Kollision der Welten
Zum Glück haben wenigstens die Guten einen klaren Verstand behalten und treten den Fieslingen mit kombinierten Kräften als J-Force gegenüber. Als Spieler schlüpfen wir in die Rolle eines gewöhnlichen Niemands, der bei diesen Angriff schwer verletzt wird und von Trunks als Superheld neu erschaffen wird. Klar, dass wir uns dem Kampf für das Gute umgehend anschließen. Erschaffen können wir den Helden gleich zu Beginn ganz nach eigenem Belieben via mitgeliefertem Editor. Der ist zum Glück angenehm umfangreich ausgefallen und bietet tonnenweise Möglichkeiten zur Personalisierung.
Die Story ist gerlinde gesagt ziemlich dünn ausgefallen und erreicht nicht den trashigen Charme anderer Genrevertreter. Stattdessen geht es nahezu ohne Abzweigungen (wie beispielweise in Form von Nebenmissionen) stets dem vordefinierten Ende zu. Knapp 12 Stunden dauert es bis zum Abspann, dazwischen zieht sich das viel zu ernst inszenierte Geschehen gelegentlich wie Kaugummi. Oft braucht es ja nicht mehr als zumindest eine kleine Rechtfertigung, warum Gut und Böse plötzlich auf unserer Erde gegeneinander kämpfen, dafür ließe sich alleine darauf basierend, dass plötzlich Charaktere aus zig verschiedenen Mangas aufeinandertreffen, tonnenweise Spielraum für einen handfesten Culture Clash und damit verbunden auch eine Menge Komik ziehen. Jump Force lässt diese Gelegenheiten leider völlig ungenutzt links liegen und verschwendet damit elendig viel Potenzial. Die Ninjas aus der Welt von Naruto, die Z-Kämpfer aus Dragonball, die Piratenbande aus One Piece und viele andere begegnen sich stattdessen, als wäre es das Normalste auf der Welt. Frei nach dem Motto: “Ist halt so. Keine Fragen.”
So geht der Story bereits nach kurzer Zeit völlig der Saft aus. Das liegt mit auch an den Cutscenes, von denen man nur die wichtigsten mit (ausschließlich japanischer) Sprachausgabe versehen hat. Die Mischung aus Sprache und vielen ausschließlich in Textform dargebotenen Dialogen nervt und kostet Immersion. Richtig Stimmung will da einfach nicht aufkommen. Mit einer spannenden, aber augenzwinkernd erzählten Geschichte hätte Jump Force die einmalige Chance geboten, das Zusammentreffen so vieler bekannter Charaktere in ein einzigartiges und unterhaltsames Erlebnis zu á la Avengers zu verwandeln. Stattdessen verheddert man sich wieder nur in altbekannten Klischees um irgendwelche Artefakte voller dunkler Einsatzmöglichkeiten. Viel ausgelutschter hätte man die Kampagne zumindest inhaltlich kaum inszenieren können. Jump Force versteht sich als eine große Geburtstagsfeier all jener mittlerweile groß gewordener Franchises, die ihre Anfänge allesamt im Rahmen des Shonen Jump Weekly haben. Doch was nützt die elitäre und umfangreiche Gästeliste, wenn die große Geburtstagstorte, auf die sich alle freuen, fad und uninspiriert schmeckt?
Wegen Überfüllung geschlossen
Nach der kurzen, aber zumindest effektvollen Einleitung findet sich euer Avatar in der weitläufigen Lobby ein, die ganz gleich ob ihr die Kampagne on- oder offline zockt als zentraler Hub zwischen den Missionen oder Events dient, auch Händler lassen sich hier finden, die tonnenweise Bonuskram verkaufen. Zusätzlich könnt ihr von dort aus schnelle Gefechte abseits der Erzählung starten und wahlweise gegen die CPU oder echte Mitspieler aus aller Welt antreten, oder einfach im Trainingsbereich eure Fertigkeiten verfeinern. Wer ohne Internetzugang zockt, verliert die Übersicht höchstens aufgrund der Abwesenheit von Wegmarkern. Da euch euer gegenwärtiges Ziel leider nie angezeigt wird und auch die Hinweise zum nächsten Missionspunkt kaum ausreichend sind, bleibt oft nur, immer und wieder jede Etage des weitläufigen Komplexes abzusuchen, bis man man endlich fündig geworden ist.
