Ein Testbericht von General M
En taro Tassadar, verehrte Leser. Den ein oder anderen mag es womöglich ein wenig langweilen, dass ich vor dem Beginn eines Artikels immer einen kleinen Abstecher in vergangene Zeiten wage, wo Leder noch Leder war und Kinder ihren Nachmittag noch ganz ohne Smartphones und dergleichen auf Spielplätzen zubrachten, wo sie sich die Hosen grün scheuerten und Abends verdreckt wie ein Spatz nach Hause kamen. In diese damalige Zeit fiel die Veröffentlichung eines Spiels, dessen weltweite Popularität (besonders aber in Südkora) wohl niemand vorausahnen konnte. Mit StarCraft, welches abschätzigerweise und völlig unzutreffend von manchem „WarCraft im Weltraum“ genannt wurde, erschuf Blizzard Entertainment ein wohl durchdachtes Echtzeitstragiespiel mit Anleihen von Warhammer 40.000, gespickt mit den typischen zahlreichen Referenzen zur damaligen Popkultur und von dem ewigen Kampf zwischen Terranern, Zerg und Protoss handelnd. Das Konzept schlug nicht nur aufgrund seines fantastischen Balancing ein, sondern auch wegen seiner toll geschriebenen Geschichte, der wunderbaren Inszenierung und natürlich wegen des fantastischen Multiplayer – Modus. Jedes Volk spielte sich unterschiedlich, ohne dabei unterlegen zu sein. So legte StarCraft den Grundstein für heutige E-Sports Ligen, in denen es um Preisgelder geht, die sich unsereins kaum vorstellen kann. Ein Jahr nach Veröffentlichung legte man dann „BroodWar“ nach, welche die Kampagne ebenso wie den Mehrspielermodus umfangreich und sinnvoll erweiterte. Jahre vergingen, Blizzard wandte sich anderen Projekten zu. Es folgten Diablo 2 samt Erweiterung, WarCraft 3 und Frozen Throne und letztendlich das globale Phänomen der World of Warcraft. Was dann folgen sollte, wurde von vielen sehnsüchtigst erwartet: Mit StarCraft II – Wings of Liberty wurde eine moderne Fortsetzung angekündigt, die in drei Teilen erscheinen sollte. Ein Spiel für jede Fraktion. Und hier sind wir nun, weitere Jahre später, beim großen Finale angelangt. Schreibt hier ein Fan der Serie? Absolut.
Vom Ende der Welt
Die gesamte Geschichte des Universums zu rekapitulieren würde viel Platz und Zeit benötigen. Für Leute, die mit dem Spiel gar nicht vertraut sind, möchte ich wenigstens das Allerwichtigste rekapitulieren, ohne große Spoiler anzubringen. Wer auf Nummer Sicher gehen will, der sollte diesen Absatz wie üblich einfach überspringen.
Die Ereignisse von Legacy of the Void setzen direkt nach der Kampagne der Zerg im Vorgänger Heart of the Swarm ein. Amon, ein abtrünniger verbliebener Xel’Naga, der Rasse, welche einst Zerg und Protoss erschuf und nichts weiter anstrebt als die völlige Auslöschung allen Lebens, um das Universum anschließend nach seinem Bild erneut zu schaffen, ist erwacht. Dazu bedient er sich durch Gedankenkontrolle nicht nur den Taldarim, einer Amon loyal gesinnten Kaste der Protoss, sondern nahezu allem, was seinen Einflüsterungen nicht widerstehen kann. Zeratul, ein Protoss der einst geächteten Dunklen Templer welcher all das bereits vor langer Zeit vorausgesehen hat, versucht verzweifelt, Allianzen zwischen den verfeindeten Parteien zu schmieden und einen Weg zu finden, das drohende Übel abzuwenden. Letzendlich führt ihn das zum jungen Hierarchen Artanis, welcher gerade eine Streitmacht aufstellt, um Aiur, die Heimatwelt der Protoss, die von den Zerg besetzt wurde, zurück zu erobern. Das Unternehmen scheint zu gelingen, bis Amon selbst sich zu erkennen gibt. Schwere Opfer sind die Folge und es liegt nun an Artanis, alten Freunden und ebenso alten Feinden, Zeratuls dunkle Prophezeiung abzuwenden und das Universum zu retten. Die Geschichte ist im Grunde nichts Besonderes, nichts völlig Neues. Gerade Amon, der zentrale Antagonist, hätte etwas mehr Substanz und Tiefe vertragen können. Betrachtet man jedoch das große Ganze, ist Legacy of the Void ein mehr als würdiger Abschluss der Trilogie.
