Die dritte Staffel
Währendessen muss Fahri seiner Freundin Pheline irgendwie erklären, wie der gemeinsame Sohn von ihm und „Blümchen“ Jasmin Wagner entstanden ist. Kurzerhand gibt der notorische Fremdgänger in einer Selbsthilfegruppe vor, von der Sängerin vergewaltigt worden zu sein. Aber auch im Team reißt das gewohnte Chaos nicht ab, denn nach einem ereignisreichen Erlebnis mit Babylon Berlin – Darsteller Volker Bruch geraten die Freunde auch gemeinsam von einem Malheur ins nächste und lassen dabei eine wahre Schneise der Zerstörung zurück. So ruiniert Christian das ohnehin schon schwierige Adoptionsverfahren von sich und Emily beim Versuch, das ausgewählte Kind gegen ein „schöneres“ zu tauschen.
Fahri bekommt Probleme, als er beim Trampolinspringen im Garten die neuen Nachbarn beim Wildpinkeln beobachtet und um eine heißbegehrte Ferienwohnung an Land ziehen zu können, gibt sich der Deutsch-Türke kurzerhand als Jude aus. Die größte Herausforderung wartet allerdings noch, denn als Schauspieler Ralph Herforth im Rahmen von Phelines Geburtstag in freucht-fröhlichem Ambiente über die Vorzüge des Partnertauschs schwärmt, finden sich Emily und Pheline plötzlich mit den jeweils anderen Partnern im Bett wieder. Der folgende Morgen gerät zu einer erwartungsgemäß unangenehmen Begegnung, denn nur ein Paar hat sich am Ende tatsächlich für den Beischlaf entschieden…
Die Rezension
Ich meine, irgendwann mal erwähnt zu haben, dass ich mich mit Humor Made in Germany schon immer unwahrscheinlich schwer getan habe. Meist wagt man zuwenig, der Witz ist zu seicht und die Charaktere im Mittelpunkt immer die gleichen, langweiligen Mittelständler mit ihrem Alltagsproblemen. jerks. wandelt in all diesen Punkten auf gänzlich anderen Pfaden. Unter der Regie von Christian Ulmen improvisiert sich das prominente Ensemble einmal mehr munter durch haarsträbende Situationen am und über den Rand der Schmerzgrenze hinaus und lässt dabei wirklich kein Fettnäpfchen aus. So irre das alles auch scheint, so greifbar werden die jeweiligen Situationen durch den grandiosen Mix aus Wahrheit und Fiktion. Mit ganz wenigen Ausnahmen spielen sich sämtliche Darsteller selbst und schrecken dabei auch vor Selbstironie nicht zurück. Klaas Heufer-Umlauf resümiert freizügig über das Wichsen in Hotelzimmern, Volker Bruch sperrt seine Haushälterin nach „versehentlicher“ sexueller Belästigung im Keller ein und Sportkommentator Marcel Reif entpuppt sich als großer Fan der prophylaktischen Hodenabtastung.
Im Zentrum der Ereignisse steht aber natürlich das einmal mehr brillant unterhaltsam aufspielende Quartett um Christian Ulmen, Fahri Yardim, Emily Cox und Pheline Roggan, die selbst unter dem Aspekt der Improvisation eine fantastische Chemie zur Schau stellen. Das Unglaubliche glaubhaft zu machen und das ganz ohne Drehbuch, ist wirklich eine Kunst. Und die meistert der Cast auch im Rahmen der zehn neuen Episoden der dritten Staffel ganz und gar meisterhaft. Freunde des derben Humors kommen abermals auf ihre Kosten, die Gags wirken nie forciert sondern entstehen fast beiläufig aus den oft noch komischeren Ausgangssituationen, in denen sich die sehr unterschiedlichen Freunde wiederfinden. Christian kommt bei einer Massage unfreiwillig zum Orgasmus, hat aber andererseits Schwierigkeiten, Emily´s Wunsch nach Analsex zu erfüllen. Fahri sorgt versehentlich dafür, dass ein legasthenischer Gemüsebote entlassen wird und selbst ein trockener Alkoholiker wird kurzerhand wieder sufftauglich gemacht.