Auch die überall herumstreunenden NPC´s sind dabei keine große Hilfe. Hängt eurer System aber am Netz, teilt ihr euch die Lobby mit allen anderen Mitspielern, was je nach Tageszeit und Ansturm für völlig überfüllte Areale sorgt. Dann nämlich tummeln sich die Spieler nicht nur oft derart dicht um wichtige Questgeber oder andere wichtige Ansprechpartner, was ein Ansprechen derer oft extrem verkompliziert, auch bricht besonders auf den Konsolen bei chronischer Überfüllung auch noch die Bildrate ein. So richtig optimal ist das alles also nicht gelöst worden. Unser Screenshot zeigt übrigens die deutlich übersichtliche, aber eben auch über weite Strecken gähnend leere Offline – Lobby.
Es gibt ja immerhin die Kämpfe…
…durch die Jump Force den größten Eindruck hinterlassen will. Immerhin stehen euch ganze 42 spielbare Charaktere aus insgesamt 16 Franchises zur Verfügung, von denen zwei (nämlich die Oberschurken) exklusiv von Dragonball – Schöpfer Akira Toriyama für das Spiel erschaffen worden sind. Das umfangreiche Roster glänzt aber nicht nur durch Masse, sondern auch durch Klasse. Denn egal ob Ruffy´s GumGum – Attacken, Naruto´s Rasengan oder Kenshiro´s Hokotu Shinken, Jump Force stellt die Spezialattacken der bekannten Figuren (von denen jeder Charakter über vier Stück verfügt) detailverliebt und effektgewaltig dar. Neben jeweils einzigartigen Grundangriffen, die sich via 2 – Button – Mechanik auf leichte und schwere Attacken beschränken, gibt es zudem für jeden Charakter eigene Konteranimationen und Blockmöglichkeiten. Das alles funktioniert im Zusammenspiel sehr gut, kein Charakter wirkt übermächtig, das Balancing stimmt – zumindet abseits der vorgeschriebenen Storykämpfe. Hier steigt die Schwierigkeitsstufe besonders zum Ende hin derart sprunghaft an, dass man von der eigentlich recht vorhersehbaren K.I. in wenigen Sekunden chancenlos abgefertigt werden kann, wenn ihr euren Avatar nicht mit ausreichend Upgrades versehen habt.
Nur fehlt es eben auch diesbezüglich an Hinweisen. Besser klappt es in den klassischen 3 gegen 3 – Gefechten, in denen Jump Force generell gespielt wird. Dabei teilen sich die drei Charaktere stets einen gemeinsamen Lebensbalken. Der Wechsel zwischen den Figuren funktioniert problemlos und fügt sich gut ins Kampfgeschehen ein, ohne Tempo aus der Action zu nehmen. Die Macher haben hier den Fokus vor allem auf Zugänglichkeit und Einsteigerfreundlichkeit gelegt, weshalb die Spielmechaniken ganz ohne Button Smashing mit nur wenigen Tastenkombinationen problemlos erlernt und gemeistert werden können. Das könnte aber natürlich auf der anderen Seite dafür sorgen, dass sich Genreveteranen unterfordert anderen Vertreten zuwenden könnten, denn an Hilfen mangelt es nun wirklich nicht. Hier zeigt sich ein Dragonball FighterZ deutlich abwechslungsreicher und vor allem fordernder.
