Zoomania
Wer sich mit bestmöglicher Bewertung durch die zwölf Übungsszenarien gespielt hat, kann sich im Anschluss im Rahmen der drei übrigen Modi endlich mit der vollen Packung spielerischer und kreativer Freiheit austoben. Während der Sandkasten euch von Anfang an die volle Bandbreite an Werkzeugen zur Verfügung stellt, um ganz ohne große Nebensächlichkeiten aus dem Nichts ein traumhaftes Ressort für Tiere aller Art zu erschaffen, müsst ihr im Herausforderungsmodus regelmäßig wechselnde Challenges absolvieren um weiterzukommen. Auf welchem Kontinent ihr bauen wollt, entscheidet allerdings maßgeblich über die späteren Spielbedingungen. Denn unter der sengenden Sonne Afrikas fühlt sich nicht jede Tierart automatisch wohl, gleiches gilt für kältere oder regnerische Gefilde. Da ihr mit zunehmenden Erfolgen immer neue Zoos über die ganze Welt verteilt eröffnen könnt, gilt es also umso mehr, angemessen auf die jeweiligen Klimabedindungen zu reagieren.
Der Franchisemodus spielt sich im direkten Vergleich zum Herausforderungsmodus eigentlich identisch, bietet aber den interessanten Clou, dass ihr Tiere online mit anderen Mitspielern handeln könnt. Das ist deswegen unglaublich spaßig, weil am Ende jeder Zoo unterschiedlich ist und dementsprechend auch verschiedene Tierarten anbietet. Wenn Zoobesitzer A sich nun entschließt, ein paar Löwen halten zu wollen und Zoobesitzer B diese im Überfluss hat, bietet sich ein Handel oder schlicht ein Tauschgeschäft natürlich an – sofern man sich bei Preis und Bedinungen einig werden kann. Glücklicherweise verfügt Planet Zoo gegenwärtig bereits über eine engagierte Community. Dadurch kommt man nicht nur ins Geschäft, sondern oftmals auch ins Gespräch, vor allem wenn man einen Spaziergang durch die vielen Kreationen anderer Spieler unternimmt und dabei vielleicht sogar auf die ein oder andere Inspiration oder Verbesserungsidee kommt.
Die Liebe zum Tier
Über 70 verschiedene Tierarten haben die Macher von Frontier Developments ins Spiel integriert. Schon die kleinsten Vertreter wie beispielsweise Schlangen und Spinnen sehen toll aus, aber erst größere Arten wie Elefanten, Bären und Co. lassen die immense Liebe zum Detail bei deren Gestaltung richtig erkennen. Keine Art gleicht der anderen, alle warten mit eigenen Bewegungsanimationen auf und verhalten sich auch ganz unterschiedlich. Manchmal ertappt man sich dabei, wie sich die Hinweismeldungen am Bildschirmrand anhäufen und man sich trotzdem sagt: “Ach, ich schaue jetzt noch fünf Minuten den knudelligen Pandabären zu!” Zu jeder Tierart gibt es außerdem ein umfangreiches Kompendium, welches über Herkunft und Bedürfnisse sowie die gegenwärtige Zufriedenheit Auskunft gibt. So könnt ihr das dazugehörige Gehege bereits vor der Eröffnung optimal auf die Neuzugänge anpassen oder später ideal auf Unzufriedenheiten reagieren.
Die gewinnträchtigsten Exoten kosten allerdings auch am meisten Geld, weshalb man am Anfang nicht gleich in die Vollen gehen sollte. Bestimmte Arten werden euch sowieso nur dann zugänglich gemacht, wenn euer Zoo den Ruf einer artgerechten, tierfreundlichen Anlage genießt. Wer seine Sache besonders gut macht, darf sich mit der Zeit nämlich über Nachwuchs freuen. Der kann eure Sehenswürdigkeiten entweder dauerhaft bereichern oder in die Wildnis entlassen werden. Letzteres belohnt euch mit Naturschutzressourcen, mit denen sich dann endlich seltene Exemplare auf dem Markt erwerben lassen. Anders als das reguläre Geld häuft sich diese Spezialwährung aber unverhältnismäßig langsam an, weswegen man sich hier oft in Geduld üben muss.
