren.
Da es auch im Spiel keinerlei taktischen Kampf gibt, sondern mehr einfach Run & Gun ohne Deckungssystem oder ähnliche Features, fordert das Geschehen abseits der Bosskämpfe nur sehr selten und wenn, dann auch eher durch Masse statt Klasse. Denn die meisten Gegner neigen dazu, einfach blind auf uns zuzurennen und nehmen auch keinen Anstoß an Dynamit oder Granaten, die wir ihnen direkt vor die Füße werfen. Somit lassen sich die Feinde auch recht einfach in eine der überall aufgestellten Fallen lotsen. Ob Klingenstürme, Flammenfallen oder Stachelböden, die nützlichen Umgebungsvorgaben lassen sich oft hemmungslos ausnutzen, zumal sie nach sehr kurzer Abklingzeit immer wieder aufs neue verfügbar sind. Klar, der Fokus von Strange Brigade liegt eindeutig auf unkompliziertem und zugänglichem Teamplay, spart dafür aber an den falschen Ecken an Vielseitigkeit und spielerischem Tiefgang. Schade, denn das Grundkonzept ist unterhaltsam und in gutem Maße simpel gehalten, bietet aber nach den ersten paar Leveln kaum noch Neues.
Abseits der Kampagne und dem jederzeit anwählbaren Hordemodus, in dem man gegen unendliche Wellen von Gegner antreten darf, hält sich der gegenwärtige Spielumfang momentan sehr in Grenzen. Zwar hat Rebellion für die Zukunft weitere Inhalte versprochen, darunter auch neue Charaktere und Kampagnen samt passender Beute, verlangt dafür aber Echtgeld in Form eines längst veralteten Season Pass – Systems. Der kostet mit 35€ fast soviel wie momentan das Hauptspiel mit je nach Plattform knapp 45-50€, welches aber in seinem aktuellen Zustand an sich kaum sein Geld wert ist, da es ihm eben einfach ohnehin schon chronisch an Inhalten mangelt. Hier wäre es mehr als fair gewesen, besagte Inhalte kostenlos nachzureichen. So aber verkommt das Modell zur puren Abzocke und kostet das Spiel wertvolle Punkte.
Die Technik macht´s
Strange Brigade baut auf Rebellion´s hauseigener Engine auf, die auch bereits in Sniper Elite Verwendung fand. Das Spiel nutzt deren Stärken gut aus und präsentiert wie bereits erwähnt angenehm lebendige und detailverliebte Schauplätze und teilweise sehr hübsche Effekte. Besonders Beleutung und Schatten können sich sehen lassen, aber auch die Explosionen kommen wuchtig rüber. Die Charaktere unterscheiden sich optisch angenehm voneinander und sind nicht minder detailverliebt in Szene gesetzt worden. Lediglich die Animationsqualität der Gesichter bleibt hinter dem Rest zurück. Die dennoch insgesamt nicht mehr ganz zeitgemäße Grafik ist dafür auch auf Mittelklasse – Hardware gut lauffähig und bietet die Möglichkeit, die festgelegten Feineinstellungen gleich mithilfe eines beiliegenden Benchmarks zu testen. Auf unserem Hochleistungssystem mit GTX 1080ti ließen sich die angepeilten 60 Frames pro Sekunde selbst auf maximalen Settings mühelos und durchgehend erreichen.
Sehr hörenswert ist die (ausschließlich englischsprachige) Vertonung. Nicht nur, dass die Helden allesamt bewusst klischeehaft klingen, auch darf man sich immer mal wieder über die witzigen und nüchternen Kommentare des britischen Narrators freuen. Das tut dem Geschehen sehr gut und vertieft zusätzlich zum passenden Soundtrack das Gefühl, sich mitten in einem Schundroman aus den Dreißiger Jahren zu befinden. Dass sich das Geschehen grundsätzlich nicht allzu ernst nimmt, tut dem Spiel wahnsinnig gut und hebt es zudem angenehm von der Konkurrenz ab. Die dazugehörigen deutschen Untertitel übertragen den Witz übrigens auch sehr passabel in unsere Sprache.
Fazit und Wertung
„Zugegeben, Strange Brigade macht trotz seiner Schwächen im Gameplay eine Menge Spaß – sofern man mit mehreren Mitspielern unterwegs ist. Zwar können Solisten ebenso Spaß mit dem Spiel haben, das Gesamtkonzept lebt aber erst dann richtig auf, wenn Freunde oder Fremde dem Geschehen beitreten. Spielerisch nur selten fordernd, eignet sich das zugängliche Spielprinzip hervorrragend für die lockere Abwechslung zwischendurch, bleibt dabei aber abseits von Kampagne und Horde – Modus überraschend inhaltsarm und bietet zudem nur sehr wenig Abwechslungs bei der Auswahl der Charaktere und deren Bewaffnung. Dass man für mehr Inhalt zusätzlich zu dem viel zu teuren Hauptspiel auch noch einen Season Pass kaufen muss, ist extrem ärgerlich. Setting, Humor und Atmosphäre halten das Spiel damit nur sehr knapp über der Mittelmäßigkeit.“
Fazit Dante: „Ein schönes Spiel für zwischendurch, dass vor allem zusammen mit Freunden gespielt werden sollte. Der momentane Preis sollte allerdings dringlichst nach unten geschraubt werden.“
Miktrotransaktionen/Pay-2-Win: Trotz Multiplayer – Fokus verfügt Strange Brigade nicht über Pay-2-Win – Inhalte oder frangwürdige Lootboxmechaniken. Eine Abwertung findet daher diesbezüglich nicht statt.
PRO:
+ Gelunges, unverbrauchtes Setting im überzogenen 30´s – Stil
+ Skurrile Charaktere
+ Einfach zugänglicher Mehrspielermodus mit stabilen Servern
+ Motivierende Jagd nach Relikten
+ Mitunter sehr hübsche Panoramen
+ Nette Licht- und Schatteneffekte
+ Faire Lernkurve
+ Gut ausbalancierte Währungsausschüttung
+ Teilweise sehr spaßige Ultimate – Attacken
+ Herrlich überzogenene (englische) Sprecher
+ Lustiger Kommentator
+ Passender Soundtrack
+ Intuitive, einfach zu erlernende Bedienung
+ Auch Solo gut spielbar
CONTRA:
– Technisch insgesamt etwas veraltet
– Abseits der Kampagne sehr inhaltsarm
– Geringe Charaktervielfalt
– Nicht alle Artefaktfertigkeiten sind nützlich
– Charaktere unterschieden sich abseits der Amulettfertigkeiten nur optisch voneinander
– Mieses Preisleistungsverhältnis…
– …zusätzliche Inhalte nur gegen Echtgeld als Season Pass
– Kaum Tutorials oder nützliche Hinweise
– Oftmals sehr ähnlich strukturierte Bosskämpfe
– Manche Situationen mit falschem Loadout kaum zu bewältigen
– Die meisten Gegner agieren fast ausschließlich als Kanonenfutter
– Im Singleplayer wesentlich weniger spaßig
– Teilweise extrem fummeliges Zielen
– Waffenupgrades nicht teilbar
GESAMTWERTUNG: 70%