Alles klar, Kinder?!
Die Story ist dünner wie ein Algenpapier für Sushi, wartet aber immer wieder mit der nötigen Portion Selbstironie auf, um diesen Umstand eher belustigen zu gestalten. Offensichtliche Fragen seitens der Charaktere über den Sinn der Sache kontert das Spiel gekonnt mit dem typischen Serienhumor. Für Lacher wird immer wieder gesorgt, und das nicht nur in der englischen Originalvertonung. Anders als die Vorlage wartet das Remake nämlich unter anderem mit einer komplett deutschen Synchronfassung auf, für die man sämtliche TV-Sprecher vor das Mikrofon gebeten hat. Der versierte Cast liefert hier einen absolut fantastischen Job ab, der mit der gleichen hohen Qualität aufwartet wie die seit 1999 über die Mattscheiben flimmernde Serie. Knapp fünfzehn Stunden lang hüpft, hangelt und kämpft ihr euch durch alles, was Bikini Bottom zu bieten hat. Für gerade mal knapp dreißig Euro ist das absolut nicht zuwenig. Wer es etwas edler mag, kann aber ab zweihundert Euro aufwärts zu einer der mittlerweile vergriffenen Sammlereditionen greifen. Einen spielerischen Mehrwert erhält man dafür jedoch nicht, das Spiel ist vollkommen frei von Echtgeldtransaktionen oder anderweitigem editionsexklusiven Gamecontent.
Das Spielpeinzip ist relativ simpel gehalten und erinnert dabei stark an beinahe vergessene Größen aus der glorreichen Zeit des Genres. In jedem der insgesamt dreizehn Areale versteckt sich eine bestimmte Anzahl goldener Pfannenwender, die man zum Freischalten neuer Abschnitte benötigt. Fünfundsiebzig Stück sind notwendig, um zum Endkampf zu gelangen, Erfolgsjäger und Komplettisten haben damit aber längst nicht das Ende erreicht. Doch nicht nur die verschiedenen Aufgaben belohnen Spongebob und Co. mit den hochkarätigen Grillhelfern. Wer tatkräftig dabei mithilft, Patrick´s verlorene Sockensammlung zu komplettieren oder den ewig geldgierigen Mr. Krabbs fleißig mit Glitzerkram versorgt, wird ebenfalls belohnt. Gerade letzteres ist aber mit einigem Grind verbunden und wirklich nur für Hundertprozentler interessant. Ob der Schiffsfriedhof des fliegenden Holländers, die Innenstadt von Bikini Bottom oder das Urlaubsressort auf dem Sandberg, für Abwechslung beim Leveldesign haben die Macher definitiv gesorgt. Zu den bereits aus dem Original bekannten Arealen und Herausforderungen gesellt sich mit dem Remake aber auch komplett neuer Content, der es damals aus Zeit- und Platzmangel nicht mehr ins Spiel geschafft hat. Selbst Kenner werden also auf die ein oder andere Erweiterung stoßen.
Zwischen Lassoschwung und Blasenbowling
Um sämtliche Aufgaben des Spiels erfolgreich meistern und Bikini Bottom vor der Roboterplage retten zu können, muss der Spieler immer wieder zwischen den drei spiebaren Hauptcharakteren Spongebob, Patrick und Sandy hin- und herwechseln. Jeder verfügt nämlich über ganz eigene Fähigkeiten. So ist nur die texasvernarrte Sandy dazu imstande, mit ihrem Lasso über für alle anderen unzugängliche Abschnitte zu schwingen, während ausschließlich Patrick bestimmte Objekte in der Spielwelt als Wurfobjekte nutzen kann. Spongebob fungiert dagegen zunächst als Allrounder mit ausgeglichenen Sprung- und Kampffertigkeiten, lernt aber später mit der Blasenrakete und dem Blasenbowling zwei einzigartige Angriffe, die man anschließend immer wieder zum Weiterkommen benötigt. Der Charakterwechsel funktioniert ganz klassisch via überall platzierter Bushaltestellen, wobei pro Gebiet immer nur ein zusätzlicher, vorgegebener Charakter verfügbar ist.
