Getestet und verfasst von General M
Ab sofort erhältlich für PlayStation 4 und XBOX One
Vor vielen Jahren waren besonders Sportspiele wesentlich breiter gefächert als heute. Dank vielfacher Lizenzvergabe gab es stets zahlreiche Bewerber um die jeweilige Genrekrone. Heute messen sich eigentlich nur noch Pro Evolution Soccer und FIFA im Fußball und NBA 2K sowie NBA Live im Basketball gegeneinander. Umso wichtiger ist es also stets, dem eigenen Spiel Identität zu verleihen und es anschließend gekonnt als Alternative zur Konkurrenz zu platzieren. Die Live – Reihe hatte es bis zum letzten Jahr damit sehr schwer. Die Konkurrenz von 2K wurde zwar wegen horrender Pay-2-Win – Mechaniken massiv geschasst, konnte aber technisch und in Sachen Gameplay trotzdem den Sieg nach Hause tragen. Dabei wusste sich Live 18 in vielerlei Hinsicht durchaus positiv in Szene zu setzen, besonders in Sachen Story Mode konnte man mit vielen guten Ideen punkten. Dank zahlreicher Detailverbesserungen, die je nach Aspekt mal kleiner, mal größer ausgefallen sind, rückt Live 19 dieses Jahr tatsächlich wieder ein Stück näher an die Konkurrenz heran. Dadurch entstehen allerdings auch hier und da neue Probleme.
Nehmen wir uns zuerst einmal dem Herzstück des Spiels an, dem im letzten Jahr eindrucksvoll gestarteten “The ONE” – Modus. Hier erstellt ihr euch mithilfe des umfangreichen Editor zuerst einen männlichen oder weiblichen Spieler eurer Wahl, den ihr anschließend vom Rookie zum Legendenstatus hochspielen müsst. Wie ihr das macht, bleibt euch auch in diesem Jahr vollständig selbst überlassen. Bei der Erstellung könnt ihr entweder aus einer Vielzahl von Assets euren persönlichen Geschmack befriedigen, oder aber via App euer eigenes Gesicht via Foto importieren. Das klappt überraschend gut, erfordert aber dennoch einige Geduld, denn vor allem mit der Ausleuchtung kommt es gerne zu auffälligen Problemen, weshalb man durchaus einige Versuche benötigt, ehe man zufriedenstellende Erfolge beim Importieren erzielen kann. Ist das aber erstmal geschafft, steht einem die ganze Palette bekannter Aktivitäten offen, welche die Flexibilität und Vielseitigkeit des Modus auszeichnet. Um das große Ziel zu erreichen, musste man im letzten Jahr nicht nur in der Profiliga glänzen, sondern sich auch auf den Straßen bewähren, um sich den Respekt seiner Fans und Follower zu verdienen. Auf dieser Formel basierend haben die Entwickler den Modus in diesem Jahr konsequent weiter ausgebaut.
Dazu gesellen sich nun die ICON – Abilities, die es euch ermöglichen, je nach gewähltem Spielstil bestimmte Fertigkeiten dazu passender Legenden alter und gegenwärtiger Tage zu adaptieren. Einen entsprechenden Boost der dazugehörigen Stats gibt es obendrauf. Dabei lädt das Spiel nicht nur zum Experimentieren mit den diversen Stilen ein, sondern bietet zudem auch die Möglichkeit, vor jedem Spiel seine Abilities zu wechseln. Das funktioniert im Ergebnis sehr gut, denn dank der ohnehin schon grandiosen Möglichkeiten, seinen Charakter ganz nach seinen Wünschen zu definieren, ähnelt am Ende wohl kaum ein Spieler dem anderen. Das Gefühl der Einzigartigkeit seines Avatars motiviert zusätzlich, seine eigene Präferenz als Top Tier an die Spitze zu führen.
Zwischen Liga und Straßen
Dabei habt ihr stets die Freiheit zu entscheiden, auf welchem Weg ihr dieses Ziel erreichen wollt. Entweder auf den Straßen und Hinterhofcourts dieser Welt, darunter beispielsweise dem Tenement Court in Manila, oder direkt in der NBA. Die Narration dazwischen hält sich sehr in Grenzen und bietet keinesfalls die cineastischen Einlagen von FIFA´s Journey oder Spike Lee´s Ausflug in die Welt von NBA 2K, verzichtet dafür aber zum Glück auch auf die lächerlich aufgesetzte Dramaturgie des diesjährigen Madden – Ablegers. Ganz gleich wie und wo ihr spielt dürft ihr euch aber immerhin über zahlreiche Gastauftritte prominenter Basketballpersönlichkeiten freuen, darunter natürlich auch Coverstar Joel Embiid, der hier auch eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Praktisch: Wem es mal partout nicht gelingt, ein für den Progress notwendiges Spiel zu gewinnen, kann dies auch einfach mit Siegvorteil simulieren lassen. So entstehen nie lästige Stolpersteine, an denen man sich stundenlang die Zähne ausbeißen muss. Insgesamt lassen sich hier eine Vielzahl an Verbesserungen ausmachen, besonders die Streets wurden sinnvoll erweitert und präsentieren so eine Vielzahl neuer Schauplätze mit Wiedererkennungswert.
