Über viele Jahre geisterte Lost Soul Aside wie ein wiederkehrendes Gerücht aus den Schatten durch die Branche. Das chinesische Ein-Mann-Projekt versprach ein Action-Adventure mit epischer Story und packenden Kämpfen, wurde aber nie fertig – zumindest, bis Sony im Rahmen eines hauseigenen Förderprogrammes einsprang. Was auf dem Papier wie eine tolle Erfolgsgeschichte klingt, entpuppt sich in der Praxis aber als erschreckend durchschnittliches und uninspiriertes Spiel mit viel zu überzogener Preisforderung.


Entwickler: Ultizero Games
Publisher: Sony Interactive Entertainment
Plattform: PC | PlayStation 5
Veröffentlichungsdatum: 29. August 2025
Preis: ab 69,99€
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Metacritic | Opencritic | IMDB


Seelenlose Seelenjagd
Gute dreißig Minuten im Spiel dämmerte es mir zum ersten Mal: Lost Soul Aside fühlt sich so an, als hätte man willkürlich Teile aus so ziemlich jedem Final Fantasy miteinander verschmolzen – nur ohne deren jeweiligen Charme. Und auch erzählerisch wirkt das Ganze wie ein Versatz aus Elementen des berühmten Franchise: Ein Imperium, welches seine Bewohner mit Gewalt unterdrückt, eine Widerstandsgruppe mannigfaltiger Paradiesvögel im ewigen Kampf gegen den bösen Herrscher und dann ist da auch noch eine uralte Rasse Außerirdischer, die ganz plötzlich auf die Erde zurückkehrt und ebenfalls nichts Gutes im Sinn hat. Der inhaltliche Overkill wird dadurch abgerundet, dass bei der Invasion auch noch die Schwester des Protagonisten Kaser – der über den gesamten Spielverlauf so blass und generisch rüberkommt wie ein Häufchen Vanilleeis der billigsten Discountermarke – ihrer Seele beraubt wird und in ein Koma fällt.

Was locker genug Material offeriert, um auf Basis davon mehrere Spiele zu programmieren – wie es die offensichtliche Inspirationsquelle ja auch gemacht hat – mündet hier leider in kaum mehr als einer überladenen Geschichte, die es dennoch irgendwie fertiggebracht hat, zwischen den Kämpfen ein unglaubliches Gefühl inhaltlicher Leere aufkommen zu lassen. Dazu trägt vor allem die miese Inszenierung viel bei, die uns gefühlt alle paar Meter in optionale Dialoge mit anderen Charakteren zwingt, ohne die uns massig Hintergrundinformationen entgehen, welche man definitiv auf dynamischere und unaufdringlichere Weise ins Spiel hätte implementieren müssen. Alternativ bleibt nur ein Blick ins Glossar, was auch keine Freude bereitet, weil sich die dort verfügbaren Texte schlicht unmotiviert verfasst lesen.

Und weil sich die Geschichte für Kenner von Final Fantasy und Co. so vertraut anfühlt, bleiben die erzählerischen Überraschungen über den Verlauf der etwas mehr als fünfzehn Stunden umfassenden Geschichte weitestgehend aus. Nach den oben bereits angeteaserten Ereignissen zieht Kaser aus, um nicht nur die Seele seiner Schwester zurückzuholen, sondern ganz nebenbei auch noch die Welt zu retten. Begleitet von dem überaus geschwätzigen Alien Arena, welches sich als eine drachenähnliche Kreatur um uns herum manifestiert und um Wiedergutmachung für begangene Gräueltaten bemüht ist, reisen wir durch Zeit und Raum und bekommen es dabei natürlich mit allerlei Monstern und so manch überlebensgroßen Boss zu tun.

