FarCry:Primal™
Gestestet und verfasst von General M
Far Cry 4.5?
Das FarCry – Franchise blickt auf eine lange Historie zurück. Der Erstling, damals noch vom Deutschen Entwicklerteam CryTek, revolutionierte bei Erscheinen nicht nur die grafischen Möglichkeiten der damaligen Zeit, sondern schuf auch ein ganz neues Gefühl einer offenen Welt. Die damals neuen Ragdoll – Effekte waren jedoch der USK ein Dorn im Auge – aufgrund damaliger Gesetzeslage wurde die ungeschnitten ab 18 freigegebene Version, die von UbiSoft als weltweitem Publisher auf den Markt gebracht wurde, prompt indiziert. Später wurde der Entwickler dann von Electronic Arts aufgekauft und entwickelte dort das legendäre Crysis. Die FarCry – Lizenz blieb aber bei UbiSoft, welche die Reihe mit einem neuen Entwicklerteam und einer neuen Grafik – Engine weiterführten. Verschlug es den Spieler in Teil 2 in die afrikanische Steppe, im dritten Teil auf eine karibische Insel und im vierten Teil ins nepalesische Hochland, schlägt man beim neuesten Ableger „Primal“ einen ganz anderen Kurs ein und verzichtet dabei erstmals auch auf eine neue Nummer im Titel. Wir haben uns die PlayStation 4 – Version vorgenommen und klären, ob sich der Titel lohnt, oder ob man lieber bei einem der gelungenen Vorgänger bleiben sollte.
Effektiv primitiv Da die Steinzeit noch nicht über Waffen wie Sturmgewehre, Flammenwerfer und Granaten verfügt, ist man gezwungen, aus einfachen Mitteln Waffen herzustellen. Primitive Bögen, Keulen und Co. stehen dem Spieler zur Verfügung. Dabei legt FarCry: Prima mehr als alle anderen Teile zuvor Wert auf Crafting. Aus den überall zahlreich auffindbaren Ressourcen wie zum Beispiel Steinen, Ästen und Tierfellen basteln wir unsere Ausrüstung und entsprechende Munition. Dabei unterliegt beinahe jeder Gegenstand auch einer Haltbarkeit. Mit der Zeit geben die Waffen den Geist auf, Nachschub muss her. Da trifft es sich gut, dass wir nicht nur über unser eigenes Dorf verfügen, welches wir durch zahlreiche Nebenmissionen um viele Bewohner reicher machen können, darunter auch besondere Spezialisten, die gegen die entsprechenden Materialien Upgrades für unsere Ausrüstung anbieten, um beispielsweise Schaden und Haltbarkeit zu erhöhen. Je weiter wir im Spiel voranschreiten, desto schlagkräftiger und besser wird das Arsenal. Besagte Nebenmissionen sind allerdings recht abwechslungsarm, oft müssen bestimmte Feinde erledigt oder Verbündete eskotiert werden.
Mit den Bestien auf Du und Du
Da in der Steinzeit eben keine Gewehre, sondern allenfalls Bögen und Wurfspeere vorhanden waren, ziehen wir gegen Feinde mehr als je zu vor in der Serie im Nahkampf zur Felde. Dabei agiert die künstliche Intelligenz der Gegner allerdings selten auf herausforderndem Niveau. Höhere Schwierigkeitsgrade erhöhen zwar stark den gegnerischen Schaden und zwingen zu eher taktischem Vorgehen, auf einfachen Schwierigkeitsgraden lassen sich jedoch auch größere Gegnerhorden mühelos frontal erledigen, indem man sich einfach im Kreis um sie herum bewegt und draufhaut. Gut, in der Steinzeit war Intelligenz ein dehnbarer Begriff. Aber erfahrene Krieger wird es wohl gegeben haben, diese sollten auch entsprechend reagieren.
