Trotzdem bleibt dem Joker, Harley Quinn und all den anderen Chaoten ausnahmsweise mal nichts anderes übrig, als die Helden zu spielen. Verstärkung gibt es glücklicherweise in Form von…euch! Denn erstmals in einem storygetriebenen LEGO – Spiel dürft ihr euch zu Beginn einen Schurken nach persönlichem Geschmack erstellen. Und da der die Kräfte anderer Charaktere absorbieren kann, steht er natürlich im Mittelpunkt der Geschichte. Und trotzdem ist es gar nicht so leicht, die Welt zu retten, wenn man vom Heldendasein so gar keine Ahnung hat. Chaos ist entsprechend vorprogrammiert…
Spaß, Spiel und Schweigsamkeit
Ganze 162 Charaktere warten in LEGO DC Supervillains neben dem selbsterstellten Charakter auf ihren Einsatz. Allesamt ausgestattet mit ganz eigenen nützlichen Fähigkeiten, die es wie immer geschickt zu kombinieren gilt, will man in den jeweiligen Leveln sämtliche freischaltbaren Extras abräumen. Das Spiel setzt dafür aber auch voraus, dass man mit der Materie des DC Universums gut vertraut ist. Die Handlung um Multiversen wird dort nämlich immer wieder aufgegriffen und spielte nicht zuletzt auch in der Injustice – Reihe eine zentrale Bedeutung. Wer sich ausschließlich mit den jeweiligen Filmen auseinandergesetzt hat, sonst aber nie die Nase in einem DC Comic hatte, wird wahrscheinlich große Mühe haben, zwei Drittel der verfügbaren Charaktere überhaupt einordnen zu können. Die grundlegende Rahmenhandlung ist aber sehr simpel gestaltet und bietet auch für Unwissende guten Zugang. Natürlich darf auch der typische Humor nicht fehlen, der für viel Situationskomik sorgt. Der stumme Spieler wird dabei ebenfalls nicht selten wegen seiner Schweigsamkeit durch den Kakao gezogen. Einerseits ganz witzig, andererseits auch ein bisschen versteckte Faulheit, denn stumme Spielercharaktere bleiben eben immer auch blasse Spielercharaktere. Und das ist leider auch hier der Fall.
Zum Glück sind die anderen Charaktere deutlich gesprächiger ausgefallen und retten das Ganze daher ein wenig, auch dank der exzellenten deutschen Sprecher. Fans von DC – Spielen wie zum Beispiel der Arkham – Reihe oder eben Injustice werden viele bekannte Stimmen hören. Lediglich David Nathan wird in seiner ikonischen Synchronrolle als Batman schmerzlichst vermisst, der Ersatz will einen hier einfach nicht so recht vom Hocker reißen. Wer will, darf das Spiel aber auch ganz einfach in englischem Ton genießen und sich am wieder mal genialen Mark Hamill erfreuen, der wieder in die Rolle vom Clownprinz des Verbrechens schlüpft. Batman wird hier wie immer von Kevin Conroy gesprochen. So oder so, die Vertonung ist klasse und trägt viel zur Stimmung des Spiels bei, die nur als gelungen bezeichnet werden kann.
Die offene Spielwelt lädt zum Erkunden ein und führt euch auch über die Stadtgrenzen von Metropolis, dem zentralen Ort des Geschehens hinaus. Genug zu tun gibt es in diesem Rahmen ebenfalls, denn abseits der recht umfangreichen Hauptgeschichte gibt es auch genügend Nebenaufgaben und Herausforderungen zu bewältigen. Dabei gilt wie immer, alles zu Klump zu hauen, was nicht niet- und nagelfest ist und sich die Taschen mit Studs zu füllen. Hier bleibt das Schema ganz klassisch: Ihr zerstört, baut auf, löst leichte bis knifflige Rätsel und erkundet nebenbei die Spielumgebung. Natürlich kann auch hier jederzeit ein Mitspieler am selben Bildschirm einsteigen und euch unter die Arme greifen. Online – Support gibt es aber leider auch dieses Mal nicht. Der Wiederspielwert resultiert aus dem Einsatz der jeweiligen Charakterfertigkeiten. Natürlich schaltet sich das umfangreiche Roster erst nach und nach frei, weshalb Komplettisten einmal mehr gezwungen sind, später nochmal in bereits absolvierte Level zurückzukehren, um bisher unzugängliche Sammelobjekte einzusacken. Wichtig zu erwähnen ist, dass das Roster zwar etwas kleiner ausgefallen ist als sonst, dafür ist aber kein Schurke überflüssig oder wirkt nur anders bepinselt. Jede Figur erfüllt einen einzigartigen Zweck, kämpft anders und bewegt sich oft auch anders. Das sorgt für viel Abwechslung und Experimentierfreude.
Und auch euer eigener Charakter erhält im weiteren Verlauf nicht nur immer mehr neue Kräfte, sondern darf sich auch über eine erweiterte Auswahl im persönlichen Kleiderschrank freuen. Aus dem begrenzten Startarsenal wird so schnell eine umfangreiche Sammlung auch ausgefallenster Kleidungsstücke, die ihr dank des übersichtlichen Editors frei miteinander kombinieren könnt. Mehr als optischen Unterschied bieten diese Accessoires aber nicht. Ein Boot als Hose, ein Krokodilschwanz als Cape und eine Banane als Primärwaffe? All das ist möglich – wenn ihr wollt. Wer möchte, kann sich für knapp 15€ auch noch den Season Pass gönnen. Der erweitert das Charakterarsenal um viele weitere Figuren, darunter auch die aus kommenden DC – Verfilmungen wie Aquaman. Wer´s braucht…der kleine Preis ist für das Gebotene aber okay. Auch ohne präsentiert sich LEGO DC Supervillains als eines der bisher umfangreichsten und unterhaltsamen Ableger, verlässt sich aber spielmechanisch zu sehr auf Bewährtes, um abseits überarbeiter Animationen und Bewegungsmechaniken wirklich frisch zu wirken. Dem Spielspaß tut das allerdings nur wenig Abbruch, denn die Schurken stechen auf ihre Weise herrlich aus dem Einheitsbrei hervor – nur in Sachen Story hätte man mehr aus den Bösewichten machen können. Denn wer am Ende doch wieder als Held endet, bekommt mit den zahlreichen anderen LEGO – Titeln am Markt ausreichend ähnliche Alternativen geboten.