Von zeitlosem Charakter
Obwohl ich die beiden Vorgänger der Reihe und ebenso den ersten Teil samt Erweiterung schon seit deren ersten Veröffentlichungstagen mein Eigen nennen kann (was mich gerade hinsichtlich letzterem etwas alt fühlen lässt), habe ich mir doch erst kurz vor Erscheinen des großen Finales die Zeit genommen, die gesamte Geschichte nochmal zu erleben. Je mehr ich das tat, desto mehr wurde ich gepackt von der epischen Geschichte und deren nicht minder epischer Inzenierung. Blizzard versteht es seit jeher, nicht nur sinnvoll durchdachte und logische Geschichten zu schreiben, sondern diese auch mit der richtigen Prise Humor zu würzen. Das wache Auge findet überall Referenzen zu anderen Spielen, Filmen oder dergleichen. Wenn der terranische Space Marine beispielsweise über sein G-15 Gauss – Gewehr philosophiert, von denen es viele gibt, aber dieses ihm gehöre, kann man sich das Grinsen selten verkneifen, sofern man die entsprechende Referenz verstanden hat. Die Protoss, mit deren Kampagne das große Finale gespielt wird, sind in dieser Hinsicht etwas sparsamer, trotzdem nicht minder cool. Stellten und stellen die Terraner die Allrounder da, die mit viel Mikromanagement schlagkräfte Streitkräfte für jede Situation bereitstellen können und die Zerg eine Rasse, die vor allem auf günstig produzierte (dafür aber auch nur in der Masse effektive) Einheiten setzt, gilt bei den Protoss das Kredo: Weniger ist mehr. Zwar muss man dafür mehr der kostbaren beiden Ressourcen Mineralien und Vespingas investieren, dafür sind die Streitkräfte mit Schilden versehen und verursachen hohen Schaden. All das zeigt, dass man der Spielweise von StarCraft treu geblieben ist und sich auf das besinnt, was die Reihe schon immer ausgezeichnet hat: Variables und ausgezeichnetes Gameplay, sowohl Off- als auch auch Online. Allerdings stets mit zahlreichen sinnvollen Verbesserungen, ebenso dem Mut zu Neuerungen, ohne dabei an Qualität einzubüßen. Im Gegenteil, man hat sogar das Gefühl, dass es mit jedem Mal noch besser wird. Und das schafft heutzutage kaum jemand auf dem Markt, bedenkt man doch die unzählichen schlechten Fortsetzungen eigentlich guter Spiele. Legacy of the Void hat auch das wieder geschafft.
Und bei all dem ist StarCraft II mehr, als einfach nur ein Echtzeitstragiespiel. Das wird ganz besonders abseits der vielen verschiedenen, abwechslungsreichen und nie langweiligen Missionen deutlich. Toll animierte und synchronisierte Gespräche und Sequenzen liefern Hintergrundwissen zur Geschichte und vertiefen die Bindung und Sympathie zu den Charakteren. So wird Hierarch Artanis im Deutschen von Joachim Tennstedt gesprochen, der Serienfans unter anderem als die Deutsche Stimme von Bryan Cranston in seiner Paraderolle des Walter White bekannt sein dürfte. Ebenso aber auch als Stammsprecher von John Malkovich. Und auch alle anderen Charaktere, von den kleinsten Einheiten bis zu den größten Ungetümen, wurden toll vertont. Oft gibt es Spiele, die gerne mehr sein möchten, als sie eigentlich sind und grandios daran scheitern. StarCraft II gelang dies meiner Meinung nach über die gesamte Trilogie mühelos, was einer von vielen Gründen für die Beliebtheit und die Langliebigkeit der Reihe sein mag.