In der klar definierten Struktur der Kämpferriege liegt aber auch das zweite große Problem des Spiels, denn dadurch, dass neben den Standardattacken eben nur vier Spezialangriffe auf jeden Charakter entfallen, hat man bereits nach Stunden alles gesehen, was Jump Force spielmechanisch zu bieten hat. Am Anfang macht es wirklich Spaß, jede Figur in Action zu sehen und sich durch die insgesamt 12 Schauplätze zu schlagen, die viele berühmte Sehenswürdigkeiten unserer Welt abdecken und sich ähnlich wie in Injustice auch über mehrere Areale austragen lassen. Aber wenn man durch all das durch ist, bleibt auch der Aha – Effekt schnell aus – ab diesem Punkt ergibt sich Jump Force dann wiederholt repetiven Abläufen. Eine gewisse Unvorhersehbarkeit zeigt sich dann höchstens noch in Online – Gefechten, in denen ihr neben einfachen Gefechten auch um eine bestmögliche Platzierung auf der obligatorischen Weltrangliste kämpfen könnt. Dank stabiler Server rettet der Mehrspielermodus dem Spiel einige Punkte in der Abschlussbewertung.
Effektgewitter
Jump Force nutzt die Stärken der Unreal Engine 4 wunderbar aus, denn diese beeindruckt seit jeher vor allem mit fantastischen Partikeleffekten. Besonders die Spezialattacken sehen nicht nur richtig edel aus, sondern hinterlassen auch verheerenden Impact in der Spielumgebung. Tolle Beleuchtungseffekte gibt es obendrauf. Daran mangelt es dem Spiel keineswegs.
Der leicht düstere, erwachsene und doch irgendwie knallbunt gehaltene Comiclook passt prima zum Spielgeschehen und hebt sich somit in Sachen Design angenehm von anderen Kampfspielen aus dem Hause BANDAI NAMCO ab. Etwas gewöhnungsbedürftig präsentieren sich aber vor allem die Augen mancher Charaktere, daran hat man sich aber schnell gewöhnt. Schade nur, dass abseits der eigentlich guten Animationen eher hölzernde Mimiken präsentiert werden. Besonders in den regulären Cutscenes fällt das sehr negativ auf und nicht selten hat man das Gefühl, man würde sich gerade mit Puppen unterhalten. Wer sich Jump Force für die Konsolen zulegt, kommt hier und da leider deutlich schlechter weg als auf dem PC. Denn nur dort werden unbegrenzte Bildraten angeboten, während das Bild auf allen Konsolen auf 30 Frames pro Sekunde beschränkt ist. Für das Genre eher kontraproduktiv, denn erst am PC kommt bei ausreichend vorhandener Hardwareleistung ein richtiges Gefühl von Geschwindigkeit auf. Überraschend schlecht schnitt in unserem Test die XBOX One X – Version ab, die wie auch die PlayStation 4 PRO in nativem 4K auflöst und zumindest optisch identisch ist. Auf Microsoft´s Flaggschiff litt das Spiel aber immer wieder unter störenden Bildrateneinbrüchen, besonders in effektreichen Momenten geht die Performance spürbar in die Knie.