Abseits der persönlichen Spielerentwicklung hat es auch der Franchise – Modus wieder an Bord geschafft. Der bietet allerdings im Vergleich zum Vorjahr kaum nennenswerte Neuerungen, auch die eigentlich komplett lizensierte Damenliga bleibt hier wieder außen vor. Wie immer könnt ihr euch hier als Manager betätigen und versuchen, euer Team vom Schreibtisch aus mit klugen Transfers und Wirtschaftsbewusstsein von Sieg zu Sieg zu führen. Schade, dass die Franchise – Modi in diesem Jahr allgemein zur Stagnation neigen, denn auch Madden gelang es nicht, hier durch wirkliche Innovation im Gameplay zu glänzen. Entsprechend glanzlos schneidet der Modus im Vergleich zum restlichen Angebot ab. Dafür hat es auch ein ganz neuer Modus in Spiel geschafft. Der ermöglicht es euch nicht nur, euren ganz eigenen Court zu designen, sondern diesen auch mit eigenen Spielregeln zu versehen. Anschließend könnt ihr euch euer gesetztes Team schnappen und damit auf den Courts der anderen Spieler unter deren Regeln gegen die K.I. antreten. Da der Kreativität bei den Siegbedingungen nur wenige Grenzen gesetzt sind, versteckt sich hinter dem erst unscheinbar wirkenden Modus ein unglaublich motivierendes Erlebnis mit hohem Spaß- und Suchtfaktor. Gleichzeitig muss man aber auch seine eigene Schöpfung gegen angreifende Teams verteidigen. Euer Team könnt ihr dabei aus weiblichen und männlichen Spielern zusammenstellen, Neuzugänge lassen sich in Beutekisten finden oder direkt mit der in The ONE verdienten Währung freischalten. Pay-2-Win gibt es hier anders als im Ultimate Team glücklicherweise nicht.
Zu guter letzt gibt es natürlich auch wieder einen Ultimate Team – Modus, der sich am gleichen Prinzip orientiert wie der in FIFA und Co. Hier baut ihr aus einer Handvoll Starterdecks ein möglichst kompatbiles und kräftiges Team auf, welches ihr dann in zahlreichen Challenges on- und offline ins Ballgefecht schickt. Durch erfolgreiches Bewältigen dieser Herausforderungen verdient ihr euch virtuelle Währung, mit der ihr neue Decks erwerben könnt, in denen sich neben neuen Spielern auch allerlei nützliche Accessoires verbergen können. Das bekannte Prinzip bedeutet leider auch die allgegenwärtige Präsenz von Mikrotransaktionen. Hochqualitative Decks können wie immer gegen Echtgeld gekauft werden, was für einen deutlichen Vorteil für alle bietet, die auf einer dicken Brieftasche hocken – entsprechend entsteht daraus natürlich auch unweigerlich ein Nachteil für jeden, der sich seine virtuelle Währung ausschließlich im Spiel verdienen will. Für diese deutliche Pay-2-Win – Komponente bestrafen wir das Spiel gemäß unserer Richtlinien mit einem Abzug von 10 Punkten in der Gesamtwertung. Höhere Abzüge würden erfordern, dass man ohne Echtgeldeinsatz überhaupt nicht oder nur sehr schwer vorankommt. Dem ist hier aber nicht so, denn das Spiel bietet zahlreiche Möglichkeiten, auch durch pures Spielen gerade so genügend Währung zu verdienen, um im Progress nicht hinterher zu hinken. Tatsächlich sind die Challenges sogar sehr umfangreich und vielseitig ausgefallen und bieten in ihrer Bewältigung einigen Spaß. Wirkliche Neuerungen lassen sich aber auch hier nicht finden, gemäß dem Motto: “Never change a running system”.
Auf dem Platz
Das also zur Übersicht der einzelnen Modi und deren Funktionen im diesen Jahr. Doch was hat sich im Gameplay getan? Auf den ersten Blick nicht viel. Anders als die Konkurrenz von 2K geht NBA Live auch in diesem Jahr einen eher ausgewogenen Weg, der eine gesunde Balance zwischen Arcade und Simulation bietet. Dank der damit verbundenen, wesentlich zugänglicheren Bedienung ist NBA Live 19 auch in diesem Jahr eine gute Wahl für Einsteiger. Sowohl Offense als auch Defense lassen sich jeweils sehr ausgewogen bezwingen, eine Herausforderung bleibt das Geschehen aber allemal, denn auch hier führt kluges taktisches Vorgehen eher zum Sieg als wahlloses Passspiel oder gar Button – Smashing. Den immersiven und knallharten Realismus mit all seinen Feinmechaniken, wie ihn 2K bietet, sucht man hier aber weiterhin vergebens – was aber nichts Schlechtes bedeuten soll.