Zur Seite stehen uns im Kampf eine Vielzahl zähmbarer Bestien, die allesamt unterschiedliche Vorteile bieten. So hilft uns die Eule, vom Himmel aus feindliche Lager auszukundschaften und Feinde zu markieren, während der Wolf uns im Kampf unterstützt und vor nahenden Feinden warnt. Bären dagegen dienen hauptsächlich zur Verteidigung. Während die Feinde mit dem Bären ringen, können wir uns in die Flanke schlagen. Natürlich sind die Begleiter nicht unverwundbar. Wer es versäumt, die Bestien zwischen den Kämpfen zu heilen, muss sich entweder um einen neuen Begleiter bemühen, oder aber belebt das geliebte Haustier einfach wieder. Dabei gilt auch hier, je weiter man im entsprechenden Talentbaum voranschreitet, desto mehr Tierarten werden zähmbar und desto mehr Fähigkeiten stehen den Bestien zur Verfügung. Später können sogar Mammuts und Säbelzahntiger als Reittiere genutzt werden. Wer also nicht immer nur per Schnellreise unterwegs sein möchte, hat hier eine klasse Gelegenheit zur Abwechslung.
Apropos Schnellreise – wer von einem Punkt zum anderen springen möchte, muss vorher eine Reihe von feindlichen Lagern einnehmen, indem er die Gegend von Gegnern befreit und dann ein Signalfeuer anzündet. Hier hat man im Vergleich zu den Vorgängern auf Neuerungen verzichtet. Die meisten Spielmechaniken, wie zum Beispiel das bereits erwähnte Erfahrungssystem, sind 1 zu 1 aus den Vorgängern übernommen worden. Auch die zahlreichen Collectibles, die überall versteckt sind, die erkundbaren Höhlen und die Klettermechanik entstammen im Grundprinzip direkt den Teilen 3 und 4. So wird neben dem unverbrauchten, tollen Setting und dem Zähmen der Bestien in Sachen Gameplay wenig Neues geboten. Gerade die Eroberung der feindlichen Lager spielt sich daher immer wieder nach dem gleichen Schema ab und bietet dabei nur selten Abwechslung oder Herausforderungen, zumal natürlich auch die Möglichkeit eines ausgelösten Alarms nicht mehr gegeben ist. Dafür wird heimliches Vorgehen weiterhin mit Bonuserfahrung belohnt, auch hier bleibt man den Vorgängern treu.
Hübsche Steinzeit
Auch technisch wird kaum Neues geboten. Das ist im Grunde aber nicht sonderlich schlimm, schließlich sieht Vorgänger FarCry 4 auch heute noch gut aus und konnte damals mit toller Grafik und flüssiger Performance punkten. Auch Primal gelingt es, jederzeit flüssige 30 Frames auf den Bildschirm zu zaubern, erlaubt sich dabei nie lange Ladezeiten oder auffälliges Kantenflimmern. Letzterem begegnet man durch den Einsatz von FXAA, einer eher genügsamen Form des Anti – Aliasing, die als Konsequenz aber auch für ein leicht unscharfes, manchmal sogar matschiges Bild sorgt. Es ist anzunehmen, dass die Anfang März erscheinende PC – Version neben vollen 60 Bildern pro Sekunde auch weitaus mehr Möglichkeiten bieten wird, die Bildqualität zu verbessern. Das schauen wir uns dann zur gegebenen Zeit noch einmal separat an. Bleiben wir also bei der Konsolenfassung. Die Weitsicht ist gelungen, auch die Licht- und Schatteneffekte können sich sehen lassen. Ohnehin ist es den Entwicklern gelungen, eine atmosphärische und dichte Welt zu erschaffen, die dank Expertenrat einen tollen Eindruck von einer Zeit verschafft, die viele von uns nur knapp verpasst haben. Während sich die Höhlenmenschen der Neuzeit mit nationalpopulistischen Parolen in Gruppen zusammenrotten, hat man bei der Umsetzung der klassischen Neandertaler eine Menge Arbeit in eine glaubwürdige Gestaltung investiert. Die Bewegungen der Urmenschen erinnern in ihrer leicht geduckten, wilden Weise fast an einen stetigen Tanz, der sich gänzlich von der Bewegung des heutigen Homo Sapiens unterscheidet.