Auf der anderen Seite könnt ihr eure Tiere aber nicht einfach so ihrem Schicksal überlassen. Neben der richtigen Haltung und kontinuierlicher Pflege durch das Personal ist es ebenso wichtig darauf zu achten, dass es nicht zu Überbevölkerung kommt. Dann nämlich beginnt nicht nur das Tierwohl zu leiden, auch weil es zu Kämpfen und Krankheiuten unter den Artgenossen kommen kann, auch euer Ruf als Zoobesitzer leidet darunter und sorgt neben boykottierenden Besuchern im schlimmsten Fall sogar für wütende Demonstranten vor den Gehegen. Selbstverständlich muss man nicht erwähnen, dass auch ausbrechende Tiere keinen guten Einfluss auf euer Ansehen haben. Wenn das doch mal passieren sollte, weil ihr die Gehege nicht hoch genug gebaut habt, kommt es schnell zur Panik unter den Besuchern. Seltsamerweise unterscheidet das Spiel aber in dem Fall nicht zwischen hungrigem Fleischfresser und putzigem Baumschmuser – selbst harmlose Ausbrecher verursachen Massenpaniken.
Die Pommes sind aus, wir gehen nach Haus!
So schön ein eigener, im Idealfall stetig wachsende wie gewinnträchtiger Tierpark auch ist, am Ende steht dahinter immer noch ein Unternehmen, welches es erfolgreich zu verwalten gilt. Das angestellte Personal stellt eure wichtigste Stütze im tierischen Alltag dar. Reguläre Pfleger kümmern sich darum, dass immer genügend Wasser und Futter verfügbar sind, während sich Ärzte gegebenenfalls um die medizinische Versorgung der Tiere kümmern. Deshalb ist es wichtig, genügend Personal zu beschäftigen. Nebenbei braucht ihr Reinigungspersonal, Verkäufer und Sicherheitsbeamte. Da kommt also einiges zusammen. Der spielinterne Arbeitsmarkt bietet glücklicherweise ausreichend freie Kapazitäten an. Dann müsst ihr nur noch auf ausreichende Bezahlung und eine angemessene Unterbringung achten, denn nur zufriedene Mitarbeiter leisten gute Arbeit. Weiterbildungen zur Leistungssteigerung sind ebenfalls möglich, erhöhen aber auch das Gehalt. Große Probleme bereitet einem die Personalverwaltung allerdings nicht, großen Ärger muss man fast nie bewältigen. Für eine Simulation ist das etwas nachlässig, denn die Bedürfnisse der Tiere zu befriedigen ist deutlich fordernder als jene der Angestellten, die sich oft schon mit Appel und Ei zufriedengeben.
Generell ist das Wirtschaftssystem eher mau und wenig anspruchsvoll ausgefallen, besonders weil man sich selbst als mittelmäßiger Parkbetreiber nur selten um die Finanzen sorgen muss. Schuld daran ist die allgemeine Spendenfreudigkeit der Besucher, die in Planet Zoo wirklich Überhand nimmt. Eintrittsgelder und der Erlös eurer Fress- und Souvenierbuden spülen bereits ordentlich Kohle in die Kasse, richtig reich wird man hier allerdings durch strategisch gut platzierte Spendenbüchsen, die den Kontostand rasch in schwindelerregende Höhen treiben, wenn die dazugehörigen Tiere in den Augen der Besucher zufrieden und gut sichtbar sind. Das mit der Sichtbarkeit ist nämlich auch so eine Sache, denn was nützen glückliche Attraktionen, wenn sie hinter meterhohen Mauern niemand bestaunen kann? Ein paar Glaswände am richtigen Fleck, beispielsweise nahe der Futterstelle sorgen nicht nur für glückliche Gäste, sondern lotsen diese klug platziert auch noch in umittelbare Nähe der Ladenlokale. So schlagen wir gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe, der Rubel läuft im Eiltempo. Wer noch mehr absahnen will, kann natürlich auch die Preise für Burgershops und Co. selbst bestimmen und diese nach Gutdünken erhöhen. Einerseits ist das aber wegen der vielen Grundeinnahmen nie wirklich nötig, andererseits mag niemand Wucherer, egal wie toll die Attraktionen auch sind. Trotzdem hat man immer genug Reserven, die man gleich in die Erforschung neuer Objekte pumpen kann.
Fans fordernder Wirtschaftssimulationen werden mit Planet Zoo trotz einiger guter neuer Ideen wahrscheinlich kaum auf ihre Kosten kommen, dazu fließt das Geld einfach zu schnell, dafür entstehen einfach zu wenig Drucksituationen. Wer aber Spaß am kreativen Aufbau hat und mit der gleichen Liebe zum Tier ans Werk geht wie die Macher beim Erschaffen der vielen, lebensecht nachgebildeten Arten, wird mit Planet Zoo den gegenwärtig besten Genreverteter am Markt finden, der außerdem dank vollem Support für den Steam Workshop zusätzlich zu den Unmengen an bereits vorhandenen Gestaltungsobjekten nach aktuellem Stand noch über 11.000 weitere Objekte zum kostenlosen Download anbietet. Die Sogwirkung ist definitiv vorhanden und ich bin sicher, dass mich das Spiel auch nach Abschluss dieses Reviews noch Wochen und Monate toll unterhalten wird. Da wird der Zoobesuch in der Realität beinahe überflüssig.
