Getestet und verfasst von General M
In den Neunzigern, so möchte man als Zeitzeuge meinen, war im Grunde nichts unmöglich. Michael Jordan beispielsweise tat sich mit Bugs Bunny und Co. zusammen, um gegen Außerirdische Basketball zu spielen. Center Shocks haben einem fast die Zähne aus der Kauleiste gesprengt und der preiswerte Eistee – Ersatz im Tetrapak von ALDI wurde literweise druckbetankt. Apropos Basketball…irgendwer muss in jener Zeit auch die Idee gehabt haben, Shaquille O´Neal ein Videospiel zu spendieren, in dem er als Kung Fu – Meister die Welt rettet. Klingt unsinnig? War es auch, zudem in der Umsetzung so mies, dass es als eines der schlechtesten SNES – Titel überhaupt (wobei die Genesis – Version wesentlich mehr Inhalt enthielt, aber nicht minder schlecht war) heute schon wieder einen gewissen Kultstatus innehat, zumal das Spiel sich bei allem nie wirklich ernst genommen hat. Und eben dieser Status mag wohl auch ein Gruppe Kickstarter bewogen haben, ein Remake des Spiels auf die Beine zu stellen. Die Backer fanden die Idee gut, letztendlich kam eine halbe Million Dollar bei der Kampagne rum. Genug Budget also, um womöglich im Jahr 2018 irgendwas brauchbares, zumindest herrlich abgefahrenes aus der Sache zu machen. Oder etwa nicht?
Nein.
Vorneweg, das Remake ist mindestens so schlecht wie das Original, über weite Strecken sogar noch mieser. Nehmen wir die (vom am kreativen Prozess beteiligten Shaq persönlich vorgetragene) Story als Beispiel, die ganz ohne die Selbstironie der Vorlage daher kommt und entsprechend einfach nur dämlich ist. Hier landet Basketballer Shaq nämlich nicht durch Zufall in einer anderen Dimension, wo er gegen Mumien und andere Kreaturen kämpfen muss, sondern ist schlicht und einfach ein ausgesetzter Waise, der als Säugling an einem Chinesischen Flussbett angeschwemmt wird. Mit der Zeit merkt er, dass er als 2.16m großer Afroamerikaner irgendwie anders als seine asiatischen Mitmenschen ist (Ja, dafür bedarf es scheinbar Zeit!) und sich in Folge zunehmend fremd und ausgegrenzt fühlt. Zum Glück nimmt sich ein alter Kung Fu – Meister dem Außenseiter an und lehrt ihn die uralte Kampfkunst.
Als der geschätzte Mentor dann von fiesen Bösewichten ermordet wird, liegt es an Shaq, eine uralte Prophezeiung zu erfüllen und den Schurken ordentlich eines auf die Mütze zu geben. Das kommt euch irgendwie bekannt vor? Dann habt ihr wahrscheinlich ebenfalls „Kung Fu Panda“ gesehen, von dessen grundlegender Geschichte das Remake gnadenlos klaut. Nur eben nicht besonders gut, originell oder gar lustig. Es will mir partout nicht einleuchten, warum man stattdessen nicht einfach bei der Originalgeschichte geblieben ist, die einfach herrlich blödsinnig ist. Was das Remake stattdessen als Ausgangspunkt für die folgende, stets belanglose Klopperei auftischt, ist ohne jede Selbstironie schlicht nur noch blödsinnig ohne jede Herrlichkeit. Und zudem unglaublich langweilig. Einen richtigen Antagonisten á la Sett Ra gibt es hier ebenso wenig, stattdessen stellt man sich am Ende jedes der insgesamt sechs Kapiteln schlechten Karikaturen von unter anderem Kim Kardashian und Donald Trump als Bossgegnern, die alle irgendwas mit dem Mord am Meister zu tun haben. Die unfreiwillige Komik des Originals weicht hier aufgesetztem, stereotypischen Rassismus sowie einer nicht geringen Dosis Frauenfeindlichkeit, die einen nicht zum Lachen bringen, sondern durch ihre jeweils forcierte Platzierung eher zum Weinen animieren. Man sollte meinen, dass einen nach der desaströsen Retailversion von Agony (die zum Glück dank einiger Patches mittlerweile wesentlich attraktiver geworden ist) nichts mehr schockieren kann. Aber dann kam „Shaq Fu: A Legend Reborn“ und beweist einem eindrucksvoll das Gegenteil.
Nein!