Alles in allem also ein ganz klassisches Konzept, welches für sich keineswegs neu ist. Und ganz nüchtern betrachtet erwartet auch niemand, dass jeder Genrevertreter das Rad neu erfindet. Lediglich ein paar frische Akzente sollte man setzen. Und genau das gelingt Lost Soul Aside eben nicht. Stattdessen hat Entwickler Yuen Bing zahlreiche Elemente offensichtlicher Vorbilder wie Devil May Cry, dem bereits zur Genüge erwähnten Final Fantasy und sogar den meisten Titeln von FromSoftware in einen Topf geworfen, dabei aber zu kräftig umgerührt und das Abschmecken komplett vergessen. Entstanden ist ein fader, breiartiger Mix, der von Anfang bis Ende massive Schwierigkeiten damit hat, für sich selbst eine eigenständige Identität zu finden, seine Spieler mit einem Gefühl ungesunder Sättigung zurücklässt und es komplett versäumt, Interesse für seine Welt mitsamt deren Charakteren zu wecken.
Darf’s noch etwas mehr sein?
Zwischen diesen verheerenden Schwächen wird man das Gefühl nicht los, dass ganz viele Aspekte wie z.B. Crafting, Talentbäume und Co. nur deshalb nachträglich ins Spiel implementiert worden sind, um das stattliche Preisschild von mindestens siebzig Euro irgendwie rechtfertigen zu können, während eigentlich allenfalls die Hälfte davon angemessen gewesen wäre – dann würde so manche Kritik sicherlich auch etwas milder ausfallen. So jedoch fühlen sich all diese Mechaniken schlicht überflüssig an. Hätte man in all das nur ebenso viel Liebe investiert wie in die prächtig gestalteten und detailverliebten Kostüme, wäre das ein satter Gewinn gewesen. Dass Lost Soul Aside zwischen all diesen Ärgernissen auch Gutes zu bieten hat, darf aber keineswegs unerwähnt bleiben.

Das beginnt beim erfolgreichen Bemühen um abwechslungsreiche Schauplätze, passablen Rendersequenzen und einem stimmigen Soundtrack, endet jedoch leider wieder bei den Sprechern, die weder auf Englisch noch Japanisch wirklich motiviert rüberkommen. Aber darauf wollte ich eigentlich gar nicht hinaus, denn die wahre Stärke des Spiels liegt in seinem überaus unterhaltsamen Kampfsystem. Das basiert auf schnellen Fights gegen mehrere Gegnertypen, für die uns im zunehmenden Spielverlauf mehr und mehr Waffengattung zur Verfügung gestellt werden, wobei jede einzelne mit eigenen Kombos um die Ecke kommt. Dazu gesellen sich noch mehrere Spezialfertigkeiten und ein ultimativer Angriff, der sich angenehm zügig über den regulären Gefechtsverlauf wieder auflädt. Im Kern spielt sich das dann auch wirklich wie ein Devil May Cry, aber mit einer kleinen Prise Soulslike obendrauf.

Hinzu kommt eine ziemlich steile Lernkurve, die sich nach den ersten – noch recht angenehmen Stunden inklusive gut implementierten Tutorials – noch nicht erahnen lässt, dann aber extrem schlagartig einsetzt. Spätestens dann benötigt man gutes Timing bei Ausweichrollen und Paraden, anderenfalls findet man sich unter Garantie sehr bald am letzten Checkpoint wieder. Heiltränke sind in Sachen Tragekapazität begrenzt und dementsprechend kostbar, da fällt es gar nicht ins Gewicht, dass euer Vorrat zwischen den Kämpfen zuverlässig und schnell durch das Zerschmettern von Objekten wieder auf vollen Stand gebracht werden kann. Alles in allem bietet Lost Soul Aside eine faire Herausforderung, die mangels mehrerer Schwierigkeitsstufen aber gerade für Neueinsteiger doch überfordern kann, wenn man nicht die nötige Geduld mitbringt.

Und während sich Keser innerhalb der Kämpfe gegen die angenehm unterschiedlich agierenden Gegnertypen auch dank problemloser Kameraführung schnörkellos durch die Szenerie bewegt, will man sich vor Frust über die hakelige Bedienung des blassen Protagonisten abseits nur noch die verbliebenen Haare vom Kopf reißen. Ich kann mich an kein Spiel der letzten Jahre erinnern, welches mir durch seine chronisch unpräzisen Sprungmechaniken derart die Lust auf jedwede Form von Platforming geraubt hat, wie es Lost Soul Aside bereits im Prolog geschafft hat.
Technik von Gestern
Spätestens ein Blick auf die Technik offenbart, welch langwierige und steinige Historie sich hinter dem Titel verbirgt, unter dessen Haube noch immer die Unreal Engine 4 werkelt. Die hat zwar den Vorteil, dass sie anders als ihr Nachfolger nicht zu willkürlichem Stottern und unstetigen Bildraten neigt, kann andererseits aber auch keinen zeitgemäßen Gesamteindruck produzieren. Gut sichtbar wird das an den extrem glatten und oft leblos wirkenden Gesichtern der Charaktere, aber auch außerhalb davon in Form der etwas sterilen Areale. Lost Soul Aside macht zu jedem Augenblick klar, dass es ursprünglich mal für die letzte Konsolengeneration konzipiert worden ist. Und trotzdem kommt es auf PC und PlayStation 5 regelmäßig zu nervigen Problemen.