Den Vorzügen von NBA Live folgen aber auch bekannte Nachteile. Die K.I. leidet noch immer an gelegentlich störenden Aussetzern, auch ist nicht jede Aktion immer nachvollziehbar. Denn durch den Einsatz der gleichen Mechanik, die auch in Madden in diesem Jahr für flüssigere und realistischere Animationen gesorgt hat, entstehen hier nämlich auch die gleichen Probleme, die für teils seltsame Bewegungen sorgen. Auch technisch liegt NBA Live 19 trotz grafischer und atmosphärischer Verbesserungen ein gutes Stück hinter der Konkurrenz. Die Qualität der Spielergesichter schwankt grafisch stellenweise stark, auch scheinen die Macher noch immer nicht imstande zu sein, Schultern realistisch in Szene zu setzen. Teilweise wirkt das Geschehen so eher wie aus der letzten Generation entliehen. Neben der alljährlichen NHL – Reihe ist NBA Live der einzige verbliebene Titel aus der EA Sports – Familie, der leider noch immer nicht den Sprung auf ein aktuelles Grafikgerüst wie die Frostbite Engine 3 geschafft hat. Und das sieht man eben leider auch in nahezu jedem Aspekt.
Der ausschließlich englischsprachige Kommentar wird in diesem Jahr von einem neuen Team beigesteuert. NY Knicks – Stammsprecher Ed Cohan kümmert sich zusammen mit dem ehemaligen Chicago Bulls – Spieler Jay Williams um die Vertonung. Die beiden machen ihren Job gut und reagieren zumeist passend auf das gegenwärtige Geschehen auf dem Court. Die Macher haben versprochen, hier in regelmäßigen Abständen Updates für die Kommentatoren zu bringen, um die Kommentare nicht repetiv werden zu lassen. Hoffen wir, dass das gelingt.
Fazit und Wertung
“NBA Live ist auch in diesem Jahr eine gute Alternative für alle, die mit der extrem fordernden Spielmechanik und der zumindest im letzten Jahr extrem präsenten Pay-2-Play – Abzocke von 2K´s NBA – Variante nichts anfangen können und wollen. Der The ONE – Modus präsentiert sich dabei umfangreicher und dynamischer als je zuvor und bietet abermals eine fast unerreichte spielerische Freiheit. Mit Court Design und der Verteidigung der eigenen Schöpfung hat man zudem einen unglaublich spaßigen neuen Modus integriert, der einfach nur Laune macht. Davon abgesehen hat sich dieses Jahr nicht sonderlich viel getan. Besonders in Sachen Technik liegt NBA Live immer noch weit hinter der Konkurrenz zurück und hat es immer noch nicht geschafft, seine K.I. – Macken gänzlich abzuschütteln. Auch die Damenliga bleibt eher schmückendes Beiwerk. Und doch befindet sich die Reihe dank ihres unermüdlichen Kampfgeistes wieder ein Stück weiter auf dem richtigen Weg. Bis man den Primus aber einholen oder gar überholen kann, wird sicher noch eine ganze Weile vergehen.”
Mikrotransaktionen/Pay-2-Win: NBA Live 19 bietet die Möglichkeit, im Rahmen des Ultimate Team – Modus durch Echtgeld schnell an hochwertige Spieler zu gelangen. Der dadurch entstehende Vorteil gegenüber Spielern, die ohne Einsatz von Echtgeld voran kommen wollen ist nicht gering. Wir ziehen aufgrund von Pay-2-Win entsprechend 10 Punkte von der Gesamtwertung ab.
PRO:
+ Sinnvoll erweiterter The ONE – Modus mit gewohnt hoher spielerischer Freiheit
+ Zahlreiche neue Streets – Schauplätze mit Wiedererkennungswert
+ Extrem spaßige Court Battles
+ Voll lizensierte NBA- und Frauenliga – Lader
+ Nützliche ICON – Abilities laden zum Experimentieren ein
+ Gute Balance zwischen Arcade und Simulation
+ Nachvollziehbare Offensiv- und Defensivsituationen
+ Umfangreicher Editor
+ Abwechslungsreiche Dailys und Fantasy Challenges
+ Gute (englische) Kommentatoren mit Update – Funktion
+ Für Einsteiger gut geeignet
+ Zugängliche Bedienung
CONTRA:
– Technisch insgesamt hinter Konkurrenz zurück
– Animationsqualität der Spieler schwankt teilweise stark
– Insgesamt nur wenige Detailverbesserungen im Vergleich zum Vorjahr
– Gelegentliche K.I. – und Animationsprobleme
– Ultimate Team mit hoher Pay-2-Win – Komponente
– WNBA nicht im Franchise spielbar
GESAMTWERTUNG: 68%
(-10 Punkte, abgewertet von 78%)