Für mich bleiben die jerks. auch und vielleicht gerade wegen der konstant hohen Qualität der dritten Staffel die gegenwärtig beste deutsche Comedyserie. Völlig schamlos, völlig verrückt und gerade deswegen so wunderbar erfrischend für den sonst so biederen Markt hiesiger Humorproduktionen. Für schwache Nerven, Moralapostel und konservative Geister ist die Serie allerdings weiterhin keinesfalls zu empfehlen, denn hier wird wirklich alles zelebriert, was im üblichen gesellschaftlichen Alltag längst als absolutes Tabu gilt. Die jerks. provozieren, amüsieren und polarisieren. Und das hoffentlich auch nach der kommenden vierten Staffel noch für viele weitere Jahre. Einfach ganz großes Entertainment.
Die DVD
Die DVD wird ja immer gerne totgesagt und von uns eigentlich auch nur in Notfällen als Rezensionsbasis herangezogen. Neben der Tatsache, dass es auch die dritte Staffel leider nur in dieser Form ins Heimkino geschafft hat, obwohl die Serie via Free TV und den eigenen Streamingplattformen Maxdome und zuletzt auch Joyn durchgehend in HD gezeigt wurde und noch wird (wahlweise aber eben nur gegen Geld oder unterbrochen von nervig platzierter Werbung), verkauft sich das Medium allerdings weiterhin extrem gut, einfach weil viele Konsumenten scheinbar nur sehr wenig Wert auf Bild- und Tonqualität auf zeitgemäßem Niveau legen. Ich betrachte die Sache allerdings eher nüchtern. Zehn Episoden mit einer Gesamtlaufzeit von 252 Minuten, allesamt auf eine kleine DVD gepresst…das ist generell keine gute Idee. Überraschendweise stellt das Ergebnis am Ende allerdings keinen Totalschaden dar.
Klar, in Sachen Bildschärfe kommt man nicht über das formattypische Standardniveau heraus, was natürlich auch auf Kosten der Detaildarstellung geht. Die Farben kommen dafür überraschend gut zur Geltung, zwischen der natürlichen, gelegentlich etwas gelbstichigen Grunddarstellung poppen immer mal wieder angenehm satte Primärtöne hervor. Und auch die Kontaste gehen für eine DVD in Ordnung. Die Serie profitiert hier sehr durch die Abwesenheit irgendwelcher Effekte und dem generell sehr ruhigen Tempo, weshalb es nur ganz selten Mal zu deutlich wahrnehmbaren Kompressionsartefakten kommt. Eine Auswertung als Blu-Ray wäre aber doch wesentlich sinnvoller gewesen.
Erwartungsgemäß hat es der Ton dann auch nur im fernsehtypischen Dolby Digital 2.0 – Format auf die Scheibe geschafft. Der macht allerdings, was er machen soll, denn die Serie lebt zentral von ihren Dialogen und lässt abseits davon nur ganz wenig Raum für Nebensächliches. Gute Stimmverständlichkeit muss es geben, gute Stimmverständlichkeit wird auch geboten. Und wenn man konsequent ist, dann war es das auch schon hinsichtlich der detaillierten Betrachtung des Sounds, denn mehr als das kann man diesbezüglich auch nicht schreiben. Potsdam ist eben nicht Wakanda. Nennenswerte Extras sucht man abseits einer Handvoll Trailern zu aktuellen Veröffentlichungen aus dem Hause Universum Film übrigens vergeblich, weshalb wir uns auch hier den zusätzlichen Absatz sparen können. Die DVD hat immerhin den Vorteil, dass man heutzutage sehr kompakt über sie berichten kann und dabei doch nichts wichtiges auslassen muss.
Fazit
„Als Liebhaber möglichst grenzwertigen Humors sind die jerks. über die letzten Jahre zu einer Art Wallfahrtsstätte für mich geworden. Nirgendwo sonst wird so hemmungslos über Randgruppen, Minderheiten, Religionen, Politik und gefühlt auch alles andere hergezogen, nirgendwo sonst vermischen sich Realität und Fiktion auf so gekonnte und unterhaltsame Weise miteinander. Am Ende des Tages könnten Ulmen, Yardim und Co. von mir aus nackig durch den Wald tanzen und irgendwas komisches würde daraus sicher trotzdem entstehen. Das ist die große Kunst der Serie, die auch mit der dritten Staffel nichts von ihrer verqueren Faszination verloren hat. Wir brauchen so eine Serie. In dieser Zeit mehr und mehr. Die DVD dazu liefert gemessen an ihren Möglichkeiten solide ab, eine Blu-Ray bleibt man dem visuell anspruchsvollen Zuschauer leider weiterhin schuldig.“
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