Getestet und verfasst von General M
Back to the roots
Wie erwähnt waren die Vorgänger der Serie, die bereits vor vielen, vielen Jahren ihren Ursprung unter anderem in „Colin McRae Rally“ auf der ersten PlayStation fanden, mehr und mehr auf Arcade getrimmt worden. Feuerwerk, Action und unkompliziertes Handling brachten kombiniert ebenfalls tolle Spiele hervor, die von Fans und Kritikern gleichermaßen positiv aufgenommen wurden, ein moderner Simulator blieb aber lange Zeit aus. So mussten sich Simulationsfans unter anderem weiter mit dem fast 12 Jahre alten „Richard Burns Rally“ begnügen, der durch eine aktive Mod – Community immer noch zum Besten gehörte, was der Simulationsbereich im Genre der Rally – Szene zu bieten hatte. Mit Dirt Rally gelang es dann endlich, den schon betagten Titel abzulösen. Denn anders als seine Vorgänger setzt der Titel endlich wieder auf knallharte Rennen gegen die Zeit und ist dabei so fordernd, dass man ihn guten Gewissens das Dark Souls unter den Rennsimulationen bezeichnen darf.
PC = Masterrace?
Jein. Den Entwicklern ist es gelungen, sowohl auf XBOX One als auch auf der PlayStation 4 zumeist flüssige 60 Frames auf den Bildschirm zu zaubern. Das hat jedoch seinen Preis, da die PC – Version bei entsprechender Hardware eine spürbar hübschere Grafik bietet, ohne dabei Leistungseinbußen zu erleiden. Dennoch ist dieser Schritt nicht nur nachvollziehbar, sondern sogar immens wichtig. Gerade die extrem fordernde Steuerung, die nicht einen Fehler verzeiht, verlangt im Rahmen des schnellen Gameplays jederzeit eine flüssige und geschmeidige Bildrate. Das Bild stattdessen auf 30 Bilder festzulegen, hätte zwar eine hübschere Grafik mit sich gebracht, auf der anderen Seite jedoch das wesentlich wichtigere Element des Spiels gestört – und das ist eben immer das Gameplay! Um nicht missverstanden zu werden: Das Spiel sieht auf den Konsolen immer noch ausgezeichnet aus.
Um auch nochmal auf das Wort „zumeist“ zurückzukommen…ganz perfekt laufen auch die Konsolenversionen nicht. Deutlich wird das im Arena – Modus, wenn auf den Pisten spürbar mehr Trubel los ist, als sonst in den Einzelrennen gegen die Zeit. Hier bricht die Framerate gerne mal ein. Zum Glück nicht auf eine Weise, die das Spiel an den Rande der Unspielbarkeit bringt, der PC hat dieses Problem jedoch nicht. Es bleibt daher wie immer jedem selbst überlassen, welche Version er sich im Rahmen seiner technischen und finanziellen Möglichkeiten anschafft. Fakt ist aber, die Konsolenversionen laufen über weite Strecken (Wortwitz!) sehr anständig. Wenngleich die PlayStation 4 – Version hier und da einen kleinen Ticken besser ausschaut.
Die Schattenseiten der Kompromisslosigkeit
Zwar ist Dirt Rally die theoretische Referenz im Genre, leistet sich jedoch dennoch einige Schwächen in Sachen Gameplay, an denen gerade ein Simulator nicht kränkeln darf. Da wäre zum einen die teilweise unfaire Gestaltung des Fahrzeugerwerbs. Diese äußert sich besonders darin, dass die finaziellen Belohnungen für das Bestehen eines Rennens zumeist viel zu gering sind, um seinen Fuhrpark schnell erweitern zu können. Das große Problem liegt darin, dass gerade die wöchentlichen Events und Community – Herausforderungen oftmals einen bestimmten Fahrzeugtyp voraussetzen. Wer vorher aber nicht zahlreiche (und ich meine zahlreiche!) Stunden ins Grinding von Geldmitteln investiert, schaut in die Röhre und kann an den eigentlich so spaßigen Events nicht teilnehmen. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn einem das entsprechende Fahrzeug wenigstens für die entsprechenden Events einfach zur Verfügung gestellt werden würde. Da ist es auch kein Trost, dass im stinknormalen Einzelspieler – Modus gleich sämtliche Fahrzeuge freigeschaltet sind und dem Spieler zur Verfügung stehen.
Ferner fällt negativ auf, dass nicht nur der Splitscreen – Modus fehlt, der bei einem oder zehn Bierchen in vielen Vorgängern für Spaß gesorgt hat, sondern auch die Karriere recht blass und ideenlos inszeniert wurde. Große Höhepunkte sucht man hier leider vergeblich, was der Langzeitmotivation für Solisten nicht sonderlich zugute kommt. Hinzu kommt, dass man zwar eigene Inhalte erstellen kann, diese aber nicht mit dem Rest der Welt teilen darf. Es sind Inkonsequenzen wie diese, welche den Gesamteindruck nachhaltig trüben. Auch die Tatsache, dass statt interaktiven Tutorials lediglich ein paar Videos abgespult werden können, grenzt angesichts des fordernden Gameplays und den zahlreichen Möglichkeiten zum Feintuning an einen schlechten Witz. Anfänger werden trotz zuschaltbarer Fahrhilfen schnell frustriert den Controller in die Ecke schmeißen, oder aber ihr Lenkrad vom Tisch reißen – letzteres wird natürlich unterstützt und funktioniert toll, allerdings unterstützt die XBOX One eigenartigerweise weitaus weniger Modelle als die PlayStation 4.