LEGO – Technik
Wie auch bei bisherigen LEGO – Titeln bringt Entwickler Traveller´s Tales hier wieder seine hauseigene Engine zum Einsatz, um die Figuren im Klötzchenparadies zum Leben zu erwecken. Das sieht dank knalliger Farben und vielen frischen Animationen zwar immer noch halbwegs zeitgemäß aus, zeigt aber auch gelegentliche, altersbedingte Abnutzungserscheinungen. Das Rad wirklich neu erfindet man auch hier nicht, alles in allem bewegt sich das Grafikgerüst aber weiterhin auf grundsolidem Niveau. Die PlayStation 4 – Version präsentiert sich bei geschmeidigen 60 Frames pro Sekunde und löst dabei in nativem Full HD auf, der PC hält mit nativem 4K – Support und etwas besserer Kantenglättung dagegen. Der grafische Unterschied ist aber aufgrund der Machart im direkten Auflösungsvergleich sehr marginal, lediglich etwas mehr Schärfe wird auf dem Rechenknecht geboten. High End – Hardware verlangt der dafür auch nicht. Für die Bedienung am PC ist aber unbedingt ein Gamepad zu empfehlen, nur so funktionieren Kämpfe und andere Eingaben so sauber wie an der Konsole. Mit Maus und Tastatur gerät die Navigation einfach zu fummelig.
Dafür teilen sich beide Versionen auch die gleichen, momentan noch vorhandenen Bugs. Die sind zwar keine Gamebreaker, allerdings stören lästige Aussetzer bei der Bewegung und Interaktion momentan noch das Gesamtbild. Es ist aber zu erwarten, dass die Entwickler hier alsbald nachbessern werden, zumal der offizielle Launch ja auch erst am 18. Oktober stattfindet und somit noch etwas Zeit bleibt, den lästigen Problemen auf den Grund zu gehen. Interessant ist auch der teils große Preisunterschied zwischen den Versionen. Während die PC – Version via Steam bereits für 39.99€ erhältlich ist, muss man für die Konsolenfassungen gut 20€ mehr auf den Tisch legen. Und das ist bei absoluter Inhaltsgleichheit natürlich eine Investition, die wohlüberlegt sein will. Abseits davon punktet das Spiel mit gewohnt guter Zugänglichkeit für ein jüngeres Publikum und verfügt auch über ein gutes Maß an Tutorials und Hilfen in verfahrenen Situationen, viele der knackigeren Rätsel erfordern aber oft auch ein wenig Try and Error. Und gerade dann sucht man gute Hinweise vergebens.
Fazit und Wertung
„Eine gute Woche durfte ich mich im DC – Kosmos austoben. Und obwohl die grundlegenden Mechaniken fast identisch zu jenen sind, die mir bereits in früheren LEGO – Versoftungen begegnet sind, schafft es LEGO DC Supervillains, mit seinen unterhaltsamen Charakteren, kleinen Verbesserungen an jeder Ecke und seinem zugänglichen Gameplay für viele unterhaltsame Momente vor dem Monitor zu sorgen. Zwar wirkt manches wiederverwertet, auch die Grafikengine könnte noch das ein oder andere Upgrade vertragen, trotzdem bietet das Spiel viele unterhaltsame Stunden, die im obligatorischen Ko – Op sogar noch ein bisschen mehr punkten können als beim Solotrip. Wer hier im Vergleich zu früheren Ablegern eine Klötzchenrevolution erwartet, wird wahrscheinlich enttäuscht. Wer aber mit den bisherigen LEGO – Titeln von Traveller´s Tales Spaß hatte, kann hier ebenso blind zugreifen. Und wer es vorher schon satt hatte, tonnenweise Studs einzusacken, bekommt auch hier letztendlich abseits des coolen Settings wenig mehr geboten.“
Mikrotransaktionen/Pay-2-Win: LEGO DC Supervillains ist ein reiner Einzelspielertitel und enthält weder Mikrotransaktionen noch die Möglichkeit, sich gegen Echtgeld spielerische Vorteile erkaufen zu können. Eine Abwertung findet dementsprechend nicht statt.
PRO:
+ Bunte, weitläufige Spielwelt, die zum Erkunden einlädt
+ 162 Charaktere, die sich allesamt unterschiedlich spielen
+ Klasse Humor
+ Umfangreiche Personalisierungsoptionen
+ Solider Gesamtumfang
+ Angenehm variable Rätseleinlagen
+ Hoher Wiederspielwert für Komplettisten
+ Insgesamt hervorragende deutsche Sprecher
+ Gewohnt toll integrierte Ko-Op – Komponente
+ Zugängliche Bedienung (Gamepad)
CONTRA:
– Bösewichtstory verschenkt viel Potenzial
– Ohne Kenntnisse des DC – Universums geht viel Grundverständnis verloren
– Stummer Protagnist ohne große Tiefe
– Im Kern unverändertes, innovationsarmes Gameplay (vgl. andere LEGO – Titel)
– Kleinere Bugs trüben das Spielerlebnis
– Schwammige Maus- und Tastatursteuerung
GESAMTWERTUNG: 80%
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