Die eigentlich schwächere PlayStation 4 PRO hat diese Probleme nicht, sondern bleibt so gut wie permanent stabil bei 30 Bildern pro Sekunde. Ähnlich verhält es sich auch bei den jeweiligen Standardmodellen, die aber niedriger auflösen. Zudem fallen die Ladezeiten auf der XBOX One insgesamt etwas länger aus, was in der Summe deswegen ärgerlich ist, da in Jump Force ohnehin dauernd geladen werden muss. Der PC hat diese Probleme nicht, eine perfekte Portierung sieht trotzdem anders aus. 4K – Auflösung ließ sich aus den Optionen selbst nach eifrigstem Herumprobieren zuerst nicht auswählen, nur um dann später doch auf magische Weise in den Optionen aufzutauchen. Immerhin ermöglichen zahlreiche verschiedene Regler, dass man das Spiel auch bereits auf Mittelklassehardware gut lauffähig machen kann. Aber auch in höheren Qualitätsebenen zeigt sich Jump Force eher genügsam. Erst in 4K bei voll aufgedrehten Reglern benötigt man wenigstens halbwegs aktuelle Hardware, um bei der Bildrate nicht zu viele Abstriche machen zu müssen. Zudem fällt hier auch die Kantenglättung etwas sauberer aus als auf den Konsolen. Dank nativem Support für zahlreiche Gamepads braucht sich die PC – Version nicht hinter den Konsolenfassungen verstecken. Hier bekommt man nicht nur das schönste, sondern vor allem das schnellste Erlebnis. Und das ist in dem Genre deutlich wichtiger. Mit Maus und Tastatur sollte man Jump Force aber wenig überraschend meiden, die fummelige Steuerung raubt einigen Spielspaß.
Fazit und Wertung
“Schade, dass Jump Force letztendlich so wenig von dem gehalten hat, was die Trailer erhoffen ließen. Die effektvollen Kämpfe sehen richtig gut aus, verlieren aber angesichts der überschaubaren Movesets der Charaktere schnell ihre Faszination. Die Story dümpelt über 12 Stunden auf klischeehaften und uninspirierten Pfaden dahin, zudem trüben dort besonders zum Ende hin massive Schwächen im Balancing den ohnehin schon geringen Spielspaß. Auch die Lobby leidet an Wegfindungsproblemen und überfüllten Onlinearealen. Alles in allem wirkt das Spiel überhastet auf den Markt geworfen, nur um irgendwo um den fünfzigsten Geburtstag des Shonen Jump – Magazins in den Regalen zu stehen. Eine gute Idee war das nicht, denn abseits der hübschen Grafik verschenkt Jump Force Unmengen von Potenzial und gestaltet das eigentlich so verheißungsvolle Aufeinandertreffen der bekannten Universen zu einem repetiven Erlebnis, dessen Spielmechaniken schneller die Luft ausgeht als einer löchrigen Luftmatratze.”
Pay-2-Win/Miktrotransaktionen: Jump Force verfügt über keinerlei Möglichkeiten, sich gegen Echtgeld spielerische Vorteile zu verschaffen. Eine Abwertung findet diesbezüglich nicht statt.
PRO:
+ Angenehm erwachsener Comiclook
+ Herrlich abgefahrenes Effektfeuerwerk
+ Kraftvoll in Szene gesetzte Spezialattacken
+ Insgesamt hervorragende Animationen
+ Umfangreiches Roster
+ 12 toll designte Arenen mit mehreren Ebenen und gelungenen Übergängen
+ Große Auswahl an kosmetischen Accessoires
+ Sehr einsteigerfreundlich, auch dank guter Tutorials
+ Innovationsarme, aber trotzdem saubere und spaßige Mehrspielerkomponente
+ Brauchbarer Editor
+ Zugängliche Bedienung (Gamepad)
CONTRA:
– Zähe, klischeebehaftete Story nach Schema F…
– …welche die vielen Möglichkeiten des Universentreffens so gut wie nicht ausnutzt
– Ein paar gewöhnungsbedürfte Designentscheidungen
– Sterile Mimiken
– Überschaubare Movesets, an denen man sich schnell sattgesehen hat
– Überfüllte Onlinelobby sorgt für unübersichtliche Momente…
– …und Bildrateneinbrüche (Konsolen)
– Nur 30 Frames pro Sekunde (Konsolen)
– Immer mal wieder Bildrateneinbrüche (XBOX One/One X)
– Nur japanische Vertonung
– Immersionsraubende Mischung aus Sprache und Volltextdialogen
– Permanentes Nachladen nervt
– Fummelige Maus- und Tastatursteuerung (PC)
– Probleme bei der Auflösungseinstellung (PC)
6.0/10 (KONSOLEN) Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.