Das Wechselsystem ist allerdings für meinen Geschmack etwas ZU klassisch geraten, da man trotz freischaltbarer Abkürzungen trotzdem oft backtracken muss. Praktisch dagegen: Habt ihr eine Aufgabe erst entdeckt, könnt ihr über die Karte auch arealübergreifend jederzeit an den Ort des Geschehens zurückkehren und findet euch dann direkt in der Haut der dafür nötigen Figur wieder. Trotzdem, ein direkter Figurentausch über einen einfachen Tastendruck wäre besser gewesen – und vor allem moderner. Genau daran werden sich letztendlich auch die Geister scheiden. Wer eine kompromisslos klassische Spielerfahrung in bester Tradition guter alter Zeiten erwartet, wird mit Spongebob Schwammkopf: Battle for Bikini Bottom – Rehydrated allerbestens bedient werden. Wer stattdessen etwas im Stile modernerer Vertreter wie Super Mario Odyssey erwartet, wird zwar nicht gänzlich vom Gebotenen enttäuscht werden, aber ganz sicher auf den ein oder anderen Frustmoment treffen. Schwamm und Freunde bewegen sich nämlich nicht ganz so präzise wie der beliebte Klempner, nicht selten fliegt man von höhergelegenen Plattformen nur deswegen auf den harten Boden der Tatsachen zurück, weil die Kamera nicht für optimale Übersicht sorgt oder Sprünge schlichtweg nicht so funktionieren, wie sie eigentlich funktionieren sollten. Dadurch findet man sich gelegentlich in nervigen Try and Error-Passagen wieder, die einen nur deswegen nicht in den Wahnsinn treiben, weil das Spiel stets für faire Rücksetzpunkte sorgt, welche einem rasches Neuversuchen ermöglichen.
All das muss man dem Remake als großen Kritikpunkt unterstellen. Denn hätten wir es hier mit einem schlichten Remaster zu tun, welches lediglich Auflösung und Texturen aufbohrt, wäre das eher zu verzeihen als im Rahmen einer kompletten Neukonstruktion. Gerade die bieten die gute Chance, Altlasten zu modernisieren, Unzulänglichkeiten zu korrigieren und das Spielerlebnis dadurch einfach runder zu gestalten. Darauf verzichtet das für die Umsetzung verantwortliche Studio Purple Lamp leider sehr konsequent. Nostalgiker werden das Spiel zweifelsohne lieben und auch ich hatte als solcher eine Menge Spaß mit dem Spiel. Neueinsteiger oder komfortverliebte Spieler dagegen müssen mit den Relikten vergangener Zeiten umzugehen wissen, anderenfalls droht akute Gefahr für die Haltbarkeit des Controllers. Mit ein bisschen Geduld und Ausprobieren sollte es aber jeder zum Abspann schaffen, denn weder die Pfannenwenderhatz noch die gelegentlichen Bosskämpfe sind auch nur ansatzweise schwer zu meistern.
Unreal unter Wasser
Während das Original noch auf RenderWare aufbaute, fußt das Remake komplett auf der aktuellen Unreal Engine 4. Jedes Spielelement wurde komplett neu erstellt. Das Ergebnis kann sich absolut sehen lassen: Spongebob Schwammkopf: Battle for Bikini Bottom – Rehydrated ist ein kunterbuntes, visuell eindrucksvolles Spektakel geworden, welches mit der Vorlage allenfalls noch den identisch gebliebenen Levelaufbau gemein hat, technisch aber in allen nur denkbaren Aspekten einen überzeugenden Weg in die Moderne gefunden hat. Dabei spielt es gar keine Rolle, auf welcher Plattform ihr Bikini Bottom von der Roboterplage errettet. Bereits die Basismodelle, also PlayStation 4 und XBOX One S, peilen 60 Frames pro Sekunde für bestmögliches Gameplay an, aufgelöst wird jeweils in nativem Full HD. PlayStation 4 PRO und XBOX One X geben das Ganze sogar in echtem 4K aus. Eine Option, die natürlich auch bei grafisch identisch dazu aussehenden PC-Version verfügbar ist, welche übrigens bereits mit guter Mittelklassehardware zufrieden ist.