Ein großer Pluspunkt gilt auch der liebevollen Ausarbeitung und Darstellung der Sprache. Statt einer Deutschen oder Englischen Synchronisation sprechen die Urmenschen primitive Sprachen, die lediglich untertitelt werden. Und gerade durch die gelungenen Untertitel wird der teils primitive Eindruck dieser Sprache nochmal deutlich. So fühlt man sich zu jeder Zeit als Teil eines liebevoll umgesetzten, auf wahren Begebenheiten basierenden Stammes. Obwohl die gesamte Reihe stets für coole und verrückte Charaktere bekannt war, legt Primal hier nochmal eine ganze Schippe drauf. So begegnet man im weiteren Spielverlauf einem recht ausgeflippten Charakter, der erstmal gepflegt an den Protagonisten pullert und ihn im Laufe dessen nur noch als „Pissemann“ anredet. Allerdings bleiben die Antagonisten im Vergleich zu Vorgängern wie Pagan Min oder Vaas Montenegro eher blass.
Zurück in die Vergangenheit
Im Gegensatz zu den Vorgängern hat man dieses Mal vollständig auf eine Multiplayerkomponente verzichtet, um sich besser auf die Einzelspielerfahrung konzentrieren zu können. Das Ergebnis ist absolut gelungen und bringt frischen Wind in das Genre. Es sollte sogar jeden Hersteller von First Person – Titeln jedweder Art daran erinnern, dass man nicht zwangsläufig in den Konflikten des 20. Jahrhunderts verweilen muss, ebenso wenig aber wie momentan üblich auf fiktive Zukunftsszenarien setzen muss. Die Geschichte der Menschheit bietet so viele spannende Epochen, die allesamt toll für entsprechende Umsetzungen geeignet sind. Das nächste FarCry darf guten Gewissens ins alte Ägypten führen, in das Reich der Pharaonen und Pyramiden, wie es beispielsweise das nächste Assassins Creed gerüchteweise machen wird. Der Weg zurück in die Steinzeit, die tolle Umsetzung des Szenarios und die jederzeit sichtbare Mühe, welche die Entwickler in all das gesteckt haben, all das sollte als lobenswertes Vorbild für die Zukunft dienen. Mir hat’s gefallen!
Fazit und Wertung
„FarCry: Primal bringt spürbar frischen Wind in das Genre. Der Ausflug in die Steinzeit ist toll und realitätsnahe umgesetzt. Von der Sprache bis zu den Bewegungen erkennt man viel Liebe zum Detail, die einen im Rahmen einer bedrohlichen, abwechslungsreichen und glaubwürdigen Welt immer wieder begeistern kann. Auch das Bestiensystem fügt sich toll ins Spielgeschehen ein, ebenso der verstärkte Zwang zum Crafting passt wunderbar in die entsprechende Zeit. So hat mich Primal in vielerlei Hinsicht mehr als positiv überrascht und leistet sich in Sachen Gameplay kaum grobe Schnitzer. Die Wurzeln sind allerdings jederzeit spürbar.“
PRO:
+ Tolles, unverbrauchtes und atmosphärisches Urzeit – Setting
+ Liebevolle Umsetzung der frühen Urmenschen
+ Große, frei erkundbare Welt
+ Hübsche Lichteffekte
+ Interessante Handlung
+ Tag- und Nachtzyklen, die unterschiedliche Tierarten und Bedrohungsgrade bergen
+ Atmosphärischer Soundtrack
+ Läuft jederzeit flüssig bei 30 Bildern pro Sekunde
+ Urmenschen sprechen eigene Sprache
+ Crafting als zentrales Element
+ Simple, aber sinnvolle Dorf – Mechanik
+ Skurrile Charaktere
+ Guter Umfang
+ Viele Collectibles
+ Zähmbare Bestien
+ Umfangreiche Talentbäume
+ Gute Bedienung
CONTRA:
– Eher maue K.I.
– Etwas unscharfes, matschiges Bild durch FXAA
– Nebenmissionen bieten kaum Abwechslung
– Etwas zu großzügige Ressourcenverteilung
– Takkar wird schnell übermächtig
– Blasse Antagonisten
– Stützpunkteroberung nach Schema F
GESAMTWERTUNG: 83%