Abseits von allem bleibt nicht nur der bereits erwähnte Multiplayer – Part, der erfahrenen Spielern nach Absolvieren der Kampagne (oder auch vorher) endlose Stunden Spielspaß gegen Spieler aus der ganzen Welt bietet. Dabei sind serientypisch auch wieder neue Einheiten zu jeder Fraktion gestoßen, die sinnvolle Unterstützung in das Gameplay einbringen. Hier hat man also eigentlich nahezu alles wieder mal richtig gemacht, obwohl bisweilen einige Schwierigkeiten beim Matchmaking auftreten. Die neuen Co-Op Missionen machen ebenfalls eine Menge Spaß und sind gut durchdacht, allerdings hätte ich mir da ein paar mehr Missionen gewünscht. Dennoch bleibt Legacy of the Void natürlich ein ausgesprochen umfangreiches Spiel mit vielen Möglichkeiten.
Von gutem Aussehen
Natürlich darf man das Spiel technisch nicht mit den Titeln vergleichen, mit denen sich aktuelle Veröffentlichungen für gewöhnlich messen müssen. Hier muss man innerhalb des Genres verweilen. Und da kann sich das Spiel wirklich sehen lassen. Das Gameplay ist flüssig, die Ladezeiten angenehm und die visuelle Präsentation abseits der Missionen weiß ebenfalls sehr zu gefallen. Einige Texturen wurden optimiert und erstrahlen in neuem Glanz, was besonders der Umgebung zuträglich ist. So wirkt Legacy of the Void immer noch zeitgemäß, obwohl seine grundlegende Technik bereits einige Jahre alt ist. Dafür ist das Spiel auch auf alten Systemen noch gut spielbar. Starke Technik ermöglicht Auflösungen bis 4K und damit knackscharfe Texturen, bei geringeren Auflösungen sollten aber auch Systeme der Mittelklasse mühelos höhere Einstellungen schaffen, ohne dabei zu viele Abstriche in Kauf nehmen zu müssen.
Fazit
„Mit Legacy of the Void legt Blizzard ein würdiges Finale einer epischen Trilogie vor, die momentan mit zur Referenz im Genre gehört. Tolles Balancing und sinnvolle Erweiterungen im Gameplay, sowohl online als auch offline, und eine wunderbare visuelle Inszenierung stehen lediglich kleinen Makeln wie kleineren Schwächen im Storytelling und ein paar Problemen beim Matchmaking gegenüber. Quereinsteiger aufgepasst: Unbedingt erst die Vorgänger spielen! Wer das Genre mag, kann bedenkenlos zugreifen.“
PRO:
+ würdiger und epischer Abschluss der Trilogie
+ tolle visuelle Inszenierung
+ abwechslungsreiche Missionen
+ sinnvolle Verbesserungen im Gameplay
+ exzellente Deutsche Sprecher
+ toller Soundtrack
+ taktisch sehr flexibel
+ Wiederspielwert dank Achivements und 4 Schwierigkeitsgraden
+ Geschichte entwickelt sich innerhalb der Missionen
+ Multiplayer – Spektakel par excellence
+ Co-Op Missionen
+ durchdachter und hilfreicher Talentbaum
+ großartiger Einheitenpool
CONTRA:
– hat noch Schwierigkeiten beim Matchmaking
– Antagonist kommt zu wenig zur Geltung
– minimale Schwächen im Storytelling
GESAMTWERTUNG: 92%