Das beste Spielgefühl liefern für mich nach einem umfangreichen Dauertest auf allen Plattformen mit knappem Abstand die Versionen für XBOX One X/PlayStation 4 PRO und PC. Auf den Basismodellen kommt es nämlich leider immer mal wieder zu kurzen, aber unschönen Rucklern, von denen man auf den erweiterten Systemen bis auf ganz wenige Ausnahmen (zum Beispiel wenn viele Objekte gleichzeitig in Glitzerkram zerbersten) verschont bleibt. Weil eine stabile Bildrate in diesem Genre einfach unerlässlich ist, sollte man beim Kauf also lieber auf eine der hochpreisigeren Plattformen zurückgreifen. Dann bleiben allerhöchstens noch gelegentlich nachladende Hintergrundtexturen, die anschließend etwas unschön ins Bild ploppen, zumindest das Gameplay wird dadurch aber nicht negativ beeinflusst. Von anderen groben Schnitzern wird man dann aber dankbarerweise auf allen Plattformen verschont. Euch erwartet einer der schönsten Genrevertreter überhaupt, der die Bezeichnung eines Remakes voll und ganz verdient.
Für die Bedienung ist ein Gamepad unumgänglich. Falls ihr euch am PC wirklich mit Maus und Tastatur an das Spiel wagen wollt, empfehle ich Valium in hohen Dosen. Ihr werdet es brauchen. Gut gefallen hat mir außerdem der schön remasterte Soundtrack, der auch direkt der Serie entsprungen sein könnte und für jedes Level eigene Leitmotive auffährt. Solltet ihr jedoch längere Zeit in einem Areal verbringen, kann deren ewige Wiederholung aber genauso viele Nerven kosten wie die unzugängliche und unpräzise Steuerung ohne Gamepad. Ihr wurdet gewarnt!
Fazit und Wertung
“Schön, dass es neben all den lieblos auf den Markt geworfenen Remastern auch das Remake nicht vollständig vergessen wurde. Als solches präsentiert sich die Neuauflage von Spongebob: Battle for Bikini Bottom als grafisch imposanter, kunterbunter Spaß, der sogar für Kenner des Originals noch die ein oder andere Überraschung parat haben sollte und runde fünfzehn Stunden Spielspaß für Jung und Alt verspricht. Bei aller visuellen Modernisierung bleibt dafür mechanisch alles etwas zu sehr in der Vergangenheit hängen. Gelegentliche Aussetzter bei Bedienung und Kamera, umständlicher Charakterwechsel und die weiterhin maue Story kanzeln das sonst gelungene Remake ab. Für Nostalgiker und/oder Fans von Bikini Bottom und seinen Bewohnern definitiv Pflichtprogramm, für alle anderen bleibt Mario wahrscheinlich das Maß aller Dinge.”
PRO:
+ Grafisch sehr gelungenes Remake…
+ …welches Charme und Humor der Serie optimal einfängt
+ Auch für Nichtkenner der TV-Vorlage zugänglich
+ Dreizehn komplett unterschiedliche Areale
+ Guter Gesamtumfang…
+ …mit bisher unveröffentlichtem Gameplaymaterial
+ Faire Rücksetzpunkte
+ Erstklassige deutsche Sprecher
+ Passender Soundtrack
+ Gute Bedienung via Gamepad
CONTRA:
– Belanglose Story
– Spielerisch nie fordernd
– Charakterwechsel hätte zeitgemäßer umgesetzt werden können
– Gelegentliche Aussetzer bei Kamera und Bedienung
– Standardkonsolen leiden an Bildratenschwankungen und Rucklern
– Nur ein Musikstück pro Areal, dass sich in Dauerschleife wiederholt
– Mit Tastatur quasi unspielbar
GESAMTWERTUNG: 8.0/10
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