Ein weiteres Manko stellt das Schadensmodell dar. Zwar ist es überaus gelungen und realistisch umgesetzt, wirkt sich aber viel zu spät auch deutlich spürbar auf das Fahrverhalten aus. Da waren die entsprechenden Vorgänger weitaus weniger nachgiebig.
Viel Licht!
Was natürlich auch auf den Konsolen präsent ist, ist unter anderem das großartige Fahrverhalten, welches wie bereits angemerkt keine Fehler verzeiht. Auch die K.I. ist extrem fordernd und nur dann wirklich zu bezwingen, wenn man die entsprechenden Strecken bis ins Detail kennengelernt hat. Letztere sind übrigens wunderschön designt und fahren sich überaus abwechslungsreich. Asphalt, Staub, Kies, sogar Eis erwarten den Spieler zwischen finnischen Wäldern und griechischen Landschaften. Jeder Untergrund verlangt eine andere Fahrweise, entsprechendes Handling und und und…! All diese Dinge lassen sich natürlich frei anpassen. So kann man stets mit neuen Setups experimentieren und den für sich passenden Fahrstil finden.
Ebenso gelungen sind die knackigen Motorensounds, die sich im Rahmen des umfangreichen Fuhrparks hörbar voneinander unterscheiden. Das ganze Drumherum, von den Ansagen des Beifahrers bis hin zum Geschehen auf der Strecke kann sich ebenso hören lassen! Klasse! Auch für die Steuerung muss man dem Entwickler Respekt zollen – das Fahren mit dem Controller geht überaus sauber und gut von der Hand, wenngleich die wahre Präzision erst mit der Nutzung eines Lenkrads zu erlangen ist. Außerdem lassen sich überall positive Kleinigkeiten entdecken, wie zum Beispiel die neue Option des Personalmanagements innerhalb seines Teams. Diese ist Bestandteil der Karriere und ermöglicht das Anstellen diverser Spezialisten für die Wartungscrew. Denn natürlich ist klar, dass so ein Auto während den zahlreichen Rennen auch Schäden abbekommt. Diese müssen repariert werden und das idealerweise von einer erfahrenen Crew, die Ahnung vom entsprechenden Bauteil hat. Bremsen, Antrieb, Chassis und mehr…für so ziemlich alles gibt es einen Experten, der außerdem mit jedem Event an Erfahrung gewinnt. Natürlich hat eine gute Crew auch einen guten Preis und möchte bezahlt werden. Wer also kein Geld einfährt, steht früher oder später mit einer Crew da, die die technische Qualität einer Ziegenherde hat. Dennoch: Je besser die Ingenieure und Techniker, desto effizienter sind nicht nur die Reparaturen, auch Upgrades und Verbesserungen werden schneller fertiggestellt und helfen euch zeitig, der Konkurrenz das Fürchten zu lehren. Das ist gut durchdacht und eine sehr sinnvolle Implementierung.
In Sachen Spielmodi zeigt sich Dirt Rally übrigens umfangreich. Gerade die bereits angemerkten Online – Events machen extrem viel Spaß, besonders der Kampf gegen menschliche Gegner, der fair gestaltet ist. Hier hat jeder Spieler nur eine Chance, die beste Zeit hinzulegen. Dem Sieger gehört die Beute. Wer zu gefährlich fährt oder sich in der Box zu lange Zeit lässt, wird mit Punktabzug bestraft. All das ergibt kombiniert mit Rallycross und den geliebten Bergrennen unter anderem eine ausgewogene, spaßige Mischung, die einen lange beschäftigen wird.
Fazit und Wertung
„Dirt Rally beweist auch auf den Konsolen eindrucksvoll, wie gut Rally – Spiele heute sein können. Dabei teilt sich die Konsolenfassung leider nicht nur die vielen kleinen Mankos der PC – Version, sondern leidet trotz meist stabiler Bildrate gerade unter Volllast auf dem Bildschirm unter Einbrüchen. Die Steuerung mit Gamepad geht gut von der Hand, wobei ein Lenkrad für wahre Fans natürlich Pflicht ist. Dennoch macht das Rennen auf den Konsolen nicht weniger viel Spaß als auf dem technisch überlegenen PC. Anfänger sollten sich jedoch gut überlegen, ob der Titel für sie lohnt.“
PRO:
+ Extrem forderndes, aber nie unfaires Gameplay
+ Herausfordernde K.I.
+ Trotz Abstrichen ansehnliche Grafik
+ Läuft zumeist stabil bei 60 Frames pro Sekunde
+ Tolle Atmosphäre
+ Abwechslungsreiche Schauplätze
+ Gelungene Vertonung
+ Bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Feineinstellung
+ Schön umgesetzte Gamepad – Steuerung
+ Personal – Management fügt sich sinnvoll ins Gameplay ein
+ Umfangreicher Fuhrpark
+ Community – Events
CONTRA:
– Nicht wirklich anfängerfreundlich
– Unzureichende Tutorials
– Verzichtet auf Split Screen – Modus
– Gelegentlich einbrechende Framerate
– Unfaire Ausschüttung der Finanzen
– Eher belanglos inzenierte Karriere
– Schadensmodell wirkt sich zu wenig aufs Fahrverhalten aus
– Keine teilbaren Community – Inhalte
GESAMTWERTUNG: 85%