Schön, aber nicht ganz fehlerfrei…
…so lässt sich der technische Aspekt des Spiels wohl am besten zusammenfassen. Denn während Planet Zoo vor allem in 4K höchstmöglichen Zoom einfach klasse aussieht und außerdem mit sehr ansehnlichen Wettereffekten aufwartet, stehen dem tollen optischen Eindruck auch ein paar nervige Macken gegenüber. Bei Kameraübergängen nerven Probleme bei der Vegetationsdarstellung, dann kommt es immer mal wieder zu Bedienungsaussetzern im Umgang mit den Bauwerkzeugen und selbst das Personal steht sich gelegentlich unnötig die Beine in den Bauch, anstatt seiner Arbeit nachzugehen. Wenn es dadurch dann zu Engpässen bei der Versorgung kommt, ist das schon arg frustrierend.
Wenigstens die vielen Besucher zeigen Anzeichen von Intelligenz und tummeln sich immer da, wo auch wirklich etwas zu sehen ist, anstatt beispielweise mit verdächtiger Begeisterung Mauern zu begutachten. Dafür kam es in unserem Test immer wieder zu Problemen mit der Maussteuerung, die gerade bei der sonst vorbildlichen freien Bewegung gerne mal wahllos hin- und hergesprungen ist, so dass wir uns gelegentlich sogar weit abseits vom Schuss wiedergefunden haben. Auf den Spielspaß hat das alles aber nur wenig Einfluss, dennoch sollten solche Kinderkrankheiten über die kommenden Wochen mit ein paar Patches aus der Welt geschafft werden.
Fazit und Wertung
“Die Verwaltung eines oder gar mehreren Tierparks ist kein Pappenstiel, macht aber immensen Spaß! Planet Zoo setzt seine vielen Arten nicht nur unglaublich detailverliebt in Szene, sondern schafft es auch, alle Aspekte rund um Pflege und Haltung dank toller Feinmechaniken und gewaltiger Editoren grandios einzufangen. Einmal mehr bleibt dabei aber der wirtschaftliche Aspekt auf der Strecke. Geld fließt viel zu viel und auch Personalprobleme gibt es fast nie, weshalb in dem Segment kaum Anspruch vorhanden ist. Die Aufbaukomponente ist dafür über jeden Zweifel erhaben. Einem wunderschön designten Spiel stehen allerdings gegenwärtig noch eine ordentliche Ladung kleinerer Bugs gegenüber, die schnellstmöglich behoben werden sollten. Versinken kann man im kunterbunten Zootrubel aber schon jetzt hemmungslos.”
PRO:
+ Realitätsnah animierte, vielfältige Tierwelt…
+ …mit über 70 verschiedenen Arten
+ Schön in Szene gesetzte Wettereffekte
+ Wunderbar lebendiges, kunterbuntes Besuchertreiben
+ Besucher tummeln sich stets an wirklich interessanten Orten…
+ …was sich wirtschaftlich sinnvoll ausnutzen lässt
+ Gutes wie schlechtes Tierwohl mit spürbaren Konsequenzen
+ Umfangreiche Kompendien zu Flora und Fauna
+ Weltbedingungen mit großem Einfluss auf die Parkgestaltung
+ Gewaltige Bandbreite an Objekten
+ Umfangreiche Gestaltungswerkzeuge für jeden Anlass
+ Fremde Zoo´s können besucht werden
+ Gut implementierter Onlinehandel zwischen Spielern aus aller Welt
+ Gute Lernkurve
+ Sowohl für Gelegenheits- wie auch für Langzeitspieler gut geeignet
+ Besonders im Sandkasten völlige spielerische Freiheit
+ Exzellente Soundkulisse
+ Atmosphärischer Soundtrack
CONTRA:
– Teilweise extrem frustanfälliger Gehegebau
– Kaum fordernde Wirtschaftskomponente…
– …da immer mehr als genug Geld vorhanden ist
– Zähe Ausschüttung der Spezialressource
– Personal mit gelegentlichen Aussetzern
– Ab und zu sehr eigenwillige Kamera
– Karriere dient hauptsächlich als Tutorial und bietet nur wenige Alleinstellungsmerkmale
– Nicht jede wichtige Funktion wird optimal erklärt
– Besucher reagieren auch auf harmlose Ausreißer mit Massenpanik
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