Während das Spielgeschehen innerhalb der Kämpfe stets flüssig läuft, kommt es abseits davon gerne mal zu kleineren Einbrüchen in der Bildrate, für die sich im laufenden Spiel in der Regel keine nachvollziehbaren Erklärungen finden lassen. Fast noch nerviger ist, dass es bei jedem automatischen Speichervorgang – und das Spiel speichert häufig automatisch – zu einem kurzen, wahrnehmbaren Ruckler kommt. Allesamt Ärgernisse, die komplett unabhängig von der genutzten Hardware, bzw. Konsole auftreten. Auf PlayStation 5 habt ihr wie so oft die Wahl zwischen einem Modus für Grafik und Leistung, die sich qualitativ nur in Sachen Auflösung unterscheiden, wobei der Grafikmodus die Bildrate auf 30 Bilder pro Sekunde beschränkt, was bei einem auf Reaktion ausgelegten Spiel wie diesem grundsätzlich inakzeptabel und deswegen nicht empfehlenswert ist.
Der Leistungsmodus peilt dagegen 60 Bilder pro Sekunde an und hält diese in den wichtigen Momenten auch überwiegend problemlos, was in einem sehr viel runderen und vor allem dynamischeren Erlebnis resultiert. Die PlayStation 5 Pro setzt bei beiden Modi höhere Basisauflösungen an und scheint keinen Gebrauch von PSSR zu machen – ein weiteres Indiz für die späte Umstellung auf die aktuelle Konsolengeneration. Beleuchtung und Effektkulissen sind okay – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Damit wäre man vor circa fünf Jahren noch gut bedient gewesen, im späten Jahr 2025 wirkt das Spiel jedoch insgesamt schlicht veraltet.

„Nach über zehn Jahren und einer schwierigen Entwicklung ist Lost Soul Aside nun also endlich fertig – der tatkräftigen Mithilfe von Sony sei Dank. Und obwohl ich im Grunde viel Respekt vor solchen Ein-Mann-Projekten habe, sind die Probleme des Spiels derart zahlreich, dass ich einfach nicht milder werten kann. Angefangen damit, dass das Spiel vom technischen Standpunkt gesehen locker fünf Jahre zu spät erschienen ist, fühlt sich abseits des gut von den offensichtlichen Vorbildern abgekupferten Kampfsystems einfach nichts wirklich rund oder gar gut an. Es mangelt an allen Ecken an eigenen Ideen, auch nur im Ansatz interessanten oder sympathischen Charakteren oder einer sinnbringend inszenierten Geschichte. Und viele der Mechaniken wirken schlicht wie nachträglich eingefügt, um das viel zu teure Spiel so gut es geht künstlich aufzublasen. Was lange währt, wird eben nicht immer gut. Lost Soul Aside ist dafür ein trauriges und gleichermaßen mahnendes Beispiel.“


- Abwechslungsreiche Schauplätze
- Gut gemachte Rendersequenzen
- Detaillierte Kostüme
- Effekte und Beleuchtung immer noch brauchbar
- Motivierendes, facettenreiches Kampfsystem
- Starke Bosskämpfe
- Ausführliche Tutorials inklusive Trainingsarena
- Stimmiger Soundtrack
- Gute Bedienung via Gamepad

- Technisch in nahezu jedweder Hinsicht längst veraltet
- Uninteressante Charaktere
- Blasser, unsympathischer Protagonist
- Vorhersehbare, überladene Geschichte…
- …ohne nennenswerte eigene Ideen
- Mau inszenierte Dialoge…
- …und davon viel zu viele
- Relativ linear und für das Genre auch eher kurz
- Zwischen den Kämpfen oft quälender Leerlauf in Sachen motivierendem Storytelling
- Arena als stetig plappernder Begleiter schnell nervig
- Viele Mechaniken wie Crafting und Talentbäume wirken unnötig forciert und fügen sich nicht sinnvoll ins Gameplay ein
- Unausgegorene Lernkurve
- Frustanfällige Sprungpassagen
- Allenfalls mittelmäßige englische und japanische Sprecher
- Glossar und sammelbare Notizen wirken durchgehend lustlos verfasst
- Nervige Ruckler beim Zwischenspeichern
- Unverschämt hoher Preis
- Fummelige Maus- und Tastatursteuerung

Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Sony Interactive Entertainment zur Verfügung gestellt worden.
*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen
Hinterlasse jetzt einen Kommentar