Gut, ein Sidescroller – Beat ´em Up ist nicht zwangsläufig abhängig von einer guten Handlung, um Spaß zu machen. Hat man in den Neunzigern auch nicht wirklich gebraucht. Das Problem ist nur, dass das Remake auch abseits der uninspirierten, inkonsequenten Handlung einfach kein Vergnügen ist, sondern eine zähe, repetive und wenig anspruchsvolle Erfahrung. Man bewegt sich eben von links nach rechts und haut auf dem Weg zum nächsten Level bergeweise Klongegner über den Haufen.
Dafür stehen einem ein leichter sowie ein schwerer Angriff zur Verfügung, gelegentlich darf man sich auch die Umgebung zunutze machen oder sich mithilfe von zwei Power Up´s entweder in einen Roboter oder einen nadelspuckenden Kaktus verwandeln. Da man aber selbst dann nur einen Button spammen muss, birgt das allerdings keinen Mehrwert. Die Spielmechanik ist so minimalistisch, wie man es sich nur ausmalen kann. Auf der anderen Seite gibt es natürlich noch das Blocken, was nie richtig funktionieren will, wie auch die Kollisionsabfrage. Kurzum, es gibt zu wenig von dem, was man braucht und zu viel von dem, was man getrost ignorieren kann, wenn es um die Bedienung geht. Entsprechend schnell sitzt man einfach nur angeödet vor dem Bildschirm und fragt sich, wofür man eigentlich je nach Version 30-40€ ausgegeben hat und was zur Hölle die Entwickler mit der halben Million Dollar angestellt haben, die sie für die Entwicklung zur Verfügung hatten! Denn was hier letztendlich geboten wird, programmiert einem ein versierter Informatiker in 4 Wochen für ein Salamibrot mit Remoulade und vielleicht einem hauchfeinen Scheibchen Salatgurke.
Basierend auf der UNITY – Engine, ist das Spiel auch kein wirklicher Augenschmaus, sondern wirkt zu jeder Zeit abseits gelegentlich hübscher Hintergründe hemmungslos veraltet. Da gibt es auf der letzten Konsolengeneration zig Titel, die allesamt noch um Welten besser aussehen. Der klobige Comiclook leidet an allen Ecken unter Detailarmut und lässt auch abseits davon kaum qualitativ annehmbare Momente durchblicken. Vier Jahre hat es gedauert, die halbe Million anzuhäufen. Das Konzept scheint sich in dieser Zeit nicht weiterentwickelt zu haben, sondern wurde scheinbar einfach wie präsent umgesetzt, ob es nun noch zeitgemäß ist, oder eben nicht. Das Problem ist nur, dass es eben auch 2014 keinen mehr vom Hocker gerissen hätte, was hier letztendlich 2018 endlich präsentiert wird. Miese Animationen, kaum vorhandenes Trefferfeedback…die Liste der Probleme, Ärgernisse und Unzulänglichkeiten ist schier endlos. Hinzu gesellen sich auch noch plattformbedingte Probleme. Auf dem PC noch am besten lauffähig, leiden die teureren Konsolenfassungen unter teilweise massivem Screentearing. Note 6, setzen!
Fazit und Wertung
„Die hemmungslose Dreistigkeit, mit der die Entwickler hier unter falschen, größenteils nicht erfüllten Versprechungen über vier Jahre Kampagnenlaufzeit den ahnungslosen Backern fast eine halbe Million Dollar abgeknöpft haben, grenzt im Grunde an kriminellen Betrug. Was auf den Konzeptzeichnungen noch ganz annehmbar wirkte, ist im fertigen Spiel gar nicht enthalten. Ebenso fehlt auch der versprochene Zweispielermodus. ´Shaq Fu: A Legend Reborn´ ist ein harter Schlag ins Gesicht für Genrefans, ja sogar für Fans des Originals. Und besonders natürlich für jeden, der auch nur einen Cent oder am Ende gar mehrere hundert Dollar gezahlt hat, um die Entwicklung dieses katastrophalen Machwerks zu unterstützen, welches nicht einmal in seinen Grundmechaniken funktioniert. Hier stimmt einfach überhaupt nichts. Mein Tipp…nein, mein dringender Appell: Macht einen weiten, WEITEN Bogen um das Spiel und besorgt euch beispielsweise ´Street of Rage II´ im Steam Store. Das gibt es schon für 99 Cent. Und war schon beim Release 1992 alles und mehr, was diese freche Genrevergewaltigung je sein wollte und je sein wird. Doch am Ende ist diese Katastrophe auch ein eindringliches Plädoyer dafür, dass Kickstarter dringend Regeln und Regulierungen brauchen, damit es in Zukunft hoffentlich ausbleibt, dass man so dreckig um sein Geld gebracht wird. Ich spare mir an dieser Stelle die Auflistung von PRO und CONTRA, sondern gehe gleich über zur…“
GESAMTWERTUNG: UNBEDINGT MEIDEN
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